Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 23.09.2018 2018-09-23| Aktualisiert am
23.09.2018
Besucht am 16.07.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 41 EUR
Letzter Abend in der Hauptstadt und wir hatten Lust auf indische Küche. Kann passieren – vor allem wenn es vor der eigenen Haustür bzw. im Stammkiez (Kastanienallee, Eberswalder Straße) so gewaltig „falafelt“, dass einem ganz „(sha)warm(a)“ ums Herz wird. Doch wohin bei all dem orientalischen Überangebot? Wir befragten „Tante“ TA, welcher Laden da so in Frage käme. Über das Zaika (Ecke Wichertstraße/Gudvanger Str.) wurden viele Lobeshymnen gesungen. Ein kleiner Spaziergang von ca. 15 Minuten führte uns die Pappelallee hinunter, ehe wir am Humannplatz in die Wichertstraße einbogen und kurz darauf vor dem von außen eher schlichten Lokal standen.
Wären wir zufällig daran vorbeigekommen, hätte uns sein äußeres Erscheinungsbild wohl nicht haltmachen lassen. Das wuchtige Gebäude, in dessen Erdgeschoss das Zaika untergebracht war, strotzte nur so vor 70er Jahre Betonromantik. Unter einer blauen Markise saßen jede Menge Freiluftgäste mit Blick auf das Grün des gegenüberliegenden Parks. Ein kurzer Blick ins schummrige Innere des Ladens zog die Aufmerksamkeit einer der Servicekräfte auf sich. Genau am Eck, wo ich eigentlich den Eingang vermutet hätte, bekamen wir einen der wenigen noch freien Tische zugewiesen.
Ohne Reservierung sollte man sich erst gar nicht auf den Weg machen, las ich später im Internet. Wir hatten an diesem Abend scheinbar Glück und freuten uns auf authentische Geschmackserlebnisse. Denn die suggeriert schon der Name des Lokals. Den Namen „Zaika“, der übersetzt so viel wie „hochentwickeltes Aroma“ oder einfach nur „Geschmack“ bedeutet, hatte Inhaber Harinder Singh sicherlich nicht zufällig gewählt. Mal schauen, was uns zwischen Pappadam, Naan, Chapati und Co. so alles an aromatischen Spezialitäten kulinarisch widerfahren würde.
Wer kocht die beste Linsensuppe in ganz Berlin? Im Mai 2016 war Fernsehkoch Andreas Studer (der Mann mit der umgedreht aufsitzenden Baseballmütze) im Namen der Suppe quer durch die Hauptstadt unterwegs und zerrte so einige Köche vor die letzte Linseninstanz, die sich beim Sender Kabel 1 „Mein Lokal, dein Lokal“ schimpfte. Warum diese profane Information am Rande? Im Zaika wurde sie gekocht. Da war von vornherein klar, dass wir am „Signature Dish“ des Hauses nicht vorbeikommen würden.
Ansonsten listete die reichhaltig bestückte Speisenkarte einen guten Querschnitt, bei dem die eher milde Küche Nordindiens von scharfen Gerichten aus dem Süden des Landes ergänzt wurde. Ich zählte allein sechs verschiedene Suppen und mindestens genauso viele von Kichererbsenmehlteig ummantelte, frittierte Pakora-Varianten. Neben einer großen Auswahl an vegetarischen Gerichten wurden die Fleischsorten Huhn, Lamm und Ente (sowie Fisch und Scampis) in unterschiedlichsten Zubereitungsarten durchdekliniert. Will heißen: diese Gerichte gab es in mehr oder minder geläufigen Ausführungen wie Korma, Madras, Vindaloo usw. Daneben noch ein paar Biryanis (Reisgerichte) und Leckeres aus dem Tandoori-Ofen. Kein Wunder, dass die Karte über 100 Positionen bereit hielt.
Schön, dass einem die Qual der großen Auswahl mit mehreren gemischten Platten (für 2 oder 4 Personen) erleichtert wurde. Diese enthielten neben einem Aperitif und einer Suppe immer drei unterschiedliche Gerichte aus der Karte sowie ein Dessert. Preislich lagen sie alle so um die 40 Euro (für zwei Personen), lediglich die vegetarische Platte war mit knapp 34 Euro etwas günstiger. Wir entschieden uns für die „mittelscharfe“, mit zwei Chili-Schoten gekennzeichnete Dakshin-Platte (36,90 Euro), bei der als Vorspeise die hochgejubelte Linsensuppe serviert wurde.
Vorneweg gab es einen mit Ananassaft und Kokoswasser gestreckten Sekt-Aperitif, der mir doch ein paar Grad Oechsle zu viel im Gläschen hatte. Da musste ich schon mit der guten Spreequelle (0,75 l für 4,60 Euro) nachspülen. Quasi als Amuse servierte man uns hauchdünn frittierte Linsenmehlfladen, auch „Pappadams“ genannt. Diese tauchten wir in verschiedene Dips (Joghurt mit Minze, Tamarindsauce, grünes „Höllenfeuer“) und brachten damit unsere Geschmacksnerven in Stellung.
In massiven Kupfer-Edelstahl-Schalen wurde uns die mit etwas Koriander bestreute Linsensuppe gereicht. Eine Art flüssiger Orient-Express, der vom ersten Löffel an für Furore am Gaumen sorgte. Wunderbar abgeschmeckt präsentierte sich das recht dünnflüssige Süppchen, das mit einer leicht säuerlichen Schärfe um die Ecke kam. Ingwer, Kreuzkümmel und Chilipulver waren als Hauptverantwortliche schnell ausgemacht. Der Verzicht auf die häufig verwendete Kokosmilch kam der fein gewürzten, mit dem Pürierstab vollendeten roten Brühe zugute. Tomatenmark für den Glanz, Zwiebel und Knoblauch als würziger Unterbau – den Rest erledigten Koriander, Kurkuma und Co. Kurzum: ein richtig guter Starter, der die Lust auf die drei Hauptgerichte noch befeuerte.
Die jungen Männer vom Service waren mächtig auf Zack. Mussten sie auch, bei dem Andrang! Mittlerweile waren alle Freiluftplätze vergeben. Man saß hier nicht wirklich ungemütlich, aber gegen die rebenberankten Innenhöfe aus der Heimat hatte es die Straßenlage im Wohngebiet schon schwer. Sprich: auf dem Land sitzt es sich draußen eben wesentlich gemütlicher.
Zeitgleich wurden uns die drei Hauptgerichte: Chicken Banglori (Hühnerfilet in exotisch scharfer Tunke), Paneer Jhalfrezi (Rahmkäse in nicht minder würziger Sauce) und Mutton Tikka (mariniertes Lammfleisch) serviert. Letzteres lag zischend auf einer gusseisernen Platte und kam scheinbar direkt aus dem Ofen. Als Beilagen reichte man duftenden Basmati-Reis, klebrig süßes Mango-Chutney, ein kleines Schälchen mit Salat sowie frisches Naan-Brot. Der Tisch war nun reich gedeckt und wir konnten uns nach Lust und Laune bedienen. Eigentlich ist mir diese Art zu essen am liebsten. Ob das die Dim-Sum beim Chinesen sind oder das Sushi beim Japaner, das gemeinsame „Durchprobieren“ macht einfach Spaß und der unmittelbare Austausch verstärkt das kulinarische Erlebnis. Muss nicht jeder gut finden – wir fanden es klasse.
Fruchtig scharf fiel die Sauce, in welcher der tofuähnliche Paneer-Käse badete, aus. Ihre leichte Süße erhielt sie von der Ananas. Nicht minder exotisch, aber etwas milder im Geschmack war das Chicken Banglori, über das ein paar Mandelblättchen gestreut waren. Beide Gerichte kamen im Kupfertöpfchen und blieben deshalb noch eine Weile warm. Das mit Zwiebeln und Paprika verfeinerte, zarte Lammfleisch kühlte da schon wesentlich schneller aus und stand deshalb auf der Verzehrrangliste ganz oben.
Alle drei Gerichte dufteten nach frischem Koriander und zeichneten sich durch sehr fein abgeschmeckte, nicht zu scharf gewürzte Saucen aus. Da unsere Gaumen die südindische Art des Würzens nicht gewöhnt sind, kann einem da schon mal der Gaumen implodieren. Hier war das nicht der Fall und wir genossen die orientalische Aromenvielfalt unserer Speisen in vollen Zügen.
Das abschließende Schälchen mit einem leicht gesüßten Mango-Vanille-Quark schmeckte dagegen recht unspektakulär. Aber die Desserts fallen beim Inder ja eh etwas spartanischer aus, was man meist billigend in Kauf nimmt.
Gut gesättigt und positiv überrascht verließen wir das Zaika in Richtung Stargarder Straße, wo wir uns in der Badfish Bar noch ein paar Berliner Kraftbiere („Berliner Berg“) gönnten. Die hätten auch gut zur indischen Kost gepasst. Waren aber als zweites, in flüssiger Form dargebotenes „Dessert“ auch nicht zu verachten.
Letzter Abend in der Hauptstadt und wir hatten Lust auf indische Küche. Kann passieren – vor allem wenn es vor der eigenen Haustür bzw. im Stammkiez (Kastanienallee, Eberswalder Straße) so gewaltig „falafelt“, dass einem ganz „(sha)warm(a)“ ums Herz wird. Doch wohin bei all dem orientalischen Überangebot? Wir befragten „Tante“ TA, welcher Laden da so in Frage käme. Über das Zaika (Ecke Wichertstraße/Gudvanger Str.) wurden viele Lobeshymnen gesungen. Ein kleiner Spaziergang von ca. 15 Minuten führte uns die Pappelallee hinunter, ehe... mehr lesen
Restaurant Zaika
Restaurant Zaika€-€€€Restaurant03040003435Wichertstraße 57, 10439 Berlin
4.0 stars -
"Beliebter Inder gegenüber vom Humannplatz, der uns positiv überraschte" marcO74Letzter Abend in der Hauptstadt und wir hatten Lust auf indische Küche. Kann passieren – vor allem wenn es vor der eigenen Haustür bzw. im Stammkiez (Kastanienallee, Eberswalder Straße) so gewaltig „falafelt“, dass einem ganz „(sha)warm(a)“ ums Herz wird. Doch wohin bei all dem orientalischen Überangebot? Wir befragten „Tante“ TA, welcher Laden da so in Frage käme. Über das Zaika (Ecke Wichertstraße/Gudvanger Str.) wurden viele Lobeshymnen gesungen. Ein kleiner Spaziergang von ca. 15 Minuten führte uns die Pappelallee hinunter, ehe
Besucht am 16.07.2018Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Diese Frage habe ich mir damals vor ziemlich genau fünf Jahren, als ich zum ersten Mal das vietnamesische Restaurant Monsieur Vuong besuchte, nicht gestellt. Es geschah im Rahmen einer Klassenfahrt nach Berlin. Ein ehemaliger RK-Schreiber namens „vonRibbentrop“ (vielleicht ist er dem einen oder anderen Leser noch ein Begriff…) brachte mich mit einer Rezension auf den Indochina-Laden, den wir nach einem Kletternachmittag in einer DAV-Halle zu fünft aufsuchten. Den Bericht zu diesem wirklich denkwürdigen Abend musste ich der Yelp-Idee „opfern“…
Zwei Jahre später saß ich mit einem Freund kurz vor der Heimreise wieder beim gehypten Indochinesen und hätte vor lauter Glasnudelsalat fast meinen ICE zurück in die Pfalz verpasst. Wir hatten damals einen der Außenplätze ergattern können, während der Erstbesuch noch im trubeligen Inneren des Lokals stattfand. Aber auch außen saßen wir dicht an dicht neben netten fremden Menschen und so richtig gemütlich war es auf der knallroten Biergarnitur nun auch nicht. Aber das Essen schmeckte und das war die Hauptsache.
Nun, wieder gingen drei Jahre ins Land und eine auf Textilien fokussierte Einkaufstour meiner Freundin führte mich doch tatsächlich in die Alte Schönhauser Straße. Meine Präsenz beim Kleidungskauf war zwingend gefragt, weshalb ich mich für die Länge eines Mittagstischs beim Kultvietnamesen vom „Einkaufsstress“ erholte. Es war kurz nach 12 Uhr und der Laden hatte gerade aufgemacht. Über das allabendliche Schlangestehen der hier Einlass suchenden Klientel wurde in so manchem Food-Portal berichtet. An jenem Montagmittag im Juli war ich anscheinend so früh dran, dass mir der sehr freundliche Mann vom Service – ich wurde wie ein Stammgast mit Handschlag begrüßt – gleich mehrere Optionen anbieten konnte. Das warme Wetter ließ mich auf der gepolsterten Bierbank unter der roten Markise Platz nehmen. Ein guter Beobachtungsposten, wie sich herausstellen sollte.
Der von mir sehr geschätzte Kochbuchautor Gerd Wolfgang Sievers hat Berlin für Genießer kulinarisch porträtiert. In seinem 2013 veröffentlichten, mit Insidertipps und Anekdoten gespickten Buch (wirklich sehr empfehlenswert, auch wenn nicht mehr topaktuell!) beschreibt er die traditionelle Bindung Berlins zur asiatischen, und ganz speziell zur vietnamesischen Küche. Kein Wunder, studierten doch mehr als 100 000 Vietnamesen in der ehemaligen DDR. Bis heute scheint vielen gar nicht bewusst, dass sie mit mehr als 20 000 Personen die größte außereuropäische Zuwanderungsgruppe in Berlin stellen.
Etablierte Lokalitäten wie das „Miss Saigon“ in Kreuzberg, wo man Spezialitäten aus dem Süden Vietnams auftischt, oder das „Saigon-Green“ in Charlottenburg (Kantstraße), das Sievers in seinem Buch als „Vietnamese für Einsteiger“ empfiehlt, gibt es mittlerweile reihenweise. Viele dieser Läden zeichnen sich durch ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis aus und werden deshalb entsprechend frequentiert.
