Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 28.08.2021 2021-08-28| Aktualisiert am
29.08.2021
Besucht am 17.08.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 37 EUR
Diese leicht abgewandelten Zeilen des 70er-Jahre-Schlagers von Roberto Zerquera Blanco müssen jetzt einfach mal als Überschrift herhalten, um meine Zufriedenheit nach dem Genuss zweier höllisch scharfer Currygerichte bei meinem neuen Lieblingsthailänder in Karlsruhe-Mühlburg auf den Punkt zu bringen.
Denn gerade im Stressmonat August, der ganz im Zeichen unseres Umzugs von Steinweiler nach Wörth stand, durfte es nach überstandenen Ikea- und Baumarktbesuchen in des Pfälzers liebster Fächerstadt auf der gegenüberliegenden Seite des Rheines kulinarisch gerne auch mal etwas schärfer zur Sache gehen.
Zweimal innerhalb von 14 Tagen besuchten meine Frau und ich das Restaurant Nat-Pob, das schon seit mehreren Jahren im Vereinsheim der Turnerschaft Mühlburg 1861 e.V. untergebracht ist. Eingang zum Lokal
Den Tipp bekamen wir von der thailändischen Frau unseres Parkettabschleifers, die uns eine ganze Reihe guter Asiaten in Karlsruhe und Umgebung ans Herz legte. Also, stay tuned folks for more Asian reports from KA!
Nach der coronabedingten Schließung des von mir sehr geschätzten Chinaladens namens „Monkey King“ in der Kaiserstraße (Fußgängerzone) war es in puncto „Fernkost“ mal wieder Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Ein kurzer Anruf sicherte uns einen Tisch für Zwei unter freiem Himmel.
Mit Blick auf das weitläufige Sportgelände der Mühlburger Turnerschaft – inklusive knüppelharter Aschenbahn, Rasenplatz und Weitsprunggrube – saßen wir ganz entspannt auf der rückseitigen Terrasse, die primär von geschlossenen Sonnenschirmen und Sitzmöbeln aus Polyrattan bevölkert wurde. Auf der Terrasse hinterm Haus
Außer unserem waren noch drei weitere Tische besetzt. Eine Gruppe von Best-Agern betrieb lautstark Stammtischpolitik in „breidschdem badisch“.
Unsere Servicedame stellte sich als echtes Unikat heraus. Die ältere Dame gehörte scheinbar zum Inventar des Vereinsheims. Sie machte ihren Job ganz hervorragend. Sowohl ihre langjährige Gastro-Erfahrung als auch die sympathisch-humorvolle Art, mit der sie die Gäste – darunter auch viel Stammklientel, wie ich den Konversationen an den Nachbartischen entnahm – umsorgte, kam gut bei uns an und hieß uns ohne jeglichen Dünkel willkommen.
Bald hielten wir die bunt bebilderten Speisenkarten in den Händen. Mehr als ein halbes Dutzend verschiedener Thai-Suppen und eine Handvoll Salate machten gleich Appetit. Dann – oh Schreck – fünf deutsche Gerichte (Maultaschen, Schnitzel und Wurstsalat) für die unverbesserlichen Kulinar-Gutbürger und Asia-Ignoranten. Schnell wurde weitergeblättert, denn da wartete bereits der wohlfrittierte fernöstliche Vorspeisenreigen in Form von Frühlingsrollen, Wantan und Knuspergarnelen.
Ein paar Veggieteller bzw. Reis-/Nudelgerichte weiter kamen endlich die ersehnten Curry-Gerichte zum Zug. Diese wurden in gewohnter Manier unter Zugabe von Schwein, Rind, Ente, Huhn, Fisch und Garnelen durchdekliniert. Das machte in der Summe rund 50 (!) mehr oder minder verschiedene Teller- bzw. Schüsselgerichte, die sich neben ihrem tierischen Bestandteil auch in der Zusammensetzung ihrer vegetabilen Momente unterschieden und preislich zwischen 12 und 15 Euro oszillierten. Die Auswahl war also nicht gerade übersichtlich. Das genaue Lesen des „Kleingedruckten“ erschien mir oberste Gästepflicht zu sein.
Der halbe Liter Radler belief sich auf 3,60 Euro. Die gleiche Menge Mineralwasser schlug mit 40 Cent weniger zu Buche. Dass man hier in Mühlburg das badische Hoepfner-Bier ausschenkte, wunderte mich nicht. Das Karlsruher Hopfenerzeugnis genießt zumindest rechtsrheinisch einen guten Ruf. Dass mir als Pfälzer die Bellheimer „Patriotenplörre“ etwas besser „reinläuft“, ist wohl meiner alkoholischen Sozialisierung im Jugendalter geschuldet.
Die kühlere Witterung verlangte beim ersten Besuch nach einer warmen Thai-Terrine, die in Form einer „Tom Yam Gung“, also einer Garnelensuppe mit Kokosmilch, Champignons uns Zitronengras (4,80 Euro), vorweg bestellt wurde. Wer sucht, der findet...Garnelen!
Bei unserer zweiten Einkehr teilten wir uns vorab den als „Yam Wun Sen“ bezeichneten Glasnudelsalat mit Garnelen, Schweinehack, Zwiebeln, Sellerie und Mu-Err-Pilzen (9,50 Euro).
Der mit gängigen TK-Garnelen ausgestattete Kokossud wurde mit frischem Koriander und Frühlingszwiebel etwas „aufgegrünt“. Aromatisch duftend und wohltuend säuerlich abgeschmeckt wurde jene Thaisuppe von uns für schmackhaft befunden. Tom Yam Gung
Der Biss auf einen darin herumschwimmenden Zitronengrasstängel empfand ich als etwas zu viel des guten Geschmacks. Auch die kleinen Stücke von der Galgantwurzel waren mir - pur genossen - etwas zu heftig und verblieben deshalb in der Schale.
Ganz anders beim Glasnudelsalat, den wir uns zwei Wochen später als Vorspeise einverleibten. Hier blieb nicht ein Fitzelchen zurück. Tomaten, Paprika, Sellerie, rote Zwiebel und Frühlingslauch sorgten für hier für frische Verhältnisse und entsprechenden Biss. Yam Wun Sen (Glasnudelsalat)
Das Highlight dieses kalten Thaiklassikers für warme Tage war sein feinsäuerlich abgeschmecktes, erfreulich pikantes Dressing, das die dünnen Reisfäden, das herzhaft gewürzte Schweinehack und die noch leicht glasigen Garnelen zu einem köstlichen Ganzen vereinte. Glasnudelsalat mit Garnelen
Nach dem Motto: „Delicious bowls can curry us home!“ orderten meine Frau und ich bei unserer ersten Einkehr zwei frischgewokte Curry-Gerichte. Die Gattin entschied sich – wie zu erwarten war – für die Veggie-Variante. Nr. 92 nannte sich „Gäng Pak“ (8,90 Euro), enthielt jede Menge Gemüse und hatte anstatt Fleisch ein paar Tofuwürfel in der Schüssel. Gäng Pak (Gemüsecurry mit Tofu)
Ich wählte die 173 mit der mutigen Bemerkung, mein grünes Curry mit Huhn („Gäng Kiew Wan Gai“, 12,90 Euro) doch bitte ein wenig schärfer als üblich zu servieren. Gäng Kiew Wan Gai (Grünes Curry mit Huhn)
Vielleicht ging mein Zusatz „ein wenig schärfer“ bei der Bestellung unter. Keine Ahnung, aber was mir da aus dem blau-weißen Porzellantöpfchen entgegenduftete war ein hocharomatischer Hotpot – ich sag nur Thai-Basilikum! –, wie ich ihn das letzte Mal zu Zeiten meines Referendariats bei meinem Mannheimer Lieblingsthai-Imbiss „Supans“ genossen habe. Ach wie schön, wenn ein Gericht alte Erinnerungen in einem wachzurufen vermag. Klar ging die Chili-Schärfe voll auf die Schleimhäute, aber bekanntlich kommen ja nur die Harten in den grünen Curry-Garten! Das grüne Curry auf dem Teller angerichtet
Nur gut, dass genug Duftreis mitgeliefert wurde. Der milderte den mit reichlich Hühnerfleisch, Bambussprossen, Bohnen, Zucchini, Paprika und Chilischoten versehenen Thai-Eintopf wenigstens etwas ab. Trotz des wirklich einbrennenden Esserlebnisses war das ein grünes Curry ohne Fehl und Tadel. Das grüne Curry auf dem Teller angerichtet
Die Soße fiel nicht gar so sämig aus, was mir sehr entgegenkam. Sogar die von mir ungeliebten Auberginen hatte man freundlicherweise weggelassen. Ich fühlte mich nach dem Verzehr dieser thailändischen Scharfspeise jedenfalls fitter als vorher – auch wenn mein Gaumen noch etwas nachbrannte.
Dass meine Frau ihr wesentlich milderes Gemüsecurry noch mit meiner Sauce pimpte, ehrte sie. Das Gemüsecurry auf dem Teller angerichtet
Auch sie war mit ihrer Wahl voll zufrieden und bekräftigte die Absicht auf einen baldigen Wiederholungsbesuch. Dieser ließ ja dann auch nicht lange auf sich warten. Und auch da verließen wir das Nat-Pob mit brennenden Zungen und gutem Bauchgefühl. Gefühlt war mein „Gäng Gai Nor Mai“ (12,90 Euro), was im Grunde das gleiche Curry-Gericht darstellte, nur diesmal eben in Rot, sogar noch eine Spur schärfer als das Grüne zwei Wochen zuvor. Auch diesmal wurde meinem Wunsch auf ein Chili-Upgrade entsprochen, was mir wieder kräftig einheizte. Gäng Gai Nor Mai (Rotes Curry mit Huhn) -> Attention, explosive!
Meine Frau ging dagegen mit „Pad Pak Tao Hu“ – gebratenem Gemüse ohne Tofu (8,90 Euro) – auf Nummer sicher. Ihr ansehnlicher Wok-Gemüse-Hügel fiel süßlich-pikant aus. Pad Pak Tao Hu (gebr. Gemüse, aber ohne Tofu!)
Über meine laufende Nase musste sie genauso schmunzeln wie über die Tatsache, dass mir während der Curryvernichtung dann doch ein paar Tränchen die Wangen herunterliefen. Nicht weil es so schlecht schmeckte, sondern aus reinster Feuerfreude am Schotenschlemmen.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass wir beim zweiten Mal im Inneren des Lokals Platz nahmen. Gastraum Ansicht 1
Die digitalen Impfnachweise wurden kurz kontrolliert und auch die schriftliche Erfassung unserer Daten war schnell abgehandelt. Im geräumigen Gastraum war ausreichend Platz zwischen den Tischen. Linoleum- und Fliesenboden, Faltschiebetüren im Ziehharmonika-Style und eine mit quadratischen Paneelen verkleidete Decke kündeten von der Nutzung als Vereinsheim. Gastraum Ansicht 2
Insgesamt keine ungemütliche Bahnhofshallenatmosphäre, aber draußen auf der Terrasse hatte es mir besser gefallen. Gastraum Ansicht 3
Egal, entscheidend war bei beiden Besuchen das, was auf dem Teller bzw. in der Schüssel landete. Und da hatte Chefkoch Jakkachai Netkhema, der sich gleichzeitig auch als Inhaber des Lokals verantwortlich zeichnet, richtig gut abgeliefert und das zu äußerst erschwinglichen Preisen. Die höheren Schärfegrade bei den beiden Currys waren ja meine Idee, die ich dort übrigens jederzeit wieder äußern würde.
Durch die neue Nähe zu Karlsruhe werden wir in den nächsten Jahren sicherlich die ein oder andere kulinarische Entdeckung auf der rechten Rheinseite machen. Die beiden passenden Mitstreiter (sind genau genommen jetzt deren drei…) haben wir ja seit dem Besuch bei „Sokrates“ auch gefunden. Allein schon deshalb stimme ich als Pfälzer Rhein- und nicht als Bochumer Ruhrbarde an:
„Baden, ich ess‘ gern bei diiiir – Baden, ich fahr auch gerne wieder weg von diiiir!“
Diese leicht abgewandelten Zeilen des 70er-Jahre-Schlagers von Roberto Zerquera Blanco müssen jetzt einfach mal als Überschrift herhalten, um meine Zufriedenheit nach dem Genuss zweier höllisch scharfer Currygerichte bei meinem neuen Lieblingsthailänder in Karlsruhe-Mühlburg auf den Punkt zu bringen.
Denn gerade im Stressmonat August, der ganz im Zeichen unseres Umzugs von Steinweiler nach Wörth stand, durfte es nach überstandenen Ikea- und Baumarktbesuchen in des Pfälzers liebster Fächerstadt auf der gegenüberliegenden Seite des Rheines kulinarisch gerne auch mal etwas schärfer zur Sache... mehr lesen
Restaurant Nat Pob
Restaurant Nat Pob€-€€€Restaurant0721590980Am Mühlburger Bahnhof 12, 76189 Karlsruhe
4.0 stars -
"Ein „bisschen“ scharf muss sein – dann zieht‘s sich um von ganz allein…" marcO74Diese leicht abgewandelten Zeilen des 70er-Jahre-Schlagers von Roberto Zerquera Blanco müssen jetzt einfach mal als Überschrift herhalten, um meine Zufriedenheit nach dem Genuss zweier höllisch scharfer Currygerichte bei meinem neuen Lieblingsthailänder in Karlsruhe-Mühlburg auf den Punkt zu bringen.
Denn gerade im Stressmonat August, der ganz im Zeichen unseres Umzugs von Steinweiler nach Wörth stand, durfte es nach überstandenen Ikea- und Baumarktbesuchen in des Pfälzers liebster Fächerstadt auf der gegenüberliegenden Seite des Rheines kulinarisch gerne auch mal etwas schärfer zur Sache
Besucht am 16.07.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Im Gegensatz zu meinem Heimatort Herxheim existierten im rund 6 Kilometer entfernten Nachbarort Rülzheim eine ganze Reihe gastronomischer Einrichtungen, die einen Besuch lohnen. Und das obwohl die südpfälzische Gemeinde mit dem goldenen Ritter im Wappen knapp 2000 Einwohner weniger zählt als sein westlicher Nachbar. Auch bei Tierfreunden und Naturliebhabern genießt das Dorf ein gewisses Ansehen, denn im südwestlich, zwischen Kling- und Rottenbach gelegenen Naherholungsgebiet wird einiges geboten.
Gegenüber der 2007 eröffneten Straußenfarm „Mhou“ befindet sich ein großer Campingplatz. Ein Streichelzoo und eine „alla hopp!-Anlage“ (Spielplatz, der auf Initiative der Dietmar-Hopp-Stiftung entstanden ist, Anm.) begeistern Klein und Groß. Sportlich Aktive können im nahegelegenen Badesee schwimmen oder auf der Tennisanlage ein paar Asse servieren. Außerdem gibt es genug Möglichkeiten, die Gegend rund um das Strandbad und die Straußenfarm zu Fuß zu erkunden. Auch lädt das gut ausgebaute Wegenetz zum Spaziergang durch den angrenzenden Gemeindewald ein.
Gründe genug also, um dort an einem warmen Sommerabend Mitte Juli mal aufzuschlagen. Nach unserer Runde um das weitläufige Gelände der Straußenfarm, das mir die Erkenntnis brachte, nicht der einzige seltsame Vogel auf diesem Erdenrund zu sein, beschlich uns ein abendliches Hungergefühl.
Unser Auto hatten wir vor der Tennisanlage abgestellt. Direkt neben den Tennisplätzen war ein italienisches Restaurant beheimatet, das ich nicht kannte. Früher, beim gutbürgerlich eingestellten Vorpächter wurden hier bemerkenswerte Rumpsteaks serviert, die mich sehr positiv an die ein oder andere Geburtstagsfeier meiner Frau Mutter zurückdenken ließen. Besonders mein Schwager, der ein gutes Stück Fleisch zu schätzen weiß, war damals sehr angetan von der „Holzhütte beim Tennisclub“. Innenansicht vom Gastraum
Das ist alles schon eine ganze Weile her. Seit März 2017 tischen hier Küchenchef Basilio Madeo und sein Team auf italienische Art auf. Das nach seinem Inhaber benannte Ristorante befand sich vorher in der Bismarckstraße (Ortskern). Der Umzug in den grünen Teil von Rülzheim hat Herr Madeo nicht bereut, wie er uns bei einem netten Plausch nach dem Essen mitteilte. Eingangsschild
Es war eine Spontaneinkehr, die uns auf der zwischen Tenniscourts eingebetteten Außenterrasse Platz nehmen ließ. Dem etwas sperrigen Gartengestühl rückten wir mit bequemen Sitzkissen zu Lehne und genossen die ruhige Atmosphäre, die den sonnenbeschirmten Außenbereich umgab. Terrassenidylle neben dem Court
Noch war es zu früh, um von den Stechmücken gefressen zu werden, aber sie würden bald um uns herumschwirren, so viel war sicher.
An den Tischen tat sich ein gemischtes Publikum an Pizza, Pasta und Co. gütlich. Die beiden Servicekräfte schienen auf Zack zu sein und bald hielten wir die Karte in Händen, um das reichhaltige Angebot an Speisen zu studieren. Einem halben Dutzend kalter Vorspeisen folgte ein ausgedehntes Salatprogramm. An die 30 (!) verschiedene Pastavarianten waren erhältlich. Und auch bei den Pizzen war alles vertreten, was Teig und Namen hat. Das Fleisch- und Fischangebot fiel dagegen recht übersichtlich aus. Witzig, das Rumpsteak von damals schien überdauert zu haben.
Zusätzlich zum umfangreichen Standardrepertoire listete eine Tafel am „Hütteneingang“ noch ein paar Tagesempfehlungen. Zwei Ravioli-Teller, Lachsfilet, Pasta Greca, Bistecca Funghi-Speck-Gorgonzola und ein Scaloppine waren darauf nachzulesen.
Viel Auswahl bei den Speisen traf auf notorische Entscheidungsschwäche unsererseits. Der freundliche junge Mann, der unsere Bestellungen aufnehmen wollte, musste mehrmals unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Da nur Barzahlung möglich war und die „Scheindebatte“ mit meinem Portemonnaie keine großen Sprünge an diesem Abend erlaubte, gaben wir uns getränketechnisch kleinlaut, das heißt: mit einer Dreiviertelliterflasche Mineralwasser Classic (4,90 Euro) zufrieden. Ciró, Primitivo und Nero d’Avola gerne dann beim nächsten Mal und gerne auch glasweise in dieser Reihenfolge.
Vorweg durften es ein paar angeröstete Weißbrotscheiben mit Tomaten-Zwiebel-Knoblauch-Topping (6 Euro) sein. Bruschetta und Sommerabend sind schließlich keine Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen. Nach diesem klassischen Antipasti-Einstieg war uns beiden dann nach Pasta zumute. Die Spaghetti AOP (8,50 Euro) taugten meiner werten Gattin, während meine Wahl auf die hausgemachten Ravioli mit Garnelen (13,90 Euro) fiel.
