Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 14.04.2020 2020-04-14| Aktualisiert am
26.02.2021
Besucht am 11.02.2020Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 39 EUR
…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt. Seitdem saß ich im wahrsten Sinne des Wortes „auf glühenden Kohlen“.
Wahrscheinlich bin ich an dem unscheinbaren Eck-Imbiss schon tausendmal vorbeigefahren ohne von ihm Notiz zu nehmen. Außenansicht
Liegt der Laden doch genau da, wo sich der Pfälzer von den letzten ihn umgebenden urbanen Resten der Fächerstadt befreien möchte und sich - schon die Südtangente vor Augen - der linksrheinischen Heimat entgegensehnt. Dass mir nicht schon früher die „geflügelten“ Worte „Döner“(über dem linken Fenster) und „Kebap“ (über dem rechten) ins Auge sprangen, lag in keinster Weise am äußeren Erscheinungsbild des Lokals. Nein, dieses wirkte sehr gepflegt, was sich beim Betreten des Gastraumes noch bestätigen sollte. Das renovierte Innere
Genusskollege Oparazzo hat ja schon in seiner Überschrift auf die umfassende, in der Tat recht farbenfrohe Renovierung des Ladens hingewiesen. Auch mir sagte das Interieur zu. Gleich links vom Eingang befand sich die Take-Away-Theke mit gut gefüllten Edelstahlboxen, in denen das Grünzeug und die Saucen ihrer Verwendung harrten. Dahinter, wie aus dem Lehrbuch für Dönerthekenlogistik – in Berlin-Neukölln gibt es bestimmt einen eigens dafür eingerichteten Lehrstuhl – zur Linken die Teigausrollmaschine für die Yufka-Fladen und rechts davon die Drehspieß-Apparatur, die allgemein unter dem Namen Dönergrill firmiert. Dönertheke Royal
Da wirkte alles blitzblank gescheuert, fast schon ein wenig steril. Eine solche Sauberkeit war mir in Etablissements mit türkischer Schnellküche noch nicht so oft vorgekommen. Über dem Thekenbereich thronte das Speisenangebot des seit 1997 in Karlsruhe ansässigen Ladens. Die Geschichte mit dem Brand im Jahre 2018 hatte ich dem Bericht des Kollegen entnommen. Diesbezüglich kann man vor den Inhabern des Aroma-Restaurants nur den Hut ziehen. Die haben da bestimmt sehr viel Arbeit hineingesteckt, um ihre Grillschenke wieder flott zu machen. Ist ihnen gut gelungen.
Als ich zur Mittagszeit dort eintraf, glänzte mein Döner-Date noch mit Abwesenheit. Im hinteren Bereich des mit wertigem Bistromobiliar, abgehängter Decke (Schallschutz), Laminatboden in Holzoptik, ringsum verlaufender, gut gepolsterter Wandbank sowie einer fast schon zeitlos wirkenden Wandverkleidung aus dunklem und hellem Holz auf sich aufmerksam machenden Gastraumes war noch kein Tisch besetzt. ...ist ganz hübsch geworden!
Ich machte es mir bequem, schoss erste Fotos vom Innenleben und hatte sowohl den zwischen Theke und Toilettentür platzierten, halbkugelförmigen Gasofen im Blick als auch die Eingangstür, neben welcher mittlerweile ein paar Leute am Stehtisch auf ihr Essen warteten.
Vom Grandseigneur aus der württembergischen Kurstadt an der Alb war da noch keine Spur. Die Herren im vorderen Bereich unterhielten sich lautstark. Einzelne Wortfetzen verrieten, dass einer von ihnen wohl Bauingenieur im Außendienst war. Seine Zeit in der arabischen Hafenstadt Dschidda beschrieb er nämlich lauthals und ausgiebig. Ich dagegen tauchte innerlich ab, wollte das banale Alltagstreiben hinter mir lassen und freute mich wie nach dem erfolgreichen Drücken der F5-Taste am Rechner als der Bonvivant aus dem Nordschwarzwald endlich zur Tür hereinkam.
Der Herrenalber Herrenreiter musste wohl noch seinen Schimmel, auf dem er die letzten Kilometer zum Lokal im gestreckten Galopp zurückgelegt hatte, verkehrsgerecht vor der Grillstätte seines Vertrauens anleinen. Er sah ein wenig zerzaust aus, gerade so als wäre er nach langer Zeit mal wieder an die frische Luft gekommen. Kein Wunder, sitzt der Mann doch nächtelang an seinen wortgewaltigen Pamphleten, mit denen er unsere Community bereichert. Warum er seinen Profilnamen nicht in „carpe noctem 1890“ umwandelt, ist selbst mir schleierhaft.
Die reich bebilderten Speisehefte in Spiralbindung wurden uns von einer jungen Dame an den Tisch gebracht. Es war früh am Tag. Mein Tischgenosse versuchte mit einem Glas Ayran die Geschmackssensoren seines Darmes zu justieren. Mit einem Mineralwasser versuchte ich krampfhaft auf klare Gedanken zu kommen.
„Dürüm, Dürum!“ riss es mich mit selbstauferlegter „Grillkür“ aus den Fängen des manipulierten Geschmacks. Der „Mesiter“ des fachmännisch fotografierten Tellergerichts bestellte nonchalant einen Iskender Döner, ja sapperlot! Dem nicht genug. Einen grünen Salat wollte der staatlich geprüfte Sommerrollendrapierer zudem noch sein Eigen nennen. Grüner Beilagensalat
Ich gab mich mittelfristig beeindruckt und zog nach. Auf meinem Ass im Aromenärmel stand in erhabenen Lettern „Karisik Izgara“, was auf der Speisekarte mit „Gemischter Grillteller“ übersetzt wurde. Die 17,50 Euro waren mir die Empfehlung meines Gegenübers wert.
