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Zwei Corona-Lockdowns (2020 und 2021) hatte das sympathische Betreiberpaar zu überstehen. Keine einfachen Zeiten, die den beiden erfahrenen Gastronomen viel Anstrengung, Idealismus und Leidenschaft abverlangten, um ihren Hubertushof weiterleben zu lassen. Ihr Einsatz hat sich in jeder Hinsicht gelohnt, wovon wir uns an diesem Juniabend ein Bild machen konnten.
Auch wenn man konzeptionell ein paar kleinere Veränderungen vornehmen musste, läuft das Lokal wieder auf Hochtouren. Gut, das Speisenangebot wurde etwas verkleinert, dafür wechseln die Gerichte auf der Standardkarte nun häufiger. Das legendäre Überraschungsmenü ist leider Schnee von gestern. Aber mittwochs und donnerstags offeriert man ein dreigängiges Jahreszeitenmenü zu fairen 49 Euro.
Auch der über die Grenzen der Pfalz hinweg bekannte Sushi-Dienstag fiel der Pandemie und ihren unliebsamen Folgen zum Opfer, denn der talentierte Chefkoch Jochen Sitter rockt seine Küche mittlerweile komplett allein, was einen zusätzlichen Ruhetag unabdingbar machte.
Frei von kulinarischen Dogmen köchelt er nach wie vor sein eigenes Kreativsüppchen und das mit großer Hingabe. Selbstbewusst und weltoffen bietet er seinen Gästen eine überschaubare, mit Bedacht zusammengestellte Auswahl origineller Kreationen an, die alle eines gemeinsam haben: starke, kontrastreiche Aromenakkorde, die mächtig Eindruck am Gaumen hinterlassen.
Dabei wird auf Saisonalität genauso viel Wert gelegt wie auf Regionalbezug. Internationale Einflüsse bleiben dabei nicht außen vor, sondern fließen mutig in Bewährtes aus der Heimat mit ein. Das ergibt in der Summe eine spannende Kreuz-und-Quer-Küche, die ihren berechtigten Preis hat.
Addiert man zur famosen Küchenleistung noch die profunde Weinberatung von Serviceleiterin Sandra Bernhard hinzu und multipliziert das Ganze mit dem behaglichen Ambiente des Gastraumes bzw. des idyllisch angelegten Innenhofs, dann ergibt das ein in jeglicher Hinsicht stimmiges Gesamtpaket, das nicht nur bei Feingaumen aus der Südpfalz sehr gut ankommt.
Wer mehr über das stimmige Drumherum dieses gepflegten Gasthauses erfahren möchte, dem empfehle ich an dieser Stelle die Lektüre eine meiner vorherigen Rezensionen, in denen ich ausführlich darüber berichtet habe.
Dass man hier manchmal Wochen im Voraus reservieren sollte, bringt sowohl der gute Ruf des Lokals als auch das begrenzte Platzangebot mit sich. Sitters One-Man-Show in der Küche stößt da schnell an Kapazitätsgrenzen, die er nicht auf Kosten der Qualität überschreiten möchte. Da werden lieber ein paar Gäste weniger am Abend verköstigt, diese aber auf dem gewohnt hohen Niveau.
Wir freuten uns sehr auf diesen Abend, auch weil wir schon länger nicht mehr im Hubertushof zu Gast waren. Dementsprechend herzlich fiel die Begrüßung durch die Servicechefin Sandra Bernhard aus. Da wir unsere Kleine mit an Bord hatten, nahmen wir das Angebot, den Nebenraum alleine zu okkupieren, dankend an. Dort konnte sie ungestört herumkrabbeln.
Von der gut sortierten Aperitif-Karte wählte ich zum Warm-up den Belsazar „Spritz“ (0,2l für 8,50 Euro) aus, ein mit Indian Tonic Water von Fever-Tree gemischter deutscher Wermut mit fruchtigen Aromen nach Grapefruit, Bitterorange und Himbeere.
Der Apertif des Abends
Ein klasse Sommercocktail, der mich gut auf das bevorstehende Mahl einstimmte.
