Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 28.10.2017 2017-10-28| Aktualisiert am
28.10.2017
Besucht am 28.09.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 186 EUR
Die Kaiserstadt Speyer ist nicht gerade arm an gastronomischen Einrichtungen. Im Rahmen eines Treffens des „Wörther Gourmetclubs“ schlenderten vier hungrige Herren im besten Alter an einem lauen Septemberabend vom Dom aus die Maximilianstraße entlang in Richtung Korngasse, wo sich das vom Clubpräsidenten auserkorene Ziel, die gemütliche Weinstube „Zur alten Münz“, befand. Ich war mal wieder erstaunt, wie viele Restaurants, Bistros, Cafés, etc. sich im Zentrum ballten. Die spätsommerlichen Temperaturen füllten die Außenbereiche. Es war mächtig was los „uff de Gass“.
Kein Wunder, hat doch die ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eine außerordentlich hohe Restaurantdichte vorzuweisen, so der belesene Feinschmecker in unseren Reihen. Läuft man domabwärts auf das Altpörtel zu, lässt sich das nur bestätigen, da sich gerade im Stadtkern auf kleinstem Raum der Gastbetrieb konzentriert. In Landau oder Neustadt ist das etwas ausgedünnter, aber Speyer ist eben aufgrund seiner Historie auch touristisch eine ganz andere Hausnummer.
Als wir schließlich vor dem spätbarocken Fachwerkhaus mit dem geschwungenen Mansarden-Walmdach aus dem frühen 18. Jahrhundert aufschlugen, war die unmittelbar an der Korngasse gelegene Außenterrasse nahezu vollbesetzt. Schon einmal ein gutes Zeichen, dachte ich mir. Mein Kollege hatte einen Tisch für vier Personen im Inneren des Lokals reserviert. Schade, denn eigentlich hätte dem Schlemmen unter freiem Himmel wettertechnisch nichts entgegengestanden.
Der Name dieser Traditionsgaststätte bezieht sich auf das in direkter Nachbarschaft sich befindende historische Gebäude „Alte Münze“, eine unter Denkmalschutz stehende Speyerer Sehenswürdigkeit, die bereits Ende des 13. Jahrhunderts als Haus der Münzer bzw. Amtssitz des Stadtrats diente. Als Speyer 1689 von den Truppen des Sonnenkönig Ludwig XIV. dem Erdboden gleichgemacht wurde, fiel dem auch die „Alte Münze“ zum Opfer. Erst 1748 wurde hier an gleicher Stelle der heutige, imposante Barockbau neu errichtet. Heute sind hier neben der städtischen Kämmerei und Immobilienverwaltung ein paar Geschäfte untergebracht.
Wir betraten die Weinstube. Innen drin herrschte gediegene Rustikalität vor. Freiliegende Deckenbalken, holzverkleidete Wände und ein knorriger Parkettboden empfingen uns. Im vorderen Gastraum befanden sich ein paar schlicht eingedeckte Tische zur Rechten. Auch beim Mobiliar dominierte dunkles Holz. Lediglich von den mit beigem Kunstleder überzogenen Polstern der Eckbank farblich akzentuiert. Geradeaus befand sich als zentrales Raumelement der hölzerne Thekenbereich. Links daneben der Treppenaufgang zum 1.OG bzw. den Toiletten. Ein etwas abgesetzter, von einem verzierten Eisengeländer teilweise abgetrennter, kreisrunder „Stammtisch“, der leider schon besetzt war, fiel mir ins Auge. Sicherlich der beste Platz des Hauses. Wir wurden rechts an der Theke vorbei in den hinteren Gastraum geführt und durften direkt nach dem Durchgang unter den beiden imposanten Weinregalen Platz nehmen. Schade, dass hier aufgrund des gedimmten Lichts die Verhältnisse für aussagekräftige Essensbilder denkbar schlecht waren.
Der Akzent des sehr zuvorkommend agierenden Kellners sowie die Krautwickel „Klausenburger Art“ („Kolozsvári töltött káposzta", 17,90 Euro) auf der Empfehlungskarte deuteten schon zu Beginn auf die ungarischen Wurzeln der Pächterfamilie hin. In einer Pfälzer Weinstube mitten in Speyer war das schon eine kulinarische Überraschung, die ich so nicht unbedingt erwartet hätte. Das letzte Mal durfte ich die ungarische Küche vor vielen Jahren bei einem Sommerurlaub am Balaton bzw. anschließend in Budapest genießen. Und eines meiner absoluten Lieblingsgerichte, die Kesselgulaschsuppe, stand natürlich auch auf der Speisenkarte. Ich war begeistert.
Die weiteren Empfehlungen auf der schmalen Herbstkarte (Wildkräutersalat, Entenkeule) ignorierend, klappte ich die dunkle Kunstlederhülle der Speisenkarte auf und wurde zunächst über die bewegte Geschichte des Hauses informiert. Den sorgsam erstellten Überblick zu den Tagesgerichten, die von Montag bis Freitag zwischen 12 und 15 Uhr für faire 8,30 Euro angeboten werden, überflog ich kurz. Da wären auch ein paar Leckereien dabei gewesen, die mir am Mittag durchaus zugesagt hätten.
Ich las mich weiter durch die Karte. Zweimal Suppe, zwei Vorspeisen und zwei vegetarische Gerichte. Nicht viel für den Anfang, aber es sollte sich gleich ändern. Zwei Salate weiter dann die ersten Hauptakteure: Maispoularde, Lachsfilet, Roastbeefstreifen. Na das klang doch schon sehr vielversprechend. Es folgten drei Gerichte ungarischer Provenienz und ein pittoreskes Carnivorenkarussell, das mit Schweineschnitzel, Schweinefilet, Husarenspieß, Putenbrust- und Entenbrustfilet sowie dem obligatorischen Rumpsteak hinreichend bestückt war.
Jetzt war auch dem letzten Grünzeugverschmäher am Tisch klar: das wird ein Abend ganz im Sinne des gebratenen bzw. geschmorten Fleisches. Doch zuerst verlangten die durstigen Kehlen nach Wasser und Wein. Das Fläschchen Mineralwasser (0,5 Liter) schlug mit sportlichen 4,20 Euro zu Buche. Beim Wein sah das preislich viel entspannter aus. Die Flasche 2016er Chardonnay vom VDP-Weingut Bassermann-Jordan war für verhältnismäßig günstige 22 Euro zu haben. Schön, dass man es hier bei den Flaschenweinen mit den Preisfaktoren nicht übertreibt. Das Fläschchen Bionade (3,90 Euro) sowie die Spezi (3,60 Euro) lagen da wiederum im innerstädtischen Normbereich. Merke: in der alten Münz lieber eine Flasche Wein mehr trinken und die Diabetes fördernden Softdrinks mal außen vor lassen!
Ganz so exzessiv wie beim letzten Treffen unseres Gourmetclubs im Ketschauer Hof zu Deidesheim wollten wir es diesmal nicht treiben, weshalb wir uns von vornherein auf zwei Flaschen Wein (erst weiß, dann rot) pro Person äh… insgesamt beschränkten.
Doch zuerst wurde reihum das Essen geordert. Mozzarella mit Serranoschinken (8,50 Euro), der als Vorspeisenteller deklarierte gegrillte Ziegenkäse auf Wok-Gemüse und Datteln im Speckmantel (8,90 Euro), eine Kürbiscremesuppe mit knusprigen Süßkartoffelchips (5,90 Euro) sowie eine kleinere Variante der Kesselgulaschsuppe (5,50 Euro) sollten vor den Hauptgängen erst einmal Abhilfe schaffen. Letztere ging an mich und wurde mir genauso kredenzt, wie ich sie mag. Die Rindfleischstückchen herrlich mürbe vom langen Köcheln. Die Kartoffeln und die Karotten wurden nicht totgekocht, sondern hatten noch ganz leichten Biss. Alles wunderbar eingebunden vom dominierenden Paprika-Aroma. Nur der Kenner weiß die Verwendung von Schweineschmalz zum Andünsten der Zwiebeln bei einer Kesselgulaschsuppe zu schätzen. Dies fand hier lobenswerter Weise statt und sorgte für den deftigen Grundton. Die kleinere Vorspeisenportion war ausreichend bemessen. Zwar hätte ich von diesem herzhaft leckeren „Bagracsgulyas“ locker noch ein Schüsselchen vertilgen können, aber der Hauptgang stand ja noch aus.
Auch meine Kollegen am Tisch konstatierten, dass sie mit ihren vorweg gewählten Gerichten sehr zufrieden waren und schlemmten ordentlich drauflos. Die Kürbissuppe war gut abgeschmeckt und schön sämig. Der Vorspeisenteller meines Gegenübers hatte vom Umfang her fast schon Hauptgerichtcharakter. Eine dicke Scheibe gegrillter Ziegenkäse lag da auf einem Fundament aus gewokten Gemüse. Seine aufgespießten Datteln im Speckmantel steckten in einem Stück gegrillter Zucchini. Keck spross der „Speck-Dattel-Bonsai“ aus dem „Zucchini-Töpfchen“. Auch der mit Serrano-Schinken, Rucola und Tomaten veredelte Büffelmozzarella vom einzigen „Münzkenner“ am Tisch sah hübsch angerichtet aus und schien seinem Verzehrer wohl zu munden. Der trockene Chardonnay kam gut gekühlt aus der Flasche. Dieser wusste mit elegantem Schmelz und feiner Frucht zu überzeugen. Ein einfacher, klassischer Tischwein dessen „easy-drink-Attitüde“ zum Einstieg gut funktionierte und dessen Inhalt folglich recht schnell geleert wurde.
Die „rote Abteilung“ war dann mein Ressort. Zu unseren Fleischgängen sollte schließlich ein kräftiger Roter auf dem Tisch stehen. Das Flaschenweinangebot hing quasi direkt über uns, was den Blick in die – für diese Art der Gastronomie – recht umfangreiche Weinkarte eigentlich unnötig machte. Mit der Cuvée „Black Print“ von Markus Schneider liegt man im Grunde nie falsch, da es sich um einen wuchtigen Vertreter seiner Zunft handelt. Seine tiefdunkle Farbe erhält er von den Rebsorten Syrah, Merlot, St. Laurent und Cabernet Sauvignon, die eine fast schwarze Tinte entstehen lassen. Dieser wunderbar konzentrierte und vielschichtige Rotwein von der Mittelhaardt stand in der 2015er Version mit bemerkenswert gastfreundlich kalkulierten 25 Euro in der Karte gelistet. Keine Frage, hier mussten wir einfach zugreifen!
Die im Preis inbegriffenen Beilagensalate kündigten als Vorhut unsere Hauptgänge an. Das schön sauer angemachte Grünzeug entpuppte sich als frisches Beiwerk zu den deftigen Fleischgerichten. Einer der Kollegen hatte sich für das „Borjupaprikás“ (Kalbspaprikasch für 17,90 Euro) entschieden. Nicht zum ersten Mal, wie sich herausstellte. Er lobte die Kalbfleischstückchen, die himmlisch zart neben fluffigen Dill-Schafskäse-Nockerln lagen. Seine Paprikarahmsauce hatte genug Würze abbekommen. Er genoss seinen Teller sichtlich. Mein gegenübersitzender Rotweinkumpan verzehrte derweil sein knusprig gebratenes Entenbrustfilet (17,90 Euro). Ihr rosa Fleisch war infolge des Tranchierens gut sichtbar. Der umgebende Fettrand deutete auf delikate Saftigkeit hin. Die Cumberland-Sauce war in einem Extra-Schälchen in der Mitte seines Tellers platziert. Daneben befanden sich drei wohlgebräunte Reis-Zucchini-Kroketten, die etwa doppelt so groß ausfielen wie die gewöhnliche Norm-Beilage aus Kartoffeln und die sicherlich „à la maison“ gefertigt wurden.
Der Dritte im Bunde hatte sich für einen magyarischen Klassiker, das „Marhapörkölt dödöllével“ (Rindergulasch für 16,90 Euro) entschieden. Das mit Champignons verfeinerte Schmorgericht wurde von hausgemachten Kartoffelknödeln begleitet. Auch wieder ein Soulfood-Teller, der den Weichfleischenthusiasten neben mir in Verzückung versetzte. Kein Hauch von „Gulaschkommunismus“! Er bewältigte seine kulinarische Aufgabe auch alleine mit Bravour.
Nach meinem Kesselgulasch kehrte ich den ungarischen Schmorgerichten beim Hauptgang den Rücken und bestellte auf Anraten meines Kollegen das Schweineschnitzel „Wiener Art“ (13,50 Euro), das von leckerer Sesampanade umhüllt war. Zu den etwas dickeren Steakhousepommes wurde eine schmackhafte Bratensoße gereicht. Selten habe ich Pommes so genossen. In die Bratensoße getunkt, war das ein einfaches, aber äußerst wohlschmeckendes Fingerfood. Auch das Schnitzel konnte überzeugen. Sein Fleisch war saftig und leicht mürbe (Schnitzelkoch, ick hör‘ dir klopfen!). Knusprig ummantelt und dezent gewürzt fiel es überdurchschnittlich gut aus.
Eine Dessertvariation (8,90 Euro), ein paar Palatschinken (6,50 Euro) sowie eine Portion Somlauer Nockerln (6,50 Euro) später ging dann wirklich nichts mehr in uns rein. Die Nockerln hatte ich mir ausgesucht. Mit dem ungarischen Mehlspeisenklassiker aus zweierlei Biskuit mit Vanillepudding, Rum-Rosinen und Schokosoße bekam ich eine geschichtete Kalorienbombe par excellence vorgesetzt. Mit ordentlich Sprühsahne wurde die Mächtigkeit der auch in Österreich sehr beliebten Süßspeise noch zusätzlich erhöht. Da half nur eine gesunde „Wenn-schon-denn-schon-Einstellung“, um diesen kalorienreichen Dessertklassiker komplett zu vertilgen.
Die Toiletten befanden sich im zweiten OG, in dem auch die Küche untergebracht war. Ich denke mal, dass hier der Speisenaufzug unverzichtbare Dienste tut. Auf halber Strecke kam ich im ersten OG an einem weiteren Gastraum vorbei, der an diesem Abend aufgrund der gut besuchten Terrasse leer blieb. Auch hier dominierte dunkles Holz. Freiliegendes Fachwerkgebälk sorgte zusätzlich für eine gemütliche Atmosphäre. Merke: in der kälteren Jahreszeit im oberen Bereich der „alten Münz“ reservieren, da es hier noch behaglicher zugeht als im Erdgeschoss.
Schade, dass die ungarische Küche in unserer Region ein Nischendasein führt, denn sie ist der deftigen Pfalzkost ja nicht unähnlich. In Speyer gehört die „alte Münz“ sicherlich mit zu den besten Adressen wenn es denn mal gutbürgerlich hergehen soll. Die freundlichen Inhaber und das heimelige Interieur lassen mich eine klare Empfehlung aussprechen. Und eine Flasche „Black Print“ für 25 Euro gibt’s auch nicht überall. Klasse Abend in der Domstadt, lang lebe der Wörther Gourmetclub!
Die Kaiserstadt Speyer ist nicht gerade arm an gastronomischen Einrichtungen. Im Rahmen eines Treffens des „Wörther Gourmetclubs“ schlenderten vier hungrige Herren im besten Alter an einem lauen Septemberabend vom Dom aus die Maximilianstraße entlang in Richtung Korngasse, wo sich das vom Clubpräsidenten auserkorene Ziel, die gemütliche Weinstube „Zur alten Münz“, befand. Ich war mal wieder erstaunt, wie viele Restaurants, Bistros, Cafés, etc. sich im Zentrum ballten. Die spätsommerlichen Temperaturen füllten die Außenbereiche. Es war mächtig was los „uff de Gass“.
Kein... mehr lesen
Zur alten Münz
Zur alten Münz€-€€€Restaurant0623279703Korngasse 1, 67346 Speyer
4.5 stars -
"Ungarisch-deutsche Wohlfühlküche statt kulinarischer Gulaschkommunismus!" marcO74Die Kaiserstadt Speyer ist nicht gerade arm an gastronomischen Einrichtungen. Im Rahmen eines Treffens des „Wörther Gourmetclubs“ schlenderten vier hungrige Herren im besten Alter an einem lauen Septemberabend vom Dom aus die Maximilianstraße entlang in Richtung Korngasse, wo sich das vom Clubpräsidenten auserkorene Ziel, die gemütliche Weinstube „Zur alten Münz“, befand. Ich war mal wieder erstaunt, wie viele Restaurants, Bistros, Cafés, etc. sich im Zentrum ballten. Die spätsommerlichen Temperaturen füllten die Außenbereiche. Es war mächtig was los „uff de Gass“.
Kein
Besucht am 02.10.2017Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Seit Anfang März 2016 existiert in der Karlsruher Oststadt eine Filiale des auf Premium-Burger spezialisierten Gründers Norman Brackwehr. Über ein Jahr lang hatte dieser zusammen mit seinen „BeefBoten“ von einem trendigen Foodtruck aus die Streetfood-Szene von Bruchsal und Umgebung mit originellen Burger-Kreationen bereichert, ehe er sein erstes Burger-Restaurant in Bretten eröffnete. Es folgte im Januar 2016 schnell der zweite Ableger, der seitdem auf dem Bruchsaler Europaplatz direkt vor dem Cineplex-Kino zu finden ist. Der Laden in Bretten ist mittlerweile Geschichte. Stattdessen gibt man in Karlsruhe „Beef und Siegel“, um ganz im Sinne der Nachhaltigkeit die Gourmetbuletten-Fraktion nicht vom Fleisch fallen zu lassen.