Die Zeit bis zur Speisung verging wie im Flug, wurde doch seit unserem ersten Treffen im Thai-Orchid beiderseits viel Köstliches verspeist, das in der Retrospektive noch einmal durchlebt werden wollte. Aber auch jenseits des kulinarischen Horizonts ging es thematisch munter weiter. Wenn die Chemie stimmt, laufen die Gespräche von ganz alleine – kennt man ja.
Der prachtvolle, in Süffigkeit erstarrte Dönerteller meines Tischkollegen war flächendeckend mit Joghurt- und Tomatensauce begossen. That was the great Iskeeeendöör!
Der frisch abgesäbelte Fleischberg machte Eindruck, wurde aber von meiner Grillplatte optisch und auch mengenmäßig locker übertrumpft. Auf jenem hatten zwei saftige Lammkoteletts, ein stattlicher Adana-Spieß (ebenfalls aus Lammhack) sowie ein weiterer, hervorragend gegrillter Spießgeselle vom Jungschaf die Fleischhoheit inne. Lamm satt
Das Ganze war auf dünne Yufka-Pappe gebettet. Im Basement des Porzellans hatte sich eine schöne Schicht Bulgur verkrümelt. Karisik Izgara
Hinter den wohlgerösteten Protagonisten vom Aroma-Grill ging es deutlich vegetabiler zu. Ein paar Blätter Lollo Rosso, diverse Tomatenschnitze, dünne Paprikascheiben, eine Handvoll Mais und ein wenig Gurken rangen nach Aufmerksamkeit, die ihnen die üppig darauf verteilte, latent knoblierte Joghurt-Sauce anscheinend verwehren wollte. Dem nicht genug, ein Tarngestrüpp aus Glattpetersilie sorgte für eine perfide Grünzeug-Camouflage auf dem Teller. Wollte man mich um den letzten Halm von Gesundheitsküche bringen? Das hätte man mit einem Gurkensalat („Igitt!“) doch wesentlich einfacher und mit deutlich weniger Wareneinsatz haben können.
Nun, was soll ich mehr loben? Das perfekt gegrillte, wunderbar gewürzte Lammfleisch oder das leicht angegrillte Tomaten-Peperoni-Duo. Den fluffigen Bulgur etwa? Oder doch die subtil knoflierte Joghurt-Tunke, welche die darunter verborgene Grünbeilage erst auf schmackhaftes Niveau hob. Keine Ahnung, ich fand meinen „Karisik Izgara“ jedenfalls sehr gelungen und würde dort jederzeit wieder „angrillen“ lassen.
Danke Oparazzo für den guten Tipp und die gute Gesellschaft. Hoffentlich können wir uns das kulinarische Karlsruhe bald wieder gemeinsam vorknöpfen.
…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt.... mehr lesen
4.0 stars -
"Einfach mal im Februar die Grillsaison eröffnen…" marcO74…dachte ich mir und so kam es, dass ich mich kurz vor der Fahrt in den Bregenzerwald (ja damals durfte man noch ins Ausland reisen…) an einem Dienstagmittag mit dem GG-Kollegen aus Bad Herrenalb im Karlsruher Szene-Imbiss Aroma wiederfand. Mein Gastro-Komplize, mit dem ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzte, hatte diesen Iskender-Tempel abseits der Schnitzel-Schranke ja schon im Vorfeld über den grünen Mate-Tee gelobt. Sein Foto vom gemischten Grillteller hatte sich da bereits tief in mein kulinarisches Unterbewusstsein gebrannt.
Geschrieben am 13.04.2020 2020-04-13| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 07.02.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 94 EUR
José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das sich quasi auf der anderen Straßenseite befindet, war auch der Grund, warum ich hier schon vor ein paar Jahren nach einem Theaterbesuch auf ein paar „Petiscos“ vorbeischaute.
Mittlerweile ist noch ein zweites Lokal, die „Tasca do José“ in der Waldstraße, hinzugekommen. Die seit Mai 2018 geöffnete, portugiesische Taverne steht mit ihrem herrlichen Innenhof ganz oben auf meiner Karlsruher „Muss-ich-im-Sommer-noch-unbedingt-hin-Liste“. Vielleicht erbarmt sich ja der ein oder andere Oparazzo und kehrt mal mit mir dort ein.
Anfang Februar, als wir zusammen mit meiner Mutter das Stück „Mein Jahr ohne Udo Jürgens“ im Kleinen Saal des Staatstheaters – meine Mutter ist nach wie vor leidenschaftlicher Fan des verstorbenen Schlagersängers – besuchten, bot sich eine Einkehr im Haus von José schon allein wegen des kurzen Fußweges an. Ich reservierte problemlos per Telefon einen Platz für drei Personen und freute mich auf ein klassisches Pre-Theatre-Dinner mit den beiden wichtigsten Frauen meines Lebens.
Es war noch relativ früh am Abend und in der Casa herrschte die berühmte Ruhe vor dem Ansturm. Unser Auto hatten wir da schon in der Tiefgarage des Staatstheaters abgestellt. Parkplätze rund ums Restaurant gibt es so gut wie keine. Mit etwas Glück kann man seinen Wagen in der benachbarten Südstadt unterkriegen. Aber Parkhäuser gibt es im Umfeld ja genug. Oder man kommt mit der Straßenbahn, deren Haltestelle nur ein paar Meter entfernt liegt.
Die Casa do José ist so ein Restaurant, in dem man sich auf Anhieb wohl fühlt. Angenehme Lichtverhältnisse, wertiges Mobiliar und leise Hintergrundmusik hießen uns zusammen mit den freundlichen Gastgebern recht herzlich willkommen. Man wies uns einen Tisch in der Mitte des Raumes zu und als erste Gäste des Abends ließen wir das mit viel Liebe zum Detail dekorierte Innere des Gastraums zunächst auf uns wirken.