Bei der Bruschetta wurde für meinen Geschmack etwas zu grob „modelliert“. Bruschetta 2
Keine Frage, der herzhafte Tomatenbelag auf den röschen Brotscheiben hielt allen Frischekriterien stand, nur hätte man Zwiebel und Knoblauch etwas feiner hacken können. Aber in dieser Hinsicht bin ich vielleicht zu penibel, wie meine Frau sicher bestätigen würde. Auch wenn ich die Bruschette schon etwas ansprechender serviert bekommen habe, geschmacklich gab es da nichts auszusetzen. Bruschetta
Sehr positiv überrascht war meine Frau von ihren Spaghetti Aglio, Olio et Peperoncino. Die Nudeln mit leichtem Biss, die Knoblauch-Olivenöl-Tunke mit ordentlicher Schärfe. Das Glück lässt sich manchmal so einfach um die Gabel wickeln. Auch schwamm die Pasta nicht in Öl, was gar nicht mal so häufig vorkommt. Ein paar Peperoni-Stücke schärften zusätzlich ein. Etwas geriebener Parmesan on top sorgte für noch mehr Mundfülle. Einfache Küche schnörkellos aufgetischt! Spaghetti AO mit reichlich P
Bei meinen Ravioli wurde nicht mit Garnelen gespart. Leider auch nicht mit Sahne, die das ansonsten sehr schmackige Nudelgericht etwas zu wuchtig daherkommen ließ. Hausgemachte Ravioli mit Garnelen in Sahnesauce
Da meine Knoblauchtoleranz bereits mit dem Verzehr der Bruschetta ausgereizt war, empfand ich den rustikalen Knofeleinsatz bei meiner Pasta etwas too much. Die Füllung der hausgemachten Ravioli, bei der Chefkoch Basilio Madeo Spinat, Ricotta und Thunfisch kombinierte, harmonierte gut mit der Garnelensauce, bei der auch etwas Krustentierpaste zum Einsatz kam, wie mir der sympathische Küchenchef später verriet. Nochmal die Hauspasta
Der dazu bestellte, kleine Beilagensalat (4 Euro) war schön sauer angemacht und ein willkommener Moment der Frische – gerade im Kontext der beiden deftigen Pastagerichte, die für mehr als ausreichend knoblierte Umstände auf den Tellern sorgten. Sorgte für Frische!
Sehr positiv empfanden wir die lockere Atmosphäre vor Ort und die Tatsache, dass der Chefe nach getaner Arbeit den Kontakt zu seinen Gästen suchte und dabei den ein oder anderen Digestiv – ich ließ mich gerne auf Herrn Grappa ein – spendierte. Auf kulinarische Fragen reagierte der erfahrene Koch aus Italien souverän und meinungsstark. Abendstimmung am Italo-Pavillon
Man merkte sofort, dass da jemand mit einer über viele Jahre hinweg angeeigneten Beschlagenheit in Sachen Gastronomie vor einem stand. Eine echte Type, der wir gerne zuhörten und bei dem wir bestimmt auch mal wieder einkehren werden. Denn nicht nur das Rülzheimer Naherholungsgebiet war einen kleinen Abstecher wert, auch die Küche von „Basi“ konnte uns überzeugen.
Im Gegensatz zu meinem Heimatort Herxheim existierten im rund 6 Kilometer entfernten Nachbarort Rülzheim eine ganze Reihe gastronomischer Einrichtungen, die einen Besuch lohnen. Und das obwohl die südpfälzische Gemeinde mit dem goldenen Ritter im Wappen knapp 2000 Einwohner weniger zählt als sein westlicher Nachbar. Auch bei Tierfreunden und Naturliebhabern genießt das Dorf ein gewisses Ansehen, denn im südwestlich, zwischen Kling- und Rottenbach gelegenen Naherholungsgebiet wird einiges geboten.
Gegenüber der 2007 eröffneten Straußenfarm „Mhou“ befindet sich ein großer Campingplatz. Ein Streichelzoo... mehr lesen
Da Basi - Ristorante am Tennisclub
Da Basi - Ristorante am Tennisclub€-€€€Restaurant07272 774579Am See, 76761 Rülzheim
4.0 stars -
"Knoblauchlastige Neuentdeckung zwischen Strandbad, Straußenfarm und Streichelzoo" marcO74Im Gegensatz zu meinem Heimatort Herxheim existierten im rund 6 Kilometer entfernten Nachbarort Rülzheim eine ganze Reihe gastronomischer Einrichtungen, die einen Besuch lohnen. Und das obwohl die südpfälzische Gemeinde mit dem goldenen Ritter im Wappen knapp 2000 Einwohner weniger zählt als sein westlicher Nachbar. Auch bei Tierfreunden und Naturliebhabern genießt das Dorf ein gewisses Ansehen, denn im südwestlich, zwischen Kling- und Rottenbach gelegenen Naherholungsgebiet wird einiges geboten.
Gegenüber der 2007 eröffneten Straußenfarm „Mhou“ befindet sich ein großer Campingplatz. Ein Streichelzoo
Geschrieben am 09.08.2021 2021-08-09| Aktualisiert am
09.08.2021
Besucht am 15.07.2021Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 158 EUR
Wie sang einst die irische Rockband Thin Lizzy Mitte der 70er Jahre? Ja, richtig: „The boys are back in town!“
In etwa so fühlte es sich an, als die vierköpfige Wörther Hedonistenhorde nach langer Abstinenz mal wieder zusammen tafelte. Und das obwohl sich diese erste Zusammenkunft nach dem Lockdown gar nicht „in town“ abspielte, sondern auf der „grünen Wiese“, nämlich direkt neben dem Fußballfeld des TB Jahn Zeiskam.
Krankheitsbedingt hatte unsere Genussgemeinschaft während des letzten Schuljahres zwei Ausfälle zu verkraften. Bei lediglich vier Mitgliedern hätte dies auch gut und gerne das Aus der kollegialen Futtertruppe bedeuten können. Aber dem gastronomisch interessierten „Nachwuchs“ sei Dank erlebte der angeschlagene Gaumenvierer vor ein paar Wochen eine Art Renaissance.
Der eine Neuzugang bestand die Aufnahmeprüfung beim Griechen in Maikammer souverän, denn er machte sich dort als veritabler Plattenputzer einen Namen. Der andere Newcomer brachte durch seine jahrelange Erfahrung als treuer Einkehrer genügend Gourmandkompetenz mit, um mit offenen Armen in unserem Verzehrverein aufgenommen zu werden. Ein Mann, der sich gastronomisch sehr gut in der Region auskennt und hoffentlich auch bald die GG-Gemeinde bereichern wird. Ich arbeite daran…
Die Idee, das von Chefkoch Jörg Weinacht im September 2020 vor den Toren von Zeiskam eröffnete Tapas-Lokal anzusteuern, hatte ich schon eine ganze Weile. Die Mundpropaganda – die Pfalz ist und bleibt halt ein Dorf – fiel derart positiv aus, dass man dort dem Hörensagen nach auf eine hervorragende spanische Küche treffen würde.
In den Örtlichkeiten der ehemaligen Jahnstube – früher ein gutbürgerliches Vereinslokal, in dem ich mir an einem längst vergangenen Karfreitag ein solides Fischbuffet gönnte – hatte sich kulinarisch scheinbar einiges getan. Umso schöner, dass meine Kollegen den Vorschlag guthießen und wir uns an einem Donnerstagabend zu viert im Zeiskamer Sportzentrum einfanden. Von außen eher unscheinbar...
Natürlich hatte ich im Vorfeld einen Tisch auf der Terrasse reserviert. Unser Tisch auf dem Balkon (im Hintergrund: hungrige Fußballer)
Schon da war klar, dass der Weinacht’sche Tapastempel auch unter der Woche gut lief. Nur noch ein Tisch war zur gewünschten Uhrzeit verfügbar. Dass wir den aus Böbingen angereisten Kollegen über eine halbe Stunde vor Ort warten ließen, tat uns schrecklich leid. Wir hatten nicht mit der Umleitung in Bellheim gerechnet und auch die tatsächliche Entfernung nach Zeiskam etwas unterschätzt.
Der Gute nahm es mit Gelassenheit. Er hatte in der ein paar Hundert Meter entfernten Zeiskamer Mühle noch einen Essensgutschein zum Verschenken besorgt und war deshalb noch vor der ausgemachten Uhrzeit vor Ort. Genug Zeit, um den übersichtlichen Speisenzettel auswendig zu lernen und die Teller der Nachbartische genauer unter die Lupe zu nehmen.
Auf dem Parkplatz vorm Haus gab es genug Möglichkeiten das Vehikel abzustellen. Der goldene Stierkopf unter den beiden Zauberworten „Tapas“ und „Meer“ hieß uns iberisch willkommen. Parkplatz vorm Haus und den Stier im Wappen! Eingang
Eine Treppe musste noch erklommen werden und dann befanden wir uns in der komplett renovierten Gastwirtschaft, wo man uns freundlich in Empfang nahm und zum wartenden Kollegen auf die Terrasse führte.
Da hatte sich einiges getan in Sachen Inneneinrichtung. Ich war erstaunt, wie geschmackvoll man das altbackene Innenleben der früheren Jahnstube auf Vordermann gebracht hatte. Das Raumkonzept erschien zeitgemäß: dunkle Bistrotische mit wertigen Holzplatten, bequem gepolsterte Stühle und Wandbänke, warme Beleuchtung. Da störte selbst der etwas nüchtern wirkende, zu helle Fliesenboden nicht. An den grau gestrichenen Wänden scharrten großformatige Stiere mit den Hufen. Ansicht Gastraum
Eine überdimensionierte Schwarz-Weiß-Fotographie aus dem Archiv des TB Jahn Zeiskam mit historischen Fußballhelden zierte großflächig eine Wand. In dieser von einem Sideboard abgetrennten Nische war etwas erhöht in der anderen Ecke ein Flachbildfernseher installiert. Ein idealer Platz zum Fußballschauen in gepflegter Herrenrunde. Gemütliches Fußball-Eck
In unmittelbarer Reichweite dieser lauschigen Stammtischecke befand sich der Tresen mit Durchgangstür zur Küche. Ausschankbereich mit Tür zur Küche
Daneben glänzten Weinkühlschrank und Dry Ager im Edelstahlgewand um die Wette. In letzterem hing ein stattliches Stück vom Rind. Dem goldenen Kopf nach zu urteilen, der das Trockenreifebehältnis trophäisch zierte, hätte es durchaus vom vorher in der Arena erlegten Toro stammen können. Für reife Leistungen!
Aber das war es dann auch schon an Deko, die das erfreulich unfolkloristische Innere des Lokals zu bieten hatte. Auch draußen auf der terrakottagefliesten Terrasse empfing uns eine schlichte Szenerie, die jedoch mit einem tollen Blick auf Feld, Wald und Wiese aufwartete. Ein Ort zum Verweilen, ein Ort zum Genießen.
Und genau deswegen hatten wir uns ja auf den Weg nach Zeiskam gemacht. Und natürlich wegen der Paella, die es laut Speisenkarte auf der Homepage nur auf Vorbestellung (ein bis zwei Tage vorher) gab. Beim Reservieren wurde diese für drei hungrige Reisenthusiasten angefordert. Wobei einer der Kollegen noch nie zuvor Paella gegessen hatte. Sachen gibt’s…aber solche kulinarischen Bildungslücken lassen sich ja Gott sei Dank leicht schließen.
Das Speisenangebot des „Tapas & Meer“ passte auf eine DIN-A4-Seite und war in Folie gepackt an einem Klemmbrett befestigt. Knapp 20 verschiedene Tapas waren darauf verzeichnet, darunter etliche bekannte Klassiker wie Chipirones (kleine frittierte Tintenfische), Datteln im Speckmantel, Albondigas (Hackfleischbällchen) in Tomatensauce, Croquetas de Pollo (vom Suppenhuhn) und Pimientos de Padron. Die Karte empfahl als Richtwert drei Tapas pro Person, was jedoch nicht für Gäste mit Hauptgangwunsch galt.
Denn die „Raciones“ bei Jörg Weinacht und seinem Team sind nicht gerade schüchtern portioniert. Kleine Tonschälchen (Cazuelas) sucht man hier vergeblich. Man setzt auf ansprechende, schwarze Keramik, in die auch ordentlich was reinpasst.
Neben dem Tapasprogramm standen noch drei Fleischgerichte – Iberico Kotelett auf spanischen Bratkartoffeln und Grillgemüse, Rumpsteak mit Schmorzwiebeln in Dornfelderjus und ein mit Käse, Speck und Zwiebel überbackenes Schnitzel – zur Auswahl. Ein paar Salate, wahlweise mit Rindfleischstreifen, Garnelenspieß oder Ziegenkäse mit Honig, hatte man ebenfalls gelistet. Mehr war nicht und mehr brauchte auch nicht sein.
Die Weinkarte konzentrierte sich erwartungsgemäß auf zwei Regionen: die heimische Pfalz, denn die hat ja bekanntlich ein paar ganz passable Weißweine zu bieten, und natürlich Spanien, das Land der Tintos und Reservas. Eine beeindruckende Auswahl an spanischen Flaschenweinen listete das mit Bedacht zusammengebastelte Suffsortiment. Schwerpunktmäßig sah man hier „Rot“, aber auch ein paar weiße Terrassenweine hatte man im Repertoire – einige davon auch glasweise im offenen Ausschank.
Auch preislich schien sich das alles im fairen Rahmen zu bewegen. Viele Flaschenweine waren schon für um die 20 Euro zu haben. Dass man für einen „Anima Negra“ aus Mallorca oder eine Reserva von Luis Cañas etwas tiefer in die Tasche greifen musste, war da nicht weiter verwunderlich.
Unsere Entscheidung fiel auf den 2019er „k-naia“, einer Cuvée aus Verdejo und Sauvignon Blanc aus der Region Rueda. Mit 22 Euro waren wir dabei und ich muss gestehen, dass unsere Wahl keine schlechte war. Feinfruchtig und mit genügend Zitrusfrische am Gaumen sorgte dieser aromatische Sommerwein für viel Trinkfreude bei meinem Kollegen und mir. Einfach mal die K-Frage mit "naia" beantworten...
Dass die beiden anderen am Tisch lieber auf Mineralwasser (Bellaris Gourmet Classic für 4,50 Euro die Flasche) und Bier (Bellheimer Silberpils vom Fass für 3,50 Euro den halben Liter) setzten, störte uns dabei nicht im Geringsten.
Der Zettel mit unseren Daten zwecks Rückverfolgung war schnell ausgefüllt. Auch die freundliche Bedienung ließ uns nicht lange warten und wir konnten unsere Bestellungen diktieren. Da ja schon dreimal Paella (18 Euro pro Person) gebucht war, wurde nur noch um einen Hauptgang ergänzt. Der Kollege entschied sich dabei für das Iberico-Kotelett (22 Euro), das er noch um einen kleinen Beilagensalat (4,50 Euro) erweiterte.
Die drei Paella-Pädagogen ließen es sich aber nicht nehmen, vorweg noch ordentlich die Tapas-Keule zu schwingen. Da waren die Augen mal wieder größer als die Mägen, denn auch die Reispfanne wollte ja noch geschafft werden. Der Kollege zu meiner Linken entschied sich für die Albondigas auf gemischten dicken Bohnen in Rosmarin-Tomaten-Sugo (8 Euro), während der gegenübersitzende Pilstrinker die spanische Chorizo auf gegrilltem, mediterranem Gemüse (8 Euro) bevorzugte.
Ich brauchte zu Beginn dringend was Knuspriges. Dies brachte mir ein Frittierkörbchen voller Alitas y Muslitos de Pollo (7 Euro) ein. Dem nicht genug, orderte ich ganz fettaffin die Chipirones fritos (8 Euro) noch obendrauf. Reines „Impaniergehabe“ zwar, aber die Lust auf rösche Häppchen war recht groß.
Den Anfang machte der Beilagensalat vom Kollegen, der schon optisch einen guten Eindruck hinterließ und der laut seinem Verspachtler diesen auch gustatorisch bestätigte. Klasse Beilagensalat!
Dann setzte der Tapas-Reigen ein. Zeitlich wurden die spanischen Leckereien an unseren Tisch gebracht. Auch hier war zuerst einmal allgemeines Staunen angesagt. Sowohl die Portionsgrößen als auch die Art, wie die Speisen präsentiert wurden, imponierten uns.
Die Albondigas vom Kollegen gerieten herrlich fluffig und die Tomatensauce, in der sie lagen, duftete aromatisch nach Rosmarin und langem Einköcheln. Albondigas auf gemischten dicken Bohnen in Rosmarin-Tomaten-Sugo
Meine „Wings“ hätten krosser gar nicht ausfallen können. Mutig gesalzen und gar nicht mal besonders fettig lagen sie übereinander gestapelt im Körbchen. Gut, dass mir die Kollegen beim Verzehr ein wenig aushalfen. Die Portion allein hätte mich nämlich fast gesättigt. Alitas y Muslitos de Pollo = mehr als ein frittiertes Stück vom Glück
Auch nicht von schlechten Fetten frittiert zeigten sich die Baby-Kalamares, die mit ein paar Spritzern Zitrone genossen eine ganz vorzügliche Vorspeise darstellten. Den schmackigen Mini-Tuben fehlte es auch nicht an Würze. Dafür hatte man beim Anfertigen des Backteigs gut gesorgt. Ein maritimes Vergnügen zum Fingerablecken! Maritime Frittaten-Taten!
Die beiden feurigen Chorizo-Würste, die auf knackigem Grillgemüse (Zucchini, Paprika, Kirschtomaten) weilten, muteten keineswegs wie leichtverdauliche Kost an. So eine würzige spanische Paprikawurst kann ja ganz schön auf den deutschen Magen schlagen. Wobei ihr seitlicher Einschnitt verriet, dass ein Großteil des Fetts bereits während des Grillvorgangs ausgetreten war. Also alles halb so wild, wie ich dem „Wurstwehrbeauftragten“ am Tisch entlocken konnte. Chorizo auf gegrilltem, mediterranem Gemüse
Zumindest bei den drei Paella-Anwärtern war das Hungergefühl nach dem Verzehr der nicht gerade spartanisch ausgefallenen Vorspeisen – natürlich wurde dabei auch kreuz und quer probiert – bereits gut gestillt. Aber allein der Anblick der prächtig gefüllten Emaille-Pfanne ließ wieder Appetit aufkommen. DIE Paella!
Ein ausgewogenes und äußerst ansehnliches Potpourri aus Meeresfrüchten (Garnelenschwänze, Venus- und Miesmuscheln, Shrimps), Fleisch (Hähnchenflügel und -schenkel, gewürfelter Schweinenacken), Gemüse (Bohnen, Paprika, Zwiebeln und Erbsen) und gelb gefärbtem Reis hatte man in Tischmitte platziert. Da war beherztes Zulangen angesagt! Paella auf dem Teller
Ich muss gestehen, dass ich selbst bei meinen vielen Urlaubsreisen nach Spanien bzw. Mallorca nie eine köstlichere Reispfanne vorgesetzt bekommen habe. Das war wirklich allerfeinstes Handwerk, das da mit frischen Zutaten und dem richtigen Händchen beim Würzen und Abschmecken ausgeübt wurde.
Jörg Weinacht, der viele Jahre als Koch in Spanien verbracht hat und dort in sehr guten Häusern (z.B. im Restaurant „L’Illa/Die Insel“ bei Harry Phal in Roses) tätig war, weiß eben genau, wie man eine Spitzenpaella in die Pfanne bringt.
Der Reis hatte noch ganz leichten Biss und auch das Gemüse war nicht zu weich geraten. An den himmlischen Duft von Safran und frischem Meeresgetier, den die Paella bei ihrer Ankunft auf unserem Tisch ungeniert verströmte, kann ich mich auch Wochen später noch bestens erinnern. Nicht nur das Auge aß hier eifrig mit, auch die Nase war stets mittendrin statt nur dabei.