Hier an der Ecke Gerwigstraße/Georg-Friedrich-Straße, in den Räumlichkeiten des ehemaligen Restaurants „Georg Friedrich“, das für seine Balkanküche bekannt war, wurde mächtig investiert und renoviert. Und das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen. Als wir an jenem Montagmittag kurz vor unserer Busfahrt zum Frankfurter Flughafen den altehrwürdigen Klinkerbau betraten, herrschte dort eine fast schon meditativ relaxte Atmosphäre – und das obwohl das Lokal recht gut besucht war. Ein Blick nach oben und das Rätsel der wohligen Akustik war gelöst. Eine schallgedämmte Decke, aus der putzige Spots aufleuchteten, sorgte also für angenehme Verhältnisse für die Ohren. Hängeleuchten, die wie auf alt gemachte Baustrahler in Einmachglas-Optik herab baumelten, zeichneten sich zusätzlich für die wohltuenden Lichtverhältnisse verantwortlich.
Daneben regierten gediegene Holzrustikalität und ausgefallene Vintage-Möbel diesen trendig urbanen Hort für betreutes „Burgern“. Ob das jetzt alles dem zeitgeistig genießenden Hipstertum geschuldet war, vermag ich nicht zu sagen und soll am besten jeder für sich selbst entscheiden. Ideenreich war der stilvoll eingerichtete Gastraum allemal angelegt. Die raumteilenden Säulen waren mit Buchseiten tapeziert, während eine mitten im Geschehen platzierte, hölzerne Doppeltür-Antiquität samt Rahmen und Echtverglasung mit ihrer abgesplitterten Lackschicht dem Raum einen Schuss extravagante Vergänglichkeit verlieh. Der heimelig wirkende Holzdielenboden lieferte die perfekte Basis für diesen geradlinig inszenierten Retro-Look, der sich mit massiven Holzplatten beim Mobiliar fortsetzte. Der dunkelgrün gekachelte Tresen, hinter dem sich die einsehbare Burgerküche befand, unterstrich das komplett auf Old-School getrimmte Erscheinungsbild des Ladens.
Auf den derben Holzbänken, lagen bequeme Kissen. Wer wollte, konnte sich auch in einem der gemütlichen Fauteuils zurücklehnen. Das Bücherregal mit jeder Menge literarischer Kost („alte Schinken“ zu innovativen Burgern…?) stand nicht weit entfernt. Nach freundlicher Begrüßung durften wir uns einen der freien Tische aussuchen. Wir entschieden uns für einen Fensterplatz, der den Blick auf den reichlich begrünten Biergarten davor freigab. Im Sommer sicherlich die angenehmste Möglichkeit mit Blick auf die Georg-Friedrich-Straße seine Open-Air-Bulette zu genießen. Umgeben vom unverputzten Backsteingemäuer und der angenehm gedimmten Beleuchtung wurde uns das Wohlfühlen leicht gemacht.
Der freundliche junge Mann, der den Service schmiss, reichte uns das „Beefpapier“, worin wir die zahlreichen Burgerkreationen inklusive Beilagen und ein paar Salate gelistet fanden. Aus der Palette an In-Getränken stachen uns die offizielle Craftbier-Hausmarke „Crafter“ sowie der naturtrübe Kräuterlikör namens „Odl“ sofort ins Auge. Weniger hip, dafür echt badisch: das gute alte Hoepfnerbier vom Fass. Der abstinente Modetrinker findet jede Menge Hamburger Limovarianten, die alle mit dem Vornamen Fritz beginnen. So gesehen nimmt das „Liebesbeef“ die mittlerweile schon standardmäßige Hürde in Sachen zeitgemäßer Softdrinks locker.
Die Namen der Gerichte klingen nicht weniger up to date. Es zwischenmenschelt kräftig bei den Burgerbezeichnungen, die sich „Ewige Treue“, „Jugenliebe“ und „Urlaubsflirt“ nennen. Das Fleischgewicht zwischen den Buns wird mit plus-minus 120 Gramm angegeben. Das hochwertige Angus-Rindfleisch für die Pattys stammt aus der Pfalz, genauer gesagt vom Angushof Carius aus Germersheim. Das erforderliche Grünzeug wird nicht weit weg, in Neibsheim bei Bretten, angebaut. Und die fluffigen Buns sind natürlich auch kein Massenprodukt, sondern werden von der Vollkornbäckerei Fasanenbrot aus dem nahegelegenen Stutensee-Blankenloch.
Das traditionelle Handwerk hat natürlich auch seinen Preis, obgleich sich dieser erfreulicherweise im Rahmen hält. Das carnivorenfreundliche Einsteigermodell mit Namen „Ewige Treue“ repräsentiert den Basic-Burger, der als Standard mit Salat (Lollo Bianco), Tomaten, Gurken und roten Zwiebeln ausgestattet ist. Dieser ist für 7,90 Euro erhältlich. Die veganen Varianten mit Kürbis- oder Falafelbratling namens „Reines Gewissen“ und „Reines Gewissen 2.0“ (ich hätte ihn wohl eher „Burgerneid“ oder „Im Zweifel für den Ganz-Veganen“ getauft…) beläuft sich auf 6,90 Euro. Die handgeschnittenen, in Kokosfett frittierten Pommes bestellt man separat (3,50 Euro). Für Frittenfans gibt es diese auch als gutes Pfund bzw. in der Süßkartoffelversion.
An Wochentagen wird einem zwischen 11.30 Uhr und 15 Uhr ein - dem Namen nach - fast schon unmoralisches Mittagsangebot unterbreitet. Beim sogenannten „Flotten Dreier“ herrscht freie Burgerwahl. Ein Schelm, der Schlüpfriges dabei denkt. Eine Portion Pommes oder ein Blattsalat-Techtelmechtel sind dabei inklusive. Und für den Durst wird ein hausgemachter Eistee (Zitrone oder Orange) gereicht. Mit 11,90 Euro ist man dabei und wird auch gut davon satt.
So jedenfalls meine Erfahrung, denn ich entschied mich für das Mittagsmenü. Mit meiner „Heißen Affäre“, dem mit Käse und Jalapeños verfeinerten Burger für all diejenigen, die der „ewigen Treue“ abgeschworen haben, wurde es mir gleich warm um den Gaumen. Meine Begleitung bewies ebenfalls „Burgernähe“ und bestellte die gleiche scharfe Gourmetfrikadelle. Der Fleischsaft tropfte vom perfekt medium gebratenen Patty, während wir die gut gebräunten „Craftfries“ mit den Fingern aus dem Frittierkorb zu Munde führten. Natürlich nicht ohne sie vorher noch in das Schälchen mit dem selbstgemachten Kürbisketchup zu tauchen. Der auf der heißen Bulette geschmolzene Käse hatte subtile Würze und war vom Geschmack her Lichtjahre von der Analogware der Franchise-Unternehmer mit dem großen M entfernt. Auch die Buns hoben sich bemerkenswert von den herkömmlichen Pappbrötchen ab. Jules Winnfield aus Pulp Fiction würde mir wahrscheinlich beipflichten: „Mmhhmm, this was a tasty burger!“
Merke: Ein echtes Liebesbeef-Erlebnis ist keine schnelle Nummer, dafür geht man mit gutem Bauchgefühl und angenehm entspannt aus einem Restaurant, dessen geschmackvoll eingerichtetes Interieur sehr zum Wohlfühlen beiträgt. Die betreuenden Beefboten machen ihre Sache gut, sind freundlich zuvorkommend und agieren nicht aufgesetzt cool. Die Premium-Buletten beweisen qualitative Substanz und können durchaus mit der „DeliBurgern“ aus der Akademiestraße mithalten.
Seit Anfang März 2016 existiert in der Karlsruher Oststadt eine Filiale des auf Premium-Burger spezialisierten Gründers Norman Brackwehr. Über ein Jahr lang hatte dieser zusammen mit seinen „BeefBoten“ von einem trendigen Foodtruck aus die Streetfood-Szene von Bruchsal und Umgebung mit originellen Burger-Kreationen bereichert, ehe er sein erstes Burger-Restaurant in Bretten eröffnete. Es folgte im Januar 2016 schnell der zweite Ableger, der seitdem auf dem Bruchsaler Europaplatz direkt vor dem Cineplex-Kino zu finden ist. Der Laden in Bretten ist mittlerweile Geschichte.... mehr lesen
4.5 stars -
"Von Premium-Burgern, Beefboten und einer heißen Affäre…" marcO74Seit Anfang März 2016 existiert in der Karlsruher Oststadt eine Filiale des auf Premium-Burger spezialisierten Gründers Norman Brackwehr. Über ein Jahr lang hatte dieser zusammen mit seinen „BeefBoten“ von einem trendigen Foodtruck aus die Streetfood-Szene von Bruchsal und Umgebung mit originellen Burger-Kreationen bereichert, ehe er sein erstes Burger-Restaurant in Bretten eröffnete. Es folgte im Januar 2016 schnell der zweite Ableger, der seitdem auf dem Bruchsaler Europaplatz direkt vor dem Cineplex-Kino zu finden ist. Der Laden in Bretten ist mittlerweile Geschichte.
Besucht am 09.08.2017Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Der letzte Tag im Exil an der Weser sollte nicht ohne ein gutes Mittagsmahl vonstattengehen. Vom Restaurant „Derby“ im Atlantic Hotel an der Galopprennbahn hatten wir bisher nur Gutes gehört. Besonders der preiswertige Mittagslunch wurde uns empfohlen. Noch ein kurzer Blick auf die Bookatable-App vom Guide Michelin und wir schwangen uns auf die Fahrräder in Richtung Ludwig-Roselius-Allee, die zwischen den beiden Bremer Stadtteilen Neue Vahr und Sebaldsbrück verläuft.
Das Hotel-Restaurant befindet sich in der ersten Etage. Von der Lobby aus führt eine Treppe direkt zum „Derby“ hinauf, wo wir von der Service-Leiterin freundlich in Empfang genommen und zu unserem reservierten Tisch geführt wurden. Das Reservieren hätten wir uns eigentlich schenken können, da an jenem Mittwochmittag nicht viel los war. Erst später füllte sich der vordere Bereich des Speiseraums. Eine ganze Schar von Golftanten ging nach getaner Arbeit auf der Driving-Ranch zum kollektiven Sättigungsritual über. Ein paar vereinzelte Geschäftsleute dinierten derweil gönnerhaft auf Spesen. Daneben eine Handvoll Stammgäste im gesetzteren Alter, die hier scheinbar zum täglichen Lunch dazu gehörten wie der Panoramablick auf die abschlagende Zunft draußen.
Doch wir konnten uns nicht lange am satten Grün erfreuen. Schuld daran waren die perfiden Fensterplatz-Reservierer vom Nachbartisch. Merke: beim nächsten Mal schon im Vorfeld einen Tisch direkt vor der Glasfront sichern! Ich rückte den bequem gepolsterten, mit weißem Kunstleder überzogenen Gastrostuhl zurecht. Für Sitzkomfort war also gesorgt. Meine Begleitung saß ebenfalls sehr kultiviert auf einer komfortablen Sitzbank, die dank ihrer brusthohen Rückwand aus hellem Holz für etwas Abgrenzung sorgte. Klar muss man als Hotelküche auch der Frühstückspflicht räumlich Rechnung tragen, weshalb man den Büfett-Bereich zentral im Gastraum platziert hat. Der großangelegte Speisesaal wirkte jedoch dank der raumteilenden Elemente ein wenig „wohnlicher“ als das auf den ersten Blick wirkte. So richtig gemütlich schienen mir jedoch nur die komplett holzverkleideten Sitznischen mit der u-förmig angeordneten, weißen Polsterlandschaft und den tiefhängenden Designerspots. Sicherlich ein vorzüglicher Platz für ein romantisches Dinner mit der Liebsten.
Zurück zum kulinarischen Aufgalopp am Mittag. Fünf verschiedene Gerichte hatte das Team um Küchenchef Francesco Cannistra heute ins „Sprintrennen“ geschickt. Zweimal Fleisch, zweimal Fisch (so gehört sich das in Bremen) und einmal ohne. Mit Preisen knapp unter 11 Euro bzw. um die 8 Euro (Veggie-Gericht) hielt sich das pekuniär ziemlich im Rahmen. Klar, mit den stolzen 6,90 Euro für die 0,75-l-Flasche Mineralwasser der Marke „Magnus Classic“ wurde das günstige Mittagsmahl zumindest teilsubventioniert.
Natürlich hätten wir auch aus der reichhaltigen Speisenkarte, die mit Rumpsteak, gefüllter Maispoularde, Rücken vom Iberico-Schwein und gegrilltem Kalbs-Kotelett besonders die Geschmäcker der Fleischfans zu treffen wusste, wählen können. Ein paar Vorspeisen, zweimal Suppe, vier Sorten Pasta, ein Veggie-Duo und drei Fischteller komplettierten die mit Bedacht getroffene Auswahl, die für jeden Geschmack etwas parat hielt. Doch unser Entschluss stand längst fest. Auf den bedruckten Papiersets am Tisch standen derart leckere Mittagsgerichte gelistet, da ließen wir die Standardkarte doch gerne links liegen.
Meine Begleitung wählte die Maispoularde mit Sambal-Oelek-Sauce, gebratenem Gemüse und Parmesanpolenta (10,80 Euro), während mir das Zanderfilet mit Karotten-Lauchgemüse und Butterreis (auch 10,80 Euro) am meisten zusagte. Meinem Extra-Wunsch, die ungeliebte Kapernsauce gegen die zum Rotbarsch gereichte Senfsauce einzutauschen, wurde gerne entsprochen.
Den Anfang machten ein paar Scheiben Olivenbaguette mit Butter und einem Schälchen Dill-Orangen-Schmand. Alles passte in den dafür vorgesehenen Holzkasten, den man vor uns in Tischmitte platzierte. Da ich zum Mittagessen selten Alkohol trinke, beließ ich es beim Wasser und übte mich in Weinverzicht.
Kaum war das letzte Stückchen Weißbrot „verstrichen“, wurden unsere beiden Hauptgänge serviert. Mein Zanderfilet kam perfekt auf der Haut gebraten und schmackhaft gewürzt aus der Pfanne. Die Senfsauce hatte genug geschmackliche Substanz um den neutralen Butterreis auszugleichen. Von sanft gegartem Karotten-Lauchgemüse eskortiert, war das insgesamt ein sehr stimmiger Teller, der den Zander als Hauptdarsteller gut in Szene setzte. Mir schmeckte mein „Sprintrennen“ ganz hervorragend und ich war froh über die ordentlich bemessene Portionsgröße.
Nach fundiertem Kochhandwerk sah auch der Teller meiner Begleitung aus. An dem knusprigen Maispoulardenschenkel lehnte keck ein fluffiger Parmesanpolenta-Quader. Darunter sorgte viel buntes Gemüse für vegetabilen Kontrast. Die Schärfe der Sambal-Oelek-Sauce hielt sich in Grenzen. Sie passte jedoch sehr gut zum knackigen Grünzeug und erweiterte zugleich das aromatische Spektrum des Gerichtes. Genau wie beim Fischteller war die Materialmenge gut bemessen, was unseren Dessert-Verzicht erklärt.
In der Summe war das ein äußerst erfreuliches Mittagsmahl, das ich nur weiterempfehlen kann. Die etwas überzogenen Getränkepreise halten sich mit dem beeindruckenden PLV beim Essen so etwa die Waage. Die Aussicht auf ein „Sonntags-Derby“, bei dem ein wöchentlich wechselndes 3-Gang-Menü für 21,50 Euro aufgetischt wird, hätte bestimmt auch Sportreporter und Pferdenarr Addi Furler - Gott, hab ihn selig - gefallen. Zumal er von der Terrasse aus den besten Blick auf seinen „Galopper des Jahres“ gehabt hätte.
Der letzte Tag im Exil an der Weser sollte nicht ohne ein gutes Mittagsmahl vonstattengehen. Vom Restaurant „Derby“ im Atlantic Hotel an der Galopprennbahn hatten wir bisher nur Gutes gehört. Besonders der preiswertige Mittagslunch wurde uns empfohlen. Noch ein kurzer Blick auf die Bookatable-App vom Guide Michelin und wir schwangen uns auf die Fahrräder in Richtung Ludwig-Roselius-Allee, die zwischen den beiden Bremer Stadtteilen Neue Vahr und Sebaldsbrück verläuft.
Das Hotel-Restaurant befindet sich in der ersten Etage. Von der Lobby aus... mehr lesen
Restaurant Derby im Atlantic Hotel an der Galopprennbahn
Restaurant Derby im Atlantic Hotel an der Galopprennbahn€-€€€Restaurant, Bar, Cafe042133300533Ludwig-Roselius-Allee 2, 28329 Bremen
4.0 stars -
"Kulinarisches Sprintrennen mit Blick auf Golfplatz und Galopprennbahn" marcO74Der letzte Tag im Exil an der Weser sollte nicht ohne ein gutes Mittagsmahl vonstattengehen. Vom Restaurant „Derby“ im Atlantic Hotel an der Galopprennbahn hatten wir bisher nur Gutes gehört. Besonders der preiswertige Mittagslunch wurde uns empfohlen. Noch ein kurzer Blick auf die Bookatable-App vom Guide Michelin und wir schwangen uns auf die Fahrräder in Richtung Ludwig-Roselius-Allee, die zwischen den beiden Bremer Stadtteilen Neue Vahr und Sebaldsbrück verläuft.
Das Hotel-Restaurant befindet sich in der ersten Etage. Von der Lobby aus
Geschrieben am 10.09.2017 2017-09-10| Aktualisiert am
10.09.2017
Besucht am 07.08.2017Besuchszeit: Mittagessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 33 EUR
Mal was Schnelles zwischendurch. Dachten wir, als sich während unseres Einkaufsbummels durch die Bremer City der gemeine Hunger zur Mittagszeit meldete. Gut, dass wir ein paar Tage vorher von Borgi persönlich durch dessen „Fressmeile“ geführt wurden. Topaz, Charles und das Alto im Atlantic Grand Hotel wurden dabei von der Bremer Gastroeminenz als mittägliche Einkehrmöglichkeiten dem angereisten Pfälzer Landei empfohlen.