Mit dem Monsieur Vuong verhält es sich da nicht anders, auch wenn sich mir das ganze Tamtam um den Laden nicht so recht erschließen will. Dennoch lob ich mir die gute Auswahl an Shakes und alkoholfreien Cocktails, die ihrer Aperitif-Funktion gerecht werden. Preislich hat man mit den Jahren etwas angezogen ohne dabei ins Unverschämte abzudriften. Die Maracujaschorle (0,4l) stand mit 3,80 Euro auf der Rechnung, während ein aus frisch gepresstem Orangensaft, Rohrzucker und Limettensaft gemixter „Saigon River“ mit 4,20 Euro zu Buche schlug. Auch erfrischend: der mit Mineralwasser aufgefüllte „Tao Hung Shake“, der mit püriertem Apfel und Pfefferminze den Sommertag erträglicher machte.
Der Speisezettel gestaltet sich nach wie vor recht übersichtlich. Eine Handvoll Standards und Klassiker, wie beispielsweise der legendäre Glasnudelsalat (8 Euro), die leicht süßlich schmeckende Pho „Hanoi“ (8,50 Euro) oder die mit Garnelen, Wasserkastanien und Taro Kartoffeln gefüllten, frittierten Frühlingsrollen (5 Euro), werden wohl nie aus dem Programm genommen. Dafür sind sie einfach zu sehr gefragt. Ergänzt wird das Ganze von ein paar Tagesempfehlungen.
Direkt neben der Eingangstür befand sich eine Aufstelltafel mit den „Specials“, die sich laut Information des Servicepersonals ca. alle zwei Wochen wiederholten. Die Tafel versprach Köstliches. Gedämpfte Reispapierrollen mit Garnelen-Hühner-Pâté-Füllung (6 Euro), gegrillte Entenbruststreifen mit Gemüse auf Reisbandnudeln (9,80 Euro), Rotes Curry mit zarter Hühnerbrust auf Jasminreis (8,20 Euro) und eine kühle Kokoscreme (5 Euro) zum Nachtisch klangen verheißungsvoll.
Nach dem bereits erwähnten „Tao Hung Shake“ servierte man mir drei in Reispapier gewickelte Preziosen, die wie ein Y angeordnet auf dem Teller lagen und in einem fruchtig-scharfen Limetten-Chili-Dressing badeten. Bei allen schauten ein paar Pfefferminzblätter keck aus der weichen Reis-Robe. Bestreut mit geröstetem Sesam, etwas Frühlingszwiebel und geraspelter Karotte waren die mit aromatischer Garnelen-Hühner-Farce, Minze und Gurke gefüllten Sommerrollen ein echter Genuss. Und da ich nicht so sehr auf Salatgurke stehe, bestellte ich mir gleich noch eine zweite Portion ohne das lästige „Gegurke“.
Wie bei meinem Erstbesuch vor fünf Jahren, konnte ich auch diesmal nicht vom Glasnudelsalat aus der Standardkarte lassen. Den leicht scharfen, mit Erdnüssen, Lauchzwiebeln, Möhren-, Rotkohlstreifen sowie Sprossen und vietnamesischen Kräutern verfeinerten Salat hatte ich mir in der Hühnerbrustversion bestellt. Kein Fehler, wie sich gleich nach dem ersten Zupacken mit den Ess-Stäbchen herausstellen sollte. Das Dressing gefiel dabei mit einer subtilen Ingwer-Note. Sein fein ausbalanciertes Schärfe-Säure-Spiel verlieh dem liebevoll zusammengeschnippelten Häufchen genügend Geschmackstiefe ohne dabei die Ingredienzien an den Schüsselrand zu drängen.
Bei Monsieur Vuong liegt, wie bei den meisten Vietnamesen, das Hauptaugenmerk auf der handwerklich einwandfreien Verarbeitung frischer Produkte. Die Gerichte sind fein abgeschmeckt, unprätentiös arrangiert und authentisch schlicht in ihrer Darbietung. Inhaber Dat Vuong, Sohn von Monsieur Vuong, dessen Porträt großformatig an der rot gestrichenen Wand des Gastraums hängt, scheint mit seiner traditionellen Vietnamküche ein seit Jahren erfolgreiches Konzept zu verfolgen.
Dennoch wundert mich der Hype um diesen Laden schon ein wenig. „Etwas überbewertet“, so auch die häufige Meinung vieler Besucher, die nach dem Besuch des mittlerweile Kultstatus genießenden Asiaten etwas enttäuscht ihre Erfahrungen bei diversen Portalen digital zum Besten geben. Deren Ansicht kann ich nicht nur nachvollziehen, ich teile sie auch. Am Essen gab es zwar nie etwas auszusetzen, aber das Besondere dieser Location konnte auch ich nicht entdecken.
Im roten Licht des Gastraums sitzt man leidlich bequem auf funktionalem Holzmobiliar. Der Geräuschpegel ist im meist vollbesetzten Inneren des Lokals recht hoch. Dementsprechend eng fallen die Platzverhältnisse aus, die andere vielleicht als „kuschelig“ bezeichnen würden. Würde man hier zufällig vorbei kommen und würde noch zufälliger einen Platz bekommen (vor allem am Abend!), wäre man aufgrund der schnörkellos guten vietnamesischen Frischeküche sicherlich positiv überrascht. Erwartet man hingegen den ganz großen kulinarischen Wurf, wird man von einer soliden, aber eher banalen Küchenleistung desillusioniert in die Berliner Nacht entlassen. Insofern war auch für mich der Erstkontakt im Jahr 2013 am Eindrucksvollsten. Enthusiasmus vergeht – Glasnudelsalat bleibt. Auch eine Erkenntnis.
Diese Frage habe ich mir damals vor ziemlich genau fünf Jahren, als ich zum ersten Mal das vietnamesische Restaurant Monsieur Vuong besuchte, nicht gestellt. Es geschah im Rahmen einer Klassenfahrt nach Berlin. Ein ehemaliger RK-Schreiber namens „vonRibbentrop“ (vielleicht ist er dem einen oder anderen Leser noch ein Begriff…) brachte mich mit einer Rezension auf den Indochina-Laden, den wir nach einem Kletternachmittag in einer DAV-Halle zu fünft aufsuchten. Den Bericht zu diesem wirklich denkwürdigen Abend musste ich der Yelp-Idee „opfern“…
Zwei Jahre... mehr lesen
Monsieur Vuong
Monsieur Vuong€-€€€Restaurant03099296924Alte Schönhauser Straße 46, 10119 Berlin
3.5 stars -
"Gehypter Kultvietnamese in Berlin-Mitte, dem die Gäste nach wie vor die Bude einrennen - Warum nur?" marcO74Diese Frage habe ich mir damals vor ziemlich genau fünf Jahren, als ich zum ersten Mal das vietnamesische Restaurant Monsieur Vuong besuchte, nicht gestellt. Es geschah im Rahmen einer Klassenfahrt nach Berlin. Ein ehemaliger RK-Schreiber namens „vonRibbentrop“ (vielleicht ist er dem einen oder anderen Leser noch ein Begriff…) brachte mich mit einer Rezension auf den Indochina-Laden, den wir nach einem Kletternachmittag in einer DAV-Halle zu fünft aufsuchten. Den Bericht zu diesem wirklich denkwürdigen Abend musste ich der Yelp-Idee „opfern“…
Zwei Jahre
Besucht am 14.07.20182 Personen
Rechnungsbetrag: 22 EUR
Im Sommer zog es uns mal wieder nach Berlin. Unsere Wohnung befand sich im sogenannten „Schwaben-Kiez“, wie man den Prenzlauer Berg auch gerne bezeichnet. Hier ist die Auswahl an gastronomischen Einrichtungen nicht gerade gering. Selbst Rezensions-Eminenzen aus Bremen erwandern hier gerne den Gastrohügel und sorgen bei ihrer geneigten Leserschaft für Speichelfluss und Nachahmungsdrang. Egal ob spanisch-koreanische Fusionsküche oder moderne „Schulküche“ mit internationalen Akzenten – der Wortakrobat von der Weser hat hier schon einiges auf „Herz & Niere“ geprüft und sich auch nicht von durchgestylten Gazellen mit Detox-Smoothies die Avocado vom Chia-Brot nehmen lassen.
Letztere Spezies hätte er auch an jenem sonnigen Samstag im Juli in der baumbestandenen, angenehm schattigen Greifenhagener Straße beobachten können. In Inneren der bis auf den letzten Platz gefüllten „Zuckerfee“ strichen sich die auf vegan dressierten Hungerhaken den Soja-Joghurt aufs Bananenbrot. Der Servicemann mit Rauschebart und Zotteldutt vom Craftbierladen nebenan würde sagen: „Mädels, solange ihr eure Sneakers unter unsere Palettentische stellt, wird gegessen, was der Bioladen an veganen Schikanen für euch parat hält!“
Nun gut, wir saßen ja nicht drinnen, sondern versuchten es uns auf den sperrig-unbequemen Gartenstühlen, welche die wenigen Zweiertische vor dem Haus boten, einigermaßen gemütlich zu machen. Wir hatten nicht reserviert und dementsprechend Glück, dass wir noch einen der letzten freien Plätze ergattern konnten. Laut „Reiseratgeber“, den so viele gerne Englisch aussprechen, lag die „Fee“ ganz oben auf der Gunstliste der Ambitionsfrühstücker und Schoko-Enthusiasten. Denn, wie mich deren Homepage lapidar lehrte: „Schokolade macht glücklich!“.
In der Zuckerfee geizt man deshalb nicht mit Kakaoanteilen. Die „echte heiße Schokolade“ kommt auf stolze 77 Prozent. Leert man noch einen Espresso dazu, darf man das Ganze als „Schok-Mock“ genießen. Freunde des heißen Aufgussgetränks werden mit einer breitgefächerten Samova-Auswahl glas- oder kännchenweise zufrieden gestellt. Die bereits erwähnten Smoothies dürfen da nicht fehlen. Die Limonaden hören auf Namen wie Fritz oder Thomas Henry. Beim Bier gibt man sich gerne badisch, denn das Rothaus Tannenzäpfle aus dem Schwarzwald kann es scheinbar locker mit jeder Berliner Hopfenkaltschale aufnehmen.
Doch wer geht schon ins Café, um Bier zu trinken. Hier wird gefrühstückt, Basta! Hinter mir hing eine Schiefertafel, auf der eine ganz besondere Frühstücksempfehlung in Kreide gekritzelt stand. Das „Walking on Sunshine“ hatte als Exklusivvariante des Morgenbrots so einiges auf der Etagere liegen: ein kleines, mit Thymian-Zitronen-Frischkäse gefülltes Omelette, Linsensalat mit Nektarinen, Tonkabohnen-Panna-Cotta mit Kirsch-Limettensauce und andere „Schmankerl“ standen darauf gelistet. Für 15,50 Euro eine Herausforderung, die mir an diesem Morgen zu elaboriert erschien.
Stattdessen begnügte ich mich als kulinarischer Mannschaftsspieler ganz „Jogi-like“ und mit „högschder“ Konzentration mit einem Kännchen „Team-Spirit“ von Samova (4,90 Euro), einer mit Lemongras, Jatoba (Hülsenfrucht der Hymenaea) und Ginkgo verfeinerten Kräuter-Grüntee-Mischung. Den ließ ich am Platz erst einmal schön in seiner Glaskanne gar ziehen, ehe er mit Kandiszucker gesüßt aus dem kleinen dickwandigen Gläschen genossen wurde. Meine Begleitung hatte es mit einem intensiv zimtwürzig schmeckenden Chai Latte (3,30 Euro) zu tun, was die allgemeine Zufriedenheit über die Warmgetränke am Tisch komplettierte.
Das Frühstücksrennen machte das „Sugarplum fairy“ (9,60 Euro), das neben Pancakes mit warmen Heidelbeeren, Balsamico-Tomaten und frischem Obst auch eine Portion Rührei mit knusprigem Bacon beinhaltete. Etwas Toast und Butter befanden sich ebenfalls auf der hübsch bestückten Etagere, die wir uns als bekennende „Wenig-Frühstücker“ teilten. Gut, die Dame am Tisch kam um den Genuss eines Joghurts mit Obst und Nüssen nicht herum und bestellte sich den Vitalimbiss quasi als eine Art „Zereal-Additivum“.
Geschmacklich ließ das Gebotene nichts zu wünschen übrig. Besonders gefallen hat uns die Art und Weise, wie liebevoll die Etagere arrangiert war. Bei dem was da drauf lag, war es uns dann auch egal, dass diese aus Plastik gefertigt war. Das Obst lag kunstvoll zerlegt im ersten OG, während die noch warmen Pfannkuchen auf der Heidelbeerkontaktbörse fündig wurden. Über das Rührei wurde kleingehackter Schnittlauch gestreut. Zusammen mit dem salzig-krossen Speck und den geschmolzenen, mit Balsamico veredelten Cocktailtomaten war das eine runde Sache auf eckigem Porzellan.
Die „Zuckerfee“ ist eine empfehlenswerte Location für Leute, die gerne qualitativ hochwertig frühstücken. Der Geräuschpegel kann im Inneren des Cafés zuweilen recht hoch sein und gerade morgens den ein oder anderen noch vor sich hin dösenden „Spätstücker“ überfordern. Tags drauf saßen wir in der (bei TA) so gehypten „Krone – Kitchen & Coffee“ und hatten die Wahl zwischen Hakuna Matata Sandwich, Brotsalat und Porridge. Ach, wie glücklich macht doch Schokolade!
