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Wir hatten uns der bequemeren Bus-Heimreise wegen für den ersten „Abend“-Rutsch ab 17.30 Uhr entschieden, welcher - mit großzügig ausgelegten - 2 Stunden auch ausreichte. Obwohl wir noch einige Minuten zu früh die Düne hinauf geschnauft kamen, wurden wir von einer jungen Dame freundlich hereingebeten. Überhaupt agierte der sehr junge Service mit Freude an der Arbeit und dem offenkundigen Interesse, die Gästewünsche zu erfüllen. Dass der gewünschte Cocktail sowohl von den Zutaten als auch der Mischung daneben ging, übersehen wir also gern (Ein Dark‘n‘Stormy ist halt ein Segler-, kein Golfer-Drink…). Weniger schön dagegen, dass an der Innenwand des Glases einige hartnäckige Anhaftungen klebten. Das Glas wurde anstandslos zurückgenommen. Der Ersatz-Cocktail von der Karte war ein Amaro-Spritz (15,5€!) und tadellos.
Das Innere ist modern, aber doch zugänglich gestaltet. Wobei der Mix aus Nordseegefühl und amerikanischer Hotelkette für meinen Geschmack nicht wirklich harmonisch ausfiel.
Egal, denn wir hatten gleich zweimal Glück: Einen schönen Zweiertisch mit Blick über die nicht bespielte Terrasse auf das Wattenmeer.
Und eine junge, patente Service-Fee vom Fach, mit der auch grumpy Old Borgfelder glücklich wurde. Als bei vollem Haus einmal der Weinnachschub stockte, erinnerte meine beste Ehefrau von allen kurz daran, dass wir doch einen entspannten Abend haben wollen…. Recht hatte sie! Im Übrigen mühten sich die vielen jungen Kräfte nach genau diesen; passte schon.
Aufgrund der zeitlichen Begrenzung sollte es im Glas etwas Schlichteres sein, das nicht zu viel Geduld und Aufmerksamkeit verlangt („Aber keine Druckbetankung!“ „Jaja…“).
Der Einsteiger-Riesling vom Kallstädter Weingut am Nil tat für 31€ vorbildlich gekühlt seinen Dienst. Die Flasche Mineralwasser kostete immerhin 8,9€.
Um nicht in ungebührlichen Zeitdruck beim Genießen zu geraten, hatten wir uns schon vor der Abfahrt vergewissert, dass das ebenso selbstbewusst wie sprachpanschend betitelte Signature Menü - ebenfalls recommended by Carsten himselbst - auch für unseren Besuch gesetzt ist. Und in der Tat: Krustentiersüppchen mit Hummerravioli, Strönholts Fischernetz mit allerlei aus der Nordsee und Käpt‘n Blaubeer verhießen für 58 Euro auf dem hier zu erwartenden Niveau ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Ich nehm’s gern vorweg: Meine Liebste war weitgehend begeistert. NUR meine Liebste? Schwachheit, dein Name ist Borgfelder! Jedenfalls dann, wenn der Service so charmant das Sonntags-Special anpreist
und auf dem geistigen Gaumen ein Tafelspitz aus der Bouillon mürbe und saftig zugleich zergeht, während die Geschmackspapillen mit Meerrettich Polka tanzen…
„Aber was ist mit Meeresfrüchten?“, zeterte das maritime Engelchen auf meiner Schulter und, wie so häufig, lag die Lösung nahe: Zwei Hauptgerichte, kein Nachtisch! (Eine Nocke Limonensorbet zählt nicht als Dessert; das ist Erfrischung! Und Früchte laufen eh unter Deko. Und beim Crumble weiß ich grad auch nicht.)
Als „Kleinigkeit“ wurden zunächst ein paar Scheiben erfreulich knusprigen, ansonsten unauffälligen Stangenweißbrots gereicht. Dazu einmal aufgeschlagene Butter, zum anderen ein sehr schmackhafter Frischkäse mit karamellisierter roter Zwiebel! Lediglich ein zweites Löffelchen hätte der Service spendieren können; die Vermischung war nicht so hübsch.
Meine Frau freute sich zu Beginn über ihre kräftige Bisque und lobte besonders das begleitende Röstbrot mit Garnelen - die Hummerravioli als Einlage wurden dagegen nur zur Kenntnis genommen. Für einen mediterranen Touch sorgten Tomatenwürfel (Warum mit Schale?) und frisches Basilikum.
Ich hatte zum Einstieg einen Clam Chowder gewählt, der mit 39€ sehr stramm kalkuliert war.