Am „Jackie Su“ kamen wir bei unserem kleinen kulinarischen Spaziergang auch vorbei, doch ihm schenkte der Szenekenner kaum Beachtung. Wollte er mir etwas verheimlichen? Durchtrieben genug wäre er. Oder hat er etwa im benachbarten Asia-Lokal „Pochana Thai“ Aktien drin? Fragen, die nur der veritable Wesergaumen selbst beantworten kann.
Panasiatischer Küchenmix versus Thai-Food. Wir entschieden uns für die erstere Variante. Das hübsch gestaltete Logo des „Jackie Su“ trug die zeitgemäßen Worte „urban street kitchen“ schon im Namen. Das darauf abgebildete Mädchen mit den Ess-Stäbchen wirkte wie frisch aus einem Manga-Comic entsprungen. Bild, Name und Unterschrift suggerierten Internationalität. Und einem Pfälzer aus der Provinz würde ein bisschen Weltläufigkeit auch ganz gut zu Gesicht stehen. Das Wetter passte auch und wir ließen uns auf der „Straßenterrasse“ direkt vor dem Betonbau nieder.
Nun ja, besonders bequem waren die aufgestellten Sitzbänke aus Metall und Kunststoff nun wahrlich nicht. Wenigstens ein paar Kissen hätten dem schmucklos wirkenden Terrassenmobiliar gut getan. Unseren Allerwertesten übrigens auch. Urban-trendiger Stil ok, aber man muss aufpassen, dass man bei aller optischen Schlichtheit nicht ins Anspruchslose abdriftet.
Der flink agierende Service war von geschäftstüchtiger Effizienz. Er reichte uns zeitnah die aufklappbare Speisenkarte, die von einem zusätzlichen Wochenangebot ergänzt wurde. Letzteres hielt weitere sechs panasiatische Gerichte zwischen 5,70 Euro und 8,90 Euro bereit. Das überschaubare „Normalprogramm“ bestand aus asiatischen Suppenklassikern (Pho, Zitronengrassuppe), ein paar Curries (Gemüse-, Fisch- und Hähnchencurry), diverse Salate (z.B. Couscous-Salat) sowie einer Reihe Specials wie Bratreis, Pad Thai oder Hähnchen-Saté-Spieße. Mit 11,50 Euro stand das thailändische Fischcurry mit Spinat, Cashewkernen und Reis preislich an der Spitze. Die große Portion scharfer Möhrensalat mit Erdnüssen und Koriander wurde für 6,50 Euro angeboten. Wahlweise konnte man diesen mit Tofu oder Saté-Spießen „upgraden“.
Bei den Getränken schwor man auf den bekannten indischen Joghurtdrink. Etliche Lassi-Variationen (mit Mango, Minze, Himbeer-Maracuja etc.) waren in der Karte zum Einheitspreis von 3,50 Euro für den Drittel-Liter (0,33 l) gelistet. Das kostete im Übrigen auch das Fläschchen Singha-Bier. Die Flasche Vio medium (0,75 l) setzte die recht „urbanen“ Getränkepreise fort. Stolze 5,90 Euro blätterten wir dafür hin. Die Flasche Holunder-Bionade wurde mit 3 Euro berechnet. Aber die unausgewogene Preispolitik beim Mittagstisch, die auf günstigem Essen und teuren Getränken beruht, ist ja kein unbekanntes Phänomen mehr.
Wir entschieden uns für das thailändische Gemüsecurry mit Tofu (8,50 Euro), das indische Dhal Curry mit Tomaten (7,80 Euro) und das indonesische Rinderhack-Curry mit Gemüse und Sojasauce (8,70 Euro) von der Wochenkarte. Bei jedem der Gerichte kam die Reisbeilage gleich mit dazu in die weiße Schüssel. Auch mit frischem Koriander wurde bei keiner Curry-Schale gespart. Vom Schärfegrad her war das Asia-Food eher zurückhaltend gewürzt. Lediglich das Thai-Gemüse-Curry brannte etwas auf der Zunge. Sehr positiv: das Gemüse kam bei jedem der drei Gerichte noch schön bissfest gewokt auf den Teller. Die panasiatischen Kombinationen waren allesamt stimmig abgeschmeckt und lagen nicht schwer im Magen. Insgesamt also eine gute Wahl für den schnellen Mittagslunch.
Der Besuch der Nassräume erlaubte mir einen kurzen Streifzug durch das schlauchartig angelegte Innere des Lokals. Dort traf ich zunächst auf unverputzte, mit chinesischen Schriftzeichen versehene Betonwände, die schlicht-urbanen Industriecharakter ausstrahlten. Hier befand sich auch die offene Küche, dem Reich von Chefköchin Suphada Ketla aus Thailand, die sich mit ihrem kleinen Team für die Leckereien aus den Woks verantwortlich zeichnete.
Im hinteren Bereich des „Jackie Su“ ließ mich die überdimensionale „Fototapete“ für einen kurzen Augenblick ins Nachtleben einer asiatischen Großstadt eintauchen. Zwischen dunklen Wänden und grauen Betonpfeilern sitzt man hier auf Hockern bzw. Bänken aus hellem Holz. Kein Zweifel, man setzt bei der Einrichtung auf klare Linien. Alles sehr funktional und wenig bequem. Bei der gastronomischen Ausrichtung des Restaurants ist das kein Wunder. Auch die Garküchen Asiens eignen sich kaum für ein romantisches Candle-Light-Dinner. Insofern passt das schon. Genau wie die Deckenspots und die pylonenartigen Hängeleuchten, welche die weißen Platten der Zweiertische ins rechte Licht rücken. Größere Personengruppen finden dagegen am langen „Sozial-Tisch“ in der Mitte des Raumes Platz. Wer die aufgereihte Sitzordnung mag, kann sich einfach dazu setzen.
Früher gehörten zur Gastro-Familie des „Jackie Su“ noch zwei weitere Läden („Madame Ho“ und „Vivien Wu“), die mittlerweile geschlossen sind. Schade eigentlich, denn diese Form der leichten, frisch zubereiteten Straßenküche bietet tatsächlich eine schmackhafte Alternative zum fleischlastig-fettigen Fastfood wie es fast an jeder Ecke lauert. Für uns stellten die leckeren Schüsselgerichte eine willkommene kulinarische Abwechslung dar. Das überwiegend junge Publikum, das sich sein Essen auch gerne zum Mitnehmen einpacken ließ, sah das wahrscheinlich genauso. Und ich wette, dass mein kulinarischer Komplize von der Weser dort auch schon den ein oder anderen Mittagslunch genossen hat. Mal gespannt, ob er sich „outet“...
Mal was Schnelles zwischendurch. Dachten wir, als sich während unseres Einkaufsbummels durch die Bremer City der gemeine Hunger zur Mittagszeit meldete. Gut, dass wir ein paar Tage vorher von Borgi persönlich durch dessen „Fressmeile“ geführt wurden. Topaz, Charles und das Alto im Atlantic Grand Hotel wurden dabei von der Bremer Gastroeminenz als mittägliche Einkehrmöglichkeiten dem angereisten Pfälzer Landei empfohlen.
Am „Jackie Su“ kamen wir bei unserem kleinen kulinarischen Spaziergang auch vorbei, doch ihm schenkte der Szenekenner kaum Beachtung. Wollte er... mehr lesen
Restaurant Jackie Su
Restaurant Jackie Su€-€€€Bistro, Take Away042156518536Langenstraße 10-12, 28195 Bremen
4.0 stars -
"Schmackhafte panasiatische Mittagskost in urbaner Umgebung" marcO74Mal was Schnelles zwischendurch. Dachten wir, als sich während unseres Einkaufsbummels durch die Bremer City der gemeine Hunger zur Mittagszeit meldete. Gut, dass wir ein paar Tage vorher von Borgi persönlich durch dessen „Fressmeile“ geführt wurden. Topaz, Charles und das Alto im Atlantic Grand Hotel wurden dabei von der Bremer Gastroeminenz als mittägliche Einkehrmöglichkeiten dem angereisten Pfälzer Landei empfohlen.
Am „Jackie Su“ kamen wir bei unserem kleinen kulinarischen Spaziergang auch vorbei, doch ihm schenkte der Szenekenner kaum Beachtung. Wollte er
Besucht am 06.08.2017Besuchszeit: Mittagessen 6 Personen
…verkündige dorten, du habest uns hier speisen gesehen, wie das Gesetz es befahl. So hätte wohl der antike griechische Geschichtsschreiber Herodot von unserem Besuch beim Lesumer Traditionsgriechen im Rahmen einer ausgedehnten Radtour berichtet. Doch anders als der spartiatische König Leonidas, der mit – so will es der Mythos – gerade einmal 300 Mann der persischen Übermacht trotzte und mit ihnen in der Schlacht bei den Thermopylen Anfang August 480 v. Chr. vernichtet wurde, wollten wir das griechische Lokal in Bremen-Lesum auch wieder lebend verlassen. Und es sollte uns gelingen…
Nun, die Tour, die uns von der Vahr aus durchs Blockland bis an die Wümme führte, war nicht die kürzeste, aber sicherlich eine der schönsten, die wir bisher zusammen unternahmen. Als wir in Lesum ankamen, waren die Frühstückskalorien natürlich schon lange verbraucht. Schon im pittoresken Örtchen Wasserhorst beschlichen mich erste Anzeichen von aufkommendem Hungergefühl. Doch der Lesumdeich musste ja noch bezwungen werden, ehe wir die Halbzeitpause unseres Sonntagsausflugs unter griechischen Bedingungen einläuten konnten.
Über das „Sparta“ hatte ich so gut wie keine Vorkenntnisse. Lediglich der ausgewiesene Gastro-Hellene „Hanseat1957“ hatte es in seiner mittlerweile legendären Rangliste griechischer Lokale in und um Bremen gelistet (siehe dessen GG-Rezension zum Innenstadtgriechen „Notos“). Vertraut man seiner fachkundigen Einteilung, befindet sich das „Sparta“ im kulinarischen Mittelfeld, das er als „sättigend ohne große Beanstandungen“ näher beschreibt. An einem seiner Favoriten, dem „Orpheas“ in Burg-Grambke sind wir auf dem Weg zum „Sparta“ sogar noch vorbei geradelt.
Das griechische Restaurant in Bremen-Lesum ist ohne Frage ein Traditionslokal. Schon seit mehr als 30 Jahren werden hier Gäste empfangen und verköstigt. Es befindet sich auf dem Gelände des Schützenvereins Lesum-Burgdamm und schon der groß angelegte Außenbereich kündet von einer Auslegung auf viele Gäste (ca. 80 Plätze allein im Sommergarten). Vor der Sonne schützt das große rote Zeltdach. Aufgrund der warmen Witterung haben die vereinzelt stehenden Wärmepilze heute „hitzefrei“. Abends sind sie für „Draußenesser“ sicherlich eine Wohltat. Wir sitzen auf recht bequemen Stühlen aus Kunststoffgeflecht an Bistrotischen mit dunkler Platte. Ob das nun Holz oder Kunststoff war, ist mir nicht mehr in Erinnerung. Simple Eindeckung mit Einfachbesteck, Papierserviette, Pfeffer-/Salzstreuer und einem eher schmucklosen Tischläufer als Unterlage.
Die freundlichen, komplett in einheitlichem Schwarz gekleideten Servicemädchen, hatten viel zu tun, denn der Lesumer Grieche füllte sich zusehends. Mit der Speisenkarte kam auch der erste Begrüßungsouzo an den Tisch. Der Pilavas-Schriftzug auf meinem Glas ließ mich auf seine Herkunft schließen. Dennoch kam er mir nicht ganz so stark vor, wie es die 40 Volumenprozent suggerierten. Ob es sich hier um eine „Verdünnung“ handelte, kann ich nicht bestätigen. Das frisch gezapfte Konzernpils (0,4 l für 3,60 Euro) kümmerte sich schließlich um den Ausgleich meines Flüssigkeitshaushaltes. Und der Einstiegsouzo war sowieso schnell „verdampft“.
Sechs hungrige Personen, die das obligatorisch üppige Standardangebot der Speisenkarte studierten, zählte unser Tisch. Jaja, die Speiseauswahl griechischer Lokale brachte schon so manchen Vegetarier an den Rand der Verzweiflung. Kein Wunder, fühlt man sich doch gegenüber dieser „Randgruppe“ in Anbetracht der Palette an Fleischgerichten hoch überlegen. Im Zeitalter des voranschreitenden Veganismus spenden solche Carnivoren-Enklaven den einfachen Grill-Gemütern besonderen gastronomischen Trost.
Die beiden Damen zu meiner Linken schien dies nicht zu tangieren. Sie bestellten trotzig die Vegetaria-Platte (14,50 Euro) mit den üblichen, kalt-warmen Hellas-Antipasti. Die übrigen Mitglieder unserer Tischgesellschaft agierten vernünftiger und gönnten sich schweinische Leckereien vom Grill. So sorgten natürlich auch Souvlaki, Gyros und Co. für das leibliche Wohl der Radsportgruppe. Ein mit zwei ansehnlichen Spießen belegter Souvlaki-Teller (11,50 Euro), gegrillte Putenfilets mit Pommes (12,80 Euro) sowie die Samos-Platte für zwei Personen (27,50 Euro) wurden von der Fleischfraktion geordert.
Der Krautsalat kam vorweg mit einem ordentlichen Klecks Tsatsiki, ein paar milden, in Essig eingelegten Peperoni, einer Tomatenscheibe und der obligatorischen schwarzen Olive, die auf dem Gurken-Joghurt-Dip thronte. Nun ist ja Krautsalat nicht ganz so mein Ding. Grüner wäre mir dann doch lieber gewesen. Egal, so ein Beilagensalat gehört zum üblichen Vorspeisengeplänkel beim Griechen einfach dazu. Abnicken und weiterreichen war hier die Devise. Denn die Fleischplatte nahte.
Zwei mächtige Souvlaki-Spieße lagen quer über dem zentralen Gyros-Massiv. Flankiert wurden sie von zwei nicht minder stattlichen Hacksteak-Inseln, hier Biftekis genannt. Komplettiert wurde die Grill-Landschaft von zwei Häufchen Tomatenreis und den üblichen rohen Zwiebelringen zur Stärkung des Immunsystems. Die dunklen Röststreifen kündeten von der Zubereitung über offenem Grillfeuer. So ein Fleischgericht bedarf einer gründlich überdachten Vorgehensweise, was die Reihenfolge der zu verzehrenden Grilladen betrifft. Niemals, aber auch wirklich niemals mit dem Gyros beginnen! Ein kulinarischer Anfängerfehler, den ich früher oft mit zähem Schweinefilet oder steinhartem Souvlaki-Spieß folgerichtig bezahlte. Klar, das Hacksteak muss auch nicht gleich das allererste Opfer unserer Gier nach Grillgut sein, denn seine Textur zeigt sich eher unbeeinflusst was das leichte Auskühlen angeht. Ganz anders der Schweinespieß. Hier hatten wir es gleich mit zwei Vertretern der Gattung „Porcus souvlakis“ zu tun. Dicke Tranchen hatte man da auf Edelstahl gespießt und danach Gott sei Dank nicht totgebraten.
Damit nahm die kulinarische Plattentektonik ihren Lauf. Um es vorweg zu nehmen: im Sparta stimmt die Qualität beim Fleisch. Dem saftigen Spieß folgte ein eher zurückhaltend gewürztes Bifteki, ehe der knusprige Gyros die letzten Zweifel in Sachen Fleischgenuss aus dem Weg räumte. Der Tomatenreis war erfreulich körnig und hatte genug Frucht, um das pikant-würzige Hellas-BBQ geschmacklich etwas aufzufangen. Und so schlugen wir uns ähnlich wacker wie der anfangs erwähnte Leonidas am Thermopylen-Pass. Jedoch mit dem Unterschied, dass wir unsere Samos-Platte „vernichteten“.
Der Rest der Radsportgruppe „Bremen-Vahr“ strahlte ähnliche Zufriedenheit über das Essen aus. Alte Geschichten von früheren Sparta-Besuchen wurden aufgetischt. Damals, als die Gyros-Portion keine zehn Mark kostete…
Die beiden „Aushilfsvegetarösen“ neben mir teilten sich die Vegetaria-Platte, wohlwissend dass dieses Beispiel griechischer Frittierkunst alleine kaum zu bewältigen gewesen wäre. Und wirklich, hier wurde nicht gekleckert, sondern so richtig draufgeklotzt. Gegrillte Peperoni mit ordentlich Knoblauch obendrauf, gefüllte Weinblätter, gebackener Schafskäse, überbackene Champignons, Gigantes-Bohnen in Tomatensauce, frittierte oder gebackene Scheiben von der Aubergine und der Zucchini. Gehaltvolles zum Reindippen (Schafskäsecreme und Tsatsiki) vervollständigten das Veggie-Glück. Für die 14,50 Euro war das Gebotene wirklich erstaunlich und die beiden Mädels genossen ihre Platte sichtlich.
Kurz bevor wir den Rückweg antraten, schaute ich mir noch den mit dunklen Holzbalken versehenen Hauptgastraum an. Ihn streifte ich auf dem Weg zur Toilette, die einen etwas heruntergekommen Eindruck machte und sicherlich kein Örtchen des Wohlfühlens darstellte. Der Gastraum wirkte wesentlich einladender, machte er doch schon aufgrund der dunklen Holzpfeiler einen leicht verwinkelten Eindruck. Gepolsterte Eckbänke und „eiserne Vorhänge“ ließen gemütliche Sitzecken entstehen, die zur heimeligen Atmosphäre passten. Im angrenzenden „Wintergarten“ ging es da schon etwas betriebsamer zu. Bei insgesamt 120 Innenplätzen wunderte das auch nicht, war an jenem Sonntagmittag nicht nur die Außenterrasse gut besucht.
Auf der Internet-Seite las ich von einem Buttersäure-Anschlag vor rund vier Jahren in eben jenem Gastraum. Die feigen Täter wurden scheinbar nie gefasst. Bleibt zu hoffen, dass der Betreiberfamilie Rempelos solche existenzgefährdenden Erlebnisse in Zukunft erspart bleiben und sie auch weiterhin so gute Qualität in Bremen-Lesum auf die Teller bringen. Ein wirklich lohnendes Ausflugsziel, das vor allem bei gutem Wetter seine Reize hat.