Wer Mut hat, trinkt Belsazar "Spritz"
Als Durstlöscher sprudelte bald Mineralwasser aus der Taunusquelle in unseren Gläsern, die zeitnah Gesellschaft bekamen. Zum dunkelkrustigen, hausgemachten Sauerteigbrot grüßte die Küche mit essigsauren Cornichons, streichzarter Misobutter und einem Schälchen mit Oliventapenade.
Die Küchengrüße
Allein das Eigenbackerzeugnis aus dem Hause Sitter nahm unseren ersten Hunger mit Bravour. Mit der feinen Misobutter bestrichen war das ein ganz schön mundfüllender Auftakt.
Misobutter
Oliventapenade
Im Hubertushof gibt es die Möglichkeit, sich ein dreigängiges Menü aus dem Standardprogramm selbst zusammenzubasteln. Der Preis variiert dabei je nachdem, ob man sich für drei Vorspeisen, für zwei Vorspeisen und einen Hauptgang oder für die klassische Menüfolge mit Dessert entscheidet. Wir ließen uns die Option auf einen Nachtisch offen und stöberten im reduzierten, aber von couragierten Kompositionen kündenden Vorwegprogramm.
Meine Frau mochte es an diesem Abend besonders herzlich. Sie entschied sich für das gegrillte Kalbsherz mit Aubergine, Chimichurri und Süßkartoffel (20 Euro), und das, obwohl sie eigentlich kein besonders großer Fan von Innereien ist. Ich staunte über ihren Bestellermut, der auf dem blinden Vertrauen in den Maître gründete.
Mich machten dagegen die Calamaretti mit Gazpachovinaigrette, Croutons und Sauce Rouille (22 Euro) am meisten an. So ein mediterraner Teller mit Mini-Tintenfischen, auf dem sich kulinarische Einflüsse aus Andalusien und Südfrankreich vereinten, war genau nach meiner Fasson.
Beim Hauptgang setzte meine Frau auf den schottischen Wildlachs aus dem Heißrauch (36 Euro), der sich mit Pfifferlingen, geschmorten Landgurken und weißem Tomatenschaum ins beste Benehmen setzen sollte. Ich dagegen fand Gefallen an dem Rehrücken aus dem Pfälzerwald mit marinierten Pfefferkirschen, Bohnen, Pfifferlingen und Kartoffelstampf (38 Euro).
Zu den Tintenfisch-Tuben genehmigte ich mir ein paar Gläser vom 2020er Weißburgunder aus der Schweigener Spitzenlage Sonnenberg, den der Pfälzer Ausnahmewinzer Johannes Jülg vinifiziert hatte.
Der Wein des Abends
Ein eleganter, im Holzfass ausgebauter Lagenwein, dessen Trauben aus den ältesten Weinbergen dieses VDP-Weingutes stammen und dazu noch die Besonderheit aufweisen, dass sie sowohl auf französischer als auch auf deutscher Seite wachsen. Eine sehr angenehme „Grenzerfahrung“, der ich mich gerne aussetzte.
Mit meiner Vorspeise hatte ich voll ins Mediterrane getroffen. Die wunderbar zarten, lauwarmen Calamaretti wären in puncto Frische und Qualität jeder südeuropäischen Hafenpromenade gut zu Gericht gestanden. Ein leichter Aufgalopp im sommerlichsten Sinne, bei dem die delikate Gazpacho-Vinaigrette ihre wohldosierte Säure gut entfalten konnte.
die Calamaretti mit Gazpachovinaigrette, Croutons und Sauce Rouille
Im Zusammenspiel mit dem knackigen Frisée-Salat und der pikant-würzigen Rouille, die auf knusprigen Croutons platziert war, ergab das einen – sowohl geschmacklich als auch texturell – optimal aufeinander abgestimmten Teller, der von der unheimlich spannenden, nie ihr Ziel verfehlenden Kombination aus Schärfe, Säure und Fett lebte.