Auch über die Meeresfrüchte bzw. deren Qualität kann ich mich nur lobend äußern. Das passte genauso wie die delikat gewürzten Geflügelteile und die saftigen Stückchen vom Schwein, die den fleischigen Gegenpol bildeten und dem spanischen Nationalgericht genügend Deftigkeit verliehen. Kann man eigentlich nicht besser machen, so die einhellige Meinung der drei „Paellamentarier“ am Tisch. Paella (Detailansicht)
Der Vierte im Bunde hatte derweil sein Iberico-Kotelett „in Arbeit“. Das Fleisch lag zusammen mit einer großzügig bemessenen Portion hausgemachter Kräuterbutter auf den Bratkartoffeln, die wiederum von etwas Grillgemüse flankiert wurden. Das Iberico-Kotelett
Dem Kollegen war das gute Stück vom Iberischen Schwein etwas zu durchgebraten bzw. zu trocken. Aufgrund des Sous-Vide-Vermerks in der Karte hatte er sich wohl Saftigeres vorgestellt. Und nochmal das Iberico!
Dies blieb jedoch der einzige kleine Kritikpunkt eines insgesamt sehr stimmigen Abends, denn alles andere gelang vortrefflich und machte richtig (Urlaubs-)Laune. Den guten Ruf hat sich das Tapas & Meer in Zeiskam definitiv verdient. Für Freunde der spanischen Küche ein absolutes Muss.
Nach Germersheim ins „Las Tapas“ – meinem früheren Lieblingsspanier – zieht mich nun nichts mehr, denn die von Jörg Weinacht angebotene „Cocina Brava“ ist dem um mehr als eine Stierlänge voraus. Und zwar in allen Belangen. Ich bin sehr gespannt, wo es uns dieses Jahr noch überall hin verschlägt und freue mich schon auf weitere Schlemmerabende mit den drei Kollegen.
In diesem Sinne: „Vámonos de esta habitación al espacio exterior…“ (aus dem Song „Hechizo“ von Héroes del Silencio)
Wie sang einst die irische Rockband Thin Lizzy Mitte der 70er Jahre? Ja, richtig: „The boys are back in town!“
In etwa so fühlte es sich an, als die vierköpfige Wörther Hedonistenhorde nach langer Abstinenz mal wieder zusammen tafelte. Und das obwohl sich diese erste Zusammenkunft nach dem Lockdown gar nicht „in town“ abspielte, sondern auf der „grünen Wiese“, nämlich direkt neben dem Fußballfeld des TB Jahn Zeiskam.
Krankheitsbedingt hatte unsere Genussgemeinschaft während des letzten Schuljahres zwei Ausfälle zu verkraften.... mehr lesen
Tapas und Meer - Cocina Brava
Tapas und Meer - Cocina Brava€-€€€Restaurant06347 6125Karl-Doppler-Str. 1, 67378 Zeiskam
5.0 stars -
"Ambitioniert vorgetragene Tapas und eine Paella vom Allerfeinsten! – In Zeiskams Sportzentrum begeisterte uns Jörg Weinacht mit seiner „Cocina Brava“ auf ganzer Linie" marcO74Wie sang einst die irische Rockband Thin Lizzy Mitte der 70er Jahre? Ja, richtig: „The boys are back in town!“
In etwa so fühlte es sich an, als die vierköpfige Wörther Hedonistenhorde nach langer Abstinenz mal wieder zusammen tafelte. Und das obwohl sich diese erste Zusammenkunft nach dem Lockdown gar nicht „in town“ abspielte, sondern auf der „grünen Wiese“, nämlich direkt neben dem Fußballfeld des TB Jahn Zeiskam.
Krankheitsbedingt hatte unsere Genussgemeinschaft während des letzten Schuljahres zwei Ausfälle zu verkraften.
Geschrieben am 26.07.2021 2021-07-26| Aktualisiert am
26.07.2021
Besucht am 30.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y = Sokrates überführt. Dies bedeutete zwar rein formal eine Gleichung mit zwei Unbekannten, aber gleichzeitig auch eine prächtige Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre und bei nicht gerade alltäglicher Griechenkost (noch) besser kennenzulernen.
Nun wissen wahrscheinlich nicht nur Mathematiker, dass eine Gleichung mit zwei Unbekannten generell nicht lösbar ist. Aber das war uns an jenem Abend so ziemlich Raki wie Ouzo. Denn schnell wurde eins klar: die Wellenlängen der vier Tischgenossinnen und -genossen passten wie das Gyros ins Pita-Brot. Anregende Konversation traf auf ansteckendes Lachen. „Bad Herrenalbern“ versus „Pälzer Gosch“ – das ergab in der Summe eine durchaus muntere Mischung. Da hatten sich scheinbar vier Genießer mit dem gleichen Sinn für Humor und gutes Essen gefunden.
Vielen Dank an dieser Stelle an den guten Oparazzo, dessen philosophisch angehauchte Nachbetrachtung dieses denkwürdigen „Dates“ mir aus der Seele sprach. Mit seinem zeitnahen Bericht hat sich der (Epi)Kurstädter aus dem Nordschwarzwald ja schon mächtig ins Zeug gelegt und einige schöne Vorlagen gebastelt, die ich selbstverständlich gerne aufnehme.
Apropos Epikur: geht auf ihn nicht die Aussage zurück, dass die Wurzel aller Vergnügen die Zufriedenheit des Magens sei? Nun, da hat der alte Grieche schon Recht. Doch wenn man sich diese Zufriedenheit dann noch im Rahmen einer solch entspannten Tischgesellschaft erfuttern darf, dann hat sich selbst für den gemeinen Pfälzer der Aufenthalt auf badischem Boden voll gelohnt.
„Oma- und Oparazzo“ saßen bereits im ansprechend eingerichteten Gastraum und warteten auf die mit ihnen verabredete „Pälzer Bagage“, die ihr leichtes Zuspätkommen mit der Parkplatzsuche vor Ort begründete. Im Wohnviertel rund um die Welfenstraße – südliche Karlsruher Südweststadt – waren an diesem Abend freie Parkplätze eher rar gesät. In der Nähe des Sokrates herrschte sogar glatte Fehlanzeige. Da war ein kleiner Fußmarsch von Nöten, um zur sympathischen Hellenenklause zu gelangen.
An ein Essen unter freiem Himmel war nicht zu denken. Die unsichere Witterung Ende Juni ließ dies leider nicht zu. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ja noch niemand, welche verheerenden Folgen die noch bevorstehenden Regenmassen der folgenden Wochen im Norden von Rheinland-Pfalz und in NRW haben würden.
Demgegenüber erscheint unser zähneknirschend akzeptierter Gang nach Drinnen geradezu lächerlich. Zähneknirschend deshalb, weil sich meine - zu der Zeit erst einmal geimpfte - Gattin im Inneren von Lokalen noch nicht so wohl fühlte und lieber auf der ansehnlichen Terrasse Platz genommen hätte. Naja Schwamm drüber oder besser gesagt: Maske auf und rein in die gute Stube, wo uns zwei liebenswürdige Menschen sehr herzlich empfingen.
„Weintausch statt Weinrausch!“ lautete zunächst die Devise und der Herr Oparazzo zeigte sich von seiner generösen Seite, indem er der Pfalzweindrossel zwei badische Kennertropfen unterjubelte. Der lediglich mit einer Flasche Assyrtiko bewaffnete Jubelpfälzer – um Grieches Willen plünderte der tanninfixierte Rotweinrebell zu Hause sein bescheidenes Weißweinreservoir – sah sich zumindest nach Flaschenzahl einer drohenden 1:2-Niederlage konfrontiert, die er später mit einem halben Liter Malagousia-Weißwein wieder wettzumachen versuchte.
Doch die paar cl fielen kaum ins Gewicht, denn von Beginn an wurde munter drauflos kommuniziert, als hätte sich die griechische Sippschaft der Betreiberfamilie nach vielen Jahren mal wieder an einem Tisch versammelt. Von Bestellen oder in die Karte schauen konnte keine Rede sein. Der freundliche junge Mann vom Service nahm es mit levantinischer Gelassenheit. Auch unsere spaßeshalber gemachte „Androhung“, den selbst mitgebrachten Wein gleich zu entkorken, brachte ihn nicht aus der Fassung.
Über die stilvolle, nahezu komplett aus dunklem Holz „geschnitzte“ Einrichtung habe ich mich schon vor ein paar Jahren lobend ausgelassen. Daran hat sich nicht merklich etwas geändert. Gastraumimpression
Den Verzicht auf folkloristischen Dekoplunder rechne ich dem Laden nach wie vor hoch an. Bei einbrechender Dunkelheit trugen dann die frei von der Decke baumelnden Glühbirnen der Ausleuchtung des Raumes auf angenehm zeitgeistige Weise Rechnung. Gastraumimpression 2
Kurzum: ein wertiges Interieur, das zum Wohlfühlen animiert und eine gemütliche Kulisse für einen genussvollen Abend abgab.
Die Abstände zwischen den Tischen entsprachen voll den derzeitigen Pandemieauflagen. Um ehrlich zu sein finde ich als Gast diese Abstandsgebote im Inneren der Lokale sogar sehr angenehm, da es der Atmosphäre am Tisch sehr zuträglich ist. Aber das sehen die meisten Gastronomen wahrscheinlich ganz anders, da ihnen dadurch Umsatz flöten geht.
Im Sokrates fährt man seit der Wiedereröffnung ein reduziertes Speisenangebot, was mir persönlich gar nichts ausmacht, da mich die üblichen „Telefonbücher“ der hierzulande operierenden Standardgriechen mit ihrem immerzu gleichen, viel zu üppigen Angebot an Grillgerichten eher langweilen. Außerdem war mir die Saloniki-Platte aus Maikammer in fleischhaftiger Erinnerung, was mich ganz instinktiv zu Fisch und Meeresfrüchten tendieren ließ.
Und dann war da ja auch noch der Yufka-Döner, der mich mittags im Maximilian-Center zu Wörth vor dem sicheren Hungertod bewahrt hatte. Im Nachhinein natürlich ein kulinarischer Schuss ins Knie, den ich spätestens bei der Ankunft im Sokrates bitter bereute. Aber alles Jammern half nichts, der Bestellvorgang ließ sich nicht länger hinauszögern. Der Plan, zunächst mit einem Bierchen den Appetit zu wecken – klappt bei mir übrigens sehr gut – wurde mit einer Flasche Mythos (0,33l für 3,40 Euro) in die Tat umgesetzt. It's not a myth, it's a Mythos!
Das sokratische Köchelverzeichnis passte auf eine laminierte Doppelseite im DIN-A4-Format und gab sich zumindest bei den ca. 20 gelisteten Hauptgerichten recht fleischlastig. Mit Souvlaki, Suzukakia, Bifteki, Gyros und Lammkoteletts hatte man die gängigen Grillklassiker im Repertoire. Einen gefüllten Kalamar gab es auch. Die von mir sehr geschätzte Moussaka durfte da nicht fehlen.
Anhand des Durcheinanders bei der Nummerierung der Gerichte wurde deutlich, dass man hier aus der wesentlich üppiger bestückten Standardkarte eine Auswahl getroffen hatte. Eine etwas abgespeckte Wiedereröffnungskarte also, wie man sie in vielen Gastronomien derzeit vorfindet.
Was aussah wie ein akkurat bedruckter Spickzettel – Erinnerungen an meine von Betrug gekennzeichneten Kursarbeiten im Biologie-Grundkurs der Oberstufe wurden wach –, war in Wirklichkeit eine Empfehlungskarte im Kleinstformat, die mit einem guten halben Dutzend „Außer-der-Reihe-Gerichten“ auf sich aufmerksam machte. Die meisten der hier gelisteten Köstlichkeiten griechischen Provenienz sagten mir vom Namen her nichts. Gut, dass die deutsche Erklärung in Klammer gleich mitgeliefert wurde.
Gebackene Sardellen, eine Mezes-Variation aus dem Meer für Zwei, überbackenes Gyros in Cognac-Sauce, gefüllte Teigtaschen, ein gemischter Fischteller, Tomatenbällchen an Joghurt-Dip, griechischer Grillkäse und ein traditionelles Gemista (= mit Reis bzw. Reisnudeln gefülltes Gemüse…hauptsächlich Paprika) klangen dabei genauso vielversprechend wie abwechslungsreich.
Vorweg griffen meine Frau und ich auf Bewährtes zurück. Die gegrillten Peperoni (6,70 Euro) mit ordentlich Knoblauch drauf erschienen uns mehr als adäquat, um auch gustatorisch die richtige Würze ins Spiel zu bringen. Gegrillter Knoblauch mit ein paar Peperoni
Mein Gegenüber labte sich derweil an einem sommerlich frischen Tintenfischsalat, der auch optisch einiges hermachte. Tintenfischsalat des Kollegen
Einen Probierhappen ließ er rüberwachsen, was meine vorher getroffene Entscheidung, die maritimen Mezes für Zwei als Hauptgericht zu ordern, bestätigte. Auch hier war nämlich der Tintenfischsalat – natürlich in einer viel kleineren Portion – mit von der Partie. Die recht geschmacksneutralen Auberginensticks mit Tzatziki, für die sich seine Frau entschieden hatte, erwähne ich an dieser Stelle nur fürs Protokoll. Auberginensticks (geschmacksneutral)
Mittlerweile hatte das erste Mythos-Bier meinem Nachdurst – ich sag nur „Yufka!“ – Rechnung getragen und die Lust auf einen griechischen Weißwein brach sich so langsam in mir Bahn. Oparazzo hielt sich bei der Weinauswahl vornehm zurück, was den bereits erwähnten halben Liter Malagousia (11,20 Euro) zur Folge hatte.
Ein fruchtig-trockener Sommerwein, der mit gemäßigter Säure und gefälligen Zitrusaromen die Leckereien von Land und Meer korrespondieren sollte. Auch mein Genusskollege war von ihm angetan – auch wenn er sich vielleicht zu seinen Lammkoteletts eher etwas „Rotes“ gewünscht hätte…
Dann wurde hauptgerichtlich gegen uns vorgegangen. Oparazzos Lammkoteletts dufteten verdächtig nach ägäischem Grillglück. Razzos Lammkoteletts
Gleich vier super saftige, auf den Punkt gegrillte „Chops“ zierten in imposanter Weise seinen Teller. Ein wahrlich saftiges Unterfangen!
Neben den stattlichen „Paidakia fantastica“ wirkte der Fischteller seiner Frau fast schon gewöhnlich. War er aber gar nicht. Zumindest die Tranche vom Lachs war von Könnerhand gebraten, wie mir ein Probierhappen verriet. Der Fischteller von des Razzos Gattin
Meine Frau erfreute sich am rein vegetarischen Gemista (14,50 Euro), bei dem mich allein die Betonung auf dem „a“ an die liebe Georgia aus Leonidio erinnerte, die uns beim letzten Griechenlandurlaub im Oktober 2019 nicht nur beherbergte, sondern auch mehrere Male sehr großzügig bekochte.
Hier waren es mit Reis und Reisnudeln gefüllte Paprika und Tomate, die neben aromatisch duftenden Ofenkartoffeln in einer tiefen Keramikschale serviert wurden. Etwas Schafskäse verlieh der mit kleingehäckseltem Gemüse durchmengten Reis/Nudelfüllung zusätzlichen Schmackes. Gemista mit Betonung auf dem "a"
Meine in mehreren kleinen Schälchen servierten Mezes Psarikon für Zwei (16,70 Euro) passten bis auf das separat gelieferte Knobi-Brot alle auf ein Tablett. Ein hübsch anzusehendes, nahezu komplett maritimes Potpourri unterschiedlichster Köstlichkeiten tat sich da vor mir auf. Die Mezes Psarikon für Zwei...äh Einen!
Der Kalamarosalata (Tintenfischsalat), den ich vorher schon beim Kurstadtgourmet probieren durfte, war auch hier mit von der Partie. Kalamarosalata (in klein)
Zwei Scampis in anständiger Sortierung und fast schon unanständig saftiger Textur lagen in pikant-fruchtiger Tomatensauce auf der Lauer. Sie wurden noch zusätzlich von etwas Schafskäse on Top „umamisiert“. Klein aber ganz fein. Scampis in Tomatensauce mit Schafskäse-Topping
Auch die beiden etwas verloren in ihrer Keramikschüssel wirkenden Tintenfischringe entstammten frischester Ware. Leicht mehliert und kurz frittiert – so die einfache Vorgeschichte der beiden ringförmig geschnittenen Bestandteile des beliebten Kopffüßers. Zwei zarte Tintenfischringe (ohne Gummi)
Daneben „vegetarisierte“ ein griechischer Salat aus Tomaten, Gurken, roter Zwiebel und frischer grüner Peperoni vor sich hin. Natürlich auch mit einem gewissen Quäntchen an käsiger Schafswürze versehen. Bis auf die Gurken war das genau mein Ding. Greek Salad
Die vier knusprig frittierten Sardellen, die es sich zusammen mit einem Schnitz Zitrone auf der anderen Seite des reich bestückten Tabletts gemütlich machten, sollten nicht unerwähnt bleiben. Zumal die „Mittelmeersprotten“ nach ihrer Zitrusdusche säurefrisch und aromatisch zugleich ihrem Komplettverzehr entgegensahen. Mittelmeersprotten (mehliert und frittiert)
Und dann waren da ja noch die drei wunderbar saftigen Scheiben vom Knobi-Brot, dessen gut gebutterte Seite von frischen Kräutern kündete und eben auch genau danach duftete. Knobi-Brot mit Kräuterschwerpunkt
Da war kein vampirvertreibender Knollengeruch auszumachen, was mich nicht im Geringsten störte. Zusammen mit dem leichten Joghurt-Dill-Dip genossen, ergab das eine einfache, aber durchaus passende Ergänzungsbeilage zu den wohlfrittierten bzw. marinierten Raffinessen aus dem Meer.
Aber wie wäre unser kulinarischer Kurzurlaub im griechischen Teil der Karlsruher Welfenstraße ohne die beiden „Razzos“ verlaufen? Definitiv nicht so lustig und unterhaltsam. Natürlich wurde mächtig über nichtanwesende GG’ler am Tisch geplaudert (nur Lob! Isch schwör…). Besonders dem befreundeten Weser-Wesir und dem nicht minder vertrauten Solinger „Jeepster“ müssen die Ohren im Minutentakt geklingelt haben, während unseres kollegialen Austausches der manchmal gar einem kulinarischen Kolloquium glich. Dass man sich dabei flüssiger Mythen bediente, war von rein durstlöschenden Natur.
Es war ein rundum gelungener Abend, von dem wir uns noch „manni“gfaltige Wiederholungen wünschen. Und so möchte ich diesmal – die köstlichen Mezes aus dem Meer würdigend – mit einem kleinen Gedicht von Carl Zuckmayer („Hauptmann von Köpenick“) schließen.
„Vorspeisen sind wie Segel über Buchten,
schlank und zum Hafen schnellend in erregter Fahrt,
indes die schweren Fleischgerichte wuchten
gewaltig über Wiesen von Gemüsen zart.“
In diesem Sinne würden wir mit den Oparazzos auch jederzeit die beiden letzten Verse des Gedichts in gastronomische Taten umsetzen. Ohne Wenn und Aber.
Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y =... mehr lesen
5.0 stars -
"Von flüssigen Mythen, maritimen Mezes und einem längst überfälligen Treffen bei unserem Karlsruher Lieblingsgriechen" marcO74Nach den geradezu euphorischen Worten des Bad Herrenalber Gastrosophen meines Vertrauens kommt nun also die linksrheinische Sichtweise unseres schon lange erhofften und Ende Juni endlich realisierten Treffens, das wir ganz im Sinne einer fairen Anfahrtspolitik in der baustellenreichen Fächerstadt Karlsruhe abhielten.