…verkündige dorten, du habest uns hier speisen gesehen, wie das Gesetz es befahl. So hätte wohl der antike griechische Geschichtsschreiber Herodot von unserem Besuch beim Lesumer Traditionsgriechen im Rahmen einer ausgedehnten Radtour berichtet. Doch anders als der spartiatische König Leonidas, der mit – so will es der Mythos – gerade einmal 300 Mann der persischen Übermacht trotzte und mit ihnen in der Schlacht bei den Thermopylen Anfang August 480 v. Chr. vernichtet wurde, wollten wir das griechische Lokal in Bremen-Lesum... mehr lesen
Restaurant Sparta
Restaurant Sparta€-€€€Restaurant0421637311Hindenburgstr. 14 a, 28717 Bremen
4.0 stars -
"Radfahrer kommst du nach Sparta…" marcO74…verkündige dorten, du habest uns hier speisen gesehen, wie das Gesetz es befahl. So hätte wohl der antike griechische Geschichtsschreiber Herodot von unserem Besuch beim Lesumer Traditionsgriechen im Rahmen einer ausgedehnten Radtour berichtet. Doch anders als der spartiatische König Leonidas, der mit – so will es der Mythos – gerade einmal 300 Mann der persischen Übermacht trotzte und mit ihnen in der Schlacht bei den Thermopylen Anfang August 480 v. Chr. vernichtet wurde, wollten wir das griechische Lokal in Bremen-Lesum
Geschrieben am 02.09.2017 2017-09-02| Aktualisiert am
02.09.2017
Besucht am 04.08.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 470 EUR
So ähnlich hätte wohl Ludwig XIV. seine Gäste begrüßt, wäre er kein absolutistischer Herrscher, sondern Gastronom aus Leidenschaft gewesen. Nun, Chefkoch und Betreiber des Restaurants „Feines 1783“ Stefan Schröder ist genau das und lange Reden sind nicht sein Ding. Stattdessen möchte der 41jährige Hanseat lieber mit hoher Produktqualität, ausgesuchten Zutaten und dem Komplettverzicht auf Konservierungsstoffe bzw. Geschmacksverstärker punkten.
Mit markigen Sprüchen, die vielleicht nicht bei jedem Gast gut ankommen, verkörpert der Hamburger Jung, der im Souterrain des Schüttings, einem denkmalgeschützten Gebäude der Bremer Kaufmannschaft, sein mittlerweile viertes Restaurant betreibt, den immer seltener werdenden Typus eines unterhaltsamen Küchenchefs, der den Gästekontakt sucht und mit seinem profunden Produktwissen nicht hinterm Berg hält. „Die Karte bin ich!“ – ein Satz von ihm, der gleich zu Beginn den Titel für diesen denkwürdigen kulinarischen Abend im Zentrum Bremens lieferte.
Sein gastronomischer Werdegang an der Weser begann vor ca. 7 Jahren, als er in Schwachhausen das „Allegria“ eröffnete und dort mit Prime Beef und Meeresdelikatessen den Spaß am Genießen von Beginn an in den Vordergrund rückte. Doch nicht nur dort sorgte er für „strahlende Gaumen“ (Zitat Stefan Schröder). Im „Kleinen Ratskeller“ verhilft er seit 2014 der traditionellen Bremer Küche zu mehr Ansehen. Seit 2016 lässt er als Geschäftsführer im „Piazza“ an der Schwachhauser Heerstraße die toskanische Frischeküche mit hausgemachter Pasta und frischem Meeresgetier auf seine Genießerklientel los.
Soweit die rasante Entwicklung des Herrn Schröder, die schon einige Parallelen zum Frankfurter Erfolgsgastronom Christian Mook aufweist. Wie dieser setzt der Wahlbremer auf bestes Fleisch in ungezwungener, jedoch besonderer Umgebung. Und auch bei ihm ist der Promi-Faktor zuweilen recht hoch – zumindest was sein Erstlokal „Allegria“ angeht. Nun hat der aufstrebende Autodidakt am Herd mit der Traditionsadresse am Bremer Marktplatz ein weiteres Ass in Sachen gehobener Kulinarik aus der Kochjacke geschüttelt. Dort kocht er nicht nur für „Werder-Legenden“ und „Club-Veteranen“ (der „Club zu Bremen“ hat das Restaurant an ihn verpachtet, Anm.), sondern auch für Borgfelder und Pfälzer im Genuss-Exil.
Ein kleiner Zeitsprung. 1783, als den Brüdern Montgolfier der erste Aufstieg eines bemannten Heißluftballons gelang und Wolfgang Amadeus Mozart im Wiener Burgtheater so richtig abrockte, noch lange bevor der Österreicher Hans Hölzel alias „Falco“ davon Wind bekam, wurde der „Club zu Bremen“ gegründet. Es ist heute der älteste und größte Gesellschaftsclub seiner Art und das Schütting ist sozusagen sein „Clubhaus“. Ein solches ist ohne die passende Gastronomie kaum vorstellbar. Doch leider war diese in den letzten Jahren von einigen recht erfolglosen Konzepten geprägt. Nach gut halbjähriger Zwangspause übernahm dann Stefan Schröder das Ruder im „1783“ und schuf dort binnen weniger Monate eine „Clubhaus-Gastronomie“ der ganz besonderen Art, wovon wir uns Anfang August selbst ein Bild machen konnten.
Wie immer wenn die „Pfälzer Genussfraktion“ den weiten Weg an die Weser findet, gerät ein hier schon mehrfach in Erscheinung getretener Prime-Rezensent in einen Gemütszustand, der zwischen wachsender Euphorie und leichter Panik changiert. Wo soll es nur an diesem einen Abend hingehen? Die Auswahl der passenden Lokalität macht sich der Bremer Edelkritiker nie leicht, obwohl er ja mittlerweile ganz genau weiß, welche Vorlieben der Schreiber dieser Zeilen mit ihm teilt. Aber wird der ausgesuchte Genusstempel auch der weiblichen Neigung entsprechen? Zugegeben: kein leichter Job. Doch mit der eigens angefutterten Restaurant-Routine ließ der Geschmacks-Guru aus der Hansestadt auch diesmal nichts anbrennen und reservierte einen Tisch für vier im altehrwürdigen Gewölbekeller des „Schütting“.
Die aufgestellte Schiefertafel vor dem Eingang kündete von Vitello tonnato (11,50 Euro), gegrilltem Big-Eye-Tuna (15 Euro) und Baby-Steinbutt (25 Euro). Das hörte sich doch schon ganz ordentlich an. Ein paar Treppenstufen weiter unten wurden wir freundlich empfangen – aha, der Bremer Local verkehrt hier öfter! – und in der Nähe zur Bar platziert. Getränketechnisch gesehen sicherlich einer der besten Plätze des Hauses. Der Gastraum füllte sich nach und nach, und das obwohl das Wetter zum Draußensitzen auf der Marktplatz-Terrasse einlud. Nun ja, dem Bremer Sommer fehlt ja in der Regel die Wärme der späten Stunde, die in der Pfalz selbst Ende August noch den Genuss unter freiem Himmel ermöglicht. Deshalb ging die Wahl des Tisches im Inneren auch völlig in Ordnung. Zumal eine der Damen am Tisch etwas erkältet war.
Ganz wichtig: man kommt als Gast gleich an. Sowohl das unprätentiöse Auftreten der Servicekräfte, als auch der stilvoll-gemütlich eingerichtete Gastraum sorgen schnell für Wohlbefinden. Das weiß gestrichene, indirekt angestrahlte Gewölbe, der edle Parkettboden und die schnörkellose Eindeckung auf hellen Holzplatten fallen mir sofort ins Auge. Letztere kommt mit Einfachbesteck, Stoffserviette, Brottellerchen und bauchigem Wasserglas auch ganz gut ohne weiße Tischdecke aus. Bequem gepolsterte Gastrostühle und Wandbänke bieten eine angenehme Unterlage. Eine knapp über Hüfthöhe eingezogene Abtrennung kommt ihrer raumteilenden Funktion nach. Daneben bietet der Gewölbekeller kleinere Nischen für Romantiker oder solche, die den Präsentierteller meiden.
Im dahinter liegenden zweiten Gastraum geht es etwas gediegener zu. Zwar blicken auch hier ein paar historische Gestalten leicht mürrisch und nicht minder großformatig von den in makellosem Weiß gehaltenen Wänden, aber die Tische sind hier ganz klassisch in weißes Leinen gehüllt. Zusammen mit den dunklen Sitzbezügen wirkt das etwas edler. Eben weniger „casual“ wie man heute zu sagen pflegt. Die unterschiedliche Einrichtung der Gasträume drückt sich auch in Form der von der Decke baumelnden Leuchten aus. Globige Hängeleuchten mit Einzelspot aufs Wesentliche findet man in den Nischen. Flache, an den Wänden angebrachte Designerlamper strahlen quaderförmig in Richtung Gewölbedecke. Und im eher klassisch angehauchten hinteren Abteil hängen antik anmutende Kronleuchter. Die bewusst reduziert gehaltene Dekoration begnügt sich mit der Zurschaustellung einiger „Big Bottles“ in Rot samt hochwertiger Holzkisten. Auf ausgedienten Barrique-Fässern harren jede Menge Digestivmöglichkeiten ihrer Ausschöpfung.
Aber auch was das Aperitif-Angebot angeht, ist man hier gut aufgestellt. Wenn ich auch auf meinen obligatorischen Pernod verzichten musste. Mein Bremer Informant hat mir übrigens brühwarm gesteckt, dass die Lücke in Sachen südfranzösischem Kräuterschnaps mit Anisschwerpunkt nach unserem Besuch zeitnah geschlossen wurde. Der fruchtige Lillet-Berry (6,90 Euro) schmeckte aber auch ganz vorzüglich und verschaffte mir etwas lindernde Kühle an diesem warmen Sommerabend. Die beiden Damen am Tisch hatten es zu Beginn ganz gern alkoholfrei, was ihnen zwei Sommercocktails (jeweils 8,50 Euro) einbrachte. Meinem Gegenüber war da eher nach Schampus zumute. Die 19,50 Euro für das Gläschen (0,1l) schreckten ihn nicht davon ab, gleich zweimal den Perrier Jouet Blason Rosé zu ordern. „Nobel geht die Welt zugrunde…“ sagen die einen. Andere wiederum halten es eher wie der nette „Onkel“, der uns an diesem Abend nicht nur bekochte, sondern auch am Tisch beriet: „Warum willst du laufen, wenn du fliegen kannst…“ Ein Text der ihm sicherlich leicht von den Lippen kommt.
Der ließ wirklich nichts unversucht, um uns auf die richtige Prime-Beef-Fährte zu schicken. Ein paar kurzgebratene Mikroscheiben vom „besten Rind aus Bremen“ als Appetizer, die in keinster Weise „wie Omma unterm Arm“ schmeckten, sondern in uns den Wunsch nach carnivorischer Erleuchtung entfachten. Oder das Steinpilzsüppchen, bei dem er vorher „seine(n) Löffel abzugeben“ drohte, damit wir die herrlich intensiv schmeckende Schwammerl-Essenz auch ja ganz auslöffelten. Daneben machten wir die Bekanntschaft mit einem ultrafrischen Riesenknurrhahn, den er uns genauso stolz am Tisch präsentierte wie das fleischliche Rohmaterial, das in Form eines 300 Gramm schweren Rinderfilets und eines noch etwas mächtigeren Entrecôtes (400 Gramm) später auf unseren Tellern landen sollten.
Ruhelos nah am Kunden und kompromisslos qualitätsbewusst am Herd – so lernten wir Stefan Schröder an diesem Abend kennen und schätzen. Dauernd zwischen seiner Küche und dem Gastraum pendelnd. Als Opener brachte unsere „lebende Speisekarte“ eine verdammt kreativ angerichtete Surf’n-Turf-Vorspeisenplatte mit stattlicher Ausstattung an den Tisch. Austern, gegrillte Garnelen, perfekt gebratene Jakobsmuscheln, Tagliata vom Rind, Beef Tartar, Röstbrot, Spicy Popcorn und gebackene Datteltomaten lagen mit ein paar hausgemachten Dips (endgeile Mango-Aioli!) und jeder Menge Grünzeug aus dem Kräutergarten auf einer respektablen Glasplatte. Die 34 Euro für diesen sündhaft leckeren Hingucker waren wirklich sehr gut angelegt.
Das Seafood war von bestechender Qualität und auch das süffige, mit delikater Chili-Mayo überzogene Beef Tartar wusste mit unserem ersten Hunger perfekt umzugehen. Mit ihren unterschiedlichen Aromen und Geschmacksnuancen setzte die große Hedonisten-Platte gleichmal ein ganz dickes kulinarisches Ausrufezeichen an diesem noch jungen Abend. Dass Stefan Schröder nicht nur lockere Sprüche draufhat, sondern auch richtig gut kochen und vor allem einfallsreich kombinieren kann, wussten wir spätestens nach dieser sagenhaften Synthese aus herzhaft-filigranen Preziosen von der Weide und aus der See.
Dazu – außer dem üblichen Edel-Blubberwasser von Vilsa (0,75l für 5,90 Euro) gegen den Durst – eine mit fairem Zweierfaktor berechnete Lagencuvée aus der Pfalz. Der knarztrockene Riesling „Suez“ (35 Euro) vom VDP-Giganten Reichsrat von Buhl sprach zwar dem Moselenthusiasten unter uns nicht vollends zu, hatte aber genug Rasse um die illustre Gesellschaft feiner Vorspeisen adäquat zu begleiten.
Als kleinen Zwischensnack teilten sich die beiden „Gustatores“ am Tisch den gegrillten Bigeye-Tuna vom Tagesangebot (15 Euro). Das bedeutete: für jeden zwei perfekt gebratene, mit Sesam ummantelte Scheibchen vom Lieblingsfisch meines Katers Jules. Selbstverständlich auf zwei Teller verteilt und ästhetisch in Szene gesetzt. Rote Beetemus und Mini-Stückchen vom jungen, grünen Spargel wurden von würzigem Popcorn und aromatischem Thai-Basilikumpesto kongenial ergänzt. Das sah nicht nur gut aus, sondern passte auch hervorragend zusammen. Ideenreich und ohne viel Chichi auf dem Teller war das eine gelungene Komposition, die mit erdigem Rote Beete Aroma und einer feinen Asia-Würze den in Sashimi-Qualität gereichten High-End-Thunfisch angemessen begleiteten. Die Resonanz am Gaumen war entsprechend positiv.
War es die Hitze oder diese Art von allgemeiner Versoffenheit, die vorzugsweise dann eintritt, wenn das Setting rundherum passt, warum der Pfälzer Riesling in relativ kurzer Zeit der Becherlaune unseres Vierertisches anheimfiel? Auch egal, denn für Nachschub war ja schnell gesorgt. Zugegeben, als Pfalzweinfan lege ich insbesondere bei den weißen Kreszenzen die angetrunkenen Scheuklappen nur selten ab und packe die Gelegenheit auf ein Glas voll Heimat gerne beim Stiel des konkaven Weinkelches. Zumal sich die Auswahl an Weinen Pfälzer Provenienz im „Feines 1783“ durchaus sehen lassen konnte. Wir entschieden uns für den strohgelben 2016er Sauvignon Blanc aus dem Hause Knipser (32 Euro), der sogleich mit mineralischer Zitrusfrische am Gaumen punktete.
„Trinkfreude mit Trinkfreunden teilen!“ – Bacchus war uns hold und unsere Weinlaune stieg mit jedem Glas. Die Mädels am Tisch übernahmen schließlich die restliche Vernichtung der Weißwein-Bestände, während die auf Prime-Beef wartende Männlichkeit einen Roten Italiener für würdig erachtete, die hausgereiften Edelstücke zu begleiten. Getreu dem Motto „Was du heute kannst entkorken, das verschiebe nicht auf morgen!“ trauten wir uns an einen 2013er Cesanese von Ômina Romana aus dem Latium (59 Euro). Keine Frage, mit dieser autochthonen, bei uns so gut wie unbekannten Rebsorte, wollten wir unseren Rotweinhorizont erweitern. Die antike Edelrebe aus dem Lazio besaß ein elegantes Tanningerüst und hatte trotz der spärlichen 13 Volumenprozent noch genügend „Bumms“ um dem Nobel-Rind Paroli zu bieten. Kein außergewöhnlicher Tropfen, aber sicherlich auch kein vinophiler Fauxpas.
“Let the Beef do the talking!” Auf zwei Teller verteilt, lagen die beiden Traumtranchen übereinander gestapelt vor uns. Welch ein Anblick in Rosa. Sowohl das Filet (oben), als auch das Entrecôte-Fundament waren hervorragend medium-rare gegrillt, raffiniert gewürzt und von bestechender Fleischqualität. Bestes US-Beef, wie ich es vorher nur einmal im Karlsruher „Scheibenhardt“ vom Bader Lenny serviert bekam. Für das 300 Gramm schwere Filet wurden 55 Euro berechnet, während das 400g wiegende, sicherlich beste Entrecôte meines Lebens mit 45 Euro zu Buche schlug. Die ausgeprägte Marmorierung des Fleisches, die uns schon im Rohzustand ins Auge fiel, sorgte für eine superbe Saftigkeit und der Geschmacksträger Fett für vollmundigen Fleischgenuss. Dazu servierte Stefan Schröder delikat gewürzte Fritten, die er mehr durch die Fritteuse jagte und die wahrscheinlich noch drei Tage später den gleichen Grad an Knusprigkeit gehabt hätten. Auch dazu gesellten sich ein paar hausgemachte Dips, die das Ganze noch optimierten.