Im Sommer zog es uns mal wieder nach Berlin. Unsere Wohnung befand sich im sogenannten „Schwaben-Kiez“, wie man den Prenzlauer Berg auch gerne bezeichnet. Hier ist die Auswahl an gastronomischen Einrichtungen nicht gerade gering. Selbst Rezensions-Eminenzen aus Bremen erwandern hier gerne den Gastrohügel und sorgen bei ihrer geneigten Leserschaft für Speichelfluss und Nachahmungsdrang. Egal ob spanisch-koreanische Fusionsküche oder moderne „Schulküche“ mit internationalen Akzenten – der Wortakrobat von der Weser hat hier schon einiges auf „Herz & Niere“ geprüft und sich... mehr lesen
Zuckerfee Café und Confiserie
Zuckerfee Café und Confiserie€-€€€Cafe03052686144Greifenhagener Straße 15, 10437 Berlin
4.0 stars -
"Schickes, inhaberinnengeführtes Frühstückscafé, wo vieles noch selbstgemacht auf der Etagere landet" marcO74Im Sommer zog es uns mal wieder nach Berlin. Unsere Wohnung befand sich im sogenannten „Schwaben-Kiez“, wie man den Prenzlauer Berg auch gerne bezeichnet. Hier ist die Auswahl an gastronomischen Einrichtungen nicht gerade gering. Selbst Rezensions-Eminenzen aus Bremen erwandern hier gerne den Gastrohügel und sorgen bei ihrer geneigten Leserschaft für Speichelfluss und Nachahmungsdrang. Egal ob spanisch-koreanische Fusionsküche oder moderne „Schulküche“ mit internationalen Akzenten – der Wortakrobat von der Weser hat hier schon einiges auf „Herz & Niere“ geprüft und sich
Geschrieben am 06.08.2018 2018-08-06| Aktualisiert am
11.08.2018
Besucht am 21.06.2018Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 186 EUR
Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
Selbst die Schnarchfraktion vom Meininger-Verlag (Neustadt a. d. W.), die uns alle zwei Jahre mit ihrem „Pfälzer Restaurantführer“ mehr amüsiert denn informiert, hat vom Können des talentierten Herrn Seiler Junior Notiz genommen und ihn in der 2018/2019er Auflage zum „Aufsteiger“ der Pfalz gekürt. Bewertet mit 2,5 Kochlöffeln im Schlemmeratlas und ausgezeichnet mit einem Michelin-Teller für eine Küche mit guter Qualität kommt der „Kronprinz“ nun auch bei bedeutsameren Gastroführern gut weg.
Der ehemalige Lehrling des mittlerweile in Rente geschickten Südpfälzer Sternekochs Karl-Emil Kuntz (Krone in Herxheim-Hayna) hat hier im beschaulichen Weinörtchen Weyher, das der gemeine Rhodt-Besucher gerne links oberhalb liegen lässt, den elterlichen Betrieb sukzessive modernisiert und zeitgemäß ausgerichtet. Bodenständig, aber mit kreativem Touch – so lässt sich die einfallsreich umgesetzte Regionalküche von Chefkoch Seiler kurz und knapp charakterisieren.
Seine Küchenphilosophie, die auch den Blick ins benachbarte Frankreich nicht scheut, baut dabei genauso auf Pfälzer Klassiker „aus Omas Rezeptbuch“ wie auf mediterrane Genüsse, die das Mittelmeer ein Stückchen näher rücken lassen. Kochkurse und Küchenpartys, Krimi-Dinner und Neujahrsbrunch – der Veranstaltungskalender des „Kronprinzen“ kann sich sehen lassen.
Dass nun auch der äußere Rahmen den hübsch angerichteten Preziosen auf dem Teller angeglichen wurde, kann der hier einkehrenden Genussklientel nur Recht sein. Man hat die beiden Gasträume, in denen bis zu 60 Personen Platz finden, von piefigen Vorhängen und Tischdecken sowie altbackenen Polstern (der Wandbänke) befreit und sie dadurch deutlich entkrampft. Auch der dunkle Filz-Teppich, der sicherlich den größten Anteil am überholten Ambiente früherer Tage hatte, hat mittlerweile ausgedient. Dank gepflegtem Laminatboden wirkt das Interieur nun wesentlich zeitgemäßer und freundlicher. Bunte Pop-Art von jungen Künstlern (aktuell von Julia Neverman alias "Younique") ziert neuerdings die Wände. Auf den blanken Holztischen hält man sich mit überflüssiger Deko zurück, ohne jedoch auf liebevolle Details der klassischen Tischkultur, wie z.B. die hübsch gefalteten Stoffservietten bzw. den kleinen Brotteller, zu verzichten.
Frau Rita Seiler empfing uns in gewohnt freundlicher Manier. Unser ca. einstündiges Zuspätkommen schien kein Problem. Der Andrang hielt sich an jenem Donnerstagabend in Grenzen und so saßen wir schließlich ziemlich zentral im Hauptgastraum mit Blick auf den Ausschankbereich, hinter dem es zur Küche ging. Aus der kam der Küchenchef ganz nonchalant gestapft, trug ein paar hübsch angerichtete Teller an den Nachbartisch und begrüßte uns dabei in lässiger Art und Weise. Schon ein cooler Typ der Simon Seiler. Einer, der die Nähe zu seinen Gästen schätzt, kommt eben gleich sympathisch rüber.
Auf dem Tisch lag bereits ein hölzernes Klemmbrett, auf dem ein mit dickem Edding beschriebenes DIN-A4-Blatt befestigt war. Darauf stand in leserlicher Handschrift die heutige Tagesempfehlung, nämlich Rinderbäckchen, Nudeln und Salat für 16,90 Euro, geschrieben. Ein erstes deftiges Ausrufezeichen in Sachen Hausmannskost.
Frau Seiler reichte uns die Speisenkarten. Auf der ersten Seite war eine recht umfangreiche Aperitif-Auswahl gelistet. Sherry, Martini, Campari und andere appetitanregende Alkoholika waren u.a. vertreten. Aber auch Alkoholfreies wie der Traubensecco vom Weingut Hörner aus Hochstadt hatte man im Programm. Ein Rosé-Secco (0,1l für 3,60 Euro) und ein URsUS Gin Tonic (0,2l für 5,90 Euro) beschwichtigte die „Spritties“ am Tisch, während die beiden anderen Mitglieder unseres Futtervereins das Mineralwasser (0,75l für 4,90 Euro) gleich flaschenweise kommen ließen.
Da jeder weiß, dass Tonic ohne Alkohol recht „ginlos“ daher kommt, genoss ich meinen Begrüßungslongdrink mit Original-Gin aus Weyher (!!!) in vollen Zügen. Das aromatische Destillat stellt nämlich Simon Seiler in Kooperation mit dem Weyherer Winzer Josef Brecht selbst her. Zwei aus dem gleichen Ort mit derselben „Schnapsidee“ sozusagen.
Außerdem wurde an diesem Abend Flüssiges in Form mehrerer Johannisbeerschorlen (0,5l für 3,50 Euro) sowie Espresso (2 Euro), Kaffee (2,30 Euro die Tasse) und natürlich Wein verkonsumiert. Mit allein 17 verschiedenen Weinen im offenen Bereich, zeigt man sich gut aufgestellt. Schön, dass hier das Augenmerk auf dem direkten Umfeld des Weinortes Weyher liegt und ausschließlich Winzer aus der direkten Nachbarschaft offen kredenzt werden. Entdeckungen sind somit glasweise garantiert.
Auch beim Flaschenweinangebot gibt man sich regional verwurzelt. Viele bekannte Weyherer Jungwinzer, wie z.B. Graf, Meier oder Möwes, hat man im Portfolio. Daneben baut man mit Jülg (Schweigen), Klein (Hainfeld), Hartmann (Kirrweiler) und Hörner (Hochstadt) ganz bewusst auf die junge Südpfalz, die sich unter Weinkennern immer mehr einen Namen macht und deren Weine beim „Kronprinzen“ äußerst preiswert zu erstehen sind.
Freunde der ersten Lage bzw. des Großen Gewächses werden dagegen bei Minges (Flemlingen) und Meßmer (Burrweiler) fündig. Großes Lob an dieser Stelle an die mit viel Bedacht zusammengestellte Weinkarte. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch in besseren Restaurants veritable Trouvaillen für um die 20 Euro ergattern lassen.
Schon bei unserer Ankunft blieben wir neugierig am Glasschaukasten draußen stehen und warfen erste Blicke auf das Speisenangebot. Drinnen blätterten wir uns dann gemütlich durch die verschiedenen Menüs, deren Gerichte sich auch alle einzeln bestellen ließen. Drei an der Zahl waren es und alle klangen sie verlockend. Dem Menü „Signatur“ (vier Gänge für 49 Euro) konnte mein Kollege nicht widerstehen. Lachsforelle, Meerwassergarnele, Rinderfilet und Pfälzer Erdbeervariation bildeten die verführerische Menüfolge, die auch ohne Meeresfrucht in drei Gängen (39 Euro) erhältlich war. Der mir schräg gegenüber sitzende Gourmand beschränkte sich auf diese „Light-Version“.
Für Veggies gab es ebenfalls vier Gänge in Menüform (32 Euro) zu bestellen. Mit dem berühmten Erdesbacher Ziegenfrischkäse, einer Tomatensuppe, einem Kräuter-Risotto mit Pfifferlingen und der Kombi aus Pfälzer Erdbeeren und Pirmasenser Wawi-Schokolade kämen selbst Fleischverzichter voll auf ihre Kosten, so die einhellige Meinung in unserer Carnivoren-Runde. Für Gockel-Genossen und Saumagen-Sympathisanten wurde das Menü „Palatina“ offeriert. Auch hier wahlweise in drei oder vier Gängen (27 bzw. 29 Euro). Hier galt es mit Saumagen-Carpaccio, Rinderkraftbrühe, Gockel in Woi („coq au vin“) und dem bereits erwähnten Erdbeerdessert fertig zu werden. Und das alles für unter 30 Euro.
Zweimal lautete die Entscheidung am Tisch „pro Pfalz-Menü“. Bei letzterem tauschte ich die Rinderkraftbrühe gegen die Tomatensuppe aus der Veggie-Palette. Alles kein Problem im „Kronprinzen“ – noch nicht einmal Aufpreis wurde berechnet.
Neben den Menüs existierte eine überschaubare Auswahl an Fleisch- und Fischgerichten (Rumpsteak, Barbarie-Entenbrust, Kalbszunge, Zander und Rotzunge). Der Saumagen „nach Omas Art“ (12,90 Euro) bediente die Pfalz-Esser und für die vespernde Zunft standen ein paar kalte Gerichte (Schwartenmagensalat, Käseteller, etc.) bereit.
Der Kollege zu meiner Rechten wählte das Schnitzel „Wiener Art“ (12,90 Euro), das hier mit Kartoffel-Gurken-Salat serviert wurde. Mit einem Saumagen-Carpaccio (9,90 Euro) und einer Tomatensuppe (4,90 Euro) erweiterte er seinen Hauptgang zu einem individuellen Drei-Gang-Menü.
Fehlte nur noch der passende Wein. Eine Flasche Merlot Auslese (29,90 Euro) vom Weingut Norbert Brecht aus Weyher sollte mit stolzen, im Holzfass gereiften 15 Volumenprozent unsere Lust auf stoffige Tanninfülle befriedigen. Der warmen Witterung wegen ließen wir den kräftigen Roten zunächst etwas runterkühlen.
Dem ersten Hunger wurde mediterran begegnet. Eingelegte Oliven und eine streichzarte Tomatenbutter sollten Abhilfe schaffen. Aufs frische, von Vater Seiler selbstgebackene Brot gestrichen, war das ein erster wohlschmeckender Küchengruß, den wir dankend annahmen. Zusätzlich wurde uns eine Tüte mit aromatisch duftendem Curry-Popcorn auf den Tisch gestellt. Die ging reihum und war viel zu schnell geleert. Auf einer kleinen Schiefertafel lagen halbe Cocktailtomaten, Salatgurkenscheiben und herzhafter Schinken als Fingerfood aufgespießt. Schon die kleinen kulinarischen Aufmerksamkeiten zu Beginn zeigten, dass die Küche in der Lage war, aus recht einfachen Produkten Schmackhaftes zu zaubern. So konnte es weiter gehen.
Beim ersten Gang lagen gebratene Saumagenscheiben um einen aufgeschichteten Hügel aus Kraut-und Blattsalat. Ein Teller, der sowohl texturell, als auch geschmacklich ein breites Spektrum abdeckte. Die salzige Würze steuerte der hauchdünn aufgeschnittene Saumagen bei, während das krautige Innere für sommerliche Frische sorgte. Knackiger Salat und knusprig gebratenes Pfälzer Schweinsallerlei – eine durchaus passende Vorspeise für einen warmen Juni-Abend. Vielleicht hätte das Hausdressing noch etwas mehr Essig-Wumms vertragen. Denn als Fan der sauer angemachten Elsass-Salate halte ich von zurückhaltenden „Anmachmethoden“ generell nicht viel. Der schräg gegenüber sitzenden Kollege lobte jedenfalls seine mit Gin-Schmand verfeinerte, kalt geräucherte Lachsforelle über den grünen Apfel, der – genau wie die darin enthaltenen Radieschen – seiner Vorspeise den besonderen Frischekick verlieh.
Wir schalteten gemächlich in den zweiten Gang. Der Lachsforellenverzehrer musste pausieren, da er ja die Meerwassergarnele mit Cous-cous hatte sausen lassen. Wir hingegen mutierten zu Suppenkaspern und bekamen zweimal frisch pürierte Tomatensuppe und eine Rinderkraftbrühe serviert. Vielleicht hat Küchenchef Seiler ein Faible für Spiderman oder die Roten Teufel vom Betzenberg, so mein erster Gedanke als ich die mit einem weißen „Netz“ überzogene „FCK-Suppe“ vor mir stehen sah. Später verriet er mir, dass er für das Muster der Oberfläche griechischen Joghurt – ja genau der fette Südländer! – benutzte, daher auch die etwas festere Konsistenz beim Verzehr.