Die bereits seit längerem ins Auge gefasste Ausgangsgleichung 2*x = Yangda (wobei x für die beiden männlichen Essakteure steht und das Yangda ein schon vor Monaten anvisiertes China-Restaurant im Karlsruher Stadtteil Rüppur darstellt) wurde in 2*x + 2*y =
Besucht am 14.06.2021Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das Waldhaus Wilhelm ließen wir geflissentlich außen vor. Beim Kroaten im „Alt Maikammer“ waren wir erst letzten Sommer, weshalb wir das Restaurant Mythos ins kulinarische Visier nahmen. Von dessen legendärem Gyros hatte unser Cluboberhaupt schon mehr berichtet. Ein präsidialer Fleisch-Eid, den wir an einem warmen Montagabend Mitte Juni gerne mitschwören wollten.
Das seit 2014 von Sohn Stamatis geführte Familienlokal, das ganz sportlich zwischen Tennishalle und Freibad beheimatet ist, besitzt einen großangelegten Biergarten, der bei entsprechend warmer Witterung auf regen Zuspruch trifft. Außenansicht
Kein Wunder, denn die Betreiber des Lokals haben diesen mit Sicht- und Lärmschutzbarrieren gut eingefriedet. Mediterrane Kräuter, Rosenbüsche und viel anderes grünes Blattwerk inklusive. Abends im Biergarten
Gut, dass der Kollege einen Tisch vorab reserviert hatte, denn es war in der Schwimmbadstraße 6 zu Maikammer an diesem Abend mächtig was los.
Stamatis Temelis, der bereits als kleiner Junge im Herxheimer Lokal seiner Eltern das Bier zapfte, ist ein rundum sympathischer Mensch, der genau weiß, wie viel Humor seine Gäste vertragen. Seine kleinen, nett gemeinten Scherze bzgl. Alkoholverzicht und Vegetarismus nahm ihm keiner am Tisch krumm. Ganz im Gegenteil: er sorgte gleich für lockere Stimmung und etliche Lacher. Selbst um keinen Spruch verlegen, kamen wir mit der unbefangenen Art des Mythosbetreibers sehr gut zurecht.
Dass es etwas länger dauerte bis wir die Speisenkarten endlich in Händen halten durften, war dem nahezu komplett besetzten Außenbereich und dem gastronomischen Long-Covid-Phänomen namens „Personalmangel“ geschuldet. Aber wir waren ja nicht auf der Flucht und wurden später mit doppelten Ouzos generös entschädigt.
Die Speisenpalette des Mythos bietet vertraute griechische Fleischkost, wie man sie in deutschen Landen seit vielen Jahren kennen, schätzen und verdauen gelernt hat. Auch ein stattliches Angebot an fleischlosen, warmen Vorspeisen steht hier zur Verfügung. Doch der überwiegende Teil der hier gelisteten Gerichte enthält Fleischernes von Schwein, Lamm, Rind oder Pute. Da wird nach Lust und Laune aufgespießt (Herkulesspieß), in den Backofen geschoben (Lammhaxe), überbacken (Gyros), vom Drehspieß gesäbelt (nochmal Gyros) und in erster Linie natürlich gegrillt, was das Zeug hält.
Einen halben Liter frisch gezapftes Bellheimer Lord-Pils erhält man hier für grundsolide 3,40 Euro. Von den griechischen Weinen lässt man ja erfahrungsgemäß besser die Finger. Vielleicht aber auch zu Unrecht. Dennoch müssen Wein- und Schorletrinker nicht auf ihren geliebten Rebsaft verzichten, denn sowohl die offen ausgeschenkten Tropfen vom Weingut Hollerith, als auch die mit Mineralwasser „gespritzten“ Erfrischungsgetränke („Don’t bash the Pälzer Rieslingschorle!“) sind zu erschwinglichen Preisen gelistet.
Ebenfalls erfreulich: der moderate Mineralwasserpreis. Für freundlich kalkulierte 3,90 Euro perlte das sprudelnde „Nobel-Nass“ der Marke „Bellaris“ aus der Dreiviertelliterflasche ins Glas unseres Fahrers, dem in Sachen Alkoholverzicht keiner was vormacht. Ich ließ es ganz entspannt mit einem Schoppen Radler angehen, Kollege Nr. 3 mochte es eher reinsortig und bestellte ein Lord-Pils der gleichen Füllmenge.
Die Wahl unserer Speisen war schnell erledigt. Die Überschrift nahm es ja bereits vorweg. Zusammen mit dem Fleischwebel der Reserve vom II. Carnivorengeschwader Schweinfurt ging es zum Außeneinsatz an den Thermaischen Golf, genauer gesagt an die mit dem wohlklingenden Namen „Saloniki“ versehene Grillplatte, die als „Empfehlung des Hauses“ in der Karte angepriesen war.
Für 38 Euro bot sie in jeweils zweifacher Menge: Puten- und Schweinesteaks, Lammkoteletts, Gyros, Schweinespieße sowie Bifteki. Zwei kleine Salate vorweg und zwei Beilagen nach Wahl gehörten zum nahezu Rundum-Pflanzlos-Paket noch dazu. Der Gyrosgeneral und Drehspießmajor gegenüber hatte sich für das kross gegrillte Schweinegehäckselte entschieden. Aber das war auch nicht anders zu erwarten. Auch er erhielt den obligatorischen Salat und eine Beilage nach Wahl dazu, was mit 13,20 Euro zu Buche schlug.
Der Salat überzeugte durch frische Zutaten. Gut, das Joghurt-Dressing schmeckte genauso wie es eigentlich bei jedem Standardgriechen schmeckt. „Verlässlich“ nennen es die einen, „langweilig“ die anderen. Naja, ab und an kann man sich das schon mal geben. Tut ja auch nicht wirklich weh. Den Krautsalat nahm mir mein Kollege ab. Die Köpfe wollten ja nicht umsonst gespalten worden sein. Beilagensalat vorweg
Die fleischerne Vorhut machte der Gyrosteller meines Gegenübers. DER Gyros
Oh ja, das sah nach ansprechender Ware aus, die man scheinbar genau zum rechten Zeitpunkt vom Spieß gesäbelt hatte. Seine dazu bestellten Pommes wurden ihm auf einem Extrateller gereicht. Sie waren von ansprechender Sortierung und knuspriger Textur. Breite Kartoffelstäbe (frittiert)
Stamatis Temelis und seine Servicejungs mussten zuerst ein wenig Platz schaffen, um die zischende Grilllandschaft in unsere Mitte bugsieren zu können. Salonikinachbau im Maßstab "Eins zu Fleisch"
Statistenrollen nahmen der Alibi-Blumenkohl, ein paar Schnitze Honigmelone sowie Grobgehacktes von der Zwiebel ein. Mit „Griechandaise“, der auf solch einer Platte nahezu unverzichtbaren Käsesauce (meist von Lukull…) wurde nicht gespart. Warum auch? Einmal Saloniki, hin und zurück!
Das Fleisch war durch die Bank weg auf den Punkt gegrillt. Selbst die kurzgegrillten Teile vom Schwein gerieten nicht zu trocken. Die Bifteki waren mir geschmacklich etwas zu intensiv (Salz, Oregano…), dafür beeindruckte der Spieß mit mürber Saftigkeit. Bif-Bif-Bifteki!
Und der Gyros war sowieso über sämtliche „Drehschwindel“ erhaben. Den bekommt man kaum besser hin, so die einhellige Meinung am Tisch. Saftig, kross, mit adäquater Würze und dabei nicht zu fettig. Den hatte der Mythos-Mann so richtig gut abgeliefert, Kompliment. Fleischlandschaft
Auch ohne ein Beweisfoto von der geputzten Platte hier vorzeigen zu können, müsst ihr mir bitte glauben, dass wir uns die Saloniki-Platte bis auf den letzten Gyrosfetzen einverleibten. Großes GG-Ehrenwort („ich wiederhole, mein Ehrenwort…“) sozusagen. Kroketten und Bratkartoffelchips mit Schafskäsehaube inklusive. Geht nicht? Gibt’s doch! Aber die beiden doppelten Ouzo zum Dessert waren diesmal Pflicht und Nachsorge zugleich. Pflicht-Digestif
Genau wie der zusätzliche Schoppen Bier, der die Zugkraft in der Speiseröhre während der Nahrungsaufnahme noch zu fördern vermochte.
Klar kann man so etwas nicht jede Woche wegspachteln. Es würde mich auch gar nicht reizen. Aber hin und wieder sollte man der Absicht, eine griechische Fleischplatte zu vernichten, auch mal nachgeben. In so kollegial freundschaftlicher Runde geht das nämlich ganz gut.
Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das... mehr lesen
4.0 stars -
"Wir hatten schon im Vorfeld die Absicht eine Platte zu vernichten!" marcO74Endlich mal wieder mit zwei netten Kollegen beim Griechen sitzen. Ein Ziel, dessen Umsetzung eine ganze Weile dauerte, da die Umstände der letzten Wochen und Monate so waren wie sie nun mal waren. Egal, der Präsident unseres dezimierten Wörther Schlemmerclubs – zwei Kollegen müssen derzeit aus gesundheitlichen Gründen passen – rief frisch geimpft zur ersten außerordentlichen Sitzung des Jahres. Diese sollte nach seiner Ansicht in Maikammer stattfinden.
Die hinlänglich bekannten Genusstempel wie die Dorfchronik, das Gasthaus Zum Winzer oder das
Geschrieben am 10.07.2021 2021-07-10| Aktualisiert am
10.07.2021
Besucht am 11.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute mich auf einen kulinarisch abwechslungsreichen Abend mit der angehenden Hebamme, die ein gutes Essen mindestens genauso sehr zu schätzen weiß wie ihr diesbezüglich recht aufgeschlossener Onkel.
Knapp eine Woche nach der Wiedereröffnung der Innengastronomie Anfang Juni wurde flugs via Facebook ein Tisch für Zwei reserviert. Meine Nichte kannte bisher nur den Landauer Ableger der Koza-Gang (wie sich die Betreiber selbst auf diversen sozialen Plattformen gerne nennen) und war entsprechend gespannt, was da im pfälzischen Konsumforscher-Eldorado Haßloch auf sie zukommen würde.
Mit den Impfpässen in der Tasche ging es hinein in das putzige Backsteinhäuschen, wo uns schon am Eingang eine ganze Horde winkender Maneki-nekos begrüßte. Außenansicht
Die goldenen Winkekatzen sollen ja bekanntlich Wohlstand und Reichtum anziehen. Heben sie dann auch noch wie hier die linke Pfote, rufen sie Kundschaft bzw. Gäste herbei. Kein Wunder, dass an die 50 Exemplare dieses japanischen Glücksbringers direkt nach der Eingangstür auf Besucher warteten.
Der Empfang fiel freundlich konfus aus. Irgendwie schienen wir unter falschem Namen im Reservierbuch eingetragen worden zu sein. Egal, die angegebene Uhrzeit stimmte mit der erschienenen Personenanzahl überein – immerhin. Den Platz direkt nach der Eingangstür lehnte ich dennoch dankend ab.
Man führte uns in den kleineren, von einem Durchgang abgetrennten Gastraum weiter hinten, der lediglich vier Tische beherbergte. Ausgerechnet an dem Tisch, den man uns zugedacht hatte, waren die Lichtverhältnisse derart bescheiden, dass ich uns einen besser beleuchteten erbat. Meine Absicht, ein paar brauchbare Fotos für einen neuen Koza-Report zu schießen, legte ich dabei offen. Die Ankündigung meines Bestrebens sollte später noch ein paar überraschende Folgen haben.
Die Speisenkarte ließ sich mittels QR-Code auf dem Smartphone nachlesen. Gut, dass die junge Dame am Tisch dies postwendend übernahm. Am Nachbartisch wurden später sogar „echte“ Nachschlagewerke in Form der hier üblichen Klemmbretter verteilt. Es muss ja nicht nur digital sein.
Während meine Nichte die seit meiner letzten Einkehr (mit Frau und Mutter) kaum veränderte Sushi-Sashimi-Streetfood-Auswahl durchstöberte, hatte ich genug Zeit, um das komplett renovierte Innere der liebenswerten Maki-Höhle zu bestaunen. Früher gefiel mir die nüchterne Einrichtung, die ganz zeitgemäß zwischen angesagter Industrieästhetik und ländlicher Rustikalität oszillierte. Ganz so grau wie damals ging es jedenfalls nicht mehr zu. Allein das farbenfrohe Wandgemälde zu meiner Linken brachte Leben in die Bude.
Auch das Mobiliar hatte sich „nachsitzlich“ zum Positiven verändert. Die alten Holzstühle wurden durch einfache, aber wesentlich bequemere Sitzgelegenheiten ersetzt. Helle Holzplatten zierten die Bistrotische, an denen jeweils vier Personen Platz nehmen konnten. Für größere Gruppen ließen sich diese problemlos zusammenschieben. Alles sehr funktional, aber doch mit Charme und Flair. Ansicht vorderer Gastraum
Die hohe Decke hatte man mit üppiger Kunstflora abgehängt. Dies wirkte zusammen mit der wärmeren Beleuchtung doch um einiges gemütlicher als früher. Ein adäquater Rahmen für den kulinarischen Einklang von Ästhetik und Alltag. Ansicht hinterer Gastraum
Über unserem Tisch baumelte eine schmale Stableuchte von der Decke und sorgte für ausreichende Erhellung. Hinter der wertigen Wandbank, auf der es sich meine Begleiterin bequem gemacht hatte, wurde die Wand auf indirekte Art und Weise beleuchtet. Dies alles schaffte eine angenehme Atmosphäre, die zum allgemeinen Wohlbefinden beitrug. Wohlfühlatmo garantiert
Die anfängliche Konfusion am Empfang war längst vergessen, denn die jungen Damen vom Service agierten umsichtig und mit zugewandter Lockerheit. Zum Besteck- bzw. Stäbchenkörbchen, der obligatorischen Sojabuddel und dem Windlicht im Lampionformat gesellten bald zwei hausgemachte Drinks auf unserem Tisch dazu.
Mein Homemade Ice Tea (5,80 Euro) auf Kumquatbasis hatte ordentlich Zitrone und frische Minzblätter abbekommen, was die recht vordergründige Süße etwas auffrischte. Homemade Ice Tea
Bei dem primär aus Russian Wildberry und Mineralwasser bestehenden „Revive“ (6 Euro) meiner Nichte wurde nicht mit dunklen Beeren gespart. A drink to "Revive"
In der Summe waren das zwei fruchtige Durstlöscher, die keines Alkohols bedurften, aber meiner Ansicht nach ruhig etwas weniger süß hätten ausfallen dürfen. Italienisches Bergwasser namens „Aqua Morelli“ sprudelte für urbane 5,20 Euro aus der azurblauen Flasche.
Aus der reichhaltigen, online nachlesbaren (https://koza-restaurant.de/food-menu) Palette an Speisen panasiatischer Provenienz wählten wir die Edamame (5,40 Euro), die Dumplings („Steamz“, 7,90 Euro) sowie die mit Tempura-Garnelen, Reisnudeln und Salat gefüllt Sommerrollen („Diamond Rolls“, 6,40 Euro), ehe wir uns zum Hauptgang den legendären „Invader“ – eine überaus großzügig portionierte Sushi-Sashimi-Mix-Platte für zwei ambitionierte Rohfischvernichter – einverleiben wollten. Letzterer kostete übrigens genau wie vor drei Jahren seine 56 Euronen. Für das Gebotene ein durchaus realer Preis, der erfreulicherweise stabil blieb. In der heutigen Zeit und den gegebenen Umständen ist das ja keine Selbstverständlichkeit.
Unser Hunger würde nach den rund 50 (!) Preziosen aus Reis, Algen und rohem Fisch, die der „Invader“ bereithielt, sicher der Vergangenheit angehören, zumal ein paar Starters ja auch noch mit von der Partie waren.
Auf einer aus dem Nebelmeer ragenden Bambusinsel wurden die auf Wildkräutersalat gebetteten, zierlichen Reismehlteigtaschen mit locker-leichter Garnelenfüllung serviert. Ohne Frage: ein echter Hingucker. Misty Island Dim Sum Experience
Für Leute wie mich, die diese Art der effektvollen Inszenierung gar nicht bräuchten, um ein paar saftige Dim Sum zu genießen, aber auch irgendwie entbehrlich. Aber der Effekt hat ja schon so manches Mittel geheiligt.
Nun gut, auch die Edamame fanden zur gleichen Zeit den Weg auf unseren Tisch. Edamame = eiweißreiches vorab!
Die gedämpften japanischen Sojabohnen wurden standesgemäß mit ein wenig Meersalz und einem vollmundigen Soja-Schalotten-Dip gereicht. Der passte hervorragend zu dem eher geschmacksneutralen Trend Food aus Fernost. Bei der Menge hatte ich nicht die Bohne einer Ahnung, wie wir das alles schaffen sollten. Erwähnte ich eigentlich die japanischen Bohnen am Zweig?
Nun waren die Mädels vom Service – bitte nicht falsch verstehen – so richtig heiß gelaufen. Sie lieferten plötzlich Vorspeisen, die wir gar nicht bestellt hatten und die noch nicht einmal auf der Speisenkarte zu finden waren. Zur Aufklärung dieser überraschenden Aktion: der Rezensent und seine Begleitung „mussten“ quasi als Probanden herhalten und durften sich noch zusätzlich einen mit reichlich Trüffelwürze versehenen Spinatsalat sowie eine Bambusschale voll himmlisch krosser Hühnerfetzen „aufs Haus“ schmecken lassen. Himmlich krosse Hühnerfetzen!
Da wurde nach dem Verzehr mehrfach nach unserer Meinung gefragt, mit der wir selbstverständlich nicht hinterm Berg hielten.
Beide Zusatzgerichte waren extrem schmackige Vertreter ihrer Art. Beim Spinatsalat, der mit geröstetem Sesam und einer brutal würzigen Trüffelöl-Soja-Vinaigrette angemacht war, wurde hart an der noch zumutbaren Umami-Obergrenze operiert. Spinatsalat
Die erfreulich fettarmen Chicken-Nuggets wurden als knuspriges Fingerfood genossen. Noch mehr Laune bereitete uns das Tunken in den dazu gereichten Miso-Dip. Mit den Händen futtern kann so schön sein. Sollten die Knusperteile den Weg auf die Standard-Karte finden, sie wären willkommenes „Straßenfutter“ vorweg. Der Beweis: Streetfood schmeckt auch drinnen!
Apropos Streetfood für die Seele: da waren ja noch die mit frittierter Knuspergarnele gefüllten und mit süßlicher Unagi-Sauce verzierten Sommerrollen, die ebenfalls gefuttert werden wollten. Richtig frische Sache...äh Rollen!
Zufrieden tunkten wir diese saftig-frischen Rollzylinder in eine leichte Chili-Limetten-Vinaigrette. Frischer Koriander und gerösteter Sesam ergänzten die mit Salat, Reisnudeln und Tempuragarnelen gefüllte Köstlichkeit aus der Küche Vietnams stimmig. Shine on you crazy diamond roll!
Ehrlich gesagt, waren sie unser heimlicher Favorit dieses im Grunde viel zu umfangreichen „Startersets“, dessen ungeplante, jedoch sehr großzügige Erweiterung unseren Appetit schon vor der gigantischen Sushi-Platte ziemlich zügelte.