Die Wahl der jungen Dame neben mir fiel weniger fleischlastig aus. Sie hatte sich für die hausgemachte „Fiori-Pasta“ (16 Euro) aus kanadischem Bio-Hartweizen entschieden. Mit gebratenen Pfifferlingen, frittiertem Rucola, Röstbrotscheiben, geschmolzenen Cocktail-Tomaten und Pinienkernöl veredelt, hätte dieser ansehnliche Nudel-Teller gar nicht mediterraner ausfallen können. Ein einfaches Gericht, das von der Zubereitung her keine Wünsche offen ließ. Die Pasta perfekt gegart, das Pilzragout von intensivem Aroma. Die Basics passten im „1783“ also auch.
Das Zitronenrisotto erhielt sein kulinarisches „Upgrade“ durch das gegrillte Seezungenfilet (30 Euro). Mit einer stattlichen Zucchini-Scheibe vom Grill und einem kleinen Streifzug durch Schröders mediterranen Kräutergarten brachte das optisch wie geschmacklich frischen Wind auf den Teller. Ein Beweis, dass man hier nicht nur die Garpunkte beim Fleisch perfekt einzuhalten verstand.
Den schon stark vorangeschrittenen Sättigungsgrad missachtend, wurde zum kulinarischen Finalschlag angesetzt. Die Damen teilten sich eine Crème brulée von der Tahiti-Vanille mit einer Nocke Cassis-Sorbet (9 Euro), während die Herren das „alles Käse“ fanden und sich über eine stattliche Auswahl von Rohmilchvertretern (inkl. Parmaschinken, Feigenchutney und Grissini) hermachten.
Klar musste auch der letzte Gang alkoholisch unterfüttert werden. Das Fläschchen 2013er Riesling Auslese vom Reichsrat von Buhl (0,5l für 42 Euro) schmeckte dazu „Ungeheuer“lich gut. Dazwischen platzierten wir noch das ein oder andere Gläschen Rotwein (ein Zinfandel aus Kalifornien war auch dabei), um den Rausch perfekt zu machen.
Danach führte mich der Hausherr locker dozierend durch die historischen Räumlichkeiten. Neben dem mondänen Clubraum des Bremer Gesellschaftsvereins imponierte mir vor allem der Besuch der Küche. So oft lassen sich die Herren am Herd ja nicht auf die Armaturen schauen.
Ein paar selbstgemachte Macarons, weißer Nougat und das obligatorische Popcorn, das sich in unterschiedlichster Würze auf nahezu jedem Teller an diesem Abend wiederfand, entließen uns um ca. 500 Euro erleichtert in die Bremer Nacht. Keine Frage: ein Abend, an den wir noch lange zurückdenken werden. Dank Stefan, Borgi & Co.
So ähnlich hätte wohl Ludwig XIV. seine Gäste begrüßt, wäre er kein absolutistischer Herrscher, sondern Gastronom aus Leidenschaft gewesen. Nun, Chefkoch und Betreiber des Restaurants „Feines 1783“ Stefan Schröder ist genau das und lange Reden sind nicht sein Ding. Stattdessen möchte der 41jährige Hanseat lieber mit hoher Produktqualität, ausgesuchten Zutaten und dem Komplettverzicht auf Konservierungsstoffe bzw. Geschmacksverstärker punkten.
Mit markigen Sprüchen, die vielleicht nicht bei jedem Gast gut ankommen, verkörpert der Hamburger Jung, der im Souterrain des Schüttings, einem denkmalgeschützten... mehr lesen
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"„La Carte – c’est moi!“" marcO74So ähnlich hätte wohl Ludwig XIV. seine Gäste begrüßt, wäre er kein absolutistischer Herrscher, sondern Gastronom aus Leidenschaft gewesen. Nun, Chefkoch und Betreiber des Restaurants „Feines 1783“ Stefan Schröder ist genau das und lange Reden sind nicht sein Ding. Stattdessen möchte der 41jährige Hanseat lieber mit hoher Produktqualität, ausgesuchten Zutaten und dem Komplettverzicht auf Konservierungsstoffe bzw. Geschmacksverstärker punkten.
Mit markigen Sprüchen, die vielleicht nicht bei jedem Gast gut ankommen, verkörpert der Hamburger Jung, der im Souterrain des Schüttings, einem denkmalgeschützten
Geschrieben am 18.08.2017 2017-08-18| Aktualisiert am
21.08.2017
Besucht am 02.08.2017Besuchszeit: Abendessen 5 Personen
Rechnungsbetrag: 90 EUR
Der allgemeine Trend zu handwerklich gebrautem Bier lässt mittlerweile selbst die großen Brauereien sonderbar gehopfte Erzeugnisse auf den Markt werfen. Und so hat die Rückbesinnung auf alte Brautugenden auch in Deutschland eine Craftbeer-Szene entstehen lassen, die mit ungewöhnlichen Kompositionen und Aromen für immer mehr Aufsehen sorgt. Da macht auch Bremen keine Ausnahme. Noch vor zwei Jahren waren es in der Hansestadt gerade mal drei Brauereien (von ehemals 35 im Jahre 1748), die noch aktiv waren.
Heute sind mit der Bremer Braumanufaktur, der Grebhan’s Brauerei und der Union Brauerei ein paar regionale Hopfenhelden dazu gekommen. Und selbst bekennende Freunde des Mosel-Rieslings zieht es hin und wieder in die „Craft Bier Bar“ am Wall, in der man sich zwischen 40 verschiedenen (!!!) Fassbieren entscheiden darf. Daneben stehen noch über 100 Flaschenbiere für den globalen Durst zur Verfügung.
Wem das zu weltoffen ist, fährt wohl besser etwas weiter nördlich zur angesagten Union Brauerei. Das schmucke, heute denkmalgeschützte Anwesen dümpelte knapp 50 Jahre lang als „Brauruine“ vor sich hin, ehe es aufwändig saniert und im Dezember 2015 wiedereröffnet wurde. Mit moderner Technik hat man das historische Backsteingebäude zur „Freien Brau Union Bremen“ erhoben und die Unabhängigkeit vorsorglich im Namen verankert. Man versteht sich schließlich als selbständige freie Handwerksbrauerei und das passt konzeptionell ja ganz gut in die mindestens genauso freie Hansestadt an der Weser.
Auf dem eindrucksvoll restaurierten Brauereigelände existiert ein Shop, in dem zusätzlich zum vielfältigen Flaschenbierangebot (9 verschiedene Sorten!) auch allerlei Devotionalien rund um das frisch Gehopfte „gemerchandised“ werden. Caps, T-Shirts und Hoodies warten samt Brauerei-Logo auf ihre junggebliebene Klientel. Ein paar Treppenstufen höher werden im großzügigen Braugarten regelmäßig die Spiele des SV Werder unter dem Glasdach übertragen. Bei schönem Wetter lässt sich dieses sogar öffnen.
Gastronomisch von Interesse ist das angeschlossene Brauereigasthaus, in dem es sich zünftig speisen lässt. „Nicht kleckern – klotzen!“ scheint das Motto der Betreiber zu sein. Das hineingesteckte Geld muss ja auch irgendwie wieder reinkommen. Kein Wunder, dass sich die Biere der Union Brauerei in vielen gut sortierten Bremer Supermärkten wiederfinden. Aber Massenproduktion steht ja eigentlich eher im Gegensatz zum „Craftbiergedanken“… Nun gut, man sollte immer selbst das Geschmacksbild einholen. Weshalb das nicht gleich mit einem rustikalen Abendessen verbinden?
Schon bei unserem letzten Besuch im vergangenen Winter hatten wir ein Essen in der Braugaststätte auf unserer kulinarischen Agenda, aber der kurze Aufenthalt ließ es damals nicht zu. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so reservierten wir an einem Mittwochabend Anfang August einen Tisch für fünf Personen im weitläufig angelegten Bremer Bierpalast. Draußen vor den hohen Rundbogenfenstern waren ein paar Tische platziert, die jedoch infolge der warmen Witterung komplett belegt waren.
Durch die Eingangshalle mit der beeindruckenden Schiefertafel, die eine gelungene Übersicht über die verschiedenen Malze, Hopfenarten und Biersorten bietet, gelangt man in das rustikal eingerichtete, hallenartige Brauereigasthaus. Erster Blickfang zur Linken: der imposante Thekenbereich mit den glänzenden Alutanks in Hochlage. Aus ihnen fließt das handwerklich Gehopfte nach unten in die Zapfanlage. Mit derbem Holzmobiliar und erdigem Parkettboden rückt man dem Flair des Zünftigen zu Leibe. Wäre die Dimension etwas kleiner und die Decken nicht gar so hoch, würde sich sogar Gemütlichkeit einstellen. Zumindest nach dem ersten Pale Ale.
Die Stirnwand durchzieht ein indirekt beleuchtetes Holzregal mit Bierflaschen unterschiedlichster Provenienz. Auf einer eingezogenen Wand lässt sich die Historie der Union Brauerei mit Hilfe gerahmter Bilder aus alten Zeiten verfolgen. Man spürt die Bemühungen der Betreiber, eine ungezwungene Brauhausatmosphäre in der altehrwürdigen Halle zu installieren. Dies gelingt jedoch nur teilweise. Zu voluminös ist der Gastrobereich angelegt. Wer auf Bierzelttrubel steht, wird sich sicherlich wohlfühlen. Ein romantisches Craftbeer-Dinner zu zweit wird dagegen eher schwierig.
Die jungen Bedienungen wechselten sich ab. Uns war nicht immer klar, wer denn nun genau für unseren Tisch zugeteilt war. Aber der Service erfolgte weitgehend reibungslos. Auch hielt man sich mit dem obligatorischen Duzen zurück, was in solchen Stätten der Hipness nicht immer der Fall ist. Der nette junge Mann mit Rauschebart und Baseballkäppi – da war es wieder, das Klischee – reichte uns die auf Bretter geklemmten Speisekarten, wie das in solch trendigen Etablissements Usus ist.
Wer hier auf anachronistische Brauhausküche mit Brathähnchen, Haxen und Schäufele wartet, wird vom Angebot überrascht sein. Von der Emder Matjes-Stulle (5,90 Euro) bis zum Bremer Backfisch in Bierteig (12,50 Euro) wird unterschiedlichsten Essgewohnheiten kulinarischer Nährboden bereitet. Scharfe Mini Hot Dogs werden als „Fünferkette“ (8,90 Euro) deklariert und das Wiener Schnitzel vom Kalb kommt entweder im Originaloutfit (mit Preiselbeeren, Fritten oder Kartoffel-Gurkensalat, 18,50 Euro) oder in der preisgünstigeren Hähnchenbrustversion (11,90 Euro) aus der Küche.
Neben Klassikern der fortschreitenden Food-Globalisierung (Burger, Papadams, Dumplings und Caesar Salad) wird auch richtiges „Union Craft Food“ wie z.B. die Pasta mit Rinderfiletstreifen (14,50 Euro) angeboten. Für den gemischten Grillteller mit Hähnchenbrust, Porter-Bratwurst, Hacksteak und Rinderfiletmedaillon (18,50 Euro) reichte mein Hunger nicht. Den hätte sich wohl eher mein daueressender Kollege aus Monnem gegönnt. Schön, dass bei manchen Gerichten eine passende Bierempfehlung gegeben wurde. Soweit, so reichhaltig das Speisenangebot, das von Hinweisen auf den 14-tägigen Spare-Ribs-Donnerstag und das anstehende „Bremer Oktoberfest“ ergänzt wurde.
Neben skurril anmutenden Biercocktails, wie beispielsweise Rhabarbersaftschorle mit Rotbier, Zitrone und braunem Zucker, kommen acht verschiedene Sorten aus den Fässern und Tanks frisch durch die Zapfanlage. Von befreundeten Brauereien werden zusätzliche Fassbiere angeboten. Daneben komplettieren ein paar „Flaschenfreunde“ (Störtebeker, Ratsherrn, Brew Dog und Crew Republic) das erlesene Bierangebot. Und für die aus unerfindlichem Grund hierher verirrten „Hopfenmuffel“ stehen sogar noch ein paar Rot- und Weißweine – einige davon sogar aus der Pfalz! – zur Verfügung.
Die Preise für das Selbstgebraute sind nicht schüchtern. Um die 5 Euro muss man für den „falschen Schoppen“ (0,4 Liter) schon investieren. Das sogenannte „Bremer Brett“ bietet fünf Sorten zum Probieren für 6,90 Euro an. Eine gute Möglichkeit, um den Einstiegskurs in Sachen Craftbier zu absolvieren. Auch gut: die frisch gezapften Fassbiere werden in der Karte hinsichtlich ihrer Brauart, Farbe und Geschmacksrichtung kurz erklärt.
Der süffige Hanseat ist hier nicht als Beleidigung des geschätzten GG-Kollegen zu verstehen, sondern stellte in der Version 2.0 mein erstes „freies Bremer Bier“ des Abends dar. Neben mir ließ man das Bier-Brett in Degustationslaune auffahren. Dazu erkor ich den „Union Beef Burger“ mit stattlichen 200g frisch gewolftem Rinderhack, Bierzwiebeln (aber hallo!), Cheddar, Tomate, Salat und Union Fritten (als 13,50 Euro) als passende „Unterlage“ aus. Ok, der Vollständigkeit halber muss ich gestehen, dass ich ihn mit Extra-Bacon (+ 1,50 Euro) gepimpt habe.
Der ansehnliche Beef Burger ging an unserem Tisch dreimal. Die Minderheit hatte dagegen schweinischere Gedanken. Bei uns in der Pfalz nennt man das ewig lang gegarte Schweinefleisch ganz unprätentiös „gezupfte Wutz“. Dass es sich auch ganz hervorragend zwischen zwei Brioche-Buns stecken lässt, ist keine kulinarische Entdeckung mehr. Der „Pulled Pork Burger“ kam serienmäßig mit Cole Slaw, Koriander, Pale-Ale-Mangochutney und Union-Fritten für 12,50 Euro auf den Teller. Sein Faserfleisch hatte schmeckbaren Smoker-Kontakt und war herrlich süffig. Wie bei meinem Classic-Burger stand auch hier ein Schüsselchen delikat gewürzter „Union-Fritten“ als Beilage neben dem Schweine-Burger. Die Fritten ähnelten von der Form her etwas dickeren Kartoffelchips, waren außen schön knusprig und innen noch leicht fluffig. Wohl frittiert, troffen sie nicht vor Fett und waren so eine gar nicht mal so schwer verdauliche Sättigungsbeigabe. Mit dem nötigen Ober- oder Untergärigen im Glas ließ sich das alles gut runterspülen. Mein Burger kam qualitativ nicht ganz an die Karlsruher Deli-Buletten ran, aber war vom Fleisch her schon ganz ordentlich. Gehobenes Pubfood, das mir mit 15 Euro jedoch etwas zu hochpreisig erschien. Für das Gebotene fehlte mir da etwas die Kreativität wie ich sie ein paar Wochen zuvor in Neustadt bei Bruno zwischen den Buns hatte.
Bierbrauen können sie in der Union, das steht außer Frage. Das Bremer Pale Ale, das ich mir nach dem kupferfarbenen Hanseaten gönnte, schmeckte verdammt lecker und auch meine Begleiter meisterten ihre Bremer Bierprobe ganz gut. Kein umwerfendes Aha-Erlebnis in Sachen Hopfenwürze, aber schon weitaus besser als die globale Industrieplörre des Anheuser-Busch-Konzerns vom Weserufer. Klar merkt man auch dem Unionsbräu die Abkehr vom Garagenbier-Gedanken an. Zu massenkompatibel und zu glatt gebügelt im Geschmack erschien mir der gecraftete Sud, als dass er es mit den „Hopfen- und Malz-Geschossen“ kleinerer Brauereien, wie etwa Grebhan’s, aufnehmen könnte. Aber die Bremer Braulandschaft bereichert er allemal. Und wenn der Hype in ein paar Jahren verflogen ist, stimmen auch die Preise wieder.
Der allgemeine Trend zu handwerklich gebrautem Bier lässt mittlerweile selbst die großen Brauereien sonderbar gehopfte Erzeugnisse auf den Markt werfen. Und so hat die Rückbesinnung auf alte Brautugenden auch in Deutschland eine Craftbeer-Szene entstehen lassen, die mit ungewöhnlichen Kompositionen und Aromen für immer mehr Aufsehen sorgt. Da macht auch Bremen keine Ausnahme. Noch vor zwei Jahren waren es in der Hansestadt gerade mal drei Brauereien (von ehemals 35 im Jahre 1748), die noch aktiv waren.
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3.5 stars -
"Wo das Bremer Burgertum hipstert" marcO74Der allgemeine Trend zu handwerklich gebrautem Bier lässt mittlerweile selbst die großen Brauereien sonderbar gehopfte Erzeugnisse auf den Markt werfen. Und so hat die Rückbesinnung auf alte Brautugenden auch in Deutschland eine Craftbeer-Szene entstehen lassen, die mit ungewöhnlichen Kompositionen und Aromen für immer mehr Aufsehen sorgt. Da macht auch Bremen keine Ausnahme. Noch vor zwei Jahren waren es in der Hansestadt gerade mal drei Brauereien (von ehemals 35 im Jahre 1748), die noch aktiv waren.
Heute sind mit der Bremer
Geschrieben am 17.07.2017 2017-07-17| Aktualisiert am
17.07.2017
Besucht am 11.07.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 87 EUR
Da rieb ich mir verwundert die Augen, als ich gegen 19 Uhr die altehrwürdige „Cucina-italiana-Bastion“ San Felice im Karlsruher Stadtteil Neureut-Heide betrat. Die Außenterrasse war an diesem Dienstagabend nahezu komplett besetzt. Ein erster Fingerzeig für die Qualität der Speisen?
Mein kulinarischer Komplize aus KA hatte vorsorglich per Email reserviert. Ich war wohl noch etwas zu früh dran, weshalb Toni, die freundliche Seele vom Service, mich draußen an einem eher suboptimalen Tisch neben zwei rauchenden Damen „parkte“. Der Karlsruher Genussspecht, mit dem ich mich verabredet hatte, bekam als hinlänglich bekannter Gast den einzig verbliebenen Tisch unter freiem Himmel zugesprochen, da hatte er mich noch gar nicht erblickt. Nun gut, ich war froh das Passivrauch-Abteil der Gartenterrasse verlassen zu dürfen und mich zu meinem Kollegen dazugesellen zu können. Ein wenig „Präsentierteller“ schadet ja nicht, zumal der Überblick auf das Geschehen rundherum auch seinen Reiz hatte.