Fazit vorweg: Zu stramm! Zum einen war der Muscheltopf für ein Hauptgericht doch recht überschaubar portioniert. Und leider auch nicht völlig überzeugend. Während die eine(!) fleischige Miesmuschel und ihr sehr präsenter Schaum Spaß machten und es an den Garnelen mittlerer Sortierung zumindest nichts zu meckern gab, war die Jakobsmuschel leider zäh und ihre Panierung in der Brühe durchweicht. Ein Schicksal, das sie mit der unteren Hälfte des Parmesan-Chips teilte…
Am meisten punkteten in einem Muschelgericht tatsächlich Stücke von Schweinebauch, die getrocknet oder geräuchert und dann möglicherweise noch geschmort waren. Schmeckte ein wenig wie Beef- (in diesem Fall halt Pork-)Jerky, nur viel fetter und damit wunderbar „mollig“. Die Deko-Erbsensprossen konnte ich vor dem Hintergrund von Region und Jahreszeit ebensowenig nachvollziehen, wie die Fregola Sarda im guten Fischfond, der, wenn überhaupt nur wenig Sahne gesehen hatte. Mir hat trotz der kleinen Nudeln vor allem die typische Sämigkeit gefehlt, die für mich einen Chowder von anderen Muschelsuppen unterscheidet.
Nicht falsch verstehen, hat schon geschmeckt, aber doch war das eher Hommage als Original und hat mich nicht ganz abholen können.
Aber die Küche hatte ja noch jeweils ein Hauptgericht im Ärmel:
Das im Menü angekündigte Fischernetz gegenüber war in der Tat mit allerlei Zutaten und Aromen von der Nordseeküste gefüllt. Der Kabeljau war kross auf der Haut gebraten und sehr saftig. Fast ebenso gefielen die Begleitung durch säuerlich frische Schmorgurken in Sahnedressing (natürlich ohne Kerne), die große, angebratene Kartoffelscheibe, auf der der Fisch thronte und vor allem die Toppings aus Granat (also Nordsee-Krabben), fein platzende Senfsaaten sowie Dill und Kerbel. Die akribische Aufnahme der feinen Senf-Sauce mittels Brot war da Ehrensache;-)
Blitzsauberer Teller, gut zusammengestellt, handwerklich fehlerlos umgesetzt; da passte alles.
Und bei mir?
Fünf Scheiben des leckeren Rinderstücks lagen bedeckt von einer reichhaltigen Gemüsebouillon in einer heißen Cocotte. Schon der Duft ließ mir nicht nur sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und hier hielt der Geschmack, was das Aussehen versprach! Wunderbar zart-mürbes Fleisch, das fast von selbst zerfiel, nicht im Mindesten trocken daherkam, aber vor allem etwas hatte: Besten Rindfleischgeschmack!
Mehr als nur ein I-Tüpfelchen lieferte der frische Meerrettich, dem unsere Service-Fee mit der Reibe so enthusiastisch zu Leibe rückte, dass der Tisch nach einem kleinen Schneesturm oder einem Meeting der Sky-Sportredaktion ausschaute…
Erst wurde direkt in die Brühe gerieben, später erhielt ich auf Bitte eine Ergänzung separat zum Selbstdosieren, denn der frische Kren hatte ordentlichen Biss! Aus vier möglichen Beilagen hatte ich mir Spinat und Vichy-Karotten gewünscht, die in kleinen Extra-Schüsselchen serviert und leider schnell abkühlten. Ansonsten gut gemacht: Der Spinat zwar ziemlich weich gekocht, jedoch eindeutig am Gaumen und mit einer guten Portion Knoblauch. Die Mohrrüben hatten etwas mehr Struktur, waren dafür nur vorsichtig (aber sicht- und schmeckbar) glasiert.
Die begleitende Meerrettichsauce war natürlich nicht so brachial scharf, aber schon gut erkennbar und erfreulicherweise auch nicht „totgesahnt“. Ich vergewisserte mich sorgfältig, dass in dem erschreckend kleinen Kännchen nichts zurückging - wer will schon unhöflich gegenüber der Küchencrew sein?
Mit diesem Tausch von Fisch zu Fleisch konnte ich zufriedener nicht sein - von Zeit zu Zeit gerne wieder Tafelspitz, wenn er so klassisch gut gemacht ist wie im Strönholt. Die auch recht teuren 35€ für dieses Gericht habe ich jedenfalls deutlich überzeugter gezahlt als den Muscheltopf.
Während ich den Gaumen nur noch etwas zitrusfruchtig erfrischte (DAS IST KEIN DESSERT!)
und dabei auch nicht die wichtige Flüssigkeitszufuhr vernachlässigte,
war die Süße Fan endlich in ihrem Element: Die Variationen von Heidelbeeren (mit angegossenem Likör!!) mit selbst gemachtem Vanille-Eis entpuppten sich dem Vernehmen nach abwechslungsreicher, als es den gut-bürgerlichen Anschein hatte und „leeeecker“ sowieso.
Das Strönholt hat überwiegend geliefert: Gehobene Küche mit regionalem Schwerpunkt, gut gemacht und mit Anspruch. Das Ambiente lebt von der tollen Aussicht und einem motivierten Team. Die Preise waren mir für die Leistung einen Tick zu hoch.