Egal, entschlossen wollten wir dem „Eindringling“ aus rohem Fisch, Nori und Reis die Stirn bieten. Meiner Bitte, sein Eintreffen zeitlich noch etwas hinauszuzögern, wurde gerne entsprochen. Der Vorspeisenreigen verlangte nach einer kleinen Verschnaufpause.
Als dann das unter reichlich Trockeneisnebel gesetzte „Bauwerk“ eintraf, staunte ich Reisklötze. Sushi-Platte "à la Bespin" (Stadt in den Wolken)
Ich fühlte mich kurzzeitig wie Han Solo, kurz bevor man ihn auf Bespin in tiefgefrorene Karbonit-Ware verwandelte. Auf einer hellen Holzplatte hatte man doch tatsächlich versucht, den Drei-Schluchten-Damm am Jangste im Maßstab „Eins zu Reis“ nachzubilden. Viel Rauch um Fisch!
Wakame, Wasabi-Knet und Gari fanden als natürliche Beigaben genauso ihr Plätzchen auf der großangelegten Holztafel wie diverse, - Buddha sei Dank! - nicht zu dick aufgetragene Saucenbahnen bzw. -klekse aus der Quetschflasche. Es handelte sich dabei um einen leichten Mango Curry Dip und die gleiche süßliche Unagi-Tunke wie vorher bei den Sommerrollen. Der re(is)inkarnierte Drei-Schluchten-Damm am Jangtse
Schade, dass man die gebackene, mit Thunfisch, Avocado und Frischkäse gefüllte Tempura Crunch-Roll etwas zu sehr mit Guacamole und Salsa Roja zukleistert hatte. Hier wäre weniger sicher mehr gewesen. Crunchy Roll mit etwas zu viel Sauce
Weitere Nebendarsteller waren Röstzwiebeln, Daikon-Kresse und schwarzer Tobiko (Fischrogen). Ein Schnitz Limette hatte es sich zwischen Thunfisch-Sashimi und einer penibel aufgeschichteten Maki-Mauer bequem gemacht.
Die vier mit rohem Lachs und Thunfisch zubereiteten Nigiri grüßten als köstliche Vorboten in Sachen Reisveredelung, indem sie mit herrlich sanfter Rohfischhaube punkteten. Lachs-Nigiri
Neben den vegetarischen, mit Gurke gefüllten Nori-Reis-Rollen, waren es die mit kross frittierter Lachshaut bestückten Maki, die in ihrer akkurat gerollten Einfachheit überzeugten. In ihrer kargen Finesse stellten sie einen gelungenen Kontrapunkt zu der etwas zu opulent erscheinenden Crunchy Roll dar. Jemand hatte scheinbar doch die Absicht eine Mauer zu errichten...
Die acht Inside-Outs nannten sich „Alaska Roll“ und waren mit schottischem Lachs und Avocado gefüllt. Tobiko on Top ergänzte das fehlende Ying zum Yang. Alaska-Roll mit Tobiko on Top
Beim Lachs-Sashimi nahm mir das überpräsente Trüffelöl etwas zu viel Geschmacksraum ein, aber das war in Anbetracht dieser handwerklich wie qualitativ beeindruckenden Kaltfischerfahrung ein verschmerzbarer Wermutstropfen. Zumal der rohe Thunfisch förmlich auf der Zunge schmolz. Traumhaftes Thunfisch-Sashimi
Wir klemmten uns genüsslich die als „Chef’s Surprise“ angekündigte, von rohem Thunfisch überzogene Reiskost zwischen unsere Ess-Stengelchen und hatten damit unseren Inside-Out-Favoriten auf der Platte schnell ausgemacht. Da hatte der approbierte Sushi-Meister auf kreative Weise saftigen Lachs, cremig-weiche Avocado und knusprige Tempura-Garnele mit Hilfe seiner Bambusmatte zusammengerollt. Es ist halt doch der Reis, der stets vereint! Die hübsch gerollte Überraschung des Sushi-Meisters
Geschafft haben wir dieses äußerst sättigende und auch optisch sehr gelungene Konstrukt aus rohem Fisch und klebrig-säuerlichen Reis natürlich nicht. Aber meine Nicht freute sich – ganz pandemiegewohnt – auf ihr sorgsam verpacktes Sushi-To-Go am nächsten Tag.
Die Geste der sympathischen Mädels vom Service auf dem Abschlussfoto konnte ich nicht so recht deuten, denn die Rechnung hatte ich zu diesem Zeitpunkt vollends beglichen. Zwei Mädels vom Service
Egal, es war ein rundum gelungener Abend in Haßloch, der uns effektvoll in Szene gesetzte Kost aus Fernost auf äußerst sympathische Weise bescherte. Über kleinere Üppigkeiten von der Saucenkelle sahen wir locker hinweg. Das „Ur-Koza“ hat beim Interieur hinzugewonnen ohne an seinen schon damals raffinierten Sushikreationen nachzulassen. Und das alles zu Preisen, die uns klarmachten, dass nach Corona auch vor Corona bedeuten kann.
Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute... mehr lesen
4.5 stars -
"Es dampft, es raucht - und ja: hier schmeckt es auch!" marcO74Über drei Jahre ist es schon her, dass ich zum letzten Mal im Haßlocher Sushi-Hotspot Koza zu Gast war. Genauer gesagt im „Ur-Koza“, dem lebhaften, im August 2017 eröffneten Stammhaus des mittlerweile auch in Landau und Speyer ansässigen Panasiaten, der nach wie vor mit rauchenden Rohfischgebilden bei seinem überwiegend jüngeren Publikum für staunende Blicke sorgt.
Der Geburtstag meiner Lieblingsnichte war zwar schon eine Weile her, aber ich hatte die damals ausgesprochene Einladung zum Abendessen nicht vergessen. Ganz im Gegenteil, ich freute
Besucht am 10.06.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 121 EUR
Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder freigelegt und in der Folgezeit mächtig erodiert wurden, finden sich auch jenseits der Grenze zum Elsass wieder. Das dortige Mittelgebirge wird – obwohl geomorphologisch von der gleichen Formation – Nordvogesen („Vosges du Nord“) genannt und ist ebenfalls die Heimat pittoresker Sandsteintürme und stattlicher Massive.
Während die meisten Türme dort tabu sind (Umweltschutz, Privatwald, etc…) darf an den Massiven nach Herzenslust geklettert werden. Der Unterschied zur Pfalz: es stecken wesentlich mehr Bohrhaken in den Routen. Ein Umstand, der sie im Vorstieg etwas weniger gefährlich erscheinen lässt. Warum erzähle ich das?
Nun, an jenem Donnerstag war ich vor der abendlichen Spontaneinkehr im MarCook zusammen mit meinem Kletterpartner im elsässischen Obersteinbach unterwegs und zog mir am dortigen Wachtfels ordentlich die Finger lang. Die Idee, am Abend noch auf einen Happen irgendwo aufzuschlagen kam uns nach getaner „Arbeit“ quasi aus dem Bauch heraus. Natürlich lag es da nahe, einfach auf dem Rückweg halt zu machen.
Das „Cheval Blanc“ im benachbarten Niedersteinbach hatte donnerstags geschlossen. Das direkt unterhalb unseres Kletterfelsens befindliche Restaurant „Au Wachtfels“ machte nicht den Anschein, dass es Corona überstanden hatte. Vielleicht war man aber auch einfach „en vacances“. In das ebenfalls im idyllischen Örtchen Obersteinbach gelegene Hotel-Restaurant „Anthon“ trauten wir uns mit den Kletterklamotten nicht hinein. Dafür war der Laden einfach zu edel. Und ins abgeschiedene Wengelsbach (Restaurant „Au Wasigenstein“) wollten wir nun auch nicht mehr tuckern.
Also musste der Elsassinator in mir klein beigeben und das gemeinsame kulinarische Vorhaben kurzerhand in Richtung Pfälzerwald verschieben. Doch gerade dort sind die guten Adressen: a) rar gesät und b) liegen sie ziemlich weit verstreut. Und einen weiten Umweg wollten wir aufgrund von Hunger und vorangeschrittener Uhrzeit partout nicht machen.
Da kam mir in den Sinn, dass ich das zwischen Rumbach und Bundenthal befindliche Restaurant MarCook am etwas höher gelegenen Flugplatz Söller (für Motorsegler und Motorflugzeuge) zwar von diversen Berichten meines hier schon häufiger einkehrenden Kollegen kannte, aber selbst noch nie dort zu Tische saß. Also wurde kurzerhand des Volkes Wagen in den SUV-Modus geschaltet und die mit Schlaglöchern und anderen Unwägbarkeiten „gepflasterte“ Piste von Bundenthal aus zum höher gelegenen Sportflugplatz hoch getuckert.
Gerade zu dem Zeitpunkt, als mich der Gedanke beschlich, dass ich mich endgültig verfahren hätte bzw. nun wirklich keine Einkehradresse (geschweige denn ein Fluggelände…) hier zu erwarten sei, tat sich der Wald auf und eine großflächige Hochebene kam zum Vorschein. Das komplett mit dunklem Holz verkleidete ehemalige Clubhaus des Flugsportvereins Bundenthal-Rumbach e.V., in dem sich das vom Ehepaar Burkhart seit 2015 betriebene MarCook befindet, wurde mit einer gewissen Erleichterung angesteuert. Der Holzbungalow des MarCook
Wer sich bis hierhin „durchgekämpft“ hat, denn erwartet schon beim Zuschlagen der Wagentür das Geheimnis dieses Ortes: Entschleunigung pur! Um diesen paradiesischen Zustand auf dem Söller wissen scheinbar nicht nur Einheimische. Wir waren zugegeben etwas verwundert, über die Anzahl der neben dem heimeligen Holzbungalow geparkten Autos und vor allem über deren Kennzeichen.
Die Veranda mit Blick auf die Start- und Landebahn (eher eine Grasbahn…) zählte gerade mal sieben Tische, die zum Großteil belegt waren. Ein kurzer Plausch mit der Gastgeberin und Servicechefin, Frau Burkhart, machte uns die begrenzte Platzsituation deutlich und verlangte nach doppelter Charmeoffensive unsererseits („…kommen gerade vom Klettern…“ / „…sind total ausgehungert…“ / „…hätten nie gedacht, dass hier donnerstags so viel los ist…“ / „…hatten vorhin kurz angerufen, ging aber niemand ran…“ / „…vielleicht ist ja doch noch was frei?...“ etc.).
Tatsächlich war kurz vor unserer Ankunft gerade ein Tisch frei geworden. Ein glücklicher Umstand, dem wir es wohl primär zu verdanken hatten, dass uns Frau Burkhart nach kurzer Wartezeit – sie musste erst noch für pandemiekonforme Desinfektionsverhältnisse am Tisch sorgen – Platz nehmen ließ. Merke: ohne vorherige Reservierung sollte man sich den holprigen Anreiseweg hoch zum Söller sparen.
Der Gang zu den Nassräumen war dann auch unsere erste Amtshandlung, schließlich galt es den Dreck von den Kletterpranken zu spülen, um wenigstens einen halbwegs manierlichen Eindruck am Tisch zu hinterlassen. Dabei durchquerte ich den von Flugzeugmodellen und Fliegerfotos dekorierten Gastraum, der mit einem alten Kachelofen und jeder Menge Naturholz (Mobiliar, Decke, Balken, etc.) auf sich aufmerksam machte. Alles wirkte sehr sauber und gepflegt. Der ehemaligen Nutzung des Gebäudes als Vereinsheim für Sportflieger trug man auf sympathische Weise Rechnung. Ansicht Gastraum Ansicht Gastraum (andere Seite)
Drinnen saß zu diesem Zeitpunkt niemand. Wenn die Terrasse geöffnet ist, bleibt es im Inneren leer, so die lapidare Erklärung der Hausherrin. Man könne als „Zwei-Mann-Team“ einfach nicht mehr Leute zufriedenstellend bewirten bzw. bekochen. Weniger schien hier also mehr zu sein – eine absolut löbliche Einstellung.
Da saßen wir nun auf der überdachten Außenterrasse und studierten das Speisenangebot, das uns bereits bei der Ankunft das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Auf einer an der Außenfassade angebrachten Schiefertafel wurden gegrillter Oktopus, Pluma vom Iberico-Schwein, frischer Meeresfrüchtesalat und Thunfischsteak mit schwarzem Sesam auf Rindercarpaccio als Empfehlungen genannt. Eine für Pfälzerwaldverhältnisse doch recht exotische Auswahl, welche aber die maritim-mediterrane Ausrichtung des MarCook gut auf den Punkt brachte. Verlockende Tagesempfehlungen
Im Standardprogramm hatte man noch eine Handvoll Vorspeisen (griechischer Salat, gratinierter Ziegen- bzw. Schafskäse, Antipastiteller und Thunfischtatar) sowie ein knappes Dutzend an Hauptgerichten gelistet. Mehr war nicht und mehr musste auch nicht. Allein die Fischabteilung versprach Delikates vom Grill. Sepia, Lachs in Buchenholzhülle, Filets vom jungen Schwertfisch, Oktopus und Thunfisch wurden mit Salat und Baguette bzw. mit gegrilltem Gemüsespieß und Rosmarinkartoffeln offeriert.
Beim Fleisch wurde ebenfalls eher geklotzt als gekleckert. 300 Gramm Ribeye, Koteletts oder Filet vom Iberico-Schwein, Karree vom Weidelamm und eine stattliche Iberico-Platte für zwei Personen waren auf der laminierten Leckerseite nachzulesen. Schon da keimte in mir der Gedanke, dass dieses Entschleunigungsidyll auf der Söller-Hochebene wohl eher „MarGrill“ hätte lauten müssen.
Denn der gelernte Fensterbauer und Küchenchef Markus Burkhart ist ein Griller unterm Herrn. Kein saarländischer Möchtegernschwenker, sondern ein waschechter Holzkohleröster der alten Schule. Meister Burkharts "Werkbank"
Einem, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass er gutes Essen zu schätzen weiß und dem man die Zubereitung eines solchen sofort zutraut.
Dass er zusammen mit seiner Frau vor rund 6 Jahren sein Hobby zum Beruf machte, war sicherlich eine mutige Entscheidung. Doch der Erfolg scheint den beiden Spätberufenen ja Recht zu geben. Werbung brauchen sie nicht, wie mir Frau Burkhart versicherte. Und Social Media nur rudimentär. Warum auch, wenn die gute Mundpropaganda schon genug Gäste ins Pfälzer Outback lockt.
Für den Durst waren schnell zwei Radler (0,4l für 4 Euro) bestellt. Das mit Fassbier der Pirmasenser Parkbrauerei gemischte Erfrischungsgetränk war schnell geliefert und noch schneller geleert. Die nächsten beiden Radler wurden dann etwas entschleunigter (der Ort zeigte langsam Wirkung!) zum Essen genossen.
Gerne hätte ich mit meinem Kletterkollegen den ein oder anderen Pfälzer Wonnetropfen von der ansprechenden Flaschenweinkarte geordert, doch die bevorstehende Rückfahrt in die Südpfalz wusste dies vernünftigerweise zu verhindern. Schade, denn die mit um die 30 Euro kalkulierten Weine kamen von renommierten Weingütern.
Bei Namen wie Knipser (Laumersheim), Grimm (Schweigen), Stiftweingut Meyer (Gleiszellen) und Gies-Düppel (Birkweiler) kann man schon mal schwach werden. Zumal der 2019er Chardonnay Reserve (35,80 Euro) von Andreas Grimm und der rote 2014er Portugieser „S“ (34,50 Euro) von Frank Meyer preislich in Richtung Schnäppchen tendierten.
Mein Kollege wählte vorab den reich bestückten Antipastiteller (14,90 Euro), um sich danach das volle Thunfischbrett zu geben. Selbstverständlich wollte er sein Steak vom Yellow Fin auf Rindercarpaccio gebettet serviert bekommen. Die 36,50 Euro waren dafür sicherlich kein Pappenstiel, aber als wir die Portionsgrößen am Nachbartisch bemerkten, wussten wir, warum für die kurzgegrillten Edeltranchen vom Tuna so viel hingeblättert werden musste. Immer vorausgesetzt natürlich: die Qualität würde stimmen!
Um die erste Silbe des Restaurantnamens auf kulinarische Legitimität zu überprüfen, sollten es bei mir der frische Meeresfrüchtesalat (17,90 Euro) als Vorspeise und ebenfalls das auf dünnem Rinderteppich platzierte Thunfischsteak im Sesammantel sein. Als Beilagen waren ein paar Scheiben Baguette und eine Salatschüssel zum Teilen vorgesehen. Die Rosmarinkartoffeln hätte ich fast noch drangehängt, so verführerisch schauten sie aus der Tonschale vom Nachbartisch herüber.
Frau Burkhart konnte wohl unsere leergekletterten Mägen erahnen und so verging viel weniger Zeit als befürchtet, ehe die beiden Vorspeisen bei uns vorstellig wurden. Bei meinem Meeresfrüchtesalat lasse ich einfach mal drei Bilder sprechen. DER Meeresfrüchtesalat
Perfekt im Biss, puristisch in der Anrichtung und sowas von frisch auf der Zunge, dass mir das leichte Rauschen der Blätter des Waldes wie mediterranes Meereswogen vorkam. Söller del Mar! Was so viel bedeutete wie ein fantastischer maritimer Teller auf der Hochebene zwischen Rumbach und Bundenthal.
Allein der Pulpo hatte eine derart zarte Konsistenz, dass man die Grillkompetenz von Meister Burkhart gar nicht hoch genug loben konnte. Aber auch Sepia und Garnelen waren von hervorragender Qualität. Zusammen mit der leichten Zitronenfrische, der aromatischen Pfütze Olivenöl, der salzig-süßlichen Würze des Algensalats und dem essigsauren Beilagensalat aus der Schüssel war das ein sommerlicher Hochgenuss wie ich ihn inmitten des Pfälzerwaldes wohl am allerwenigsten vermutet hätte. Frisches Blattgrün
Ich war sprachlos. Und das bin ich wahrlich nicht so oft.
Auch mein Kollege geizte nicht mit Lob über sein aus gegrilltem Gemüse (Zucchini, Paprika, Champignons, Spinat), Büffelmozzarella, Schafskäse, Tomaten, Oliven, grünen Peperoni, roten Zwiebelringen und Pflücksalat bestehendes Entrée, das allen Frischekriterien standhielt und auch geschmacklich einiges zu bieten hatte. Der Antipastiteller Nochmal der Antipastiteller
Besonders das Gemüse vom Holzkohlegrill machte mächtig Eindruck am Gaumen. Auf beiden Vorspeisentellern war also richtig was los. Wir waren gespannt, ob der Raubfisch aus dem Westpazifik dieses erstaunlich hohe Niveau der Vorweggerichte noch würde toppen können.
Er konnte. Und wie er konnte. Denn die ultimative Genussformel für diesen Fischgang war denkbar einfach: Qualitativ beste Ware (die „Deutsche See“ ließ grüßen) hatte ein denkbar kurzes Rendezvous mit dem Holzkohlengrill. Zusammen mit der Sesampanade und den hauchdünn geschnittenen Scheiben vom Rind konnte es das 300 Gramm schwere Thunfischfilet mit jedem maximal hedonistischen Surf & Turf aufnehmen. Auch der zugegeben etwas hohe Preis schien in Anbetracht des Resultates auf dem Teller mehr als gerechtfertigt. Der Tuna bietet zum Tataki!