Auf den blanken Holztischen befand sich nur das Nötigste. Polierte Wein- und Wassergläser glänzten um die Wette. Einfachbesteck und Brotteller hatten es sich auf den dunklen Tischsets bequem gemacht. Das zusammengefaltete, strahlend weiße Mundsegel bot dem Brotmesser eine weiche Unterlage. Ein einsames Teelicht flackerte kaum wahrnehmbar. Von der geschmackvoll mit dunklem Holz verkleideten Decke baumelten extravagante Murano-Kristallleuchter. Die hellen Holzdielen des Fußbodens kontrastierten gut mit der dunklen Einrichtung. Innenansicht 1
An den hellen, in dezenten Lila- und Grautönen gestrichenen Wänden hingen ein paar gerahmte Kunstwerke und Fotographien. Hier und da blitzte ein wenig aufgebrochener Putz hervor. Rechts neben dem Ausschanktresen befand sich der Durchgang zur Küche. Davor weckten gut gefüllte Weinregale und ein stattlicher Weinkühlschrank mein Interesse. Hier würde sich ein Blick in die Weinkarte sicher lohnen, so viel war klar. Innenansicht 2
Gedacht – getan. Das Kellerkompendium der Casa zeigte sich schon bei den Weißweinen recht vielseitig. Vinho verde, Dão, Alentejo und Co. grüßten den Pfälzer Instinkttrinker. Ein Schelm, der Weißes dabei trinkt. Also flugs weitergeblättert zu den Tintentropfen. Und da standen dann auch die Worte, die meinem Rotweinwunsch am ehesten entsprachen: Touriga Nacional. Für um die 20 Euro gab es hier den guten Stoff flaschenweise zu entdecken. Dabei fehlte die erwähnte Edelrebsorte aus Portugal in fast keiner der angebotenen Cuvees.
Ein paar der Namen sagten mir sogar etwas. Den Quinta de Chocapalha hatte ich vor vielen Jahren mal im Weinkeller der BASF entdeckt – ein ganz vorzüglicher Tropfen mit wunderbarer Holznote. Dem Genuss des Crasto DOC aus dem Douro ging dagegen eine Online-Bestellung voraus. Auch er konnte seine Prozente gehaltvoll einsetzen. Leider gab es beide Weine nicht glasweise und eine Flasche war mir als Fahrer von zwei so reizenden Damen dann doch des Guten zu viel.
Aber ein Viertel vom 2016er Burmester DOC aus dem Douro machte durchaus Sinn, hatte ich doch in der Folgezeit noch einige Lieder des österreichischen Schlagertitanen zu überstehen. Die durchaus nicht gerade linksrheinisch kalkulierten 7,70 Euro waren für die 9 Monate im Barrique ausgebaute Cuvee aus den Sorten Touriga Nacional, Tinta Roriz und Touriga Franca gut angelegt. Ein samtiger Schmeichler, der mit seiner feinwürzigen Eleganz zu gefallen wusste. Burmester kann eben nicht nur Port.
Dem niederen Durst sollten zwei Flaschen Selters medium (0,75l für 5,10 Euro) Abhilfe schaffen. Das war auch gut so, denn die Lektüre des dreisprachigen (!) Speiseprogramms nahm ein wenig mehr Zeit in Anspruch. Für meine Mutter war es nämlich der erste Besuch eines portugiesischen Lokals und dass sie da die ein oder andere Frage zu den offerierten Gerichten hatte, war natürlich nachvollziehbar. Aber auch wir mussten uns erst einmal durch das wohlklingende Angebot an „Petiscos“ (=Appetithappen) und „Pratos Principais“ (Hauptgerichte) lesen.
„Salgadinhos“ nennen die Portugiesen kleine Snacks, die gerne zu einem Glas Wein oder einer Hopfenkaltschale gefuttert werden. Darunter versteht man im Hause José frittierte Bacalhau-Nocken – beim Spanier heißen die Dinger Stockfisch-Kroketten – oder Teigtaschen mit Fleisch bzw. Krabbenfüllung. Auch Chamuças, eine Art portugiesische Samosas mit würzigem Innenleben aus Rinderhack oder Gemüse, standen als „Entradas“ auf dem reichhaltigen Speisezettel.
Flambierte Chouriço (Chorizo), gebratene Knoblauchwurst (Alheira frita) oder gegrillte Blutwurst (Morcela assada) waren dagegen nichts für Fettverweigerer. Ein paar kalte Vesper-Platten mit Käse, Wurst und Schinken portugiesischer Provenienz hatte man natürlich auch am Start. Die gemischten Salate wurden mit mariniertem Oktopus oder Kabeljau unters fischaffine Volk gebracht.
Venusmuscheln und gebratene Riesengarnelen durften in Knobi-Weißwein-Sauce baden, ehe man mit dem in der Cataplana servierten Fisch-Meeresfrüchte-Eintopf zum ultimativen Sehnsuchtsgericht für Krustentier-Kameraden und Wassertier-Vasallen anhob. Dass danach noch Kabeljau (Stockfisch) auf fünf verschiedene Arten zubereitet wurde, war kein – Vorsicht jetzt – kulinarischer „(Ba)Calhau‘er“, sondern strich die Bedeutung der aus der portugiesischen Küche nicht wegzudenkenden Trockenfischspezialität hervor.
Für Fleischfutzies wurde Schwein nach „Alentejo-Art“ mit Venusmuscheln und frittierten Kartoffelwürfel kombiniert, Pluma vom Iberico-Schwein in Madeira-Balsamico-Reduktion veredelt und das Bife (Rumpsteak) u.a. mit einer Kaffee-Cognac-Sauce aus der Küche geschickt. Natürlich hatte man auch die Madeira-Spezialität schlechthin auf der Karte: Espetada, ein kopfüber servierter Rinderspieß, wurde mit frittierter Polenta und Salat veräußert.