Mediterraner Aufgalopp
Das von der Konsistenz einem Steak nicht unähnliche Muskelfleisch des gegrillten Kalbsherzes entführte meine Herzensdame ins weit entfernte Peru und überzeugte mit seiner saftigen Fleischigkeit auf ganzer Linie. In dem südamerikanischen Land gelten ja insbesondere die Rinderherzspieße („Anticuchos“) als integraler Bestandteil eines echten BBQs.
Gegrilltes Kalbsherz mit Aubergine, Chimichurri und Süßkartoffel
Herdmeister Sitter servierte seine Version mit Süsskartoffeln, die zu seidigem Püree und zu knusprigen Chips verarbeitet wurden. Dem nicht genug, stellte er ihnen noch ein paar gegrillte Scheiben Aubergine an die Seite. Ein paar Kleckse Chimichurri-Sauce verströmten feine Kräuterwürze und komplettierten diesen außergewöhnlichen Grillteller im allerbesten Asado-Sinne.
Besonders die Ausgewogenheit des Gerichts wurde von meiner Frau gelobt, die ihrem Protagonisten, dank adäquater Würze, ein Maximum an Eigengeschmack entlockte. Und auch mein erster Happen Kalbsherz brannte sich tief ins kulinarische Gedächtnis.
Auch bei unseren beiden Hauptgängen zog der Küchenchef in gewohnter Manier vom Leder, denn bereits die Optik meines Wildgerichts ließ Bestes erwarten. Rosa leuchtete der aufgeschnittene Rehrücken im perfekten Gargrad. Er lag auf frankophil gebuttertem Kartoffelpüree und wurde von kurz in der Pfanne sautierten Pfifferlingen bester Qualität begleitet.
Der Rehrücken aus dem Pfälzerwald
Wie sich das für einen anständigen Hubertusteller – hier war der Name des Restaurants mal wieder Programm – gehört, steuerten mit grünem Pfeffer und altem Balsamico marinierte Kirschen eine feine, saisonale Süße bei. Geschnippelte grüne Bohnen brachten zusätzlich noch etwas Frische aufs Porzellan.
Rosa Reh und seine kulinarischen Komplizen
Rund und harmonisch wirkte dieses Wohlfühlgericht, dessen Hauptdarsteller aus dem nicht weit entfernten Pfälzerwald stammte. Ein absolutes Spitzenprodukt, das so zubereitet, zum molligen Soulfood mutierte.
Der schottische Wildlachs, den meine Frau auserkoren hatte, kam – wie sich das für einen echten Schotten gehört – aus dem heißen Rauch. Was bei Saibling und Lachsforelle funktioniert, schadete auch dem saftigen Wildfang aus dem klaren und sauerstoffreichen Wasser des Atlantiks nicht.
Der Schotte aus dem heißen Rauch
Butterzart und feinwürzig im Geschmack thronte eine stattliche Tranche auf geschmortem Landgurkengemüse, das sich unter einem weißen Tomatenschaum versteckte. Ein paar sautierte Pfifferlinge und ein frittiertes, mit Büffelmozzarella gefülltes Reisbällchen (Arancino) rundeten diesen abwechslungsreichen Fischteller ab.
Lachs mit Anhang
Meine Frau war jedenfalls genauso begeistert wie ich und es war ein echter Jammer, dass wir aufgrund unserer fortgeschrittenen Sättigung auf ein Dessert verzichten mussten. Außerdem hatten wir ja unsere Kleine dabei, die so langsam müde wurde.
Wie gerne wären wir noch ein wenig länger geblieben und hätten bei dem ein oder anderen Gläschen guten Wein den Abend genussvoll ausklingen lassen. Aber auch diese Zeiten werden bestimmt wiederkommen.
Der Hubertushof, diese kulinarische Kreativschmiede im Herzen von Ilbesheim, ist und bleibt unsere Leib- und Seelenadresse für die besonders herzlichen Genussmomente. Sandra Bernhard und Jochen Sitter wünsche ich für die Zukunft das Beste und hoffe, dass wir Anfang 2024 das 10-jährige Jubiläum gemeinsam feiern können. Die passenden Getränke dazu würden sich bestimmt finden…