Wie ich es hier schön öfter erlebt habe, nutzte Seiler auch diesmal den Tellerrand, um mit Tomatenmarmelade, helleren Tomatenstücken und ein paar Essblüten seiner Vorstellung eines optisch aufgepeppten Suppentellers gerecht zu werden. Das „Zierwerk“ sah nicht nur gut aus, sondern passte ganz wunderbar zur fruchtigen Tomatenmasse eine Etage tiefer. Einziger kleiner Kritikpunkt war auch hier die etwas defensive Art der Würzung. Klar kann das auch zu Lasten von Frucht und Frische gehen, würde aber dem Gericht insgesamt zu einem breiteren Geschmacksbild verhelfen, so die einhellige Meinung am Tisch. Simon, etwas mehr Chuzpe beim Würzen darfst du ruhig zeigen!
Dass es auch beherzter geht, war bei den Hauptgängen deutlich schmeckbar. Sowohl die herrlich zarten Brust- und Keulenstücke meines in Riesling-Sauce badenden Woi-Gockels, als auch das stattliche mit kräftiger dunkler Jus, cremiger Polenta und deftigen Speckbohnen versehene Rinderfilet (feinste argentinische Blockhouse-Qualität) aus dem Signatur-Menü ließen keine kulinarischen Wünsche offen. Aromatisch, vollmundig, gut! In der gehaltvollen Sahne-Sauce meines Coq-au-vin sorgten frische Champignons und aromatische Kräuter (Petersilie und Schnittlauch) für den delikaten Feinschliff. Zusammen mit einem ansehnlichen Häufchen Tagliatelle eine stattliche Portion, die ich da zu verputzen hatte. Denn Simon Seiler kocht sicher nicht für klägliche Kalorienzähler, wehmütige Weight-Watcher und depressive Dauerabnehmer. Das würde ja schon rein optisch gar nicht zu ihm passen. Seine Gerichte sind nicht nur hübsch arrangiert und handwerklich gekonnt zubereitet, sondern machen auch satt. Ein zeitgemäßer, aber durchaus üppiger Pfalz-Stil, der keinen hungrig unter die Tischplatte purzeln lässt.
Nur der Kartoffel-Gurken-Salat, den sich mein Nebenmann zu seinem knusprigen Schweineschnitzel „Wiener Art“ einverleibte, kam geschmacklich eher unscheinbar daher. Wie beim Salatdressing zuvor, fehlte ihm ein wenig die Essigwürze. Zugegeben nicht jeder mag Säure, aber bei manchen Gerichten gehört sie einfach dazu. Dem Schnitzelbegleiter hätte jedenfalls etwas mehr Pep gut zur Kartoffel gestanden, so die Meinung meines Kollegen.
Doch diese Kleinigkeiten waren spätestens beim Anblick des Pfälzer-Erdbeer-Desserts, das die drei Menü-Esser als letzte „Hürde“ zu nehmen hatten, verflogen. Auf einer länglichen Schiefertafel zeigte Seiler, dass er auch als Pâtissier sein Handwerk beherrscht. Er präsentierte die Pfälzer Erdbeere in verschiedenen Texturen. Als krachendes Baiser, als cremiges Sorbet, als halbgefrorenes Parfait und als naturbelassene Schnipsel. Dazu gesellten sich marinierte Rhabarberstücke, eine Nocke herb-süßer Mousse au chocolat, eine herrlich fluffige Vanillecrème und ein paar dunkle Schokosplitter. Bei diesem Sommerdessert stimmte die Balance aus süßen, herben und säuerlichen Elementen perfekt. Daneben sorgten ein paar Minzblätter für zusätzliche Frische.
Und so beendeten wir unser „Clubtreffen“ in Weyher mit gutem Bauchgefühl und in großer Zufriedenheit. Klar, wäre ein Besuch in der nahegelegenen Winzerstube von Volker Krug auch mal einen Besuch wert, aber bei Simon Seilers Küche wissen wir eben, wo wir dran sind und dass es uns dort so richtig gut schmeckt. Kulinarische Bauchlandungen, wie neulich erst in Neustadt-Gimmeldingen im Restaurant Moro erlebt, sind hier keine zu erwarten. Dafür eine liebevoll zubereitete Pfalz-Küche, die mit fairem Preis-Genuss-Verhältnis und frischen Produkten zu gefallen weiß.
Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
Selbst die Schnarchfraktion vom... mehr lesen
Zum Kronprinzen
Zum Kronprinzen€-€€€Restaurant, Hotel063237063Josef-Meyer-Str. 11, 76835 Weyher in der Pfalz
4.5 stars -
"Seiler – Weyher – Lecker! Pfälzer Traditionsküche zeitgemäß interpretiert" marcO74Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
Selbst die Schnarchfraktion vom
Geschrieben am 27.07.2018 2018-07-27| Aktualisiert am
27.07.2018
Besucht am 10.06.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 85 EUR
Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
Eine Wanderung zur nicht weit entfernten Ruine Ramburg führte uns im Juni ins Dernbachtal. Ein Tisch für zwei Personen wurde zuvor problemlos am Telefon klar gemacht. Den zünftigen Pfälzer Teller ignorierten wir beim Besuch der unterhalb der Burg befindlichen Ramburgschenke geflissentlich, denn wir waren bereits in freudiger Erwartung dessen, was man uns „beim Püngeler“ so alles auftischen würde.
Trotz der warmen Witterung war das Lokal an diesem Sonntagabend gut besucht. Auf der schattigen Terrasse hinter dem Haus waren bereits alle Plätze belegt oder reserviert, weshalb man uns im hinteren Bereich des langgezogenen Gastraumes („Wintergarten“) platzierte. Durch dessen offene Glastüren verfolgten wir das Treiben auf der Terrasse und bekamen nebenbei ein wenig von der kühleren Abendluft ab. Ein guter Platz, an dem die Servicedamen wie Fleißbienen vorbei summten. Zunächst jedoch ohne großartig von uns Notiz zu nehmen.
Zeit zum Umschauen. Seit 1884 wird in diesen Mauern Gastronomie betrieben. Seitdem ist die ehemalige Fuhrmannsschenke in Familienbesitz. Petra Roth-Püngeler und ihr Mann Werner führen das von Urgroßvater Jacob gegründete Gasthaus seit 1988. Es gibt nur noch wenige Adressen in der Pfalz, die eine solch lange Tradition vorweisen können. Aber altehrwürdig ist hier nicht mit antiquiert gleichzusetzen. Dazu machte das mit viel hellem Holz ausgestattete Innere des Lokals einen viel zu frischen Eindruck. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man sorgfältig platzierte Elemente der klassischen Gastronomie, die mit dem Charme des familiär geführten Landgasthofes Hand in Hand gehen.
Die stilvoll mit weißem Leinen überzogenen Tische setzten mit glänzend poliertem Silberbesteck und Stoffservietten ein erstes Zeichen in Richtung gehobener Gastlichkeit. Kein Wunder, fühlt man sich doch als Mitglied der „Chaîne des Rôtisseurs“ gastronomischen Werten und gepflegten Tischsitten verpflichtet. An den Wänden hing gerade so viel wie das Auge des Kunstbanausen noch vertrug und die bequem gepolsterten Stühle bzw. Wandbänke sorgten für ein behagliches Sitzgefühl. Über den etwas schmucklos wirkenden Fliesenboden konnte ich locker wegsehen, denn das Wesentliche würde sich ja eh gute 70 cm darüber abspielen.
Mittlerweile hatte man uns auch die Speisenkarte gereicht. In deren Einband wurde noch einmal auf die familiäre Tradition des Gasthauses hingewiesen. Die kulinarische Ausrichtung würde zwischen „fantasievoller Gourmetküche und regionaler Frischeküche“ oszillieren, stand da genauso dickgedruckt wie die Anmerkung, dass man es hier mit einer der „besten Weinkarten der südlichen Weinstraße“ zu tun hat. Und wahrlich, die Auswahl an feinen Kreszenzen aus der Pfalz konnte sich in der Tat sehen lassen. Viele renommierte Pfälzer Weingüter ließen sich hier flaschenweise entdecken und das zu äußerst fairen Preisen. Eine vinophile Rundumversorgung, die Respekt einflößt.
Siegrist (Leinsweiler), Becker (Schweigen), Gies-Düppel und Siener (beide Birkweiler) – schon auf den ersten beiden Seiten tummelten sich jede Menge Spitzengewächse im 0,75-Liter-Takt. Schön, dass man sich die Mühe machte und zu jedem Winzer kleine Infotexte, die den einschlägig bekannten Nachschlagewerken und Magazinen (Gault Millau, Eichelmann, Vinum und Weinwelt) entnommen wurden, abgedruckt hatte. Hier lernt der Neuling noch etwas dazu und der Kenner fühlt sich bestätigt. Sicherlich auch ein Angebot für vinophile Gäste, die sich am Tisch nicht mehr ganz so viel zu erzählen haben. Sie können in aller Ruhe die Weinkarte studieren – genug Lesestoff ist ja da. Übrigens ist man hier auch auf den Genuss von offenen Weinen gut eingestellt. Über 20 verschiedene Rebsäfte gibt es hier glasweise zu erstehen.
Menüesser kommen übrigens nach wie vor im Gasthaus Schneider voll auf ihre Kosten. Das viergängige „Tafelrundenmenü“ (52 Euro) lockte mit Rehterrine und Wildschweinschinken, einer doppelten Rehkraftbrühe, Barbarie-Entenbrust und einer Crème brulée. Wildfreunde würden hier wohl instinktiv zugreifen. Auch beim fünf- bzw. sechsgängigen „Feinschmeckermenü“ (62 bzw. 70 Euro) hatte man mit dem Rehrücken Leckeres aus heimischen Wäldern im Hauptgang. Und die Schneider’sche Gänseleberterrine (als Vorspeise) gehört nun wahrlich zu den kulinarischen Ewigkeitswerten dieses Gasthauses.
Das Tagesmenü von damals hieß nun schlicht „Menü zum Wochenende“, war nun viergängig und kostete mittlerweile 35 Euro (früher waren es für drei Gänge gerade einmal 26,50 Euro…). Bei der Vorspeise durfte man sich zwischen Bärlauch- und Spargelsuppe entscheiden, beim Hauptgang standen Kalbsrahmgeschnetzeltes, Filet von der Lachsforelle und Rückensteak vom Landschwein zur Auswahl. Was die Entscheidung nicht einfacher machte. Zusätzlich standen noch etliche Spargelgerichte auf der reichhaltigen Speisenkarte, deren Spanne von bewährten Leib- und Magengerichten (Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken, Schweinelende, Pfälzer Rehnuss) bis hin zu international angehauchten Klassikern (Rinderfilet Rossini, Barbarie-Entenbrust, Lachs- und Zanderklößchen) reichte.
Nur am Sonntagabend wurde zusätzlich ein 4-Gang-Fischmenü für 45 Euro angeboten. Da nutzte ich die Gunst der Stunde und entschied mich für die Preziosen aus Fluss, Teich oder Meer, zumal mir die etwas leichteren Fischgerichte an jenem warmen Juniabend passender erschienen. Meine Begleitung wählte aus dem vegetarischen Angebot die Spinatknödel mit Spitzkohl und Bergkäse (16,90 Euro). Vor- und Nachspeise meines Menüs wurden also Opfer des Sharing-Gedankens.
Die 0,75-l-Flasche Schwarzwald Mineralwasser Classic belief sich auf 5,20 Euro, während der kleine Traubensaft (0,2l) bei 2,40 eincheckte. Das Viertel Grüner Silvaner vom Weingut Hochdörfer aus Landau-Nussdorf ließ sich für 5,20 Euro erwerben. Der offene Weiße passte als flüssige Begleiterscheinung gut zu den Protagonisten meines Menüs.
Doch bevor es richtig los ging, reichte man uns zur Einstimmung ein kleines Fläschchen mit aromatischem Olivenöl, etwas Meersalz und frisch aufgebackenem Baguette in einem kleinen Holzkasten. Schlicht in der Anrichtung, aber keineswegs trivial im Geschmack, so konnte es weiter gehen. Mit einem zweiten Amuse in Form kleiner deftiger Blätterteigschnecken wurde nochmals freundlich aus der Küche gegrüßt. Die mit Speck, Zwiebel und Schmand gefüllte Petitesse erinnerte vom Geschmack her an den Elsässer Flammkuchen, der ja mittlerweile auch aus der Pfalz nicht mehr wegzudenken ist.
Mit einer Trilogie vom schottischen Lachs startete mein Menü. Gebeizt, geräuchert und als Tatar bildete er auf dem Teller ein ansehnliches Arrangement, das von drei Saucentupfern (Honig, Senf, Basilikum) und einem wachsweichen Wachtelei zusätzliche Farb- und Geschmacksakzente erhielt. Dazu reichte man eine geröstete Scheibe Brioche (war noch leicht warm), dessen süßlich fluffiges Innere von fachkundigem Backhandwerk herrührte.
Besonders die gebeizte Tranche vom fetten Zuchtfisch hatte es mir angetan. Keine Ahnung, ob es sich hier um Label-Rouge-Qualität handelte. Das Fleisch des „Scottish Salmon“ zerging auf der Zunge. Die u.a. mit Senfkörnern, frisch gemahlenem Pfeffer und leichtem Dillhauch versehene Fischbeize tat dem saftigen Filet ausgesprochen gut. Der rosafarbenen Tartarmasse fehlte hingegen die cremigzarte Avocado als mundfüllender Schmierstoff. Dafür konnte die mürbe Zuchtlachsnocke mit Kräuterfrische und spritziger Leichtigkeit (Zitrone oder Limette) punkten. Die Rauchvariante kam geschmacklich wesentlich unauffälliger daher. Die dünnen Scheiben säumte der obligatorische Dillrand, den man so auch von gutem Sockeye aus der Kühlteke kennt. Die drei Saucenkleckse wirkten etwas eklektisch, waren aber passend ausgewählt. Sie brannten sich zwar nicht ins kulinarische Unterbewusstsein ein, spielten jedoch den rotfleischigen Protagonisten auf dem Teller gut zu und gereichten schmeckbar dem Prädikat „homemade“ zur Ehre.