Die zusätzlich feilgebotenen Wochenempfehlungen trugen nicht gerade zur Entschlackung des Speiseangebots bei. Eher zur Vergrößerung meiner Entscheidungsnot. In Rotwein geschmortes Wildschwein (Chanfana), Wanzenauer Hähnchen in Madeira-Sauce und Wachtel in Tomatensauce mit Oliven-Kartoffel-Stampf klangen nicht gerade unappetitlich.
Aber es half ja alles nichts, die junge Dame vom Service hatte schon ihren Notizblock gezückt und wollte harrte unserer Bestellung entgegen. Außerdem erlaubte unser Zeitfenster bis zum Theaterstück kein langwieriges Zaudern bei der Speisenauswahl.
Als einziger Vorspeisender am Tisch wählte ich die Rissóis de Carne (4,20 Euro), drei knusprige Teigtaschen mit Fleischfüllung aus der Häppchen-Abteilung. Die beiden Damen hatten den gleichen Essenswunsch, was ja bei Frauen generell nicht so selten vorkommt. Sie entschieden sich beide für das Wanzenauer Hähnchen mit Madeira-Sauce, gegrillten Süßkartoffeln und Gemüse (17 Euro). Mir war ebenfalls nach fleischlichen Genüssen zumute, die mit einem traditionellen Rinderspieß nach Madeira-Art, selbstverständlich in der größeren 250-Gramm-Variante (23,50 Euro), gestillt werden wollten. Der Gargrad des Fleisches wurde erfragt und mit „medium rare“ in Richtung Küche durchgewunken.
Zuerst grüßte die Küche mit aufgeschnittenem Baguette, gutem Olivenöl und einem Aufstrich, der leicht nach Zitrone schmeckte. Die Küche grüßte
Dann folgten zeitnah die Teigtaschen, die sich mit ein paar Salatblättern und einer halben Cocktailtomate den Teller teilten. Die deftig gefüllten Rissóis waren genau das, wonach sich mein leerer Magen gesehnt hatte. Außen kross, innen fluffig und das Fett aus der Friteuse erledigte den Rest. Rissóis de Carne
Gut gemacht, José. Ich freue mich schon, wenn ich mich bei dir mal durch das komplette Salgadinhos-Programm futtern darf. Dann aber mit den passenden Flaschenweinen, meiner Frau als partizipierender Unterstützung und ohne Theatertermin im Hinterkopf. Gut, eine Straßenbahn, die uns nachts noch über den Rhein bringen würde, wäre der Idealfall.
Dann wurde die Hängevorrichtung für meinen Kopfüber-Spieß an den Tisch gebracht. Wenig später baumelte daran der oder die Espetada. Es hing ein Spieß....
Dabei tropfte der Fleischsaft des wie gewünscht medium rare gelieferten Beefs in eine kleine Schale. Von seiner mürben Textur her, hätte es durchaus Rinderlende sein können, was aber schon der Preis nicht erlaubte. Ich vergaß leider nachzufragen, als mir der Service ein wenig Madeira-Wein zum Fleischreindippen vorbeibrachte. Espetada...medium rare
Der dazu gereichte Salat war schön sauer angemacht. So wie ich es bevorzuge. Salat zur Espetada
Wären da nicht die frittierten Polenta-Quader gewesen, hätte man durchaus von einem Low-Carb-Gericht sprechen können. Die etwas geschmacksneutralen, recht trockenen Finger aus Maisgrieß hauten mich zwar geschmacklich nicht um, erledigten jedoch ihren Job als Sättigungsbeilage mit kohlenhydratliefernder Effizienz. Frittierte Polenta
Ein paar Dezimeter weiter ließen sich die beiden Damen ihre Wanzenauer Hähnchen schmecken. Die fachgerecht in vier Teile zerlegte Brathühner lagen auf einer gut gemeinten Portion gegrillter Süßkartoffeln. Darunter versteckte sich noch mediterranes Gemüse (Zucchini, Paprika, usw.). Wanzenauer Hähnchen
So richtige Begeisterungsstürme riefen die aromatisch nach Madeira-Sauce duftenden Hühnergerichte nicht hervor. Meine Mutter isst ja am liebsten Selbstgekochtes vom heimischen Herd und es kommt eher selten vor, dass sie sich über das Essen im Restaurant besonders lobend äußert. Von daher war das alles im grünen Bereich. Aber auch meiner Frau fehlte der gewisse Kick. Das nicht bestellte (da überlesene), in Rotwein geschmorte Wildschwein wurde später noch ein paar Mal seufzend erwähnt.
Doch bevor es in das ehrenwerte Haus gegenüber zur Theatervorstellung ging, wurde noch ein wenig genascht. Wie schlicht sich doch meine angenehm süße, von aromatischen Raspeln bedeckte Kokosnuss-Tarte (6,50 Euro) Kokosnuss-Tarte
gegenüber dem mit Vanille-Eis, Schoko-Ganache und Waldfrüchten gepimpten Schoko-Crumble (8 Euro) präsentierte. Schoko-Crumble und Consorten
Auf Früchteeis, Ananas, Kirsch und Banane…wurde an diesem Abend verzichtet, denn der portugiesische Wein war schon zur Neige gegangen und der griechische sollte ja später noch besungen werden.