Erste Beobachtung meinerseits: als Neuankömmling musst du dich hier ganz hinten anstellen. Es zählt in erster Linie die Tatsache, ob man dich kennt. Dann wirst du nämlich auch gleich bedient. In meinem Falle saß ich gefühlte 10 Minuten draußen allein am Tisch im blauen Dunst der Smoking-Girls von nebenan, ohne dass auch nur im Geringsten jemand vom Service von mir Notiz genommen hätte. Ganz anders die Situation bei meinem Gourmetfreund. Der saß noch nicht richtig an seinem Platz, hielt er schon die Speise- und Getränkekarten in Händen. Und nicht nur das. Chefe und Inhaber des San Felice Enzo Gallicchio besorgte unaufgefordert einen dritten Stuhl, damit mein Gastrokollege sein Jackett darüber legen konnte. So geht Service, dachte ich. Warum eigentlich nicht gleich so?
Ein paar Worte noch zu Vollblutgastronom Enzo Gallicchio. Er führt seit 1981 mit viel Leidenschaft und Ausdauer die Regie im ältesten bestehenden Restaurant in der Fächerstadt. Zweifellos eine gastronomische Besonderheit und in unserer schnelllebigen Zeit eher die Ausnahme. Ein Blick in die Runde verrät sofort sein Erfolgsrezept. Dem ersten Eindruck nach sind die meisten der hier anwesenden Besucher Stammgäste, die Enzo und sein Team durch konstant gute Qualität beim Essen und eine vertraut-familiäre Atmosphäre (Stichwort: „mediterranes Wohnzimmer“ auf der HP) schon jahrelang verwöhnt zu haben scheint. Hier kommt man nicht zufällig vorbei gefahren. Hier fährt oder läuft man ganz gezielt hin. Das typische Ristorante um die Ecke, in dem man sich kennt, schätzt und auch einzuschätzen weiß. Und die Vorlieben seiner (Stamm-)Gäste kennt Enzo ganz genau, das erkennt man auf den ersten Blick.
Neben dem Ristorante betreibt Enzo Gallicchio eine kleine Vinothek, die seine zweite große Leidenschaft offenbart: die italienischen Weine. Etliche große Namen, wie beispielsweise Ornellaia, Fontodi oder Allegrini, sind in seinem gut gefüllten Weinkeller vertreten. Das wirkt sich natürlich auch auf das Weinangebot im San Felice aus. Über 20 offene Weine sind im Wechsel zu erstehen. Daneben gibt es jede Menge Flaschenweine, die der Patron seinen Gästen meist mündlich offeriert. Das tut der erfahrene Weinspezialist äußerst gerne und empfiehlt am Tisch die zum Essen passenden Kreszenzen. Ein großes Plus des Lokals und sicherlich auch ein Aspekt, der dessen Beliebtheit erklärt.
Nach kurzem Weinplausch stellte sich heraus, dass der von meinem badischen Weißweinkenner favorisierte „San Sisto-Verdicchio dei Castelli di Jesi“ aus der Region Marken nicht erhältlich war. Alternativ wurde der Verdicchio „Le Vaglie“ 2015 von Stefano Antonucci angeboten. Der vollmundige, frische Weißwein erfreute mit leichter Säure und stellte sich als ausgezeichneter Begleiter unserer Speisen heraus. Übrigens war er mit 22 Euro für die Flasche auch nicht unverschämt kalkuliert.
Ein erster Blick in die übersichtlich strukturierte Speisenkarte verriet, dass nahezu alle Gerichte auch als reduzierte Portionen erhältlich waren. Zehn verschiedene Vorspeisen kündeten von einer reichen Auswahl an verlockend klingenden Antipasti-Klassikern. Burrata con pomodori, Thunfisch-Carpaccio, Vitello tonnato, gratiniertes Gemüse und natürlich Büffelmozzarella sollten eigentlich auf keiner Vorspeisenkarte italienischer Prägung fehlen. Tun sie aber leider meistens. Im San Felice schöpfte man schon bei den Appetizern aus dem Vollen. Bei Preisen um die 10 bzw. 13 Euro je nach Portionsgröße. Zusätzlich standen noch vier verschiedene Suppen, von denen leider nur zwei an diesem Tag erhältlich waren, sowie sieben Salatvariationen zur Auswahl.
Eine breite Palette an Pizzen (klein oder mittelgroß) und Pasta erschwerte die Entscheidung beim Hauptgang. Die durchweg selbstgemachten Teigwaren klangen dabei besonders appetitanregend. Die mit Seewolf, frischen Tomaten und Basilikum gefüllten „Ravioli al branzino“ (13,50 Euro) weckten zunächst mein Interesse. Dennoch entschied ich mich für die Kalbfleischstückchen in Sherry-Sauce, Gnocchi und Gemüse (18,50 Euro) aus der gut sortierten Fleischabteilung der Speisenkarte. Natürlich nicht ohne zuvor die Zuppa di Pomodoro (7 Euro) gekostet zu haben. Ergänzt wurde das imposante kulinarische Sortiment von diversen Fischgerichten (Seeteufel, Steinbeißer, Dorade und Seezunge) und einer Handvoll saisonaler Spezialitäten des Hauses. Mein Tischkollege wählte zur Einstimmung das Vitello tonnato (kleiner Portion für 10,50 Euro) sowie das Kalbsschnitzel mit Pfifferlingen, Gemüse und Nudeln (19,50 Euro) als Hauptgericht.
Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, grüßte die Küche mit einer pikanten Gazpacho aus der Espresso-Tasse. Ein erstes, äußerst schmackhaftes Lebenszeichen aus Enzo Gallicchios Cucina, das den kulinarischen Warm-Up erfolgreich meisterte. In Anbetracht des großen, mit Tomatencremesuppe gefüllten Tellers, bereute ich zunächst die Entscheidung für die recht üppige Normalportion. Nach dem ersten Löffel tat ich das nicht mehr. Fruchtig, cremig und mit einem Basilikumschiffchen on Top präsentierte sich diese fein abgeschmeckte, frisch pürierte Wohlfühltunke. Soulfood mit hohem „Umamisierungsfaktor“ würde dem zeitgenössischen Effilée-Leser dazu einfallen.
Auch das Vitello tonnato eine knappe Ellenlänge weiter rechts schien seinen Verputzer zu begeistern. Mir wäre es etwas zu viel Thunfischsauce gewesen. Und auch mit den Kapernäpfeln habe ich es nicht so. Aber Geschmäcker sind ja Gott sei Dank verschieden. Kaum hatten wir uns unserer Vorspeisen genussvoll entledigt, zog ein Gewitter auf und zwang uns den Platz auf der Terrasse zu räumen. So bekam ich die Gelegenheit, das Innenleben des San Felice besser kennen zu lernen, da wir uns, wie viele andere auch, im Gastraum einen Platz suchten. Der war nun nicht mehr ganz so zentral gelegen, was mich keineswegs störte. Wir saßen direkt an der Fensterfront und blickten nach draußen auf die unter Sonnenschirmen ausharrenden Terrassengäste. Ein Wolkenbruch mit positiven Folgen, so mein gedankliches Resümee der Situation.
Das Innere des Ristorante machte einen sehr gepflegten Eindruck. Gut gepolsterte Holzstühle, weiße Tischdecken, Stoffservietten. An den weiß gestrichenen Wänden hing allerlei eingerahmte Kunst unterschiedlichster Größe und Stilrichtung. Von der Decke baumelten Hängeleuchten, die für ein angenehmes Licht sorgten. Ein wenig erinnerte mich das Lokal vom Interieur her an das frühere „Santa Lucia“ in der Karlsruher Südweststadt, ebenfalls ein „Old-School-Italiener“, den ich zusammen mit meinem Vater in den 80er und 90er Jahren gerne besuchte. Wir saßen mit Blick auf den Bar- und Thekenbereich, der den Durchgang zur Küche darstellte und fühlten uns sichtlich wohl. Das imposante Flaschenweinregal befand sich quasi um die Ecke. Ich bemerkte es erst später auf dem Weg zur Toilette.
Licht und Schatten wechselten sich bei unseren Hauptgängen ab. Schade, dass auf das ansprechende Niveau der Vorspeisen keine Steigerung folgte. Das Kalbfleisch meiner „Bocconcini“ fiel definitiv zu trocken aus. Dagegen war das Gemüse (Spinat, Bohnen, Karotten) leider komplett verkocht und von viel zu weicher Konsistenz. Die Nudelbeilage verschwand quasi unter meinen Kalbfleischstückchen. Auch waren es keine Gnocchi wie auf der Karte angegeben. Der Mangel an Sättigungsbeilage war dank meines Locals am Tisch schnell beseitigt. Chefe Gallicchio brachte umgehend eine Extraportion (ohne später Berechnung!) frischer Teigwaren. Das Highlight des Tellers war die phänomenal abgeschmeckte Sherry-Sauce, die den Beilagen-Fauxpas wettmachte. Sie bewies geschmackliche Tiefe und ließ das wahre Können der Küche aufblitzen. Das Kalbsschnitzel mit Pfifferlingen meines Gegenübers war ähnlich angerichtet, nur mit mehr Pasta-Anteil. Auch er bemängelte die zu lange Kochzeit seines Grünzeugs auf dem Teller. Für knapp unter 20 Euro war das für meinen Geschmack in der Summe etwas zu wenig. Vielleicht hatte die Küche einen schlechten Tag erwischt. Oder war die Umorganisation infolge des Gewitters schuld an der eher durchwachsenen kulinarischen Leistung bei den Fleischgerichten?
Nicht restlos zufrieden, aber gut gesättigt tranken wir aus fahrtechnischen Gründen noch eine zweite Flasche Pellegrino (0,75l für 5 Euro) und verzichteten auf ein Dessert, obgleich die große Auswahl an süßen Leckereien (Zabaione, Tartufo, Panna cotta, Semifreddo al Limoncello, etc.) den gängigen Rahmen sprengte. Ein Gläschen Weißwein aus dem Friaul von Teresa Raiz zum Probieren und ein Schwätzchen mit dem Patron über italienische Rotweine inbegriffen. Als letzte Gäste verließen wir das San Felice mit dem Eindruck, dass manchmal die Vorspeisen eben besser sind als die Hauptgerichte. Das wichtigste Kriterium für einen gelungenen, stimmungsvollen Abend im Lokal ist neben dem passenden Wein der kommunikative Austausch. Und der war an diesem Abend besonders bereichernd.
Da rieb ich mir verwundert die Augen, als ich gegen 19 Uhr die altehrwürdige „Cucina-italiana-Bastion“ San Felice im Karlsruher Stadtteil Neureut-Heide betrat. Die Außenterrasse war an diesem Dienstagabend nahezu komplett besetzt. Ein erster Fingerzeig für die Qualität der Speisen?
Mein kulinarischer Komplize aus KA hatte vorsorglich per Email reserviert. Ich war wohl noch etwas zu früh dran, weshalb Toni, die freundliche Seele vom Service, mich draußen an einem eher suboptimalen Tisch neben zwei rauchenden Damen „parkte“. Der Karlsruher Genussspecht, mit dem... mehr lesen
San Felice
San Felice€-€€€Restaurant072173803Am Wald 3, 76149 Karlsruhe
4.0 stars -
"Stimmungsvoller Abend beim Neureuter Traditionsitaliener" marcO74Da rieb ich mir verwundert die Augen, als ich gegen 19 Uhr die altehrwürdige „Cucina-italiana-Bastion“ San Felice im Karlsruher Stadtteil Neureut-Heide betrat. Die Außenterrasse war an diesem Dienstagabend nahezu komplett besetzt. Ein erster Fingerzeig für die Qualität der Speisen?
Mein kulinarischer Komplize aus KA hatte vorsorglich per Email reserviert. Ich war wohl noch etwas zu früh dran, weshalb Toni, die freundliche Seele vom Service, mich draußen an einem eher suboptimalen Tisch neben zwei rauchenden Damen „parkte“. Der Karlsruher Genussspecht, mit dem
Besucht am 09.07.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 30 EUR
Am letzten Sonntag waren wir mal wieder Beachvolleyballspielen in Karlsruhe, genauer gesagt beim SSC in Hagsfeld. Im Vorfeld suchte ich nach einer geeigneten Einkehrmöglichkeit, die unserer Lust auf Asiatisches Rechnung tragen sollte. Ein paar Klicks auf der Seite von „Tante Reiseratgeber“ und wir waren schlauer. Auf der Pole Position in der Rubrik „thailändische Küche“ befindet sich schon seit längerem das „Thai-Orchid“ aus der Adlerstraße (Abzweig Kriegsstr.; kurz nach Passieren des Staatstheaters zur Rechten). Ein halbes Jahr zuvor hatten wir schon einmal einen Spontanbesuch gewagt. Damals standen wir aber vor verschlossenen Toren, da das Restaurant Betriebsferien hatte.
Ich reservierte vorsorglich für 20 Uhr und freute mich schon während unserer sportlichen Betätigung auf die anschließende Thai-Küche, die von den meisten TA-Bewertern als „frisch zubereitet“, „authentisch“ und „preislich moderat“ bezeichnet wurde. Zudem wurde auf der Homepage auf die Möglichkeit hingewiesen, das Essen unter freiem Himmel bzw. im Biergarten hinter dem Lokal einzunehmen. Die warme Witterung ließ dies zu und so kamen wir etwas früher als geplant in der Adlerstraße an. Die Parksituation ist recht entspannt, da die Tiefgarage des Staatstheaters nur 5 Minuten zu Fuß entfernt liegt. Wir hatten Glück und konnten direkt ums Eck an der Kriegsstraße parken.
Die Inhaber, ein deutsch-thailändisches Paar, werben mit dem Verzicht auf Geschmacksverstärker auf ihrer Homepage sowie dem Einsatz frischer und hochwertiger Produkte. Thailändische Gewürze und Kräuter seien dabei ein wichtiger Bestandteil, so der kurze Info-Text. Das klang doch alles sehr vielversprechend und wir waren gespannt, ob den Worten auch kulinarische Taten folgen würden.
Wir durchquerten den Gastraum, dessen Einrichtung von Sitzgelegenheiten (Wandbänke, Stühle) mit knallrotem Kunstlederüberzug farblich dominiert wird. Auf den Fensterbänken und an den Wänden jede Menge ostasiatische Deko, die für meinen Geschmack ein wenig übertrieben wirkt. Weniger ist da meist mehr. Der Grad zu falscher Folklore kam mir doch sehr schmal vor. Das alles sollte uns nicht stören, saßen wir doch im hinterhöfischen Biergarten, der zur offenen Seite hin von einer Art Sichtschutzzaun begrenzt war.
Zu allererst sei an dieser Stelle die sehr umsichtig agierende und dazu noch sehr herzlich wirkende thailändische Bedienung erwähnt, die selbst mit den im Rudel auftretenden Engländern klar kam. Da wurde kurzerhand eine Thailänderin vom Nachbartisch als Dolmetscherin für die einsprachig erzogenen Inselbewohner herangezogen und die Kommunikation funktionierte.
Zu den knapp 100 Gerichten, welche die Speisenkarte listet, gesellten sich noch ein paar Spezialitäten wie z.B. Crab-Curry, Black Tiger Garnelen oder Tilapia (Buntbarsch). Insgesamt ein abwechslungsreiches Programm, wenn auch – und das kennt man ja – bei manchen Gerichten nur die Fleischart wechselt und die Garnitur die Gleiche bleibt. Preislich lagen nur die Spezialgerichte auf den letzten Seiten der Speisenkarte über der 10-Euro-Marke. Der gebackene oder gedämpfte Tilapia zählte mit seinem Preis um die 20 Euro zu den teuersten Gerichten.
Als kleine Appetizer bestellten wir die Samosa-Teigtaschen (3,90 Euro) und die gebackenen Wan Tan (4,20 Euro), die beide mit süßsaurer Sauce ausgestattet waren. Letztere ließ sich mit dem obligatorischen Chili-Karussell (=diverse Töpfchen mit unterschiedlich scharfen, teilweise eingelegten Schoten) vom Schärfegrad her noch etwas „feintunen“. Beide Vorspeisen kamen frittiert auf die tiefen, blätterförmigen Teller, trieften aber nicht vor Fett. Die Samosa-Ecken hatten ein leicht süßliches Curryaroma, während die Wan Tan erst durch die Dipsauce an Geschmack gewannen. Aber das erwartet man auch nicht anders. Bei den mit Hähnchenfleisch gefüllten Teigtaschen steht in erster Linie ihre crunchige Textur im Vordergrund. Danach kommt erst die saftige Fleischfüllung, die – kaum hat man sie bemerkt – aufgrund der geringen Füllmenge auch schon verspeist ist.
Bei den Hauptgerichten entschieden wir uns für zwei Curry-Gerichte. Diese sind uns beim Thailänder eigentlich immer am liebsten. Das „Gäng Pak Ruam“ bezeichnete ein rotes Gemüse-Curry (7,50 Euro), das meine Begleitung orderte. Für mich sollte es das „Gäng Kiew Wan Gai“, das Hühnerfleisch mit Paprika, Thai-Basilikum und auf meinen besonderen Wunsch ohne Auberginen in grüner Currysauce sein. Eigentlich ein Standard-Gericht, das ich früher in der Mannheimer Supan’s Küche gerne genoss. Ganz so scharf wie in der Quadratestadt war der „Mercedes unter den Thai-Curries“ im Karlsruher Thai-Orchid nicht. Zwar ließ er, was den Schärfegrad anbelangt, das rote Curry (für Fortgeschrittene) hinter sich und hätte wohl auch gegen das gelbe Anfänger-Curry das Scoville-Armdrücken locker gewonnen, aber richtige Schmerzen im Mundraum wie damals in Monnem hinterließ das schmackhafte Gericht Gott sei Dank nicht. Der Fleischanteil war gut bemessen und das gewokte Gemüse knackig. Anstatt der Auberginen befanden sich Blumenkohlröschen, Bohnen und Karottenschnipsel im herrlich aromatischen Sud. Der Reis wurde in einer Extra-Schüssel serviert.