Während meine Begleitung ihren mit mildem Joghurt-Dressing angemachten Beilagensalat – er hätte ihrer Meinung nach ruhig mehr Essigkante zeigen dürfen – erhielt, duftete mir ein schaumig geschlagenes Spargelsüppchen mit Lachskloßeinlage entgegen. Schade, dass Gang Nummer Zwei das vom Fischteller vorgegebene Niveau nicht ganz halten konnte. Die handwerklich gut gemachten Klößchen wurden leider nur in homöopathischer Dosierung verabreicht. Der auf Basis einer Gemüsebrühe angesetzten Spargelsuppe mangelte es dagegen nicht an Sahne-Input. Ihrem geschmacklich eher zurückhaltenden Aroma konnte auch das fadenscheinige Dillkraut, welches sichtbar obenauf schwamm, keinen besonderen Kick am Gaumen entlocken. So blieb das Ganze bei einer sahnig-milden Angelegenheit, der es ein wenig an Würzfülle fehlte.
Dafür konnte der Hauptgang glänzen. Denn es ist ja alles fett, was glänzt. In diesem Fall das prächtige, in Butter gebratene Schollenfilet, das in perfektem Gargrad und von aromatischer Mandelkruste umhüllt auf meinem Teller lag. Der hellfleischige Plattfisch strotzte dank subtiler Würzung vor saftigem Eigengeschmack und überzeugte durch seine hohe Produktqualität und -frische. Die mit kleingehackten Schnittlauchröllchen verfeinerten Salzkartoffeln wurden à part in einer kleinen Schüssel serviert. Bei dieser ultraklassischen Beilage wurde die Kochzeit anscheinend sehr genau eingehalten, was zu optimaler Kartoffelkonsistenz führte. Dafür lass ich jede Teigware links liegen. Dieser Hauptgang wäre auch singulär als Tagesgericht erhältlich gewesen, so stand es jedenfalls an der Schiefertafel neben der Eingangstür geschrieben.
In bester Fischlaune schielte ich auf die eher frugal wirkenden, von geschmolzenem Bergkäse leidlich bedeckten Spinatknödel, für die sich meine Freundin entschieden hatte. Der Beschreibung in der Karte nach wurden sie in etwas Nussbutter geschwenkt. Von den grünen Veggiebällen nahezu komplett verdeckt, geriet der darunter befindliche Spitzkohl, von Natur aus ja eher dezent aromatisch, auch geschmacklich ins Hintertreffen. Zu allem Überfluss bildete eine „geschmolzene“ Cocktailtomate – schon mehrfach von einem geschätzten Rezensenten dieses Portals als kulinarische Banalität entlarvt – den einzigen „echten“ Farbtupfer in diesem drögen Tellergericht, das Herr Biedermann noch nicht mal seinen Brandstiftern untergejubelt hätte. Und man muss es aussprechen: für 16,90 Euro war das auch preislich nicht mehr im Bereich des Akzeptablen. Spinat, Spitzkohl, Bergkäse – selbst mit dem inkludierten Beilagensalat passte das weder vom Wareneinsatz noch von seiner Verarbeitung her ins Bild.
Da lobe ich mir die Burrweiler Mühle – zugegeben ein mittlerweile von Pfalztouristen überranntes Ausflugslokal in bester Lage – wo man das nahezu gleiche Gericht für 6 Euro weniger anbieten kann.
Der süße Abschluss gelang mit marinierten Nektarinen, Vanille-Eis und Himbeerschaum (eigentlich das Dessert vom Wochenend-Menü) und zwei Kugeln hausgemachtem Sorbet (6 Euro). Besonders das intensive Himbeeraroma meines im Glas servierten Nachtisches hatte es mir angetan. Ein würdiger Schlusspunkt eines gelungenen 4-Gang-Menüs, das auch bei der Preis-Genuss-Relation ordentlich abschnitt.
Wählt man im „Schneider“ dagegen à la Carte, schlagen hohe Preise wie zum Beispiel bei den Suppen (doppelte Rehkraftbrühe für 8,50 Euro), den einfachen Fleischgerichten (Schweinelende mit Mischpilzen für 23,50 Euro) und dem vegetarischen Angebot (Kräuterpfannkuchen mit Spinat und Röstgemüse für 15,90 Euro) zu Buche. Da hat man mit dem Status eines der exklusivsten kulinarischen Ziele im Pfälzerwald zu sein etwas die Bodenhaftung verloren. Bei den Menüs sieht es etwas anders aus, aber auch hier wurde in den letzten Jahren preislich angezogen. Das ausgezeichnete PLV von damals muss ich etwas revidieren und zum Ergebnis kommen, dass es in dieser Preisliga mittlerweile kreativere Vertreter in der Pfalz gibt. Etwas mehr Innovation statt Bewahrung von Tradition würde dem Gasthaus Schneider sicher gut stehen.
Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
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4.0 stars -
"Das PLV war früher besser! Dennoch verlässlich gute Adresse im Dernbachtal - und das seit vielen Jahren schon" marcO74Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
Eine Wanderung
Besucht am 01.06.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 46 EUR
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution in Scheidegg und Umgebung salopp nennt, hoben wir uns für den letzten Abend auf.
Das familiengeführte Haus kann auf eine über 300 Jahre lange Gastrotradition zurückblicken. Die letzten 80 Jahre davon hat Familie Stöckeler geprägt. Küchenchef Markus Stöckeler führt seit 1993 den Betrieb, während sein Bruder Thomas das im Jahre 2015 angegliederte Hotel leitet. So hat sich der Gasthof sukzessive zu einer festen Größe in der Region entwickelt und dank seiner hervorragenden Küche als beliebte Einkehradresse etabliert. Ein kurzer Anruf am Tag davor genügte, um zwei Plätze klarzumachen.
An einem sonnig-warmen Freitagabend betraten wir das gemütlich-rustikal eingerichtete Traditionshaus. Die junge Servicedame, die uns in Empfang nahm, hatte einen Tisch im Inneren des Lokals für uns bereit gehalten. Es war uns jedoch eher nach Freiluftgenuss zumute, was vom Serviceteam nonchalant mit einem properen Tisch im Biergarten erfüllt wurde. So saßen wir pünktlich zum Sonnenuntergang im ca. 70 Personen fassenden Open-Air-Bereich und genossen die letzten Stunden unseres Allgäu-Aufenthalts in vollen Zügen.
Der positive Ersteindruck, den wir von der Servicemannschaft rund um die gelernte Restaurantfachfrau Mareike Bollinger von der ersten Minute an hatten, sollte sich im Laufe des Abends noch mehrfach bestätigen. Bereitwillig gab man Auskunft, offerierte Zusatzangebote ohne aufdringlich zu wirken, agierte dabei stets freundlich und zuvorkommend, und war auch sonst flott unterwegs oder wie man auch sagt: auf Zack! Eine tolle Truppe, welche die Wirtsfamilie Stöckeler da „zusammengecastet“ hatte und die maßgeblich dazu beitrug, dass wir uns hier gut aufgehoben fühlten.
Wie sehr man auf Transparenz bei der Gastfreundschaft Wert legt, davon kündet schon die erste Seite der Speisenkarte. Bei der „Begrüßung“ wurde nicht nur auf die Entwicklung des Gasthauses bzw. des Hotels in den letzten drei Jahren hingewiesen, sondern jeder Mitarbeiter samt Status und Funktion namentlich aufgeführt. Alle Achtung, hier steht die Mannschaft im Mittelpunkt und keiner wird außen vor gelassen!
Auf Seite eins is(s)t man mit dem „glutenfreien Frühlingsmenü“ (4-Gänge für 36,80 Euro) auf der Höhe der Zeit. In Nudelteig gebackene Scampis, Rahmsuppe vom Stangenspargel, Filet vom Allgäuer Rind und frische Erdbeeren mit Schokopreziosen würden sicherlich auch Gäste ohne diagnostizierte Zöliakie erfreuen. Auf der zweiten Seite warteten die Tagesempfehlungen und „Freitagsgerichte“. Allgäuer Käsespätzle und Kaiserschmarren gab es scheinbar nur am letzten Tag der Woche. Die drei Gerichte vom Tagesprogramm klangen sehr verlockend. Lammhäxle, Perlhuhnbrust und Schweinebauch – und bitte genau in dieser Reihenfolge!
Dann blätterte ich mich durch das appetitanregende Standardprogramm, das neben fünf Vorspeisen, vier Suppen, vier Fischgerichten, einem guten Dutzend Brotzeiten, Steaks in verschiedenen Cuts, drei vegetarischen Mahlzeiten auch sage und schreibe neun „Hirschenklassiker“ listete. Letztere hätten jeden Carnivoren in selige Verzückung versetzt. Geschmorte Rinderbacke, Wienerschnitzel, Kalbs-Cordon-Bleu, Filetgeschnetzeltes vom Schwein und Rind sowie der obligatorische Allgäuer Zwiebelrostbraten – nahezu das komplette Who-is-who der gutbürgerlichen Fleischküche war vertreten. Und das zu Preisen, die lediglich beim Zwiebelrostbraten (20,80 Euro) die 20-Euro-Marke knackten. Beim Durchlesen der Kindergerichte, die alle für freundliche 3 Euro angeboten wurden, war ich mir sicher: hier hätte es mir vor 35 Jahren schon gefallen!
Beim Fassbier setzte man voll auf regionalen Gerstensaft. Das Weizen und das Pils stammten aus dem Nachbarort Weiler, dessen Postbrauerei anständige Erzeugnisse liefert. Das Meckatzer „Weiss-Gold“ wurde als „Sonntagsbier“ angepriesen, während das dunkle „Korbinian“ von der Brauerei Zötler aus Rettenberg vollmundig-malzigen Trinkspaß versprach. Wer auch hier glutenfrei unterwegs sein wollte, für den gab es ein Hirsebier von Schnitzer – das jedoch aus der Flasche.
Am dunklen Korbinian hatte ich schon am Vorabend in der Altstaufner Einkehr nichts auszusetzen gehabt. Einem halben Liter (3,30 Euro) gegen den Durst stand also nichts im Wege. Die Flasche Mineralwasser schlug mit (noch) anständigen 4,80 Euro zu Buche.
Nach dem Motto „Kleinvieh macht auch satt“ orderte ich einen kleine Portion Schweizer Wurstsalat (5,80 Euro) vom Brotzeitsortiment als Vorspeise. Ihm sollte frischer und geräucherter Schweinebauch mit Sauerkraut und Kartoffelbrei (11,80 Euro) folgen. Meine Begleitung mochte es dagegen etwas fleischloser und entschied sich für einen kleinen Beilagensalat (3,80 Euro) und die Allgäuer Käsespätzle (9,80 Euro). Im Hinblick auf die ansprechende Dessertauswahl wollten wir uns nicht schon vorzeitig in „Fressnarkose“ versetzen und spielten kulinarisch zugegebenermaßen etwas auf Zeit.
Der eidgenössische Wurstsalat (mit Emmentaler) wurde pfiffig in einer kleinen Schüssel auf einem Holzbrett mit obligatorischer Semmel serviert. In Scheiben geschnittene Schüblinge (Brühwürste), Gurken, rote Zwiebelringe und ordentlich Käse schwammen in einem delikaten, gut ausbalancierten Essig-Öl-Dressing. Die qualitativ guten Zutaten machten dieses einfache Gericht zu einem wahren Leckerbissen, dem auch die warme Witterung nichts anhaben konnte. Genauso frisch war übrigens auch der kleine Beilagensalat angemacht. Grüne Blätter, weißes Kraut, ein paar Gurkenscheiben und knackige Karottenraspel sorgten bei meiner Begleitung für sommerlichen Salatgenuss vorweg.
Ihre im Anschluss folgende Portion Käsespätzle konnte sich wirklich sehen lassen. Selbst das menüverspachtelnde Paar am Nachbartisch war vom Aussehen des mit Frittier-Zwiebel-Toupet bedeckten Spätzle-Hügels angetan. Sein geschmolzener Käse hatte ein feines Aroma und hielt die Eierkleinteile auf dem Teller zusammen. Keine Ahnung, ob man dieses Gericht irgendwo besser hinbekommt. Der Dame gegenüber schmeckte es jedenfalls fantastisch.
Bei der Schweinerei auf meinem Teller hatte man nicht mit saftigen Bauchscheiben gespart. Feinste Metzgerware, die da geräuchert und nicht zu fett im Sauerkraut gegart wurde und auf selbigem lag. Das Kraut war geschmacklich über alle Zweifel erhaben und hätte auch jedem Pfälzer Teller zur Ehre gereicht. Die salzige Würze des gepökelten Fleisches wurde vom herrlich milden Kartoffelbrei (wie bei Muttern!) gut aufgefangen. Ich persönlich mag es ja, wenn das Püree nicht zu flüssig gerät. Das Verhältnis von Milch, Butter und Kartoffeln muss eben passen und das tat es hier. Ein deftiger Teller mit ausgezeichneter Hausmannskost, den ich bis auf die letzte Pfütze des Sauerkrautsudes genoss. Gutbürgerliche Küche kann unter fachkundiger Verwendung hochwertiger Produkte richtig gut tun! Oder wie der Großmeister der Restaurantkritik Thomas Platt einmal schrieb: „Ein gutes Gericht erzählt die Wahrheit über seine Zutaten, ein schlechtes dagegen die Wahrheit über seinen Koch.“
Zum Abschluss gönnten wir uns noch ein paar Eis- bzw. Sorbetkugeln, die allesamt aus der eigenen Herstellung kommen. Und so füllten fruchtiges Himbeer-Sorbet (2,20 Euro pro Kugel) und cremigsüße Schokolade (weiß und braun, 1,60 Euro pro Kugel) unseren letzten freien Raum im Magen.
Beim Stöckeler werden wir im Rahmen des nächsten Allgäu-Urlaubs sicherlich wieder einkehren. Sein mit Leibspeisen gespicktes Angebot wird uns dann wohl zu Wiederholungstätern machen. Warum auch nicht bei einem so erstklassigen Preis-Genuss-Verhältnis wie hier. Und einem Service, der seinen Dienst am Gast so professionell und dennoch herzlich umsetzt. Für Besucher des Westallgäus deshalb mein Tipp: anrufen – reservieren – hingehen. Alles weitere ergibt sich dann von selbst.