In der Summe war der Besuch bei José ein gelungener Appetizer. Allein die Auswahl an „Petiscos“ würde eine Wiederholung rechtfertigen. Und dann war da ja auch noch dieser Fisch-Eintopf…
Wie sang der gute Udo vor rund 20 Jahren in seinem Lied „Es lebe das Laster“ so treffend „…statt Vinho und Gambas, Vollmilch und Brot, und was hat er davon? Denn nun ist er tot…“
Kann man mal so stehen lassen. Fastenzeit ist ja vorbei ;-)
José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das... mehr lesen
Restaurant Casa do José
Restaurant Casa do José€-€€€Restaurant, Bistro, Bar072191438018Kriegsstraße 92, 76133 Karlsruhe
4.0 stars -
"Vor dem Theater genossen wir die portugiesische Küche im Haus von José – war ‘ne richtig gute Idee!" marcO74José Gregório de Mendonça Vasconcelos. Das ist der vollständige Name des Betreibers zweier portugiesischer Genussenklaven in der Fächerstadt Karlsruhe. Ein Name, der jedem erstklassigen Portwein zur Ehre gereichen würde. Nur dass eben jener nach genossenem Mahl den Hals hinunter rinnt, um Körper und Seele zu wärmen, und besagter José dies mit kulinarischen Köstlichkeiten aus seinem Heimatland erreicht.
Er betreibt seine Casa an der vielbefahrenen, oft „dauerbebaustellten“ Kriegsstraße. Und das schon seit dem Frühjahr 2013. Die Nähe zum Badischen Staatstheater, das
Geschrieben am 09.04.2020 2020-04-09| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 01.02.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang Februar auf die kulinarische Agenda setzten und im Vorfeld einen Tisch für Zwei reservierten.
Ein Vorteil von Freiburg ist zweifellos, dass man im Prinzip alles relativ schnell zu Fuß oder mit den Öffentlichen erreichen kann. So machten wir uns an jenem Samstagabend per pedes auf den Weg zum „Grumbeergebäude“. Das am Mittag in der Hausbrauerei Feierling genossene „Inselhopf“, ein malzig-trübes Zwickel-Bier, musste ja schließlich an der frischen Luft wieder abgebaut werden.
Schon von außen machte das hell illuminierte Anwesen, in dessen Parterre sich das Restaurant befand, einen sehr gepflegten Eindruck. Außenansicht
Durch die Fenster grüßte geselliges Treiben, denn es war zu dieser Zeit schon einiges los. So mussten wir zunächst ein paar Minuten an der Theke ausharren bis der reservierte Zweiertisch freigegeben wurde. Das machte uns nichts aus, denn die freundliche Dame vom Service, die uns in Empfang nahm, war kommunikativ und versorgte uns gleich mit der Speiselektüre.
Ein winterlich fruchtiger, gänzlich ohne Sekt auskommender „Quitte-Sprizz“, ein Haus-Apéro mit Quitten- und Apfelsaft, Mandelsirup, etwas Zimt und Mineralwasser, wurde mir quasi als kleine Entschädigung für das Warten angeboten. Da willigte ich doch gerne ein. Meine Frau zeigte hinsichtlich dieses alkoholfreien „Bestechungsversuchs“ deutlich mehr Disziplin und lehnte dankend ab. Das Feierling-Helle vom Mittag schien bei ihr noch nachzuwirken.
Direkt vor uns auf dem Tresen hatte man eine Schiefertafel mit der Tagesempfehlung in Position gebracht. Rehfleischküchle an Spätburgunderjus mit hausgemachtem Apfel-Rotkraut und Kartoffelklößen (17,80 Euro) versprach saisonale Gutbürgerlichkeit für Freunde gehaltvoller Wintergerichte. Ein genaueres Studium des Speiseangebots nahmen wir dann jedoch sitzend vor. Unseren Tisch hatten wir da nämlich bereits okkupiert.
Das Innere des Lokals wirkte trotz des großen Andrangs recht gemütlich. Von der Optik her irgendwo zwischen zünftigem Bistro und gediegenem Wirtshaus angesiedelt, beherrschte wertiges, dunkles Holzmobiliar die Szenerie. Selbst eine ausrangierte Kirchenbank wurde als leidlich bequeme Sitzgelegenheit genutzt. Die unverputzte Wand aus grob behauenen Sandsteinen hätte auch in jeder Pfälzer Weinstube für heimeliges Rustikalambiente gesorgt. Gastraumimpression
Zusammen mit der angenehmen, durchaus stimmungsvollen Beleuchtung, für die sich ein bunter Stilmix unterschiedlichster Hängelampen verantwortlich zeigte, wurde uns das Ankommen erleichtert. Hier ließ es sich aushalten – so viel stand fest.
Mein Blick fiel auf die ansehnliche, mit dunklen Schieferplatten verkleidete Theke, hinter welcher der fleißige Schankprinz ganze Arbeit verrichtete. Innenansicht
Den „Quitte-Sprizz“ aufs Haus hatte man mir schon an den Tisch gebracht. Besteck und Servietten lagen bereits im Bastkörbchen bereit. Ein Blümchen, ein Windlicht und zwei rote Stoffsets bevölkerten den Rest der blanken Tischplatte. Eine Karaffe Tafelwasser (0,5l für 3,40 Euro) war schnell geordert und wurde von einer der jungen Servierdamen zeitnah geliefert. Der halbe Liter naturtrübes Waldhaus Bier – natürlich „ohne Filter“ – gelangte vom Fass für faire 4,40 Euro in den schlanken Hopfenkelch. Die Freiburger Kartoffelfestspiele konnten also beginnen.
Doch vorher möchte ich noch ein paar Worte über den tadellos agierenden Service verlieren. Die Mädels standen angesichts der Komplettauslastung des Ladens an diesem Abend richtig unter Strom. Sie mussten nebenbei noch etliche Spontaneinkehrer ohne Reservierung auf später vertrösten, und sich an jenen, die im Eingangsbereich auf freie Tische warteten, mit einem Tablett voller Getränke vorbeidrücken. Trotz allem Umtrieb bewahrten sie stets den Überblick. Kurzum: die Bedienfraktion vom Kartoffelhaus lieferte eine einwandfreie Serviceleistung ab und vermittelte dabei den Eindruck, dass der Bewirtungsbetrieb hier wie geschmiert läuft. Wer sich so freundlich, aufmerksam und gästeorientiert präsentiert, hat an dieser Stelle ein Extralob verdient.