Da wusste einer, wie man den Center Cut dieses edlen Flossentieres richtig zubereitet. Nämlich als wunderbares Tataki, das auf der Zunge zerging. Außen leichte Röstaromen und innen pures, rotes Rohfisch-Vergnügen. Mit den Worten meiner spanischen Lieblingsrockband Héroes del Silencio kurz und knapp ausgedrückt: „Mar adentro!“ Ein Anschnitt sagt mehr als 1000 Worte...
Im Westen verschwand so langsam die Abendsonne hinter den bewaldeten Kuppen des Wasgaus. Die Zeit schien still zu stehen. Sunset im Pälzer Outback
Noch ewig hätten wir es auf der behaglichen Veranda des MarCook ausgehalten. Abendstimmung auf dem Söller
Aber der Rückweg saß uns genauso hartnäckig im Nacken wie der Arbeitstag am nächsten Morgen. Apropos Rückweg, den haben wir über eine wesentlich bequemere Straße in Angriff genommen. Denn über Nothweiler – so riet uns die Chefin – ließe sich der Söller viel bequemer ansteuern als über Bundenthal.
Kann ich dieses kulinarische Kleinod im Pfälzer Outback vorbehaltlos empfehlen? Nein, ich muss es sogar. Grill-Gourmets werden hier genauso glücklich, wie naturverliebte Weinschmecker, die einfach mal für ein paar Stunden den Stecker ziehen wollen. Bei den Burkharts auf dem Söller gehört Entschleunigung zum Programm. Frischer, perfekt gegrillter Fisch und Meeresfrüchte hat man aber auch im Repertoire. Das nächste Mal dann aber vielleicht das Ribeye…oder das Lammkarree…oder die Iberico-Platte…oder alles!
Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder... mehr lesen
MarCook - Das Restaurant am Söller
MarCook - Das Restaurant am Söller€-€€€Restaurant06394 9215757Flugplatz 1, 76891 Bundenthal
5.0 stars -
"„Mar adentro!“ – Maritime Überraschung im Pfälzer Outback!" marcO74Mein Verhältnis zum heimischen Pfälzerwald ist seit fast 30 Jahren ein ganz besonderes. Nicht nur dass ich sein weitläufiges Wanderwegenetz, seine historischen Ruinen und seine zünftige Hüttenkulinarik seit jeher zu schätzen weiß; es sind vor allem die 10 bis 50 m hohen Sandsteinfelsen, deren Besteigung mir seit vielen Jahren die liebste Nebensache der Welt bedeuten.
Die gleichen Buntsandsteinschichten, die vor rund 250 Mio. Jahren unter Wüstenbedingungen hier abgelagert wurden und ca. 200 Mio. Jahre später beim Einbruch des Oberrheingrabens wieder
Geschrieben am 22.06.2021 2021-06-22| Aktualisiert am
23.06.2021
Besucht am 06.06.2021Besuchszeit: Mittagessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 101 EUR
Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben, sonst bleiben sie fromme, später dann durchgestrichene Wünsche auf einer immer länger werdenden „To-Eat-Liste“. Dass wir nun ausgerechnet beim panasiatischen Nachfolger von Tanja Finck-Penkwitts ehemaliger „grüner Kuh“ aufschlugen, erstaunte mich dann schon ein wenig. Aber mein Herr Papa hatte so entschieden und gegen eine spontane Einladung seinerseits war ja auch nichts einzuwenden.
Seit März 2019 ist das von der Vietnamesin Thi Thanh Nguyen geführte panasiatische Restaurant in der Weststadt ansässig. Ein Blick auf die mit ansprechenden Bildern gestaltete Homepage gab Aufschluss über die kulinarische Ausrichtung. „Vietnam meets Japan“ oder „Pho vs. Sushi“ könnte man den mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Stilmix dieser beiden trendigen Länderküchen des Fernen Ostens etwas plakativ zusammenfassen.
Da unser letzter Kontakt mit „Fernkost“ noch aus dem Spätsommer des letzten Jahres datierte – Freunde ausufernder Gastrorezensionen mögen sich vielleicht noch an den Bericht einer wahrlich skurrilen Einkehr beim Saarbrücker Vorzeigeasiaten „Indochine“ erinnern –, und wir uns in der gelockdownten Zwischenzeit lediglich mit dem ein oder anderen Sushi-To-Go aus dem Hubertushof (Ilbesheim) über Wasser hielten, war die Lust auf Stäbchenfutter entsprechend groß.
Schon von außen machte das Lokal einen sehr aufgeräumten Eindruck. Die feuchte Witterung ließ uns vom ursprünglichen Plan, auf der unter Sonnenschirmen versteckten Außenterrasse Platz zu nehmen, abrücken. Statt "Grüner Kuh" nun "Mama Thanh"
Im Inneren war jedoch zu dieser Zeit lediglich ein Tisch belegt, so dass auch hier die Abstände problemlos gewahrt werden konnten. Zumal wir in dem geschmackvoll eingerichteten Lokal den etwas erhöht liegenden, über eine kleine Treppe zugänglichen Gastraum im hinteren Bereich komplett für uns alleine hatten.
Mein Vater ist dort kein Unbekannter, hat er doch während des Lockdowns das ein oder andere Mal von der Take-Away-Option Gebrauch gemacht und lobte die schmackhaft zubereiteten Gerichte aus dem Wok. Nach herzlicher Begrüßung durch das Servicepersonal gingen wir zügig dazu über, das umfangreiche Speisenangebot zu studieren.
Die Registrierung erfolgte problemlos über einen QR-Code, der in einlaminiertem DIN-A4-Format auf unserem Tisch lag. Dass es sich bei diesem Restaurant nicht um einen x-beliebigen 08/15-Wok-Imbiss handelte, machte schon die Einrichtung deutlich. In den gepflegten Laminatboden, die zeitgemäße Beleuchtung und das wertige Holzmobiliar wurde anscheinend ordentlich investiert. Auch die bequemen Polsterstühle machten keinen minderwertigen Eindruck. Innenansicht Hinterer bzw. oberer Gastraum
Im Nebenraum befand sich übrigens die Sushi-Theke. Dort musste man zwangläufig vorbei, wenn man mal musste. Von diesem hintersten Gastraum konnte man durch eine Glastür die Außenterrasse schnell erreichen. Sushi-Theke zur Linken
Kurze Wege, die bei entsprechender Auslastung des Lokals im Sommer die Arbeit erleichtern. So weit so durchdacht.
Beim Durchblättern der Speisenkarte fiel mir gleich auf der ersten Seite die nette Gastro-Geschichte der Mama Thanh ins Auge. Auf ein freundliches „Xin Chao“ folgte ein kurzer Abriss zur kulinarischen Ausrichtung des Ladens. Dabei wurde neben der Leidenschaft für die südvietnamesische Küche vor allem die Familie als zentrales Element des gastronomischen Handelns hervorgehoben.
Der Frau des ewigen, britischen Thronfolgers Prinz Charles wäre bei der ersten Seite sicher ganz warm ums Herz geworden. Auch ohne „Parker“ hatte man das hawaiianische Nationalgericht „Poke“ in Form zahlreicher „Bowl(e)s“ im Angebot. Die Basis dazu bildete Sushi-Reis und ein Salat-Mix. Toppings (Edamame, Quinoa, Couscous, Avocado, etc.), Proteinspritzen (Chicken, Tofu, Tuna & Co.) sowie Saucen (Mango, Wasabi, Sesam) konnte man nach Lust und Laune kombinieren. Der kulinarische Bezug zu Vietnam erschloss sich mir hingegen nicht.
Egal, die Wellness-Schüsseln aus dem pazifischen Raum wurden locker überblättert. Der Fokus lag heute nicht auf Genesungsfutter, sondern sollte deutlich ungesündere Bahnen einschlagen. Mich gelüstete es nach handfestem Fleischwerk – gerne auch gegrillt – und siehe da: ich wurde fündig.
Was sich Mama Thanh am liebsten einverleibt, konnte mir nur recht sein. Aus einem guten halben Dutzend in der Karte unter der Rubrik „Lieblingsessen“ firmierenden Gerichten – darunter auch die Nudelsuppenbenchmark aus Vietnam in zwei Varianten (Pho Bò und Pho Gà) – wählte ich zielsicher den gemischten Grillteller (16,80 Euro), der mit Hähnchenkeule, Fleischbällchen und Spareribs auch jeder gutbürgerlichen Schnitzelbude gut zu Gericht gestanden hätte.
Das äußerst üppig ausgestaltete, aus über 50 verschiedenen Maki-, Nigiri-, Crunchy-, Inside-Out-, Tempura-, Veggie- und Sashimi-Versionen bestehende Rohfischrepertoire spielte an diesem Sonntagmittag für uns – Achtung Kalauer! – keine Rolle. Vorweg sollte es die Starter-Platte für 2 Personen (15 Euro) sein. Sie lieferte mit lackierten Hähnchenspießen, Frühlings-, Gemüse- und Sommerrollen sowie zwei kross frittierten Garnelenschwänzen einen guten Querschnitt durchs überwiegend knusprige Fingerfoodprogramm von Mama Thanh. Ein wenig Fingerfood vorweg
Meine Frau entschied sich derweil für die Pho Bò (12,50 Euro), während auf Seiten meines Vaters (und dessen Frau) zweimal das vietnamesische Hähnchencurry namens „Cari Ga“ (13,50 Euro) gewählt wurde. Bei Letzterem sollten Karotten, Kartoffeln und Reisnudeln das in Kokosmilch ertränkte Hähnchenfleisch begleiten. Für ausreichend Sättigung schien also gesorgt zu sein.
Bei den Getränken regierte auf der einen Seite des Tisches Badische Braukunst. Wenn man schon einmal in den Genuss der wirklich erstklassigen Hopfenerzeugnisse der im Herzen der Ortenau ansässigen Familienbrauerei Bauhöfer kommen konnte, dann bitte auch gleich schoppenweise. Darauf ein Ulmer Helles!
Nach angenehmer Wartezeit stand ein frisch gezapftes Ulmer Helles im nostalgischen 0,5er-Steinkrug vor mir. Mein Vater hatte sich hingegen für das Ulmer Pilsener in der Halbliterklasse (beide jeweils 3,90 Euro) entschieden, was definitiv kein Fehler war.
Die Damen labten sich unterdessen ganz asketisch an frisch aufgebrühtem Ingwertee (3,50 Euro) und einer Flasche Peterstaler Classic (0,75l für 4,80 Euro). Andere Menschen – andere Durstlöscher!
Was mich sehr positiv überraschte, war die Tatsache, dass man hier auch eine nette Auswahl an Weinen im offenen Ausschank bereithielt. Und diese von durchaus akzeptabler Herkunft. Mit Ellermann-Spiegel (Kleinfischlingen) und Oliver Zeter (Neustadt) war sogar die Pfalz am Start. Noch interessanter klang indes das Flaschenweinangebot. Riesling von Bassermann-Jordan und Grauburgunder von Meßmer findet man sich sicherlich nicht bei jedem Panasiaten im Portfolio.
Zumal die Preise äußerst „linksrheinisch“ kalkuliert schienen. Die 30 Euro für die Cuvée Z von Oliver Zeter waren geradezu ein Schnäppchen. Und auch der „Win-Win-Riesling“ vom Weingut von Winning ließ sich mit fair vorgetragenen 26 Euro als gleichnamige Situation aus.
Die emsig agierende Bedienung brachte zeitnah unsere Vorspeisenplatte, die als Fingerfutter zum Teilen animierte. Die kurz nach dem Frittieren noch mit Teriyaki-Sauce bepinselten Hähnchenspieße gerieten saftig-süßlich und keinesfalls zu trocken. Die ebenfalls der Fritteuse entstiegenen Gemüse- bzw. Frühlingsrollen entsprachen handelsüblichem, wenig originellem TK-Standard. Das "Hanoier Allerlei"
Daneben bildeten die beiden Nems (= Reispapierrollen) zusammen mit den Garnelenschwänzen im Knuspermantel die crunchigen Höhepunkte dieses „Hanoier Allerleis“. Ein dreifaches „Ho-Ho-Ho-Chi-Minh“ verdienten sich die frisch gerollten, nach Koriander duftenden, mit Garnelen, Salat und Reisnudeln gefüllten Sommerrollen. In die schmackhafte Hoisin-Sauce gedippt, waren sie ein erster, ernst gemeinter Frischeakzent aus Südostasien.
Auch das mit pikantem Wasabi-Dressing angemachte Salathäufchen konnte sich schmecken lassen. Ein insgesamt ordentlicher Appetitanheizer mit ausgeprägtem Convenience-Anteil, hohem Knuspergehalt und dipfreundlicher Süffigkeit. Nichts Weltbewegendes, aber durchweg guter Standard.
Zwischen Vor- und Hauptspeise verging die Zeit recht schnell, ohne dass wir uns jedoch gehetzt fühlten. Mittlerweile duftete es neben mir aromatisch nach Zitronengras, Galgant und Kaffirlimette. Das Hähnchencurry
Kein Wunder, stand doch da schon das mit üppigem Kartoffel- und Karottenbesatz aufs Porzellan gehievte Hähnchencurry vor meinem Senior und wollte von ihm verspachtelt werden. Curry im Detail
Die mit Rindfleisch, Frühlingszwiebeln, Sojasprossen und frischen Kräutern kredenzte Reisnudelsuppe („Pho Bò“) war eine bemerkenswerte Portion. What the Pho???
Ein feiner Zimthauch wehte zu mir herüber, aber das soll ja auch so. Ich fragte mich derweil, ob meine Frau dem köstlich anmutenden Inhalt dieser Riesenschüssel gewachsen sein würde. Eine Schüssel voll Glückseligkeit
Sie war es, wie sich nach einer bravourösen Löffelleistung herausstellen sollte. Mein Antrag auf Suppenhaft wurde infolgedessen mit einem kopfschüttelnden Lächeln niedergeschmettert.
Auch an meiner Ecke des Tisches hatte sich kulinarisch etwas getan. Der mit einer würzigen Frikadelle, einem knusprigen Schälrippchen sowie einem saftigen Hühnerfuß dekorierte Grillteller war bei seinem Adressaten angekommen. Um ein – wieder mit Wasabi-Dressing verfeinertes – Salatzentrum waren die „Drei Zahmen vom Grill“ drapiert. Die "Drei Zahmen vom Grill"
Eine leicht säuerlich schmeckende Dipsauce (Soja, Limette oder Ähnliches) und ein mit geröstetem Sesam bestreutes Häufchen Basmati-Reis komplettierten das Ensemble, das zwar gefällige Grillkost bot, aber ohne den Gaumen wirklich in gustatorische Bedrängnis zu bringen. Dazu fehlte es schlichtweg an Wumms, den eine gewiefte Marinade oder ein raffiniertes Topping durchaus hätte beisteuern können. Vietnam-Bulette Der lackierte Hähnchenfuß (vorne) Teriyaki-Rib
Keine Frage, das war handwerklich im grünen Bereich, aber geschmacklich leider recht eintönig. Zumal Huhn und Sparerib mit dem gleichen, süßlichen Teriyaki-Anstrich versehen wurden. Egal, „de Hunger hat’s neitriebe“, wie man etwas weiter südlich von Baden gerne zu sagen pflegt. Und satt machte die Portion allemal. Also alles im Lack und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wer will da schon auf hohem Niveau jammern?
Nach so langer Asia-Abstinenz gelüstete es die anwesende Genießerschaft nach einem süßen Abschluss. Tempura Banane, Crème Caramel und die schlicht als „Chè“ ausgewiesene Süßspeise (4,50 Euro) vietnamesischer Provenienz standen zur Auswahl. Chè (ohne Guevara)
Da entschied ich mich für Letztere, zumal man mir vorab eine Espressotasse voll „Chè“ zum Probieren reichte. Eine freundliche Geste und ein kleiner Zuckerschock zugleich. Aber das primär aus Kokosmilch und Tapioka-Perlen bestehende Dessert gefiel mir trotzdem. Auch die Crème Caramel wurde genauso schnell verputzt wie sie gelobt wurde.
Fazit:
Das Mama Thanh bescherte uns einen entspannten Sonntagmittag mit dem rechtsrheinischen Teil der Familie. Der Service trug mit seiner unaufgeregt freundlichen Art sicherlich mit dazu bei. Gerne werde ich die südostasiatische Gastfreundschaft in der Karlsruher Weststadt wieder wahrnehmen. Dann aber mit Weinbegleitung und gerne auch mit dem ein oder anderen Schluckspecht aus der Region am Tisch.
Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben,... mehr lesen
Mama Thanh
Mama Thanh€-€€€Restaurant0721 47031901Uhlandstraße 40, 76135 Karlsruhe
4.0 stars -
"Neulich beim Panasiaten in der Karlsruher Weststadt traf ich die „Drei Zahmen vom Grill“…" marcO74Damals als mein guter Freund, Kletterpartner und mittlerweile auch Schulleitungskollege noch in der Karlsruher Sophienstraße residierte, wäre ich gerne hier einmal eingekehrt. Das mit seinem pfiffigen, badisch-mediterranen Küchenstil nicht nur bei Gaumenfreunden aus der Fächerstadt sehr beliebte Restaurant Vaca Verde befand sich zu der Zeit noch in den Räumlichkeiten des Mama Thanh (Ecke Uhlandstraße-Sophienstraße). Es kam leider nie dazu, weil der Laden im August 2018 seine Pforten schloss.
Man soll eben seine geplanten Gastrobesuche nicht auf die allzu lange Bank schieben,
Besucht am 27.05.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 127 EUR
Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort sind die Inzidenzwerte seit längerem unter der politisch korrekten (?) 100-er-Marke. Mittlerweile sind sie sogar so niedrig, dass auch im Inneren der Lokale wieder Platz genommen werden darf.
Da für meine Frau ein Restaurantbesuch derzeit nicht in Frage kommt, musste für die erste Einkehr nach der Gastroschließung vor gut einem halben Jahr ein Kollege aus dem nahegelegenen Lachen-Speyerdorf - ebenfalls ein eingemeindeter Stadtteil von Neustadt – herhalten. Gleich vorweg: er erfüllte nicht nur seine Aufgabe als gleichgesinnter Partner in Dine, sondern sollte sich auch bei der Vernichtung von rotem Rebsaft als kongenialer Mitsäufer erweisen.
Nach einem kurzen Anruf in Grünwedels Restaurant, das seit letztem Jahr nur noch im Golfclub Pfalz beheimatet ist, war ich schlauer. Die Platzreservierung sollte über die Homepage vorgenommen werden, was sich als problemlos herausstellte und wodurch die Registrierung vor Ort entfiel.
Seit 2017 bewirtschaftet Dominik Grünwedel mit seinem Team das gepflegte Clubhaus-Lokal, das anfänglich als zweites Standbein fungierte. Seinen eigentlichen Hauptsitz in Neustadt-Diedesfeld (in den Räumlichkeiten der ehemaligen Feinschmeckerbastion „Becker’s Gut“, Anm.), in dem schon einige bekannte GG-Koryphäen ein und aus gingen, hat er mittlerweile aufgegeben.
Bedauerlich, denn schon vor Borgis, Petras und Oparazzos positiven Berichten, hatte ich diese regional bekannte und regelmäßig mit dem Bib Gourmand ausgezeichnete Adresse auf meinem kulinarischen Radar. Aber irgendwie kam es nie dazu. Die große Auswahl an guten Einkehrmöglichkeiten in der heimatlichen Südpfalz ließ meine aufrichtige Besuchsabsicht zum frommen Wunsch verkümmern.