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution... mehr lesen
Zum Hirschen | Restaurant beim Stöckeler
Zum Hirschen | Restaurant beim Stöckeler€-€€€Restaurant, Biergarten, Gasthof083812119Kirchstr. 1, 88175 Scheidegg
5.0 stars -
"Beeindruckende Küchen- und Serviceleistung in Scheideggs erstem Haus am Platz" marcO74Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution
Besucht am 31.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot von der Auszeichnung, dass man es im FEINSCHMECKER unter die 500 besten „Restaurants für jeden Tag“ geschafft hatte. Die Treppe des altehrwürdigen, mit Schindelfassade verzierten Anwesens war schnell erklommen und da standen wir nun im Flur zwischen Küche, Tresen und der rechterhand hereinströmenden Gemütlichkeit einer ultra-urig eingerichteten Gaststube. Schade, dass niemand vom Servicepersonal Zeit und Lust hatte von uns Notiz zu nehmen. Ein kurzer Blick ins Innere des Lokals genügte, um rasch festzustellen, dass wir an diesem Abend (es war Feiertag!) keinen Platz bekommen würden. Zwei Damen, die zeitgleich mit uns kamen, erging es genauso. Sie zogen es vor, drinnen zu warten, während wir uns nach draußen zur Beratung zurückzogen.
Noch eh wir uns gedanklich um einen Plan B kümmern konnten, bemerkten wir, dass im baumbestandenen Biergarten direkt neben dem Gebäude gerade ein Tisch freigeworden war. Nun also doch die Einkehr in der „Einkehr“!
Aus dem Meckatzer-Fehler vom Vortag hatte ich gelernt. Ein großes Zötler „Korbinian Dunkel“ (3,70 Euro der halbe Liter) aus der Rettenberger Familienbrauerei, die den malzig-intensiven Gerstensaft schon seit rund 500 Jahren braut, und ein Mineralwasser (0,5l für 2,80 Euro) ließen dem Durst keine Chance.
Der Blick in die handgeschriebene, hübsch aufbereitete Speisenkarte verriet schon auf der ersten Seite die gastronomische Philosophie des Hauses. Als Mitglied der Vereinigung „Landzunge“ setzte man hier voll auf Regionaliät und (Bio-)Qualität bei den verwendeten Produkten. Rind aus freier Haltung, Bachforellen von heimischen Gewässern und Allgäuer Käse aus dem Umland standen exemplarisch für die Umsetzung einer zeitgemäßen Heimatküche mit modernem Qualitätsanspruch.
Bodenständig, aber mit Niveau präsentierte sich das ausgesuchte Speisenangebot. Eine Handvoll Tagesgerichte, darunter Preziosen wie Ragout vom Staufner Reh mit Spargel-Pilz-Gemüse (19,50 Euro) oder Zanderfilet in der Pankokruste auf Frühlingssalat mit mariniertem Spargel und Balsamico (16,90 Euro), schufen saisonale Fakten.
Das Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat und Preiselbeeren (18,70 Euro) kam natürlich vom Allgäuer Kalb, während sich hinter dem Jägerteller nach Oma Eckers Rezept ein Hirschgulasch vom Schlegel mit hausgemachten Spätzle und Blaukraut (18,90 Euro) verbarg. Selbstgemachte Dinkelbandnudeln mit gegrilltem Gemüse, Sbrinz (Schweizer Hartkäse) und Tomatenragout (14,90 Euro) wurden den Veggies offeriert. In Pergament gebackene Allgäuer Bachforellenfilets mit Blatt-Spinat, Strauchtomaten Bio-Feta und Salzkartoffeln (17,50 Euro) standen für den feinen Fischgaumen bereit.
Zusätzlich wurden fünf Fleischgerichte vom Grill angeboten. Darunter auch der 180g schwere Zwiebelrostbraten vom regionalen Weiderind (19,50 Euro), dem ich mich nicht entziehen konnte. Die Beilagen durfte man sich separat auswählen. Für 3,80 Euro Extra wurden sensationelle Spätzle mit geschmacksintensiver, lange eingekochter Bratensoße geliefert. Jeder Bissen des perfekt medium gebratenen Stücks vom Roastbeef zerging auf der Zunge. Eine Fleischqualität wie ich sie schon lange nicht mehr zwischen Messer und Gabel hatte. Davon hätte ich auch locker 100g mehr verputzt, ohne Frage. Wobei die üppige Auflage kross frittierter Zwiebeln auch erst einmal bewältigt werden musste. Ein rundum gelungenes Beispiel für handwerklich einwandfrei gekochte Regionalkost. Allein wegen dem Zwiebelrostbraten (und der à part gereichten Sauce) hätte ich als Wahloberstaufener hier meine Stammadresse. Nur schade, dass die Lichtverhältnisse keine aussagekräftigeren Fotos vom Essen mehr zuließen. Für das Beef Royal unter der Zwiebelfrisse müssen diesmal Worte reichen!
Meine Begleitung zog an diesem lauen Abend die kalte Küche vor. Ihre Oberstaufner Käsebrotzeit (12,50 Euro) hatte Bergkäse, „Gemanschter“ (Obazda ähnlich), Romadur und Ziegenkäse aus der Region auf dem mit Radieschen und Zwiebeln hübsch garnierten Teller zu bieten. Einer zünftigen Vesper stand nichts mehr im Wege, zumal die Käseplatte wohl portioniert war. Besonders schmeckte ihr der cremig-pikante, zusammen“gemanschte“ Käseaufstrich, der zum frischen Graubrot eine ganz hervorragende Figur machte.
Beide Gerichte waren von der Menge her absolut ausreichend portioniert. Einer Nachspeise bedurfte es (leider) nicht mehr. Eigentlich schade, denn die angebotene Lavendel-Crème-Brulée mit Holunderblüteneis und frischen Erdbeeren (8,50 Euro) hatte schon mein Interesse geweckt.
Zum Schluss noch ein Wort zum Service. Der junge Mann, der an jenem Abend für den kompletten Biergarten zuständig war, machte seine Sache richtig gut. Der große Andrang schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. Er war stets auf Zack und kam zudem sehr sympathisch rüber. Bereitwillig beantwortete er unsere Fragen zu bestimmten Gerichten bzw. verwendeten Produkten. Wir waren so froh, dass wir nicht unter das „Servicejoch“ der gestressten Damen im Inneren des Lokals geraten waren. Manchmal ist eben die zweite Platzwahl die erste. Drinnen war übrigens noch um 23 Uhr die Hölle los, wovon ich mir beim Gang zu den sehr gepflegten Toiletten ein Bild machen konnte. Keine Frage, die „Einkehr“ ist eine empfehlenswerte Adresse für Gäste, die für Qualität gerne auch mal ein paar Euro mehr ausgeben. Hier lohnt es sich definitiv!
Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot... mehr lesen
4.5 stars -
"Allein der Zwiebelrostbraten rechtfertigte die „Einkehr“" marcO74Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot
Besucht am 30.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten Einkehr ganz bewusst nach dessen hoher Platzierung auf diesem Portal gewählt. Die Lindenberger Nr. 1 würde sicherlich für ein zünftiges Abendmahl taugen, so der Plan.
Was ich da noch nicht wusste, beim alten Bräuhaus handelt es sich um die Lindenberger Traditionsgaststätte schlechthin. Der Einband der Speisenkarte verriet mir die bewegte Geschichte des altehrwürdigen, von der Familie Seeger geführten Gasthauses, das zu den ältesten im Ort zählt und in dem bis 1920 noch Bier gebraut wurde. Schon kurios, dass im hinteren Hof des Bräuhauses Ende des 19.Jahrhunderts eine Kneipp’sche Badeanstalt errichtet wurde. Bei deren Eröffnung war Kräuterpfarrer und Wasserdoktor Sebastian Kneipp selbst zugegen, so die Überlieferung. Ich war gespannt, ob uns die Portionen auch ganzheitlich ansprechen und mit hohem Heilpflanzenanteil auf dem Teller landen würden.
Die schwül-warme Witterung ließ uns an einem Tisch im von übermannshoher Vegetation umfriedeten Biergarten Platz nehmen. Der immer dunkler werdende Himmel kündete von einer herannahenden Gewitterfront. Die Chancen auf einen dauerhaften Verbleib im Freien schwanden deshalb von Minute zu Minute.
Nachdem ich die Werbeseite für das in dieser Region zu Recht nicht sonderlich beliebte Meckatzer Bier geflissentlich überblättert hatte, wurde der essenzielle Teil der Speisenkarte näher in Augenschein genommen. Zwei Suppen und vier verschiedene Salate eröffneten noch etwas schüchtern die Palette bodenständiger Spezialitäten aus der Region, eher auf den Folgeseiten ein wahres Fest für Fleischesser zelebriert wurde. Schnitzelvariationen, gegrillte Putenkost, Roastbeefvergnügen und Brauhausspecials deuteten auf paradiesische Zustände für ausgewiesene Fleischvernichter hin. Fünf vegetarische Teller und dreimal Fisch richteten sich dagegen etwas kleinlaut an die Fraktion der Verzichter.
Der Wärme trotzend bestellte ich vorneweg eine Tasse Brätstrudelsuppe (3,90 Euro). Eine süffiges Meckatzer (die Halbe „Weiss-Gold“ für 3,30 Euro) und eine Traubensaftschorle (0,2l für 2,50 Euro) wurden jedoch von der jungen, ihre Sache sehr gut machenden Bedienung zuerst an den Tisch gebracht. Als Hauptgerichte standen das Altbayrische Schnitzel (17,50 Euro), das mit seiner Kruste aus frischem Meerrettich, Senf und Käse mein Interesse weckte, sowie die für meine Begleitung mittlerweile schon obligatorischen Allgäuer Kässpätzle (10,90 Euro) schnell fest. Bei beiden Gerichten war zudem ein Beilagensalat im Preis inbegriffen. Dennoch hielten wir uns die Option auf einen hausgemachten Kaiserschmarren zum Nachtisch offen.
Die klare, mit ordentlich Schnittlauch versehene Brühe wurde im Einweckglas serviert. Die eingerollten, mit einer delikaten Brätfüllung ausgestatteten Pfannkuchen hatte man scheibchenweise in den heißen Brodem gegeben. Schon der erste Löffel kündete von übertriebenem Salzgebrauch. Der schmeckbare Einsatz von „Verstärkern“ verriet, dass wohl Mama Maggi in der Küche den Kochlöffel schwang. Die Brätstrudelscheiben hatten gegen die omnipräsente Brühwürfelwürze leider keine Chance und kamen geschmacklich nicht zur Entfaltung. Schade, so hatte ich mir den kulinarischen Auftakt im Allgäu nicht vorgestellt.
Was danach folgte, entschädigte für den eher dürftigen Suppenauftakt. Der Beilagensalat kam als großer Salatteller incognito und hatte ein ganz schön pfeffriges Joghurtdressing zu bieten. Radieschen, Gurken, Zwiebeln, Paprika und Tomaten werteten nicht nur optisch das von pikanter Dressingtunke überzogene Blattwerk auf. Weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen, denn das Gegenteil von „gut“ ist ja bekanntlich „gut gemeint“. Egal, der Salat schmeckte auch mit Soßenoverkill, denn die Zutaten waren frisch und der Hunger groß.
Keine zwei Cocktailtomaten später standen auch schon unsere Hauptspeisen vor uns. Bei den in einer ovalen Schale gereichten Kässpatzen wurde nicht an Röstzwiebeln gespart. Ein zugegeben nicht gerade asketisch anmutendes Gericht, dessen eidottergelbe Protagonisten unter einer geschmolzenen Allgäuer Käsemischung begraben lagen. Auch mengenmäßig einer ausgewachsenen Hauptspeisenportion durchaus würdig. Aber hallo, wir sind hier in Bayern!
Apropos Bayern bzw. Altbayern: zwei schweinerne Vertreter altbayrischer Bauart standen, flankiert von einer mächtigen Portion Bratkartoffeln, mitten im Spiegel einer deftigen Bratensoße vor mir und signalisierten ihre Verzehrbereitschaft. Dem wachen Auge des Rezensenten entging dabei nicht das etwas zu lange Verharren des Gerichtes unter dem Salamander, wie unschwer an den leicht verkohlten Stellen der aus Senf, Meerrettich und Käse bestehenden Überbackschicht zu erkennen war.
Gut, nun habe ich auch einmal ein Altbayrisches Schnitzel genossen. Die Bratkartoffeln gerieten tadellos. Auch die Bratensoße bot keinen Grund zur Beanstandung. Das Fleisch unter der dicken Senf-Meerrettich-Haube stammte vermutlich vom Schweinerücken. Leider war es aufgrund der zu dominanten Auflage geschmacklich kaum wahrnehmbar. Da sind mir die soufflierten Semmelbrösel drum herum schon lieber, so mein Fazit dieses etwas zu deftig ausgefallenen Schnitzelexperiments.
Ein aufziehender Gewitterschauer zwang uns schließlich zur Flucht ins Innere des Gasthauses. Wir gerade mitten am Hauptspeisen, als uns erste dicke Regentropfen den Freiluftgenuss vermiesten. Egal mit allem was wir und die Bedienung tragen konnten ging es durch den großen Saal (für Gesellschaften) in die gepflegte Gaststube. Kein Wunder, dass bei der Größe des Anwesens ganze Busgesellschaften locker platziert werden können, so mein Gedanke, als ich die bierseligen Hallen betrat.
Drinnen dominierte hölzerne Rustikalität, die sich an Wänden und Decke widerspiegelte. Das massive Wirtshausmobiliar (Stühle, Tische, Wandbänke) versprühte zusätzlich ländlichen Charme. Der passende Rahmen für Helles vom Fass und Deftiges aus der Pfanne. Draußen goss es mittlerweile wie aus Kübeln, was die heimelige Atmosphäre im Inneren des Bräuhauses noch verdichtete.