Es folgen einige Anmerkungen zur vielfältigen Speiseauswahl, die wir in Form einer äußerst ansprechend gestalteten Karte studieren durften. Gleich auf der ersten Seite wurde auf die Existenz von Sonderkarten für Intoleranzgeplagte (Laktose, Gluten oder beides zusammen) bzw. vegan gestimmte Zeitgenossen hingewiesen. Ein Glück, dass wir alles vertragen und (fast) alles essen, so mein Gedanke bei der mit einem Bild von diversen Kartoffelsorten geschmückten ersten Seite der Speiseliteratur.
Danach lieferte ein lesenswertes Statement zum Regionalbewusstsein, dem sich die Gastgeber des Kartoffelhauses bei der Auswahl ihrer Produkte anscheinend besonders verschrieben haben, Informatives für den neugierigen Konsumenten mit nachhaltiger Gesinnung. Von 19 verschiedenen Lieferanten – darunter viele biodynamisch arbeitende Klein- und Kleinstbetriebe – war da die Rede. Die Herkunft der aus dem regionalen Umfeld stammenden Zutaten und Rohstoffe wurde mit Hilfe einer übersichtlich gestalteten Karte visualisiert.
Ein paar der Betriebe, wie beispielsweise der Lindenbrunnenhof der Familie Binder aus Forchheim, der traditionelle Kartoffel-, Gemüse- und Obstsorten kultiviert, oder die auf die Zucht von Simmentaler Weiderindern spezialisierte Familie Reitter aus Schwanau-Ottenheim (Reitterhof), wurden mit kleinen Porträts, bei denen ihre Arbeit kurz vorgestellt wurde, bedacht. Respekt, da merkt man, dass den beiden Gastgebern die Unterstützung regionaler Betriebe eine echte Herzensangelegenheit ist. Auf der Internetseite kann man sich unter der Rubrik „Nah klar!“ noch genauer informieren. Mehr Transparenz bezüglich der Herkunft der verwendeten Grundzutaten geht eigentlich kaum.
Neben einer Reihe interessanter Aperitifangebote (Lillet Berry mit Weißburgunder Sekt, Hugo „Rosa“ mit Rhabarber- und Holunderblütensirup sowie Hugo „Blackforest“ mit schwarzem Johannisbeersaft und Heidelbeeren) listete die erste Seite sechs verlockend klingende Suppen und Vorspeisen mit klarem Saisonbezug. Zum Beispiel eine Kürbis-Kokossuppe mit gebratenen Jakobsmuscheln oder gebackene Süßkartoffelsticks mit Sesam und leichter Erbsencrème. Das klang schon deutlich besser als die übliche Palette an deutschen Vorgeschmäckern, die es in bürgerlicher Gasthausatmosphäre sonst so zu bestellen gibt.
Einmal umgeblättert und man befand sich inmitten einer weiteren, saisonal geprägten Auswahl an „winterlichen Genüssen“. Sie beinhaltete mannigfaltige Variationen rund um den Feldsalat, den man wahlweise mit allem Möglichen (Kartoffelküchle, Rumpsteakstreifen, ja sogar mit Filets vom Bachsaibling und Schwarzwaldforelle…) bestücken konnte. Außerdem sorgten ein paar schmackhaft anmutende Veggie-Gerichte für Aufsehen. Darunter auch das Ofengemüse „Arche Noah“, bei dem edle Kartoffelraritäten und Wintergemüse (Pastinaken, Kürbis, Maronen) kombiniert wurden und zusammen mit Kräuterquark und einem bunten Salat den Fleischverzichter mit Entdeckergeist ansprechen sollten.
Auf der Standardkarte tummelten sich dann nochmals diverse Vorwegklassiker. Von der deftigen Kartoffelsuppe mit unterschiedlichsten Einlagen über eine asiatisch angehauchte Fischsuppe bis hin zu Lachforellentartar und Rindercarpaccio war einiges geboten. Die gleichen Wahlmöglichkeiten wie vorher beim Feldsalat standen dann auch für den gemischten Salatteller zur Verfügung. Ähnliches galt für die Ofen- und Pellkartoffelgerichte, die man mit bis zu drei hausgemachten Dips und einem kleinen Salat veredelte. Immer ganz vorne mit dabei: Kräuterquark, Knoblauchdip, Pink Hummus (dank Roter Bete), Erbsencrème und Frankfurter Grüne Sauce.
Auf den folgenden Seiten des umfangreichen Köchelverzeichnisses wurde weiter drauflos „kartoffelt“ was die Knolle so hergab. Die Gratins und Aufläufe in diversen Variationen klangen dabei genauso appetitanregend wie die Bratkartoffeln, die Kartoffelpuffer, das Püree und die ebenfalls mit Dips oder hausgemachter Mayo servierten Pommes-Berge.
Für die fleischessende Zunft lockten Rumpsteak vom Simmentaler Weiderind, Putensteak aus dem benachbarten Elsass, Schweinesteak aus dem Schwarzwald sowie die üblichen Verdächtigen der gutbürgerlichen Fleischküche (Schnitzel, Entrecôte, usw.). Wem das alles noch nicht reichte, der konnte sich an Raclette, gebackenem Schafskäse, Kartoffelauflauf mit Lachs oder Filet vom Bachsaibling aus der Ortenau auf Fettuccine mit Basilikum-Mandel-Pesto erfreuen.