Dann wenigstens in Geinsheim zwischen Putting Green und Driving Range die Grünwedel’sche Küche beim Comeback in Sachen Restaurantbesuche genießen. Ein simpler Plan, der nach einem schönen Abend klang. Ein Abend, auf den ich mich sehr freute. Auch hatte ich ausreichend Hunger mitgebracht, kletterte ich doch vorher ausgiebig an den Sandsteinwänden der Nordvogesen. Klettern und Renovierungsarbeiten haben diese Pfingstferien bestimmt. Wobei der zeitliche Schwerpunkt klar auf der Sanierung unserer neuen Wohnung lag.
Kurz vor 19 Uhr traf ich im Golfclub ein. Zu Grünwedels? Da lang!
Als bekennender Golf-Fahrer natürlich mit dem passenden Gefährt. Herr Grünwedel empfing mich nach kurzer Wartezeit an der zum Öffnungskonzept gehörenden, etwas improvisiert wirkenden Rezeption und erfragte Namen und Impfnachweis. Pandemiebedingter Empfangsbereich
Mein Kollege war noch nicht da, also nahm ich im nahezu komplett leeren Gastraum Platz und nutzte die Zeit, um ein paar Bilder von dem geräumigen Inneren des Lokals zu schießen.
Linkerhand erwärmte ein schicker Gaskamin mit lodernder Flamme die von wertigem Inventar kündende Genusshalle. Der großzügig Gastraum
Rechts, vor der Glasfront zur Terrasse hin saß eine kleine Gesellschaft. Dem Anschein nach handelte es sich um eine Familienfeier im kleineren Rahmen.
Es war viel Platz zwischen den von hellem Leinen überzogenen Tischen. Bequeme Polsterstühle aus Holz gesellten sich um jene. Alles wirkte sehr sauber, gepflegt und einladend. Weiter hinten vernahm ich den obligatorischen Thekenbereich, dessen spirituelles Angebot stolz auf dem Tresen thronte.
Von der Decke baumelte ein später noch angenehm leuchtendes, jetzt schon zum Hingucken animierendes „Etwas“. Von der Wand gegenüber grüßte ein wilder Stier im Großformat. Für Rumpsteak-Freunde sicher ein gern aufgegriffener Impuls. ...und ewig grüßt der Stier!
Dann betrat auch schon mein Kollege – mit einem Corona-Testkit bewaffnet – das Restaurant und wurde gleich in einen separaten Bereich geführt, um sich ganz entspannt die Stäbchen in die Nasenlöcher zu stopfen. Er nutzte die Möglichkeit, seinen Negativnachweis Vorort zu erbringen.
Da diese Prozedur erfahrungsgemäß ein wenig dauert – der Teststreifen braucht ja mindestens 10 Minuten bis er sich voll entfaltet hat – nutzten wir die Wartezeit, um draußen auf der Terrasse noch einen Aperitif zu uns zu nehmen. Zum Auftakt: Pernod!
Ach wie schön! Da saßen wir unter freiem Himmel. Die Abendsonne beleuchtete das Grün des angrenzenden Rasenteppichs, auf dem sich noch „puttendes Volk“ zum gemeinsamen Einlochen verabredet hatte. Büsche und Topfpflanzen werteten die hübsch angelegte Terrasse botanisch auf. Auf der Terrasse
Etwas weiter rechts befand sich ein mit weich gepolsterten Gartensofas ausgestatteter Loungebereich. Sonnenschirme und Terrassenheizstrahler hatte man noch in der Hinterhand. Dem diesjährigen Mai-Wetter war ja bekanntlich nicht zu trauen. Terrasse mit Loungebereich
Die junge Dame, die uns an diesem Abend noch ganz hervorragend umsorgen sollte, kam mir irgendwie bekannt vor. Und siehe da: noch während der Order zweier Pernods (4,20 Euro das Glas) zum „Vorglühen“ wurde meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen. Wir kannten uns von der Landauer Kletterhalle, in der sie früher am Empfang bzw. im Ausschank tätig war.
Die Frage nach einer Weinkarte in gedruckter Form wurde charmant verneint, aber der Hinweis, dass nebenan ein stattlich gefülltes Weinregal auf uns wartete, stimmte uns vorfreudig. Also nichts wie rein ins Innere des Restaurants zur ersehnten Flaschenwahl. Schade nur, dass die Preise erst erfragt werden mussten. Aber die sympathische Servicedame navigierte uns mit Hilfe ihres Handys durch die anvisierten Kreszenzen in Rot und versorgte uns geduldig mit den nötigen Preisinformationen. Die begehbare "Weinkarte"
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon den Terrassenplatz gegen ein lauschiges Fleckchen im Inneren des Lokals getauscht. Die kühle Witterung ließ uns direkt vor dem ansehnlichen Kamin Platz nehmen. Ein guter Roter sollte es an diesem Abend sein. Die korrespondierenden Mahlzeiten würden sich dazu schon finden. Der abendliche Wassermangel wurde übrigens von zwei Flaschen Peterstaler Mineralwasser „Classic“ (0,75l für 5,50 Euro) hervorragend ausgeglichen.
Das üppige Angebot, für dessen Zusammenstellung sich Hausherr Dominik Grünwedel verantwortlich zeigte, hatte nicht nur feine Pfalztropfen zu bieten. Es bevölkerten auch jede Menge spanische, französische, italienische und südafrikanische Rebsäfte das weiß lackierte Expedit-Regal. Zeter, Stachel, Bassermann-Jordan und Eugen Müller aus Forst – allesamt bekannte Winzer aus der Pfalz bzw. der Mittelhaardt. Da würden wir schon fündig werden.
Und tatsächlich ganz unten im Regal versteckte sich eine Einzelflasche Cabernet Sauvignon „Kirchenstück“ von Erwin Stachel aus Maikammer aus dem Jahr 2014. Der Preis wurde erfragt und die nette Servicekraft meinte es wohl in ihrem jugendlichen Eifer etwas zu gut mit uns. Sie wollte gerade einmal 32 Euro für diesen Pfälzer Wonnetropfen. Gönnertrunk in Rot
Wenig später – sie hatte sich wohl in der Zwischenzeit von ihrer Chefin ein paar ernste Worte zum Thema Preiskalkulation von Flaschenweinen anhören dürfen – gestand sie uns ihren Fauxpas. Doch auch die letztlich veranschlagten 40 Euro für die Flasche waren keine überzogene Forderung, sondern lagen immer noch im Schnäppchenbereich.
Erwin Stachel zählt sicherlich mit zu den besten Rotweinwinzern der Pfalz und eine Flasche seines schon häufig prämierten Cabernet Sauvignons aus der Weinlage Maikammer Kirchenstück hatte ich mir schon mehr als einmal in der Krone zu Neupotz schmecken lassen. Ein wirklich bemerkenswerter Vertreter seiner Art, der uns mit seiner kräftigen Tanninstruktur, seinem betörenden Duft nach dunklen Früchten (Cassis/Brombeere) und seiner stoffig-dichten Struktur am Gaumen vollends überzeugte und der zu unseren beiden Hauptgängen prima harmonieren sollte.
Doch diese wollten erst einmal bestellt werden. Also nichts wie ran an die Speiselektüre, die sich erfreulich reduziert präsentierte. Gerade mal fünf Vorspeisen („Kleines & Feines“), ein gutes halbes Dutzend überwiegend saisonal geprägte Hauptgerichte mit und viermal Pasta ohne Fleisch. Dazu standen mit Burger, Clubsandwich, Flammkuchen und Görrywuäss (Currywurst) noch ein paar sättigende Snacks für die abschlagende Zunft bereit.
Alles recht übersichtlich und preislich an die hier vornehmlich verkehrende Klientel angepasst. Für die gebratene Jakobsmuschel mit Pulpo auf roh mariniertem Spargel durften 16 Euro hingeblättert werden. Der Golfclub-Burger kam mit Frittenbeilage auf stolze 18,90 Euro und das mit Schinken und Emmentaler gefüllte Cordon Bleu vom Schwein checkte bei sportlichen 17 Euro ein (auch inklusive Fritten). Kalbsnierchen in Dijon-Senf (18,90 Euro) und Lammkarree auf grünen Bohnenragout und Rosmarinsoufflée (26 Euro) seien an dieser Stelle ebenfalls erwähnt. Das hatte alles seinen leicht gehobenen Preis. Aber im Golfclub hätte ich auch keine Geiz-ist-geil-Attitüde erwartet.
Klar gab es auch das königlichste Gemüse der Saison. Einmal als Schaumsüppchen (6 Euro) und natürlich als veritable Portion mit Petersilienkartoffeln, Sauce Hollandaise und warmer Butter (19 Euro). Additiv konnte man sich seinen Spargelteller noch etwas „upgraden“. Schnitzel, Kalbssteak, Fischfilet und Schinken gab es gegen Aufpreis dazu.
Für Süßschnäbel hatte die Patisserieabteilung im Hause Grünwedel mit Schokolade 3.0, Stracciatellaparfait, Kaiserschmarrn und Johannisbeersorbet (natürlich mit Sekt aufgefüllt) ebenfalls eine kleine, aber feine Auswahl im Angebot. Und das zu „Normalpreisen“ zwischen 7 und 8 Euro.
Wir orderten beide das Spargelsüppchen vorweg. Beim Hauptgang wollten wir es eher fleischern angehen lassen. Der Carbernet Sauvignon musste schließlich adäquat unterfüttert werden. Mein Kollege entschied sich für das Rumpsteak aus Argentina mit Pfefferrahmsauce und Bratkartoffelbeilage (22 Euro). Er wollte es gerne medium rare auf den Teller gelegt bekommen.
Ich hatte so richtig Lust auf Schmorfleisch und konnte deshalb den sousvide gegarten Kalbsbäckchen auf Kartoffel-Sellerie-Stampf und Sommergemüse (24 Euro) nicht widerstehen. Die Aussicht auf einen solchen Leib- und Seelenteller ließ mir schon bei der Speisenkartendurchsicht das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Der Rotwein wurde seinen Vorschusslorbeeren gerecht. Schon der erste Schluck gemahnte an eines der berühmtesten Gedichte Friedrich Schillers (genialer Typ übrigens!): „Freude schöner Gönnertrunk(en) – bring mich ins Delirium!“ Zusammen mit der Wärme des Kaminfeuers förderte dies massiv die Durchblutung im Gesichtsbereich. Red was our favourite colour…
Auf Rot folgte Weiß, denn die Spargelsuppe schwappte uns in dunkler Keramik entgegen. Weißes Gold in flüssiger Form
Die junge Servicedame umsorgte uns nach wie vor vorbildlich. Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, aber niemals ins Unseriöse abdriftend. Humorvoll und geradeaus, so wie das in der Pfalz am besten ankommt. Volle Punktzahl!
Die Suppe vom Königsgemüse wurde mit grünen und weißen Spargelstücken als Einlage serviert. Spargeleinlage vorhanden!
Beide Sorten von angenehmer Konsistenz bzw. genau dem richtigen Biss. Etwas heißer hätte sie für mein Empfinden ruhig sein dürfen. Auch agierte sie gustatorisch hart an der für mich tolerierbaren Salzobergrenze. Ein Ticken mehr und wir hätten sie als „versalzen“ reklamieren müssen. So aber alles noch im Rahmen. Ihr intensiver Duft nach Stangengewächs setzte sich am Gaumen wohltuend fort. Weißes Gold zum Auslöffeln. Endlich auch mal wieder als Auswärtsspiel.
Zur Suppe wurde fluffiges Ciabatta-Brot gereicht. Da man im Grünwedels auf ein Amuse verzichtete, war dies für mich die erste feste Nahrung des Tages nach absolvierter Kletterpartie. Umso schneller war es als „Tunkmasse“ aufgezehrt. Nicht schlimm, der Hauptgang würde schon für sättigende Verhältnisse sorgen, das sah ich ganz entspannt.
Nach angenehmer Wartezeit fanden sich dann auch unsere beiden Hauptgerichte ein. Das medium gebratene Rumpsteak des Kollegen wog um die 220 Gramm und thronte auf einem ansehnlichen Bratkartoffelhügel. Das Rumpsteak mit Bratkartoffeln und Pfeffersauce
Der separat in einer Sauciere gereichten Pfefferrahmsauce fehlte zwar der Rahm, was ihrem Geschmack jedoch in keiner Weise schadete. Ganz im Gegenteil: was Küchenchefin Stefanie Nessler da auf handwerklich fundierter Jus-Basis gezaubert hatte, war ein ganz formidabler Beiguss. Mein Kollege ließ mich freundlicherweise ein paar Nanoliter davon kosten, was mir ein intensiv pfeffriges Erlebnis am Gaumen bescherte.
Meine Kalbsbäckchen fielen wie erwartet superzart aus. Zwei an der Zahl hatten es sich auf dem angemessen gebutterten Hügel aus Kartoffel-Sellerie-Püree gemütlich gemacht. Die Kalbsbäckchen
Beide hatten sie eine leichte Fettschicht vorzuweisen. Für mich nicht weiter schlimm, ich kenne aber auch Zeitgenossen – gerne auch als „Fettmemmen“ bezeichnet –, denen solche Kleinigkeiten dann komplett den Fleischgang versauen.
Mir gefiel jedoch die Qualität der beiden – wahrscheinlich dampf(vor)gegarten – Kollagenfetzen. Die Kalbsbäckchen aus der Nähe
Zumal die Jus auf ganzer Linie überzeugte und nicht zu sparsam den Teller benetzte. Das sommerliche Gemüse (u.a. Zucchini, Paprika und grüner Spargel) konnte den richtigen Gargrad vorweisen und das Püree schmolz förmlich auf der Zunge. Klar musste ich bei der Cocktailtomate an Borgi denken, aber zu dieser Jahreszeit mit saisonaler Genugtuung. Die Kalbsbäckchen von oben
Das war ein in sich stimmiger Teller, zu dem der Cabernet natürlich ganz vortrefflich harmonierte. Ein hohes Genusslevel und das schon beim ersten Nachlockdownbesuch. Die Marschrichtung stimmte also.
Zum Süßen Abschluss ließ ich mir die Schoko-Variation „Schokolade 3.0“ (8 Euro) schmecken. Mein Kollege nippte dagegen ganz asketisch an seinem Espresso (2,20 Euro). Weiße und braune Schokomousse von unterschiedlicher Dicke war auf eine Art Brownie-Basis geschichtet und ergab so ein süßes Dreierlei. Eines das jedoch mehr bot als nur zuckersüße Üppigkeit. Nicht nur die cremig lockere Konsistenz der Schoko-Schnitte zeugte von offenkundiger Patisseriekompetenz, auch sorgten marinierte Erdbeeren- und Rhabarberstücke für fruchtige Auffrischung. Schokolade 3.0 mit Joghurtrahmeis
Eine ordentliche Nocke Joghurtrahmeis brachte kalten Schmelz ins Spiel. Was so vermeintlich unspektakulär anmutete, war durchdacht zubereitet und auch von seinem Süß-Sauer-Kontrast her stimmig zu Porzellan gebracht. Ein stimmiger Abschluss!
Mein Kollege und ich hatten beide das Gefühl noch stundenlang hier sitzen zu können. Service, Ambiente, Essen und Kommunikation fügten sich zu einem einzigen Wohlgefühl zusammen. Große Zufriedenheit und auch eine gewisse Dankbarkeit, dies wieder tun zu dürfen, machten sich breit.
Nun, breit waren wir beim Verlassen dieses wirklich empfehlenswerten Lokals nordöstlich von Neustadt-Geinsheim natürlich nicht. Dazu hätte es schon einer weiteren Bouteille aus Dominik Grünwedels Fundus bedurft.
Die nächste gemeinsame kulinarische Etappe kommt bestimmt. Gerne auch wieder im Golf-Club Pfalz.
Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort... mehr lesen
Grünwedels Restaurant im Golfclub Pfalz
Grünwedels Restaurant im Golfclub Pfalz€-€€€Restaurant, Catering06327 4663Im Lochbusch, 67435 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Back for food means back for good!" marcO74Neulich in den großzügig gestalteten Räumlichkeiten des Clubhauses des GC Pfalz nahe Geinsheim (im Volksmund auch „Goise“ genannt): Kommt ein Mann mit seinem Impfpass ins Restaurant…
Was ungefähr so schräg klingt wie der Anfang eines schlechten Scherzes („Kommt ein Pferd zum Arzt…“ usw.), ist in der derzeitigen Lockerungsphase pandemische Wirklichkeit geworden. Aber Gott sei Dank gibt es ja jetzt wenigstens wieder die Möglichkeit, mit entsprechender „Nichtansteckungsbescheinigung“ gastronomische Einrichtungen besuchen zu dürfen.
In Neustadt kann man das schon eine ganze Weile, denn dort
Geschrieben am 29.01.2021 2021-01-29| Aktualisiert am
11.02.2021
Besucht am 21.10.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 21 EUR
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute, 37 Jahre später, aus der Seele sprechen, lässt sie aktueller denn je erscheinen.
Genug philosophiert! Es ist Pandemie. Es ist Lockdown. Und gerade der gemeine Gut- und Gernesser hat Sehnsucht nach seinen liebgewonnenen Verzehrtempeln, die nun schon seit rund 3 Monaten geschlossen sind. Den weltoffenen Viel- und Gernreisenden überkommt wahrscheinlich eher das Gefühl von Fernweh. Aber raus wollen sie sicherlich alle. Raus aus diesem Alptraum. Raus aus dieser Zeit des Abstands und der vielen Einschränkungen.
Wie und wann das geschehen wird, bleibt abzuwarten. Da schwelgt so mancher in kulinarischen Erinnerungen aus der Zeit zwischen den beiden Gastro-Shutdowns oder berichtet bildgewaltig direkt aus dem Auge des Orkans. Andere bringen ihre abgepackten (und dann wunderschön angerichteten) Take-Away-Erfahrungen zu Papier und unterstützen die örtliche Gastronomie in vielerlei Hinsicht. Allen ist jedoch eines gemein: sie sehnen sich nach der „alten Normalität“ in den Restaurants ihres Vertrauens.
Vielleicht war es ja auch bei mir eine Art kulinarisches Fernweh, das mich zusammen mit meiner Frau nach quarantänebedingter Absage des geplanten Herbsturlaubs in das gleichnamige Streetfood-Bistro in der Karlsruher City trieb. Das mitten in der Corona-Krise, Anfang August letzten Jahres eröffnete Lokal sah einladend ein und versprach neben diversen Hotdogs, Burgern, Wraps und Co. auch ein paar internationale „Gassengerichte“ der ungewöhnlicheren Art.
Hotdog-Brötchen, Pita-Brot und Burger-Buns bezieht man übrigens aus der näheren Umgebung. Die Qualitätsbäckerei Fricke-Bäck aus Waldbronn zeichnet sich nämlich für die Backwaren im Fernweh verantwortlich. Auch bei Fleisch nutzt man die Ressourcen der Region. Kein Geringerer als Spitzenmetzger Heiko Brath aus Karlsruhe – einer der Besten seiner Zunft – liefert feinstes Rindfleisch für Pastrami, Burger-Pattys und Pulled Beef.
Durch die hohe Glasfront konnten wir bereits einen Blick in das zur späten Mittagszeit menschenleere Innere des Bistros werfen. Von außen
Wir betraten den winzigen Gastraum durch eine Glastür und befanden uns sogleich vor einem schwarzgefliesten Bestell- und Ausschanktresen, der nüchternen Bistrocharme versprühte. Von einem Gitter, das an der Decke befestigt war, rankte reichlich Blattwerk. Keine Ahnung, ob das alles echt war.