Die Idee, noch einen Kaiserschmarren mit beschwipsten Zwetschgen zu zwitschern, entsprang wohl der Bierlaune, die eindeutig auf das Konto des zuvor bestellten Meckatzer Zwickelbieres ging. Definitiv nichts für Anfänger, dieser bernsteinfarbene, trübe Hopfensud, über dessen Spätfolgen am nächsten Tag hier kein Wort verloren wird. Nur so viel sei gesagt: als ich tags darauf im Staufner Haus hoch über Steibis einen Einheimischen vom Meckatzer Zwickel erzählte, schüttelte der nur mitleidig sein Haupt, ehe er in schallendes Gelächter verfiel und daraufhin einen großen Schluck von seinem süffigen Zötler-Bier nahm. Er wusste scheinbar genau, welchen Gerstensaft man in dieser Gegend bevorzugen sollte.
Auch die süße Mehlspeise zum Nachtisch wies keine geringe Portionierung auf. Und so zogen wir doch recht übersättigt von dannen, um noch die letzten paar Anreisekilometer nach Scheidegg zu absolvieren. Für den nächsten Tag waren wir jedenfalls gestärkt genug, um die 1000 Höhenmeter auf den Hochgrat (1834 m) hinauf zu Fuß erledigen zu können, was uns trotz schlechten Wetteraussichten auch gelang. Der Bericht über den Kalorienausgleich am Abend in Oberstaufen folgt.
Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten... mehr lesen
Zum alten Bräuhaus
Zum alten Bräuhaus€-€€€Restaurant083811693Hirschstraße 16, 88161 Lindenberg im Allgäu
4.0 stars -
"Zünftige Einkehr im Lindenberger Traditionsgasthaus zu Beginn unseres Allgäu-Kurztrips" marcO74Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten
Besucht am 28.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
Über das Innere des auch in diesem Jahr mit einem Bib Gourmand ausgezeichneten Restaurants im Herzen von Neupotz habe ich mich bei meinen beiden bereits auf GG verfassten Berichten genügend ausgelassen. Da hat sich seitdem nichts verändert. Warum auch? Die Gäste fühlten sich im etwas in die Jahre gekommenen Landhausambiente des holzvertäfelten Gastraums sichtlich wohl, so mein Eindruck an diesem Abend. Zur leicht französisch angehauchten Frischeküche von Manfred Kreger passen eben weißes Leinen, Stoffservietten und auf Hochglanz polierte Gläser ganz vortrefflich. Und so waren wir gespannt, mit welchen Leckereien uns der Altmeister an diesem Abend verwöhnen würde.
Nachdem unsere Räder im Hof geparkt waren, empfing uns die Hausherrin Frau Ulrike Reger freundlich und platzierte uns in Eingangsnähe unweit des Thekenbereichs. Unterstützt wurde sie im Service von einer jüngeren Kollegin, die ihre Sache ebenfalls zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigte. Unser Durst wurde zunächst mit herrlich prickelndem Mineralwasser der Marke „Bellaris“ – für mich eines der besten seiner Art – gestillt. Für die 0,75-l-Flasche wurden nicht unanständige 4,20 Euro abgerechnet. Mein Bellheimer Naturtrüb kam frisch gezapft im stilechten Röhrenglas (0,3l für 2,70 Euro) der gleichnamigen Brauerei und zeichnete sich durch eine erstaunlich geringe Halbwertzeit aus. Kaum hatte es den Tisch erreicht, hatte sich schon ein Großteil des Inhalts „verflüchtigt“.
Die doppelseitige Speisenkarte von Manfred Kreger bot auch diesmal ein überschaubares, aber mit Bedacht zusammengestelltes, hauptsächlich auf Fisch und Fleisch beschränktes Programm, das von einer zusätzlichen Empfehlungskarte ergänzt wurde. Sechs Vorspeisen und neun Hauptgänge (4 mal Fisch, 4 mal Fleisch, 1 mal Veggie) hatte man im Standardrepertoire. Darunter befanden sich pfiffige Kreationen wie Thunfisch mit asiatisch mariniertem Spargel und Mangosalsa (14 Euro) sowie Seeteufel & Oktopus mit gegrillter Wassermelone, Paellacreme und Basmati-Reis (25 Euro). Aber auch Klassiker wie das panierte Zanderfilet mit Kartoffelsalat (17,50 Euro) oder der Lammrücken mit Ziegenkäse-Kräuter-Kruste, Provencal-Gemüse und Bratkartoffeln (24,50 Euro) klangen appetitanregend.
Um der vegetarischen Klientel etwas entgegen zu kommen (nur ein fleisch- bzw. fischloses Gericht finde selbst ich ein wenig mager), wurden auf der Zusatzkarte Tagliolini mit Parmesan und frisch gehobeltem Sommertrüffel (15 Euro) als Vorspeise angeboten. Diese klangen mindestens genauso verlockend wie das zusätzlich empfohlene Thunfischsteak bzw. das Rinderfilet. Beide Hauptgänge wurden saisonbedingt mit Spargel angeboten und waren für um die 25 Euro zu haben. Den preislichen Höhepunkt markierte derweil der mit Thymian-Aprikosen, Blumenkohlpüree, Briocheknödel und Trüffeljus gereichte Rehrücken. Er schlug mit 30 Euro zu Buche. Soviel zur Speisenauswahl im „Lamm“, die leider immer noch nicht online einsehbar ist.
Wir wählten das Spargelsüppchen (6,90 Euro) und einen kleinen Salatteller (4,50 Euro) vorweg, um den ersten Hunger zu stillen. Danach sollten es das panierte Zanderfilet (17,50 Euro) und das Rumpsteak mit Kräuterbutter (22 Euro) kulinarisch richten. Das zweite naturtrübe Bellheimer ließ nicht lange auf sich warten. Genau wie der Gruß aus Kreger’s Küche, der uns eine halbe Jakobsmuschel auf mediterranen Gemüsereisnudeln einbrachte und einen ersten Hinweis auf die hier vorherrschende Produktqualität und deren punktgenaue Zubereitung lieferte.
Im kurz vorher mit dem Pürierstab aufgeschäumten Süppchen vom königlichen Saisongemüse schwammen noch leicht bissfeste Stücke. Kleingehacktes Schnittlauch hatte es sich auf dem Sahnehäubchen gemütlich gemacht. Der darunter verborgenen Brühe fehlte es ein wenig an Schmackes. Aber da scheiden sich ja die stangenvernarrten Geister, die primär auf das milde, leicht süßliche Aroma des Edelgemüses setzen. Dennoch hätte sie ruhig etwas resoluter gewürzt in die Tiefen ihres Tellers strömen dürfen. Mir wär’s Recht gewesen.
Der kleine Salatteller, den meine Begleitung vorweg genoss, punktete mit frischen Zutaten und einem fein abgeschmeckten Essig-Öl-Verhältnis beim Dressing. Wohlwissend, dass ich den Gleichen in Grün noch bei meinem Zanderfilet als Inklusivbeilage erwarten durfte, freute ich mich auf die vor mir liegenden Leckerbissen. Der laut Karte dazugehörige Kartoffelsalat ließ sich problemlos in eine knusprige Bratkartoffelbeilage umordern. Diese kam als Doppelportion in einer großen Schüssel für uns beide, da auch das Rumpsteak meiner Begleitung mit dem gleichen Kartoffelgefolge versehen war. Gut gewürzt, knusprig und mit etwas Schnittlauch verfeinert kam die goldbraun gebratene Vorzeigebeilage anscheinend aus der „richtigen“ Pfanne, denn da troff nichts vor Fett. Kurzum: sie konnten mit dem Referenzprodukt vom Oma Jülg (Weinstube Jülg in Schweigen) locker mithalten.
Das wie gewünscht medium gebratene Rumpsteak, auf welches sich meine Begleitung stürzte, lag stolz auf einem Bett aus kleingeschnittenen, blanchierten Zuckerschoten, die kurz vorher in einer hellen Soße geschwenkt wurden. Als farblicher Kontrast wirkte die dunkle Jus, die in respektabler Menge den Tellerboden benetzte. Eine „Krone“ aus selbstgemachter Kräuterbutter toppte das königliche Fleischvergnügen, das auch von der Menge her (geschätzte 200 g) angemessen erschien. Zusammen mit der kraftvollen, dunklen Soße und den knusprigen Bratkartoffeln war das allerfeinste, ohne Firlefanz zubereitete Hausmannskost, die mit ordentlich „Schmackes“ auf dem Teller landete.
Zum Zander des Jahres nur so viel: ein Prachtexemplar von einem Panierfisch! Innen saftig, außen kross. Der hat wahrscheinlich ein paar Tage zuvor noch seine Bahnen im nahegelegenen Altrhein gezogen, so frisch schmeckte der. Auch von der Würze her, geht das kaum besser. Die Zitronenviertel lagen nach dem Verzehr der Fischpreziose unausgedrückt daneben – das sagt eigentlich schon alles. Auch hier keine Fetttropfen, sondern eine – wieder in der „richtigen“ Pfanne – kross gebratene Panade, die mit feinem Buttergeschmack aufwartete. Ein zugegeben supereinfaches Gericht, das hier im Lamm ganz viel Spaß machte und das ich – außer vielleicht beim ebenfalls in Neupotz ansässigen Restaurant „Hardtwald“ – nirgendwo besser zubereitet in Erinnerung habe.
Da radelte es sich panierfisch- bzw. rumpsteakgestärkt schon wesentlich leichter zurück ins gastronomisch unterbelichtete Heimatdorf. Um den Zander kommt man in Neupotz kaum herum. Schon gar nicht, wenn er so perfekt aus der Pfanne kommt wie bei Küchenchef Kreger, bei dem auch nach vielen Jahren gastronomischer Tätigkeit keinerlei Ermüdungserscheinungen in Sachen Produktqualität und deren Verarbeitung zu erkennen sind. Eine respektable Leistung. Chapeau, Manfred!
An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
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Zum Lamm
Zum Lamm€-€€€Restaurant072722809Hauptstraße 7, 76777 Neupotz
4.5 stars -
"Delikates Neupotz Teil 2: Gehobene Hausmannskost und feine Fischküche in wohltuend unaufgeregter Souveränität auf den Teller gebracht" marcO74An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
Über das Innere des auch
Besucht am 25.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 54 EUR
Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen Lokals. Würde da nicht das Bellheimer-Bier-Logo über dem breiten Treppenaufgang thronen, niemand würde in dem hellblau gestrichenen Anwesen gastronomische Tätigkeiten vermuten.
Mein Kollege, ein erklärter Rumpsteak-Spezi und Gerstensaft affiner Freund deftiger Fleischküche, hatte an diesem Freitagabend für uns beide reserviert, was in der Rose generell zu empfehlen ist, da die Hütte brummt. Die geschätzten 100 Sitzplätze verteilen sich auf zwei Gasträume und ein Nebenzimmer für größere Gesellschaften. Hat man die Treppe erklommen, biegt man links in einen nicht gerade freundlich illuminierten Flurbereich. Der Muff der 70er Jahre strömt einem in Anbetracht der mit dunklem Holz verkleideten Wände entgegen. Hat man den ersten Gastraum zur Linken erfolgreich passiert, stößt man geradewegs auf den Thekenbereich, an dem das frisch gezapfte Bellheimer Bier am liebsten schoppenweise ausgeschenkt wird – so jedenfalls mein erster Eindruck. Hier befand sich übrigens auch der Stammtisch, wo nach guter alter Sitte eine sechsköpfige Männerrunde einen gepflegten Schafkopf spielte.
Selten habe ich schneller die gastronomische Zeitreise in die Vergangenheit angetreten wie im Inneren der Rülzheimer Rose. Links vom Tresen schloss sich Gastraum Nummer zwei an. Etwas größer als der erste und nahezu komplett belegt. Ich fürchtete schon um einen Platz, aber mein Kollege hatte es sich bereits an einem etwas versteckt liegenden, „romantischen“ Zweiertisch in direkter Thekennähe gemütlich gemacht. Um einer drohenden Verdurstung vorzubeugen, hatte er schon präventiv einer ersten „Halben“ aus dem Schoppenglas zugesprochen. Bier aus Gläsern zu trinken, aus denen normalerweise die Riesling-Schorle halbliterweise gezecht wird, schien mir anfangs etwas befremdlich, aber der pichelnde Mensch wird ja mit zunehmendem Alkoholpegel immer flexibler – zumal dem aus Bellheimer Silberpils und süßem Zitronensprudel gemixten Radler ganz hervorragende Attribute im Bereich des Durstlöschens zugestanden werden.
Das Innere des Gastraums transpirierte den nostalgischen Dunst längst vergangener Tage. Anscheinend wusste mein Gegenüber mein ungläubiges Staunen über die überholte Aufmachung fachmännisch einzuordnen. „Feinster Rumänen-Barock“ so das knappe Urteil meines Kollegen über die in die Jahre gekommene Inneneinrichtung, der es etwas an Helligkeit mangelte. Kein Wunder, gesellte sich zum dunklen Fliesenboden die noch dunklere Holzverkleidung an den Wänden. Die zur Straßenseite hinzeigenden Fenster wurden von einer weißen Gardine verdeckt. Die etwas gedämpften Lichtverhältnisse trugen jedoch zur Gemütlichkeit bei. Wäre der Gastraum leer gewesen, hätte die Atmosphäre leicht in Richtung Tristesse kippen können. So aber herrschte eine bierselige Betriebsamkeit, die auf altmodischen Polsterstühlen ausgesessen wurde. Ein paar Wandfunzeln mussten brannten unnütz vor sich hin. Die Speisenkarten lagen hinter uns auf dem Tresen. An diesem Abend schien die Servicechefin den Laden alleine zu schmeißen und das bei fast ausverkauftem Haus. Da half nur Eigeninitiative, um an das nachlesbare Speisenangebot zu gelangen.