Normalerweise wäre ich bei einem solchen Mammutprogramm eher skeptisch an die Sache heran gegangen. Aber bei genauerem Hinsehen waren es im Grunde immer die gleichen Garnituren, in denen die Kartoffelgerichte auf das Porzellan gehievt wurden. Ein ausgeklügeltes Baukastenprinzip, mit dem sich eine große Auswahl generieren ließ und gleichzeitig ein breites Geschmacksspektrum abdeckte. Für jeden Geschmack war hier was dabei. Für Entscheidungsschwache sicherlich kein Heimspiel.
Als Pfälzer Kulinarnomade freute ich mich natürlich ganz besonders auf die Kartoffelsuppe, da sie außerhalb meiner Heimat oft gar nicht hoch genug geschätzt wird. Und das, obwohl sie doch dem ersten Hunger mit einer deftigen Sämigkeit zu begegnen vermag, die das Warten auf die Hauptspeise zur reinsten Wohltat werden lässt.
Es gab sie in zwei Größen und mit unterschiedlichen Einlagen. Ich entschied mich vorsorglich für die kleinere Portion (6 Euro), die mit Schnittlauchgehäcksel, einem ordentlichen Klacks Crème fraiche, knusprigen Croutons und angebratenem Speck geliefert wurde und fühlte mich schon beim ersten Löffel wie ein Bewohner des Planeten „Erdapfel“. Kartoffelsuppe
Meine letzte Kartoffelsuppe hatte ich im Kölner Kultgasthaus Essers genossen und damals war es ihre schmackhafte Einfachheit, die mich schwer beeindruckte. Diesmal begab ich mich dank würzig-krosser und cremig-frischer Begleitumstände komplett freiwillig in Suppenhaft. Zusammen mit dem malzig-herben Waldhaus Zwickelbier war das ein erhabener Genussmoment, bei dem sich die tadellos zubereitete Wohlfühlterrine ungeniert aus dem Vollen löffeln ließ.
Gut, die Portion hätte vielleicht ein wenig schmaler ausfallen dürfen, denn mein Sättigungsgrad war nach dem sauber geleckten weißen Porzellan schon etwas vorangeschritten. Und da war ja auch noch ein kleiner bunter Beilagensalat, den es zum Kartoffelauflauf mit pikantem Lammhack, Schafskäse und grünen Bohnen (15,80 Euro) dazu gab. Diesen gab es übrigens kurz vor dem Eintreffen der Hauptgerichte. Er war mit einem feinen, essigsauren Dressing angemacht und hielt sämtlichen vegetabilen Frischekriterien stand. Beilagensalat
Meine Frau hatte sich doch tatsächlich für eine Salatvariante entschieden. Sensation! Aber nicht für irgendeine. Nein, es musste der gemischte Salatteller mit Kartoffelküchle und Pink Hummus (13,80 Euro) sein. Wobei die frittierten „Zwei-Mann-Kroketten“ mit einer cremigen Ziegenkäsefüllung aufwarteten. Gleich drei Exemplare hatte man auf den aus Blatt- und Gemüsesalaten bestehenden Frischeteller gelegt. Der Rote-Bete-Hummus wurde à part im kleinen Schälchen dazu gereicht. Salat mit Kartoffelküchle
Ich dagegen gab mich lieber mit weitaus weniger subtilen Raffinessen zufrieden. Meine Schichtstufenlandschaft aus einer mehligkochenden Kartoffelsorte und nicht übertrieben gewürztem Hackfleisch vom Lamm lag unter zweierlei Soßen begraben. Der leicht nach Thymian duftende Tomatensugo hätte völlig ausgereicht. Warum man da noch einen halben Eimer Bechamel drüber kippen musste, war mir schleierhaft. In der FCK-fanatischen Pfalz würde man zwar sagen „Olé Rot-Weiß, so laaft die G’schichd!“, aber auf dem Teller war mir das dann doch des Beigusses zu viel. Kartoffelauflauf mit Lammhack und viel Soße
Denn ich fand die Kombi – bis auf den Saucen-Overkill – eigentlich ganz gelungen. Ein mediterran akzentuierter Kartoffelauflauf, dessen Würze vom Fleisch und vom Schafskäse her resultierte und der mit grünen Bohnen und frischem Rosmarin etwas aufgepeppt war. Handwerklich tadellos umgesetzt und fachlich einwandfrei gegart. Dazu ein wirklich sättigender Winterteller, der den Rückweg zu Fuß obligatorisch erschienen ließ.
Dass wir danach noch im O’Kellys, einem trubeligen Irish Pub gegenüber der futuristisch anmutenden Universitätsbibliothek, aufschlugen, lag wohl in erster Linie am Bierdurst. Dass in seinem Gefolge noch eine stattliche Anzahl höllisch scharfer Chicken Wings von mir vertilgt wurden, sei nicht verschwiegen. O’Hara’s IPA und ein Mixgetränk namens „Down Under“ (was Bundaberg Ginger Beer mit Guinness gemischt so alles mit dir macht…) besänftigten die gereizten Geschmackspapillen gleich pint-weise.