Nach der sportlichen Aktivität war unser Hunger dementsprechend und wir verputzten unsere beiden Curry-Gerichte bis auf das letzte Reiskorn. Das thailändische Singha-Bier (0,33 l für 3 Euro) erwies sich dank seiner geschmacklichen Neutralität ganz gut als Durstlöscher. Den Rest „entschärfte“ das Mineralwasser (0,75l-Flasche für 3,90 Euro).
Das „Thai-Orchid“ würde ich jederzeit wieder besuchen. Sein PLV ist um einiges besser als das beim Landauer „Laai Kanok“. Das etwas kitschige Ambiente nehme ich bei einem so leckeren Essen billigend in Kauf. Klare Empfehlung, die den ersten Platz beim Karlsruher Thaifood auf TA nicht zufällig besetzt.
Am letzten Sonntag waren wir mal wieder Beachvolleyballspielen in Karlsruhe, genauer gesagt beim SSC in Hagsfeld. Im Vorfeld suchte ich nach einer geeigneten Einkehrmöglichkeit, die unserer Lust auf Asiatisches Rechnung tragen sollte. Ein paar Klicks auf der Seite von „Tante Reiseratgeber“ und wir waren schlauer. Auf der Pole Position in der Rubrik „thailändische Küche“ befindet sich schon seit längerem das „Thai-Orchid“ aus der Adlerstraße (Abzweig Kriegsstr.; kurz nach Passieren des Staatstheaters zur Rechten). Ein halbes Jahr zuvor hatten wir schon... mehr lesen
4.0 stars -
"Kulinarischer Ausflug nach Thailand im Herzen von Karlsruhe" marcO74Am letzten Sonntag waren wir mal wieder Beachvolleyballspielen in Karlsruhe, genauer gesagt beim SSC in Hagsfeld. Im Vorfeld suchte ich nach einer geeigneten Einkehrmöglichkeit, die unserer Lust auf Asiatisches Rechnung tragen sollte. Ein paar Klicks auf der Seite von „Tante Reiseratgeber“ und wir waren schlauer. Auf der Pole Position in der Rubrik „thailändische Küche“ befindet sich schon seit längerem das „Thai-Orchid“ aus der Adlerstraße (Abzweig Kriegsstr.; kurz nach Passieren des Staatstheaters zur Rechten). Ein halbes Jahr zuvor hatten wir schon
Geschrieben am 13.07.2017 2017-07-13| Aktualisiert am
13.07.2017
Besucht am 06.07.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 367 EUR
Was von den Mitgliedern des Wörther Gourmandclubs als kulinarisches Auswärtsspiel angesehen wurde – Deidesheim liegt ja schließlich nicht gerade ums Eck – wurde zu einem feucht-fröhlichen Weinabend, wie man ihn nicht alle Tage erlebt. Austragungsort unserer kulinarischen Zusammenkunft war der Ketschauer Hof, genauer gesagt die wunderschön angelegte Terrasse des Bistros mit der Jahreszahl 1718 im Namen, welche auf das Gründungsjahr des VDP-Giganten Bassermann-Jordan verweist. Dieses von Bäumen umstandene Fleckchen Pfälzer Wein- und Genussfreude befindet sich zwischen dem besternten Gourmettempel „L.A. Jordan“ und dem historischen Kelterhaus, in dem die Gasträume des Bistros zu finden sind.
Mein Kollege hatte für Donnerstagabend vier Plätze klargemacht. Der Wetterbericht verhieß nichts Gutes und wir waren gespannt, ob sich die Freiluftnummer nicht doch noch in eine Indoor-Veranstaltung verwandeln würde. Gleich zu Beginn die erste Überraschung: ein Wiedersehen mit dem ehemaligen Sommelier und Service-Chef der Wörther „Einigkeit“, der viele Jahre im leider nicht mehr existenten Kultrestaurant von Franz Klöffer wirkte. Da wusste ich sofort: bei Viktor sind wir heute Abend – besonders was die Auswahl der Weine betrifft - in allerbesten Händen.
Auf den Tag drei Monate war es her, dass unsere vierköpfige Verzehrtruppe die letzte Clubsitzung abhielt. Das war in der Neupotzer Krone und schon damals ließen wir es ordentlich krachen. Was jedoch im Laufe des Abends im Deidesheimer Lustgarten durch unsere durstigen Kehlen rinnen würde, war zu Beginn in keinster Weise abzusehen. Um es gleich vorweg zu nehmen: das Essen spielte eine eher untergeordnete Rolle. Klar, waren wir nicht nur zum Weintrinken nach Deidesheim gefahren, aber die Auswahl an leckeren Kreszenzen ließ uns förmlich keine andere Wahl. Go, Mittelhaardt, go!
Zwei Tische waren schon besetzt als wir die Gartenterrasse gegen 18.30 Uhr betraten. Sie sollte sich nach und nach komplett mit Gästen füllen. Eine drückende Schwüle lag schon seit Tagen über der Rheinebene und auch am Haardtrand war die Luft nicht besser. Dunkle Wolken am Himmel kündeten jedoch von herannahenden Regenschauern. Wir saßen ganz relaxed unter aufgespannten Sonnenschirmen, die dann später in den Regenschutzmodus wechselten. Dazwischen lag viel Wind, Wein und Geplapper.
Wir saßen recht bequem auf einfachen, grau lackierten Gartenstühlen aus Aluminium mit Sitzfläche und Rückenlehne aus strapazier- und anpassungsfähigem Kunststoffgewebe. Diese waren farblich auf das ebenfalls in hellem Grau gehaltenen Tischgestell abgestimmt. Auf der darauf angebrachten hölzernen Tischplatte befanden sich farblich passende Sets mit Zweifachbesteck, Brottellerchen, Stoffserviette und bauchigen Gläsern. Weiße Tischdecken brauchte es nicht. Die waren lediglich ein paar Meter weiter auf der Außenterrasse des L.A. Jordan zugegen und dort auch gut aufgehoben. Salz- und Pfeffermühlen in Schwarz-Weiß-Optik und eine Topfpflanze komplettierten das schlichte Gesamtbild unseres Tisches. Ein Brünnlein plätscherte in der Nähe und sorgte für akustische Entspannung. Auf hölzernen Sideboards standen große, mit Eiswasser gefüllte Kübel, in denen vorsorglich ein paar Flaschen Wasser gekühlt wurden. Später hielten sie die bestellten Weißweine auf Trinktemperatur.
Die Windstärke nahm langsam zu. Vorboten der aufziehenden Regenfront. Ich hatte Glück, dass der nette Herr vom Nachbartisch den hinter mir platzierten Sonnenschirm gerade noch abfing, bevor dieser im Begriff war, mich zu erschlagen. Helden des Alltags – man trifft sie überall. Viktor klappte ihn sogleich ein und entsorgte damit den Gefahrenherd.
Die Kombination aus Wärme und Durst ließ uns die Aperitif-Frage mit zwei Flaschen Gerolsteiner (0,75 l für 7,50 Euro pro Flasche) hinlänglich beantworten. Dann wurde uns die stilvoll gestaltete, auf einem Klemmbrett befestigte Speisenkarte in DIN-A3-Format gereicht. Das übersichtliche Angebot umfasste acht Hauptgerichte, die vornehmlich mediterran-französisch beeinflusst schienen, zwei Suppen und fünf Vorspeisen. Hungrig bestellten wir munter drauflos.
Der Kollege zum meiner Rechten begnügte sich mit dem getrüffelten Stundenei auf Rahmspinat und Kartoffel-Mousseline (9,50 Euro) vorweg und ein Pot au Feu von der Maispoulardenbrust mit Jakobsmuscheln, Gartengemüse und Tomatenessenz (24 Euro) als Hauptgang.
Der junge Mann knapp links von mir propagierte die doppelte Vorspeisenbestellung, indem er das Erbsenrahmsüppchen (7,50 Euro), das uns anstelle der noch nicht vorhandenen Pfifferlingsrahmsuppe (Karte war noch zu neu, Anm.) verbal kommuniziert wurde, sowie die gebratenen Jakobsmuscheln mit geschmolzenen Tomaten, Basilikum und Muschelschaum (14,50 Euro) orderte. Beim Hauptgang blieb er mit der irischen Ochsenbacke auf Erbsencreme (19,50 Euro) seinem Geschmack nach endlos lange Geschmortem treu.
Der Dritte im Bunde sprang auch auf den Erbsenrahmzug auf und bestellte noch zusätzlich zum Süppchen einen Pflücksalat mit Tomate an Hausdressing (8 Euro) bevor er das Entrecôte vom Charolais-Rind mit sautierten Pfifferlingen, Pommes Pont-Neuf und Sauce Béarnaise (27 Euro) für sich beanspruchte.
Dieser zugegebenermaßen recht ausgewogenen Nahrungsaufnahme wollte ich mich bedingungslos anschließen, entschied dann aber doch, den Salat gegen eine Vorspeisen-Version der Bouillabaisse „Ketschauer Hof“ (18 Euro) einzutauschen. Diese sollte nach dem Erbsensüppchen quasi als Zwischengang einen mediterranen Brückenschlag zum „Fleischstück für Fortgeschrittene“ (=Entrecôte) darstellen. So zunächst der kulinarische Schlachtplan, dessen Umsetzung nach einem saftigen 2016er Chardonnay vom Hausweingut Bassermann-Jordan (für 30 Euro die Flasche) verlangte. Der ideale Einstiegswein an diesem Abend.
Ihn wählten wir aus der überschaubaren Weinkarte, die aus mehreren losen, von einem Klemmbrett zusammengehaltenen Blättern bestand und neben einigen leckeren Bassermännern samt GG-Rieslingen auch noch andere illustre Vertreter aus der Niederberger VDP-Riege listete. Von Winning und Reichsrat von Buhl sind mir noch im Gedächtnis. Wie gerne hätte ich die Weinbibel des Sternerestaurants von gegenüber durchstöbert und mir von Viktor ein paar edle Tropfen daraus empfehlen lassen. Vielleicht ein andermal.
Die Brot-und-Butter-Versorgung klappte dank eines gut aufgelegten Servicetandems zu unserer vollsten Zufriedenheit. Das frisch aufgebackene Weißbrot (Ciabatta) war lauwarm und angenehm fluffig. Mit Salzbutter bestrichen, war es eine erste wertvolle Grundlage für kommende Weinaufgaben. Auf ein echtes Amuse bouche wurde verzichtet. Schade, da hätte man doch etwas aus der Küche von Daniel Schimkowitsch als werbewirksamen Appetizer herüber transportieren können.
Mein Kollege konnte es sich nicht verkneifen, den Service auf die Werbekampagne mit dem „besten Schnitzel der Pfalz“ vom letzten Jahr anzusprechen. Damals hatte noch der österreichische Sternekoch und Witzigmann-Schüler Alfred Friedrich in der Küche das Sagen. Dessen kulinarisches Intermezzo war nach knapp einem Jahr bereits beendet. Und mit ihm die österreichisch beeinflusste Bistroküche. Jausenbrett, Backhähnchen, Topfentaschen und Wiener Schnitzel waren also Kartoffelschnee von gestern. Das angeblich „beste Pfalz-Schnitzel“ hatte den Ketschauer Hof schon vor ein paar Monaten verlassen.
Und verlassen konnten wir uns nach wie vor auf den aufmerksamen Service, der fleißig Wein nachschenkte, neue Mineralwasserflaschen auf den Tisch stellte und den Brotvorrat stabil hielt. Unsere Vorspeisen, bestehend aus drei Erbsenrahmsüppchen und einem Stundenei, wurden serviert. Die Suppe fiel einstimmig etwas zu dünn aus. Da hätten wir uns eine sämigere Konsistenz gewünscht. Gut abgeschmeckt war sie dennoch. Die darin schwimmenden Erbsen waren von frischer Qualität, das schmeckte man. Für die stolzen 7,50 Euro wäre jedoch eine kleine Extra-Einlage (z.B. eine gebratene Jakobsmuschel) wünschenswert gewesen. Diese hätte sicherlich für ein spannenderes Geschmacksbild gesorgt. Die Stundenei-Portion meines Kollegen war ziemlich übersichtlich und im Nu vernichtet. Ich hatte das Gefühl, dass er locker noch zwei Portionen mehr davon geschafft hätte. Generell finde ich solche „Onsen-Eier“ äußerst delikat. Hier hätte mir der Sommertrüffel die Lust am perfekten Ei gründlich verhagelt. Für meinen Kollegen machte genau der den geschmacklichen Kick des Gerichtes aus. Ganz gut, dass wir nicht die gleichen Vorlieben haben, dachte ich und bemerkte unsere leeren Weißweingläser.
Hier haben wir Gott sei Dank sehr ähnliche Vorlieben und konnten uns schnell auf eine Flasche vom Weißen Burgunder „S“ (45 Euro) aus dem Bassermannschen Fundus einigen. Ein Hammerweißwein, der mit präsenten Holznoten, feiner Mineralik und zartem Schmelz punktete. Wir waren also gut gerüstet für den Zwischengang.
Hielt sich das Erbsenschaumsüppchen geschmacklich in Grenzen, bot die nun servierte Bouillabaisse dem Gaumen die volle Breitseite. Auf einem länglichen Unterteller befanden sich drei Gefäße. Eine Suppenschale, in der die perfekt vorgegarten, saftigen Lachs- bzw. Steinbuttstücke samt stattlicher Garnele auf den Aufguss der Brühe warteten. Diese befand sich in einem Porzellankännchen gegenüber. Dazwischen ein Schälchen mit einer eher zurückhaltend gewürzten Sauce Rouille. Zwei mit Comté-Käse überbackene Crostini komplettierten das mediterrane Ensemble. Die Meeresbrühe wurde vom Service angegossen. Schon ihr Duft versetzte mich in Erinnerungen schwelgend an den alten Hafen von Marseille. Diese Fischsuppe war, um es kurz zu machen, schlichtweg fantastisch, da von sehr intensivem Geschmack. Der dunklen Brühe merkte man ihre lange Reduktion an. Als Basis dienten sicherlich lange eingekochte Karkassen, die für den nötigen geschmacklichen Tiefgang sorgten. Ein Erlebnis, das mich in seiner Vorspeisenvariante schon ganz schön sättigte.
Mein Kollege gegenüber erfreute sich besonders am phänomenalen Dressing seines Pflücksalates, während unser Doppel-Vorspeisen-Agent am Tisch seine von Muschelschaum umgebenen Jakobsmuscheln genussvoll zelebrierte. Der Vierte im Bunde sah wohl den Weißburgunder als flüssigen Zwischengang an. Unsere Bestände leerten sich schneller als erwartet.
Mittlerweile waren wir die Einzigen, die sich von den paar Regentropfen nicht hatten einschüchtern lassen und auf der Gartenterrasse verharrten. Alle anderen Gäste hatten es sich längst auf der überdachten Veranda bzw. im Inneren des Bistros gemütlich gemacht.
Die Zwischengänge machten den etwas lahmen Suppenstart schnell vergessen und wir freuten uns auf die Hauptgänge. Bevor die Fleischgerichte vor uns standen, musste ein adäquater Tropfen von Viktor organisiert werden. Uns war nach etwas Kräftigem, am besten aus roten Pfälzer Trauben. Aufgrund der immer noch warmen Witterung, kühlte er uns die Flasche 2014er „Tohuwabohu“ von Markus Schneider aus Ellerstadt (55 Euro) noch ein wenig herunter, bevor er den samtig feinwürzigen Roten einschenkte. Der aus den Sorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot vinifizierte Kraftprotz (14,5 %) stand nicht auf der Weinkarte des Bistros, weshalb der Verdacht nahe lag, dass unser Sommelier Viktor den aus Sascha J. Schömels Weinkeller vom Gourmetlokal nebenan „entwendet“ hatte.
Beim Entrecôte vom Charolais Rind lagen die Meinungen etwas auseinander. Während ich das perfekt medium gebratene, schön durchwachsene Stück aus der Zwischenrippe lobte, war mein Gegenüber alles andere als überzeugt. Seines kam fast durchgebraten und zu sehnig auf den Teller. Das Pfifferlinggeröstel on Top knirschte ein wenig in den Zähnen, was auf ein etwas zu sorgloses Putzen der Pilze schließen ließ. Die Béarnaise kam frisch angerührt in einem Extra-Schälchen. Zusammen mit der kräftigen Zwiebel-Jus war das die ideale Begleitung meines Ribeye-Steaks. Die aufgeschichteten Pommes Pont-Neuf waren im Prinzip selbstgemachte dickere Fritten, die vorher ein wenig Salz gesehen hatten. Das gleiche Gericht kann, wenn Kleinigkeiten schiefgehen, so unterschiedlich ausfallen. Mein Kollege beanstandete den Makel nicht, was er aus meiner Sicht hätte tun müssen. Für 27 Euro sollte man den richtigen Gargrad seines Fleisches schon erwarten dürfen.
Die Ochsenbacke schwamm förmlich in dunkler Soße und war laut dem Schmorfleischfetischisten, der sie scheibchenweise genoss, zart wie Butter. Der Lauch war grob geschnitten und leicht angeschwitzt. Er lag auf einer ansehnlichen Portion Erbsenpüree. Garniert mit reichlich Röstzwiebeln war das schon ein eher deftiges Unterfangen. Dagegen mutete der Gemüseeintopf (Pot au Feu) mit saftiger Brust von der Maispoularde geradezu spartanisch an. Bei genauerer Betrachtung erkannte ich frische Kräutersaitlinge in der vor knackigem Gemüse strotzenden Brühe.