Gleich auf der ersten Seite stand geschrieben, dass Familie Wagner die Rülzheimer Rose führt. Ich denke, sie tut das schon seit etlichen Jahren und das Programm, das sich in dem mit Klarsichthüllen bestückten Ringbuch namens Speisenkarte nachlesen ließ, hätte gutbürgerlicher gar nicht sein können. Zwar habe ich kein Schild mit der Aufschrift „Vegetarier müssen draußen bleiben!“ am Eingang hängen sehen, aber dieser kulinarischen Randgruppe zeigt man hier ganz eindeutig die ausgestreckte Rinderzunge (in Madeirasauce). Lediglich der gemischte Salatteller mit Ei (6 Euro) stand für den fleischlos agierenden Pflanzenfresser bereit. Frohlockungen wie Rumpsteak, Schnitzel, Burgunderbraten, Schweinelendchen und Pfälzer Schweinereien (Bratwurst und Leberknödel) versprachen dagegen sättigende, recht üppig portionierte Fleischrationen, wie die Teller am Nachbartisch verrieten. Ein rustikales Carnivorenidyll wie es sich jeder Beef-Bazi wünschen würde. Und das zu Preisen, die keineswegs unverschämt daher kamen.
Natürlich hatte ich mich schon im Vorfeld über das Speisenangebot der „Rose“ informiert. Einer der fachkundigsten Fleischschmecker und Steakvernichter der Südpfalz riet mir spontan zum Rumpsteak, das sie hier ganz besonders gut hinbekommen würden. In sechs verschiedenen Ausführungen war es in der Karte vertreten. Neben Pommes Frites, Kroketten und Nudeln komplettierten hausgemachte Kartoffelknödel das Beilagensortiment. Diese waren im Preis genauso enthalten wie der gemischte Salatteller vorweg. Die Preise bewegten sich zwischen 18,90 Euro (entweder mit schwarzer Pfeffersauce, Zwiebelschmorsauce, Kräuterbutter oder Knoblauchsahnesauce) und 20,50 Euro (mit Pfifferlingsauce). Ich entschied mich für die Variante mit Champignons (19,50 Euro) und wählte als Beilage Kroketten. So wie damals bei meiner Kommunionsfeier in der Herxheimer Bahnhofsgaststätte. Mein Kollege, der mit dem Rumpsteak „nach Art des Hauses“ bislang gute Erfahrungen gemacht hatte, blieb seiner Soße treu und orderte schwarz und pfeffrig.
Da zeitgleich mit unserem Erscheinen eine größere Gruppe den Saal für Gesellschaften bevölkerte, stellten wir uns auf eine längere Wartezeit beim Essen ein. Frau Wagner und ihre beiden jüngeren Servicegehilfen mussten Vollgas geben, denn der Andrang war groß – wie an fast jedem Abend, wie mir die etwas spröde wirkende Chefin in einem kurzen Plausch am Tisch verriet. Der Gerstensaft stammte aus der in der Nähe gelegenen Bellheimer Brauerei und war mit 3,20 Euro für den halben Liter äußerst fair bepreist. Der Radler kostete übrigens das gleiche. Ein Viertel trockener Pfalz-Riesling schlug mit 3 Euro zu Buche. Das Nachbestellen der Getränke dauerte manchmal etwas länger, da Frau Wagner meist im Nebenraum zu Gange war und der junge Mann am Ausschanktresen Glas um Glas füllte.
Die Befürchtung, dass sich die Zubereitung unseres Essens wegen der zu versorgenden Meute nebenan in die Länge ziehen würde, bestätigte sich jedoch nicht. Bald schon hatten wir die ansehnlichen Beilagensalate auf dem Tisch stehen. Das Essig-Öl-Dressing fiel herrlich oldschool aus. Die grünen Salatblätter genossen sichtlich ihr Bad in der säuerlich angemachten Menge. Was die Ingredienzien anbelangt wurde hier kein Innovationspreis angestrebt, aber guter Standard mit frischen Zutaten lass ich mir auch gerne schmecken.
Nun zu den beiden Hauptgründen unserer kulinarischen Zusammenkunft an diesem Abend, den beiden Prachtkerlen, die mit ordentlich Sauce bedeckt und zwei rechtschaffenen Krokettenkörbchen (solide TK-Ware) den Weg zu uns fanden. Gute 300 Gramm Verzehrgewicht brachten die medium gebratenen Tranchen vom Rinderrücken sicherlich auf die Waage. Wir waren uns ihrer Herkunft nicht sicher, denn bei deutscher Ware fällt der Cut gemeinhin etwas dünner aus. Die Zartheit des Fleisches ließ mich an Südamerika denken. Beim Anblick der Dosen-Champignons in meiner Pilzsauce kam mir GG-Genosse Daueresser in den Sinn. Denn dieser favorisiert ja bekanntlich die Dosenware auf Pizzen.
Vom ersten Anschnitt meines Rumpsteaks bis zur letzten Krokette war das ein in sich stimmiger Teller gutbürgerlichster Hausmannskost. Sowohl die Pilzsauce als auch die schwarz glänzende Pfeffertunke meines Kollegen zeugten von einwandfreiem Küchenhandwerk, bei dem sich der Umgang mit Pülverchen anscheinend in Grenzen hielt. Wahrscheinlich schmeckte hier die braune Grundsoße schon vor 30 Jahren so. Kein Wunder, dass sie mich in die Zeit meiner ersten Gasthausbesuche versetzte. Neue Geschmackserlebnisse hatten wir in der Rülzheimer Rose auch nicht erwartet, sondern eine herzhafte Erinnerungsküche, wie sie heutzutage nur noch selten anzutreffen ist. Wenn sie dann noch so schmackhaft wie hier daher kommt, wird selbst dem gemeinen Gourmand ganz „retro-rustikal“ zu Mute.
Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen... mehr lesen
Zur Rose
Zur Rose€-€€€Gaststätte072728699Neue Landstraße 35, 76761 Rülzheim
4.0 stars -
"Fleischlastiger, vom Aussterben bedrohter Gastro-Anachronismus mit zarten Rumpsteaks zu zivilen Preisen" marcO74Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen
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Wären wir zufällig daran vorbeigekommen, hätte uns sein äußeres Erscheinungsbild wohl nicht haltmachen lassen. Das wuchtige Gebäude, in dessen Erdgeschoss das Zaika untergebracht war, strotzte nur so vor 70er Jahre Betonromantik. Unter einer blauen Markise saßen jede Menge Freiluftgäste mit Blick auf das Grün des gegenüberliegenden Parks. Ein kurzer Blick ins schummrige Innere des Ladens zog die Aufmerksamkeit einer der Servicekräfte auf sich. Genau am Eck, wo ich eigentlich den Eingang vermutet hätte, bekamen wir einen der wenigen noch freien Tische zugewiesen.
Ohne Reservierung sollte man sich erst gar nicht auf den Weg machen, las ich später im Internet. Wir hatten an diesem Abend scheinbar Glück und freuten uns auf authentische Geschmackserlebnisse. Denn die suggeriert schon der Name des Lokals. Den Namen „Zaika“, der übersetzt so viel wie „hochentwickeltes Aroma“ oder einfach nur „Geschmack“ bedeutet, hatte Inhaber Harinder Singh sicherlich nicht zufällig gewählt. Mal schauen, was uns zwischen Pappadam, Naan, Chapati und Co. so alles an aromatischen Spezialitäten kulinarisch widerfahren würde.
Wer kocht die beste Linsensuppe in ganz Berlin? Im Mai 2016 war Fernsehkoch Andreas Studer (der Mann mit der umgedreht aufsitzenden Baseballmütze) im Namen der Suppe quer durch die Hauptstadt unterwegs und zerrte so einige Köche vor die letzte Linseninstanz, die sich beim Sender Kabel 1 „Mein Lokal, dein Lokal“ schimpfte. Warum diese profane Information am Rande? Im Zaika wurde sie gekocht. Da war von vornherein klar, dass wir am „Signature Dish“ des Hauses nicht vorbeikommen würden.
Ansonsten listete die reichhaltig bestückte Speisenkarte einen guten Querschnitt, bei dem die eher milde Küche Nordindiens von scharfen Gerichten aus dem Süden des Landes ergänzt wurde. Ich zählte allein sechs verschiedene Suppen und mindestens genauso viele von Kichererbsenmehlteig ummantelte, frittierte Pakora-Varianten. Neben einer großen Auswahl an vegetarischen Gerichten wurden die Fleischsorten Huhn, Lamm und Ente (sowie Fisch und Scampis) in unterschiedlichsten Zubereitungsarten durchdekliniert. Will heißen: diese Gerichte gab es in mehr oder minder geläufigen Ausführungen wie Korma, Madras, Vindaloo usw. Daneben noch ein paar Biryanis (Reisgerichte) und Leckeres aus dem Tandoori-Ofen. Kein Wunder, dass die Karte über 100 Positionen bereit hielt.
Schön, dass einem die Qual der großen Auswahl mit mehreren gemischten Platten (für 2 oder 4 Personen) erleichtert wurde. Diese enthielten neben einem Aperitif und einer Suppe immer drei unterschiedliche Gerichte aus der Karte sowie ein Dessert. Preislich lagen sie alle so um die 40 Euro (für zwei Personen), lediglich die vegetarische Platte war mit knapp 34 Euro etwas günstiger. Wir entschieden uns für die „mittelscharfe“, mit zwei Chili-Schoten gekennzeichnete Dakshin-Platte (36,90 Euro), bei der als Vorspeise die hochgejubelte Linsensuppe serviert wurde.
Vorneweg gab es einen mit Ananassaft und Kokoswasser gestreckten Sekt-Aperitif, der mir doch ein paar Grad Oechsle zu viel im Gläschen hatte. Da musste ich schon mit der guten Spreequelle (0,75 l für 4,60 Euro) nachspülen. Quasi als Amuse servierte man uns hauchdünn frittierte Linsenmehlfladen, auch „Pappadams“ genannt. Diese tauchten wir in verschiedene Dips (Joghurt mit Minze, Tamarindsauce, grünes „Höllenfeuer“) und brachten damit unsere Geschmacksnerven in Stellung.
In massiven Kupfer-Edelstahl-Schalen wurde uns die mit etwas Koriander bestreute Linsensuppe gereicht. Eine Art flüssiger Orient-Express, der vom ersten Löffel an für Furore am Gaumen sorgte. Wunderbar abgeschmeckt präsentierte sich das recht dünnflüssige Süppchen, das mit einer leicht säuerlichen Schärfe um die Ecke kam. Ingwer, Kreuzkümmel und Chilipulver waren als Hauptverantwortliche schnell ausgemacht. Der Verzicht auf die häufig verwendete Kokosmilch kam der fein gewürzten, mit dem Pürierstab vollendeten roten Brühe zugute. Tomatenmark für den Glanz, Zwiebel und Knoblauch als würziger Unterbau – den Rest erledigten Koriander, Kurkuma und Co. Kurzum: ein richtig guter Starter, der die Lust auf die drei Hauptgerichte noch befeuerte.
Die jungen Männer vom Service waren mächtig auf Zack. Mussten sie auch, bei dem Andrang! Mittlerweile waren alle Freiluftplätze vergeben. Man saß hier nicht wirklich ungemütlich, aber gegen die rebenberankten Innenhöfe aus der Heimat hatte es die Straßenlage im Wohngebiet schon schwer. Sprich: auf dem Land sitzt es sich draußen eben wesentlich gemütlicher.
Zeitgleich wurden uns die drei Hauptgerichte: Chicken Banglori (Hühnerfilet in exotisch scharfer Tunke), Paneer Jhalfrezi (Rahmkäse in nicht minder würziger Sauce) und Mutton Tikka (mariniertes Lammfleisch) serviert. Letzteres lag zischend auf einer gusseisernen Platte und kam scheinbar direkt aus dem Ofen. Als Beilagen reichte man duftenden Basmati-Reis, klebrig süßes Mango-Chutney, ein kleines Schälchen mit Salat sowie frisches Naan-Brot. Der Tisch war nun reich gedeckt und wir konnten uns nach Lust und Laune bedienen. Eigentlich ist mir diese Art zu essen am liebsten. Ob das die Dim-Sum beim Chinesen sind oder das Sushi beim Japaner, das gemeinsame „Durchprobieren“ macht einfach Spaß und der unmittelbare Austausch verstärkt das kulinarische Erlebnis. Muss nicht jeder gut finden – wir fanden es klasse.
Fruchtig scharf fiel die Sauce, in welcher der tofuähnliche Paneer-Käse badete, aus. Ihre leichte Süße erhielt sie von der Ananas. Nicht minder exotisch, aber etwas milder im Geschmack war das Chicken Banglori, über das ein paar Mandelblättchen gestreut waren. Beide Gerichte kamen im Kupfertöpfchen und blieben deshalb noch eine Weile warm. Das mit Zwiebeln und Paprika verfeinerte, zarte Lammfleisch kühlte da schon wesentlich schneller aus und stand deshalb auf der Verzehrrangliste ganz oben.
Alle drei Gerichte dufteten nach frischem Koriander und zeichneten sich durch sehr fein abgeschmeckte, nicht zu scharf gewürzte Saucen aus. Da unsere Gaumen die südindische Art des Würzens nicht gewöhnt sind, kann einem da schon mal der Gaumen implodieren. Hier war das nicht der Fall und wir genossen die orientalische Aromenvielfalt unserer Speisen in vollen Zügen.
Das abschließende Schälchen mit einem leicht gesüßten Mango-Vanille-Quark schmeckte dagegen recht unspektakulär. Aber die Desserts fallen beim Inder ja eh etwas spartanischer aus, was man meist billigend in Kauf nimmt.
Gut gesättigt und positiv überrascht verließen wir das Zaika in Richtung Stargarder Straße, wo wir uns in der Badfish Bar noch ein paar Berliner Kraftbiere („Berliner Berg“) gönnten. Die hätten auch gut zur indischen Kost gepasst. Waren aber als zweites, in flüssiger Form dargebotenes „Dessert“ auch nicht zu verachten.