Hinter dem Tresen kontrastierte eine mit weißen Fliesen bestückte Wand die in schwarz gehaltene Thekenfront in bestem Yin-und-Yang-Sinne. Ein paar Regale mit Gläsern, Pfeffermühlen, Essig-Öl-Karaffen und diversen anderen Gefäßen hingen an jener Rückwand. Links ums Eck ging es nach hinten in die Küche. Unser erster Eindruck in Sachen Interieur lautete: trendig-gepflegt, aber nicht besomders gemütlich. Blick auf den Bestelltresen
Hinter schützendem Plexiglas wurde der Ausschank erledigt. Die Getränke dazu, befanden sich im Kühlschrank links daneben. Aus jenem wählten wir eine kleine Flasche Bellaris-Mineralwasser (2,50 Euro) und einen hausgemachten Eistee namens „Fruit Punch“ (4 Euro) und setzten uns an einen der beiden Tische, deren eindrucksvolle Platten aus rund 15 cm dicken Baumstammhälften gefertigt waren. Ausgefallenes Mobiliar
Keine Ahnung, ob dafür ein Mammutbaum aus einem badischen Nationalpark „Bad Herrenalb“ geopfert musste, aber in Sachen Mobiliar waren die auf dünnen Füßen stehenden Wuchtplatten ein echter Hingucker.
Wir saßen auf einer bequem gepolsterten Bank, die sich entlang der Fensterfront erstreckte und blickten in Richtung Theke. Ein paar „Koffer mit Füßen“ dienten ganz im Sinne des Restaurantnamens als weitere, pfiffig ausgedachte Sitzgelegenheiten. Blich nach draußen
Von der hohen Decke baumelten Leuchten im Industriedesign, die einen freien Blick auf ihre beachtlichen Leuchtmittel erlaubten. Nun, wer’s mag. Zur grauen, unverputzten Betonwand und dem blanken Estrichboden passten die aus meiner Sicht etwas zu weit unten hängenden LED-Röhren jedenfalls ganz gut.
Das Speisenangebot hing auf zwei hübsch gerahmten Schiefertafeln geschrieben an der Wand. Auf der einen war das mit „Everybody’s Darling“ bezeichnete Standardrepertoire nachzulesen. Dieses bestand aus jeweils drei verschiedenen Burgern („Pulled-Beef“, „Pulled-Beef x Chili Cheese“, „No Meat“, alle 9 Euro), Hotdogs („Danish Classic“, „Onion Lover“, „Cheesy“, alle 6 Euro) und Wraps („Chili-Chick“, Tex-Mex“, „Veggie“, auch alle 6 Euro) und wurde noch von einem Pastrami-Sandwich (8 Euro) mit Käse und Essiggurken ergänzt.
Auf der Tafel daneben ging es mit den „Specials“ etwas ausgefallener in die Straßenfuttermaterie. Beim südafrikanischen Klassiker „Bunny Chow“ (9 Euro) wurde ganz traditionell ein Hühnchencurry in ein ausgehöhltes Weißbrot gefüllt. Falafel im Pitabrot mit selbstgemachter Tahin-Hummus-Sauce (8 Euro) wurde als „Israeli Streetfood“ annonciert. Zu guter Letzt waren es dann die der traditionellen sizilianischen Küche angehörenden Arancini (7 Euro), die mein größtes Interesse weckten. Diese frittierten, hier mit Bolognese-Sauce gefüllten Reisbällchen in Clementinen-Größe versprachen krosses Knödelglück aus dem südlichen Teil des Stiefelstaates.
Zu den bestellten Arancini gesellte sich noch das Orient-Sandwich („PitaFaHu“) mit Falafel-Hummus-Füllung für meine Frau dazu. Der Mann, der freundlich unsere Bestellungen entgegennahm verschwand dann erst einmal in der Küche. Keine Ahnung, ob der Laden wirklich als „One-Man-Show“ betrieben wurde, oder ob noch Küchenpersonal zugegen war. Unsere „Fernbedienung“ war jedenfalls fürs Erste verschwunden. Kenne ich so nur von der heimischen Couch, wenn meine Frau sich weder „Buten“ noch „Binnen“ wegzappen lassen möchte…
Lange mussten wir nicht auf unsere Fernwehspeisung warten. Ein paar Schlucke vom nicht besonders süßen Früchte-Eistee später wurden schon unsere Mahlzeiten serviert. Die beiden ansehnlichen Arancini wirkten rein optisch wie eine gelungene Kreuzung aus Kartoffelknödel und Kroketten: von letzteren die Paniermehlhülle, von ersteren die Form. Beide waren sie mit etwas Glattpetersilien-Gehäcksel „frisiert“. Krokettas sizilianas
Ein sauberer Schnitt durch die sizilianischen Reisknödel offenbarte ihren Bolo-Kern. Die Arancini im Anschnitt
Mit Erbsen, kleingehackten Zwiebeln und Karotten hatte die zum Vorschein kommende Hackfleischsaucenfüllung durchaus auch ihre vegetabilen Momente. Nur leider blieb sie in der Würze doch recht brav, um nicht zu sagen blass.
Da hätte ich mir etwas mehr „Wumms“ gewünscht, zumal ja auch der Reismantel recht neutral schmeckte. Nicht falsch verstehen. Die Mafia-Kroketten waren handwerklich gut gemacht und sahen auf der edlen Keramik auch klasse aus. Nur leider konnten sie diesen Eindruck am Gaumen nicht ganz bestätigen. Ein wenig fad im Abgang. In etwa so wie der des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten vor ein paar Tagen.
Meine Frau zeigte sich da schon etwas zufriedener, wenngleich der Verzehr ihres Falafel-Sandwichs infolge einer Überdosis Joghurt-Sauce zum süffig-tropfenden Pita-Erlebnis tendierte. Mount Pita (Westflanke)
Kleingeschnippelte Gurken, Tomaten und Peperoni sorgten für etwas zusätzliche Frische. Die darauf gestrichene Hummuscrème duftete zwar angenehm nach Kreuzkümmel, hätte aber auch ein wenig mehr „Schmackes“ vertragen können. Mount Pita (Ostflanke)
Natürlich war dieser Fladenbrot-Snack vom Aussehen her irgendwo zwischen veganem Falafel-Döner und Shawarma-Sandwich angesiedelt. Aber damit hatte meine Herzensdame ja auch gerechnet. Außerdem lobte sie die mit Sesam bestreute Brothülle, deren Krume angenehm fluffig daherkam. Da machte sich die Qualität des regionalen Bäckers positiv bemerkbar. Das Falafel-Sandwich in der Totalen
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass die Qualität der genossenem Kleingerichte absolut in Ordnung ging. Etwas mehr Geschmackstiefe – gerne auch mit mehr „Ecken und Kanten“ – täten dem hier dargebotenen Straßenfutter gut. Denn in den Ländern, aus denen die Gerichte stammen, wird die Aromenküche großgeschrieben. Eine Entdeckung war das „Fernweh“ war trotzdem, denn es bringt ein wenig Abwechslung für Leute, die auf die Schnelle gerne mal was Neues ausprobieren. Den Betreibern wünsche ich, dass ihr derzeitiges Take-Away-Angebot angenommen wird und sie diese harte Zeit überstehen.
„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,... mehr lesen
FERNWEH - International Streetfood
FERNWEH - International Streetfood€-€€€Restaurant0721 47047864Kaiserstraße 132 - Passagehof, 76133 Karlsruhe
3.5 stars -
"Hip, hip, hurra! Trendiges Streetfood-Bistro, dessen kulinarische Weltoffenheit auf regionalen Qualitäten basiert" marcO74„Ich hab' Heimweh - Fernweh? - Sehnsucht
Ich weiß nicht, was es ist - ich will nur weg
Ganz weit weg - ich will raus!“ (aus dem Lied „Sehnsucht“ von Purple Schulz, 1984)
Nahezu jedes Wort aus dem Refrain dieser emotionalen 80er Jahre Hymne vom legendären Poppoeten Purple Schulz aus Köln ließe sich auf die heutige Zeit übertragen. An Quarantäne und eingeschränkte Reise- und Bewegungsfreiheit dachte der deutsche Sänger und Multiinstrumentalist Schulz sicher nicht, als er diese Zeilen verfasste. Dass sie uns heute,
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Denn gerade im Stressmonat August, der ganz im Zeichen unseres Umzugs von Steinweiler nach Wörth stand, durfte es nach überstandenen Ikea- und Baumarktbesuchen in des Pfälzers liebster Fächerstadt auf der gegenüberliegenden Seite des Rheines kulinarisch gerne auch mal etwas schärfer zur Sache gehen.
Zweimal innerhalb von 14 Tagen besuchten meine Frau und ich das Restaurant Nat-Pob, das schon seit mehreren Jahren im Vereinsheim der Turnerschaft Mühlburg 1861 e.V. untergebracht ist.
Eingang zum Lokal
Den Tipp bekamen wir von der thailändischen Frau unseres Parkettabschleifers, die uns eine ganze Reihe guter Asiaten in Karlsruhe und Umgebung ans Herz legte. Also, stay tuned folks for more Asian reports from KA!
Nach der coronabedingten Schließung des von mir sehr geschätzten Chinaladens namens „Monkey King“ in der Kaiserstraße (Fußgängerzone) war es in puncto „Fernkost“ mal wieder Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Ein kurzer Anruf sicherte uns einen Tisch für Zwei unter freiem Himmel.
Mit Blick auf das weitläufige Sportgelände der Mühlburger Turnerschaft – inklusive knüppelharter Aschenbahn, Rasenplatz und Weitsprunggrube – saßen wir ganz entspannt auf der rückseitigen Terrasse, die primär von geschlossenen Sonnenschirmen und Sitzmöbeln aus Polyrattan bevölkert wurde.
Auf der Terrasse hinterm Haus
Außer unserem waren noch drei weitere Tische besetzt. Eine Gruppe von Best-Agern betrieb lautstark Stammtischpolitik in „breidschdem badisch“.
Unsere Servicedame stellte sich als echtes Unikat heraus. Die ältere Dame gehörte scheinbar zum Inventar des Vereinsheims. Sie machte ihren Job ganz hervorragend. Sowohl ihre langjährige Gastro-Erfahrung als auch die sympathisch-humorvolle Art, mit der sie die Gäste – darunter auch viel Stammklientel, wie ich den Konversationen an den Nachbartischen entnahm – umsorgte, kam gut bei uns an und hieß uns ohne jeglichen Dünkel willkommen.
Bald hielten wir die bunt bebilderten Speisenkarten in den Händen. Mehr als ein halbes Dutzend verschiedener Thai-Suppen und eine Handvoll Salate machten gleich Appetit. Dann – oh Schreck – fünf deutsche Gerichte (Maultaschen, Schnitzel und Wurstsalat) für die unverbesserlichen Kulinar-Gutbürger und Asia-Ignoranten. Schnell wurde weitergeblättert, denn da wartete bereits der wohlfrittierte fernöstliche Vorspeisenreigen in Form von Frühlingsrollen, Wantan und Knuspergarnelen.
Ein paar Veggieteller bzw. Reis-/Nudelgerichte weiter kamen endlich die ersehnten Curry-Gerichte zum Zug. Diese wurden in gewohnter Manier unter Zugabe von Schwein, Rind, Ente, Huhn, Fisch und Garnelen durchdekliniert. Das machte in der Summe rund 50 (!) mehr oder minder verschiedene Teller- bzw. Schüsselgerichte, die sich neben ihrem tierischen Bestandteil auch in der Zusammensetzung ihrer vegetabilen Momente unterschieden und preislich zwischen 12 und 15 Euro oszillierten. Die Auswahl war also nicht gerade übersichtlich. Das genaue Lesen des „Kleingedruckten“ erschien mir oberste Gästepflicht zu sein.
Der halbe Liter Radler belief sich auf 3,60 Euro. Die gleiche Menge Mineralwasser schlug mit 40 Cent weniger zu Buche. Dass man hier in Mühlburg das badische Hoepfner-Bier ausschenkte, wunderte mich nicht. Das Karlsruher Hopfenerzeugnis genießt zumindest rechtsrheinisch einen guten Ruf. Dass mir als Pfälzer die Bellheimer „Patriotenplörre“ etwas besser „reinläuft“, ist wohl meiner alkoholischen Sozialisierung im Jugendalter geschuldet.
Die kühlere Witterung verlangte beim ersten Besuch nach einer warmen Thai-Terrine, die in Form einer „Tom Yam Gung“, also einer Garnelensuppe mit Kokosmilch, Champignons uns Zitronengras (4,80 Euro), vorweg bestellt wurde.
Wer sucht, der findet...Garnelen!
Bei unserer zweiten Einkehr teilten wir uns vorab den als „Yam Wun Sen“ bezeichneten Glasnudelsalat mit Garnelen, Schweinehack, Zwiebeln, Sellerie und Mu-Err-Pilzen (9,50 Euro).
Der mit gängigen TK-Garnelen ausgestattete Kokossud wurde mit frischem Koriander und Frühlingszwiebel etwas „aufgegrünt“. Aromatisch duftend und wohltuend säuerlich abgeschmeckt wurde jene Thaisuppe von uns für schmackhaft befunden.
Tom Yam Gung
Der Biss auf einen darin herumschwimmenden Zitronengrasstängel empfand ich als etwas zu viel des guten Geschmacks. Auch die kleinen Stücke von der Galgantwurzel waren mir - pur genossen - etwas zu heftig und verblieben deshalb in der Schale.
Ganz anders beim Glasnudelsalat, den wir uns zwei Wochen später als Vorspeise einverleibten. Hier blieb nicht ein Fitzelchen zurück. Tomaten, Paprika, Sellerie, rote Zwiebel und Frühlingslauch sorgten für hier für frische Verhältnisse und entsprechenden Biss.
Yam Wun Sen (Glasnudelsalat)
Das Highlight dieses kalten Thaiklassikers für warme Tage war sein feinsäuerlich abgeschmecktes, erfreulich pikantes Dressing, das die dünnen Reisfäden, das herzhaft gewürzte Schweinehack und die noch leicht glasigen Garnelen zu einem köstlichen Ganzen vereinte.
Glasnudelsalat mit Garnelen
Nach dem Motto: „Delicious bowls can curry us home!“ orderten meine Frau und ich bei unserer ersten Einkehr zwei frischgewokte Curry-Gerichte. Die Gattin entschied sich – wie zu erwarten war – für die Veggie-Variante. Nr. 92 nannte sich „Gäng Pak“ (8,90 Euro), enthielt jede Menge Gemüse und hatte anstatt Fleisch ein paar Tofuwürfel in der Schüssel.
Gäng Pak (Gemüsecurry mit Tofu)
Ich wählte die 173 mit der mutigen Bemerkung, mein grünes Curry mit Huhn („Gäng Kiew Wan Gai“, 12,90 Euro) doch bitte ein wenig schärfer als üblich zu servieren.
Gäng Kiew Wan Gai (Grünes Curry mit Huhn)
Vielleicht ging mein Zusatz „ein wenig schärfer“ bei der Bestellung unter. Keine Ahnung, aber was mir da aus dem blau-weißen Porzellantöpfchen entgegenduftete war ein hocharomatischer Hotpot – ich sag nur Thai-Basilikum! –, wie ich ihn das letzte Mal zu Zeiten meines Referendariats bei meinem Mannheimer Lieblingsthai-Imbiss „Supans“ genossen habe. Ach wie schön, wenn ein Gericht alte Erinnerungen in einem wachzurufen vermag. Klar ging die Chili-Schärfe voll auf die Schleimhäute, aber bekanntlich kommen ja nur die Harten in den grünen Curry-Garten!
Das grüne Curry auf dem Teller angerichtet
Nur gut, dass genug Duftreis mitgeliefert wurde. Der milderte den mit reichlich Hühnerfleisch, Bambussprossen, Bohnen, Zucchini, Paprika und Chilischoten versehenen Thai-Eintopf wenigstens etwas ab. Trotz des wirklich einbrennenden Esserlebnisses war das ein grünes Curry ohne Fehl und Tadel.
Das grüne Curry auf dem Teller angerichtet
Die Soße fiel nicht gar so sämig aus, was mir sehr entgegenkam. Sogar die von mir ungeliebten Auberginen hatte man freundlicherweise weggelassen. Ich fühlte mich nach dem Verzehr dieser thailändischen Scharfspeise jedenfalls fitter als vorher – auch wenn mein Gaumen noch etwas nachbrannte.
Dass meine Frau ihr wesentlich milderes Gemüsecurry noch mit meiner Sauce pimpte, ehrte sie.
Das Gemüsecurry auf dem Teller angerichtet
Auch sie war mit ihrer Wahl voll zufrieden und bekräftigte die Absicht auf einen baldigen Wiederholungsbesuch. Dieser ließ ja dann auch nicht lange auf sich warten. Und auch da verließen wir das Nat-Pob mit brennenden Zungen und gutem Bauchgefühl. Gefühlt war mein „Gäng Gai Nor Mai“ (12,90 Euro), was im Grunde das gleiche Curry-Gericht darstellte, nur diesmal eben in Rot, sogar noch eine Spur schärfer als das Grüne zwei Wochen zuvor. Auch diesmal wurde meinem Wunsch auf ein Chili-Upgrade entsprochen, was mir wieder kräftig einheizte.
Gäng Gai Nor Mai (Rotes Curry mit Huhn) -> Attention, explosive!
Meine Frau ging dagegen mit „Pad Pak Tao Hu“ – gebratenem Gemüse ohne Tofu (8,90 Euro) – auf Nummer sicher. Ihr ansehnlicher Wok-Gemüse-Hügel fiel süßlich-pikant aus.
Pad Pak Tao Hu (gebr. Gemüse, aber ohne Tofu!)
Über meine laufende Nase musste sie genauso schmunzeln wie über die Tatsache, dass mir während der Curryvernichtung dann doch ein paar Tränchen die Wangen herunterliefen. Nicht weil es so schlecht schmeckte, sondern aus reinster Feuerfreude am Schotenschlemmen.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass wir beim zweiten Mal im Inneren des Lokals Platz nahmen.
Gastraum Ansicht 1
Die digitalen Impfnachweise wurden kurz kontrolliert und auch die schriftliche Erfassung unserer Daten war schnell abgehandelt. Im geräumigen Gastraum war ausreichend Platz zwischen den Tischen. Linoleum- und Fliesenboden, Faltschiebetüren im Ziehharmonika-Style und eine mit quadratischen Paneelen verkleidete Decke kündeten von der Nutzung als Vereinsheim.
Gastraum Ansicht 2
Insgesamt keine ungemütliche Bahnhofshallenatmosphäre, aber draußen auf der Terrasse hatte es mir besser gefallen.
Gastraum Ansicht 3
Egal, entscheidend war bei beiden Besuchen das, was auf dem Teller bzw. in der Schüssel landete. Und da hatte Chefkoch Jakkachai Netkhema, der sich gleichzeitig auch als Inhaber des Lokals verantwortlich zeichnet, richtig gut abgeliefert und das zu äußerst erschwinglichen Preisen. Die höheren Schärfegrade bei den beiden Currys waren ja meine Idee, die ich dort übrigens jederzeit wieder äußern würde.
Durch die neue Nähe zu Karlsruhe werden wir in den nächsten Jahren sicherlich die ein oder andere kulinarische Entdeckung auf der rechten Rheinseite machen. Die beiden passenden Mitstreiter (sind genau genommen jetzt deren drei…) haben wir ja seit dem Besuch bei „Sokrates“ auch gefunden. Allein schon deshalb stimme ich als Pfälzer Rhein- und nicht als Bochumer Ruhrbarde an:
„Baden, ich ess‘ gern bei diiiir – Baden, ich fahr auch gerne wieder weg von diiiir!“