Zufrieden genossen wir unsere dritte Flasche Wein, deren Wirkung die daran Beteiligten zwischen lockerem Redefluss und schallendem Gelächter oszillieren ließ. Mir war gar, als säße drüben jemand auf der Terrasse des L.A. Jordan, der sich am Tisch Notizen machte. Wahrscheinlich ging nur die Fantasie mit mir durch.
Auf dem Weg zu den Toiletten, die einen vorbildlich gepflegten Eindruck machten, wurden die Gasträume des Bistros ausführlich inspiziert. Dabei hätte ich fast den lieben Viktor samt seinem gerade abgeräumten Geschirr über den Haufen gerannt. Das zweite Mal, dass es an diesem Abend gerade noch so gut ausging.
Eigentlich ein guter Moment, um gesättigt und angetrunken die Heimreise anzutreten. Ein abschließendes Achtel Rotwein sollte den Digestif-Part übernehmen. Aus Viktor’s österreichischen Restbeständen aus „Ära Alfred Friedrich“ bekamen wir ein Gläschen Umathum Haideboden, eine Rotwein-Cuvée aus dem Burgenland, eingeschenkt. Der erste schmeckte oxidativ und war wohl schon etwas zu lange offen. Kein Problem, eine neue Flasche wurde für uns entkorkt. Und nicht nur das. Sie wurde uns von Viktor komplett spendiert - ging also aufs Haus, wie man hierzulande auch sagt. Damit gaben wir uns den Rest und pochten quasi auf unser Recht auf Rausch. Keine Ahnung wie zwei meiner Kollegen noch ein Dessert (Sauerrahm-Tartelette und Gâteau au chocolat) verdrücken konnten. Bei mir ging nichts mehr.
Kurz nachdem wir die vierte Flasche geleert hatten und dann auch die Rechnung einforderten, fing es dauerhaft zu regnen an. Ein unmissverständlicher Hinweis von Petrus himself, den Ort des übermäßigen Weinkonsums zu verlassen. Die Verabschiedung von Viktor fiel sehr herzlich aus. Wir bedankten uns für den wunderschönen Abend im Allgemeinen und den kräftigen Gratis-Rotwein im Speziellen. Vielleicht sieht man sich ja an gleicher Stelle wieder. Oder vom benachbarten Sternelokal aus…
Was von den Mitgliedern des Wörther Gourmandclubs als kulinarisches Auswärtsspiel angesehen wurde – Deidesheim liegt ja schließlich nicht gerade ums Eck – wurde zu einem feucht-fröhlichen Weinabend, wie man ihn nicht alle Tage erlebt. Austragungsort unserer kulinarischen Zusammenkunft war der Ketschauer Hof, genauer gesagt die wunderschön angelegte Terrasse des Bistros mit der Jahreszahl 1718 im Namen, welche auf das Gründungsjahr des VDP-Giganten Bassermann-Jordan verweist. Dieses von Bäumen umstandene Fleckchen Pfälzer Wein- und Genussfreude befindet sich zwischen dem besternten Gourmettempel „L.A.... mehr lesen
4.5 stars -
"Vinophiles Heimspiel bei einem alten Bekannten" marcO74Was von den Mitgliedern des Wörther Gourmandclubs als kulinarisches Auswärtsspiel angesehen wurde – Deidesheim liegt ja schließlich nicht gerade ums Eck – wurde zu einem feucht-fröhlichen Weinabend, wie man ihn nicht alle Tage erlebt. Austragungsort unserer kulinarischen Zusammenkunft war der Ketschauer Hof, genauer gesagt die wunderschön angelegte Terrasse des Bistros mit der Jahreszahl 1718 im Namen, welche auf das Gründungsjahr des VDP-Giganten Bassermann-Jordan verweist. Dieses von Bäumen umstandene Fleckchen Pfälzer Wein- und Genussfreude befindet sich zwischen dem besternten Gourmettempel „L.A.
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Kein Wunder, hat doch die ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eine außerordentlich hohe Restaurantdichte vorzuweisen, so der belesene Feinschmecker in unseren Reihen. Läuft man domabwärts auf das Altpörtel zu, lässt sich das nur bestätigen, da sich gerade im Stadtkern auf kleinstem Raum der Gastbetrieb konzentriert. In Landau oder Neustadt ist das etwas ausgedünnter, aber Speyer ist eben aufgrund seiner Historie auch touristisch eine ganz andere Hausnummer.
Als wir schließlich vor dem spätbarocken Fachwerkhaus mit dem geschwungenen Mansarden-Walmdach aus dem frühen 18. Jahrhundert aufschlugen, war die unmittelbar an der Korngasse gelegene Außenterrasse nahezu vollbesetzt. Schon einmal ein gutes Zeichen, dachte ich mir. Mein Kollege hatte einen Tisch für vier Personen im Inneren des Lokals reserviert. Schade, denn eigentlich hätte dem Schlemmen unter freiem Himmel wettertechnisch nichts entgegengestanden.
Der Name dieser Traditionsgaststätte bezieht sich auf das in direkter Nachbarschaft sich befindende historische Gebäude „Alte Münze“, eine unter Denkmalschutz stehende Speyerer Sehenswürdigkeit, die bereits Ende des 13. Jahrhunderts als Haus der Münzer bzw. Amtssitz des Stadtrats diente. Als Speyer 1689 von den Truppen des Sonnenkönig Ludwig XIV. dem Erdboden gleichgemacht wurde, fiel dem auch die „Alte Münze“ zum Opfer. Erst 1748 wurde hier an gleicher Stelle der heutige, imposante Barockbau neu errichtet. Heute sind hier neben der städtischen Kämmerei und Immobilienverwaltung ein paar Geschäfte untergebracht.
Wir betraten die Weinstube. Innen drin herrschte gediegene Rustikalität vor. Freiliegende Deckenbalken, holzverkleidete Wände und ein knorriger Parkettboden empfingen uns. Im vorderen Gastraum befanden sich ein paar schlicht eingedeckte Tische zur Rechten. Auch beim Mobiliar dominierte dunkles Holz. Lediglich von den mit beigem Kunstleder überzogenen Polstern der Eckbank farblich akzentuiert. Geradeaus befand sich als zentrales Raumelement der hölzerne Thekenbereich. Links daneben der Treppenaufgang zum 1.OG bzw. den Toiletten. Ein etwas abgesetzter, von einem verzierten Eisengeländer teilweise abgetrennter, kreisrunder „Stammtisch“, der leider schon besetzt war, fiel mir ins Auge. Sicherlich der beste Platz des Hauses. Wir wurden rechts an der Theke vorbei in den hinteren Gastraum geführt und durften direkt nach dem Durchgang unter den beiden imposanten Weinregalen Platz nehmen. Schade, dass hier aufgrund des gedimmten Lichts die Verhältnisse für aussagekräftige Essensbilder denkbar schlecht waren.
Der Akzent des sehr zuvorkommend agierenden Kellners sowie die Krautwickel „Klausenburger Art“ („Kolozsvári töltött káposzta", 17,90 Euro) auf der Empfehlungskarte deuteten schon zu Beginn auf die ungarischen Wurzeln der Pächterfamilie hin. In einer Pfälzer Weinstube mitten in Speyer war das schon eine kulinarische Überraschung, die ich so nicht unbedingt erwartet hätte. Das letzte Mal durfte ich die ungarische Küche vor vielen Jahren bei einem Sommerurlaub am Balaton bzw. anschließend in Budapest genießen. Und eines meiner absoluten Lieblingsgerichte, die Kesselgulaschsuppe, stand natürlich auch auf der Speisenkarte. Ich war begeistert.
Die weiteren Empfehlungen auf der schmalen Herbstkarte (Wildkräutersalat, Entenkeule) ignorierend, klappte ich die dunkle Kunstlederhülle der Speisenkarte auf und wurde zunächst über die bewegte Geschichte des Hauses informiert. Den sorgsam erstellten Überblick zu den Tagesgerichten, die von Montag bis Freitag zwischen 12 und 15 Uhr für faire 8,30 Euro angeboten werden, überflog ich kurz. Da wären auch ein paar Leckereien dabei gewesen, die mir am Mittag durchaus zugesagt hätten.
Ich las mich weiter durch die Karte. Zweimal Suppe, zwei Vorspeisen und zwei vegetarische Gerichte. Nicht viel für den Anfang, aber es sollte sich gleich ändern. Zwei Salate weiter dann die ersten Hauptakteure: Maispoularde, Lachsfilet, Roastbeefstreifen. Na das klang doch schon sehr vielversprechend. Es folgten drei Gerichte ungarischer Provenienz und ein pittoreskes Carnivorenkarussell, das mit Schweineschnitzel, Schweinefilet, Husarenspieß, Putenbrust- und Entenbrustfilet sowie dem obligatorischen Rumpsteak hinreichend bestückt war.
Jetzt war auch dem letzten Grünzeugverschmäher am Tisch klar: das wird ein Abend ganz im Sinne des gebratenen bzw. geschmorten Fleisches. Doch zuerst verlangten die durstigen Kehlen nach Wasser und Wein. Das Fläschchen Mineralwasser (0,5 Liter) schlug mit sportlichen 4,20 Euro zu Buche. Beim Wein sah das preislich viel entspannter aus. Die Flasche 2016er Chardonnay vom VDP-Weingut Bassermann-Jordan war für verhältnismäßig günstige 22 Euro zu haben. Schön, dass man es hier bei den Flaschenweinen mit den Preisfaktoren nicht übertreibt. Das Fläschchen Bionade (3,90 Euro) sowie die Spezi (3,60 Euro) lagen da wiederum im innerstädtischen Normbereich. Merke: in der alten Münz lieber eine Flasche Wein mehr trinken und die Diabetes fördernden Softdrinks mal außen vor lassen!
Ganz so exzessiv wie beim letzten Treffen unseres Gourmetclubs im Ketschauer Hof zu Deidesheim wollten wir es diesmal nicht treiben, weshalb wir uns von vornherein auf zwei Flaschen Wein (erst weiß, dann rot) pro Person äh… insgesamt beschränkten.
Doch zuerst wurde reihum das Essen geordert. Mozzarella mit Serranoschinken (8,50 Euro), der als Vorspeisenteller deklarierte gegrillte Ziegenkäse auf Wok-Gemüse und Datteln im Speckmantel (8,90 Euro), eine Kürbiscremesuppe mit knusprigen Süßkartoffelchips (5,90 Euro) sowie eine kleinere Variante der Kesselgulaschsuppe (5,50 Euro) sollten vor den Hauptgängen erst einmal Abhilfe schaffen. Letztere ging an mich und wurde mir genauso kredenzt, wie ich sie mag. Die Rindfleischstückchen herrlich mürbe vom langen Köcheln. Die Kartoffeln und die Karotten wurden nicht totgekocht, sondern hatten noch ganz leichten Biss. Alles wunderbar eingebunden vom dominierenden Paprika-Aroma. Nur der Kenner weiß die Verwendung von Schweineschmalz zum Andünsten der Zwiebeln bei einer Kesselgulaschsuppe zu schätzen. Dies fand hier lobenswerter Weise statt und sorgte für den deftigen Grundton. Die kleinere Vorspeisenportion war ausreichend bemessen. Zwar hätte ich von diesem herzhaft leckeren „Bagracsgulyas“ locker noch ein Schüsselchen vertilgen können, aber der Hauptgang stand ja noch aus.
Auch meine Kollegen am Tisch konstatierten, dass sie mit ihren vorweg gewählten Gerichten sehr zufrieden waren und schlemmten ordentlich drauflos. Die Kürbissuppe war gut abgeschmeckt und schön sämig. Der Vorspeisenteller meines Gegenübers hatte vom Umfang her fast schon Hauptgerichtcharakter. Eine dicke Scheibe gegrillter Ziegenkäse lag da auf einem Fundament aus gewokten Gemüse. Seine aufgespießten Datteln im Speckmantel steckten in einem Stück gegrillter Zucchini. Keck spross der „Speck-Dattel-Bonsai“ aus dem „Zucchini-Töpfchen“. Auch der mit Serrano-Schinken, Rucola und Tomaten veredelte Büffelmozzarella vom einzigen „Münzkenner“ am Tisch sah hübsch angerichtet aus und schien seinem Verzehrer wohl zu munden. Der trockene Chardonnay kam gut gekühlt aus der Flasche. Dieser wusste mit elegantem Schmelz und feiner Frucht zu überzeugen. Ein einfacher, klassischer Tischwein dessen „easy-drink-Attitüde“ zum Einstieg gut funktionierte und dessen Inhalt folglich recht schnell geleert wurde.
Die „rote Abteilung“ war dann mein Ressort. Zu unseren Fleischgängen sollte schließlich ein kräftiger Roter auf dem Tisch stehen. Das Flaschenweinangebot hing quasi direkt über uns, was den Blick in die – für diese Art der Gastronomie – recht umfangreiche Weinkarte eigentlich unnötig machte. Mit der Cuvée „Black Print“ von Markus Schneider liegt man im Grunde nie falsch, da es sich um einen wuchtigen Vertreter seiner Zunft handelt. Seine tiefdunkle Farbe erhält er von den Rebsorten Syrah, Merlot, St. Laurent und Cabernet Sauvignon, die eine fast schwarze Tinte entstehen lassen. Dieser wunderbar konzentrierte und vielschichtige Rotwein von der Mittelhaardt stand in der 2015er Version mit bemerkenswert gastfreundlich kalkulierten 25 Euro in der Karte gelistet. Keine Frage, hier mussten wir einfach zugreifen!
Die im Preis inbegriffenen Beilagensalate kündigten als Vorhut unsere Hauptgänge an. Das schön sauer angemachte Grünzeug entpuppte sich als frisches Beiwerk zu den deftigen Fleischgerichten. Einer der Kollegen hatte sich für das „Borjupaprikás“ (Kalbspaprikasch für 17,90 Euro) entschieden. Nicht zum ersten Mal, wie sich herausstellte. Er lobte die Kalbfleischstückchen, die himmlisch zart neben fluffigen Dill-Schafskäse-Nockerln lagen. Seine Paprikarahmsauce hatte genug Würze abbekommen. Er genoss seinen Teller sichtlich. Mein gegenübersitzender Rotweinkumpan verzehrte derweil sein knusprig gebratenes Entenbrustfilet (17,90 Euro). Ihr rosa Fleisch war infolge des Tranchierens gut sichtbar. Der umgebende Fettrand deutete auf delikate Saftigkeit hin. Die Cumberland-Sauce war in einem Extra-Schälchen in der Mitte seines Tellers platziert. Daneben befanden sich drei wohlgebräunte Reis-Zucchini-Kroketten, die etwa doppelt so groß ausfielen wie die gewöhnliche Norm-Beilage aus Kartoffeln und die sicherlich „à la maison“ gefertigt wurden.
Der Dritte im Bunde hatte sich für einen magyarischen Klassiker, das „Marhapörkölt dödöllével“ (Rindergulasch für 16,90 Euro) entschieden. Das mit Champignons verfeinerte Schmorgericht wurde von hausgemachten Kartoffelknödeln begleitet. Auch wieder ein Soulfood-Teller, der den Weichfleischenthusiasten neben mir in Verzückung versetzte. Kein Hauch von „Gulaschkommunismus“! Er bewältigte seine kulinarische Aufgabe auch alleine mit Bravour.
Nach meinem Kesselgulasch kehrte ich den ungarischen Schmorgerichten beim Hauptgang den Rücken und bestellte auf Anraten meines Kollegen das Schweineschnitzel „Wiener Art“ (13,50 Euro), das von leckerer Sesampanade umhüllt war. Zu den etwas dickeren Steakhousepommes wurde eine schmackhafte Bratensoße gereicht. Selten habe ich Pommes so genossen. In die Bratensoße getunkt, war das ein einfaches, aber äußerst wohlschmeckendes Fingerfood. Auch das Schnitzel konnte überzeugen. Sein Fleisch war saftig und leicht mürbe (Schnitzelkoch, ick hör‘ dir klopfen!). Knusprig ummantelt und dezent gewürzt fiel es überdurchschnittlich gut aus.
Eine Dessertvariation (8,90 Euro), ein paar Palatschinken (6,50 Euro) sowie eine Portion Somlauer Nockerln (6,50 Euro) später ging dann wirklich nichts mehr in uns rein. Die Nockerln hatte ich mir ausgesucht. Mit dem ungarischen Mehlspeisenklassiker aus zweierlei Biskuit mit Vanillepudding, Rum-Rosinen und Schokosoße bekam ich eine geschichtete Kalorienbombe par excellence vorgesetzt. Mit ordentlich Sprühsahne wurde die Mächtigkeit der auch in Österreich sehr beliebten Süßspeise noch zusätzlich erhöht. Da half nur eine gesunde „Wenn-schon-denn-schon-Einstellung“, um diesen kalorienreichen Dessertklassiker komplett zu vertilgen.
Die Toiletten befanden sich im zweiten OG, in dem auch die Küche untergebracht war. Ich denke mal, dass hier der Speisenaufzug unverzichtbare Dienste tut. Auf halber Strecke kam ich im ersten OG an einem weiteren Gastraum vorbei, der an diesem Abend aufgrund der gut besuchten Terrasse leer blieb. Auch hier dominierte dunkles Holz. Freiliegendes Fachwerkgebälk sorgte zusätzlich für eine gemütliche Atmosphäre. Merke: in der kälteren Jahreszeit im oberen Bereich der „alten Münz“ reservieren, da es hier noch behaglicher zugeht als im Erdgeschoss.
Schade, dass die ungarische Küche in unserer Region ein Nischendasein führt, denn sie ist der deftigen Pfalzkost ja nicht unähnlich. In Speyer gehört die „alte Münz“ sicherlich mit zu den besten Adressen wenn es denn mal gutbürgerlich hergehen soll. Die freundlichen Inhaber und das heimelige Interieur lassen mich eine klare Empfehlung aussprechen. Und eine Flasche „Black Print“ für 25 Euro gibt’s auch nicht überall. Klasse Abend in der Domstadt, lang lebe der Wörther Gourmetclub!