Oh Freiburg, was hatten wir bei dir eine schöne Zeit. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder…
Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang... mehr lesen
Kartoffelhaus
Kartoffelhaus€-€€€Restaurant076172001Basler Straße 10, 79100 Freiburg im Breisgau
4.5 stars -
"In diesem Freiburger Traditionslokal fristet die Kartoffel kein (Nacht)Schattendasein" marcO74Ach, das Kartoffelhaus. Eine der Lieblingsadressen meines sehr geschätzten Lehrerkollegen, den sie auch den Präsidenten nennen. Seine Schnitzelerfahrungen schienen dort immer besonders eindrucksvoll gewesen zu sein. Da sein Bruder in Freiburg wohnt und er dort regelmäßig zu Besuch ist, kehrte er schon viele Male in dem von Bettina Meyer-Heubach und Karim Madari seit 27 (!!!) Jahren geführten Lokal ein und verließ das an der Basler Straße gelegene Knollendomizil stets hochzufrieden. Klar, dass wir da das Kartoffelhaus für unser Freiburgwochenende Anfang
Geschrieben am 01.04.2020 2020-04-01| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 31.01.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 61 EUR
Time flies! Fast 5 Jahre ist es her, dass wir im Rahmen eines Europa-Park-Wochenendes – inklusive Übernachtung im Leuchtturm des Hotels Bell Rock – einen Abstecher in die Perle des Breisgaus unternahmen. Damals war es ein lauer Abend im August, der uns ein paar Freiluft-Tapas in der altehrwürdigen Casa Española bescherte. Den Bericht dazu habe ich selbstverständlich auf diesem Portal schriftlich hinterlegt.
Nun verschlug es uns Ende Januar mal wieder für zwei Tage in die südlichste Großstadt Deutschlands, deren Klimagunst die Menschen selbst in den Wintermonaten zum Draußen sitzen animiert. Von Kontaktverbot und anderen Beschränkungen des öffentlichen Lebens war da noch keine Spur. Wie sich die Lage in nicht einmal zwei Monaten doch ändern kann…
Doch wie kam es zur Stippvisite übers Wochenende? Ein Weihnachtsgeschenk meiner Liebsten beinhaltete zwei Übernachtungen in einer Ferienwohnung, die fußläufig zur Freiburger Altstadt lag. Münster, Bächle und Studentenkneipen in Reichweite. Januar-Tristesse adé! Wir freuten uns über die kleine Alltagsflucht und natürlich hatte ich mich vorab ein wenig mit der kulinarischen Situation vor Ort vertraut gemacht.
Die Idee, am ersten Abend in einem afghanischen Lokal aufzuschlagen, stammte jedoch von meiner Gattin, die Informationen aus erster Kollegenhand hatte und das Magellan als Insider-Tipp empfohlen bekam. Gute Mundpropaganda war übrigens auch der Grund für den geplanten Besuch des „Kartoffelhauses“ am Folgeabend. Ein Mitglied unserer Wörther Schlemmertruppe schwärmte schon etliche Jahre von dieser Freiburger Institution für gutbürgerliche Knollengenüsse.
Die beiden, für Freitag- und Samstagabend anvisierten Einkehradressen hatte ich im Vorfeld schon telefonisch kontaktiert und dort jeweils einen Tisch für Zwei reserviert. Von der Zollhallenstraße, wo sich unsere hübsche Bleibe befand, bis zur Sundgauallee 110 nach Betzenhausen war es ein knapp einstündiger Fußmarsch, der uns so richtig ausgehungert am Restaurant Magellan ankommen ließ. Beste Voraussetzungen also für eine kulinarische Entdeckungstour durchs aromatische Afghanistan.
Kaum hatten wir die von außen recht unauffällig wirkende, latent an die Bausünden der 70er Jahre gemahnende Lokalität betreten, war ich froh, um die Tage im Voraus getätigte Reservierung. Der Laden brummte an diesem Freitagabend und nach freundlichem Empfang am Tresen führte man uns in den hinteren Teil des Gastraums, wo tatsächlich noch ein Zweiertisch unbesetzt geblieben war.
Dem Andrang entsprechend ging es recht lebhaft zu - ohne jedoch die Kommunikation am Tisch zu erschweren. Ein angenehmer Geräuschpegel, der auf munterem Austausch und appetitanregendem Geschirrgeklapper basierte. Am Nachbartisch hatten es sich derweil ein paar Studentinnen bequem gemacht. Dahinter ein älteres Ehepaar aus der Schweiz – Stammgäste, wie mir der redselige Servicechef und Betreiber des Ladens, Herr Nazari, später beim Plausch verriet.
Warmes Licht durchflutete das zurückhaltend dekorierte, überraschend zeitgemäß eingerichtete Innere des Restaurants. Im Hintergrund waren traditionelle Klänge – wahrscheinlich aus dem Heimatland der Betreiber – zu vernehmen. Dunkelrote Teppiche und kleine, kunstvoll gefertigte Stickereien an den Wänden setzten – wenn auch eher subtil – ein paar orientalische Akzente.
Seit Juli 2015 bringt die Familie Nazari ihre Auffassung afghanischer Esskultur unter ein aufgeschlossenes, sich durch sämtliche Altersschichten ziehendes Publikum. Auf volkstümlichen Deko-Kitsch wird dabei weitgehend verzichtet. In dem mit Geschmack und Sinn für Details gestalteten Gastraum kamen sich Tradition und Moderne nicht ins Gehege, sondern harmonierten außerordentlich gut miteinander.
Dem interessierten Gast wurde eine Sammlung verschiedenster Gewürze und Gewürzmischungen (z.B. Char) auf der langen Ausschanktheke präsentiert. Gleich daneben befand sich ein kleines Separee mit persischer Sitzecke, einem niedrigen Holztisch und jeder Menge orientalisch gemusterter Kissen und Teppichen. Der grob geschätzt für ein Dutzend Personen ausgelegte Raum kam mir mit seiner authentischen Einrichtung (Bilder, Wandornamente, Laternenlampe) wie ein eigenständiger, morgenländischer Mikrokosmos vor. Das orientalische Herz des Magellan hatte nicht viel mit dem übrigen, eher zweckmäßig ausgestalteten Gastraum gemein. Innenansicht
Dieser war in Sachen Einrichtung recht nüchtern gehalten. Man setzte auf schlichte Bistrotische mit heller Holzplatte und nicht minder funktionale Holzstühle, wie sie in vielen Verzehrstuben zu finden sind. Letztere waren mit gepolsterten Unterlagen versehen, was für den Sitzkomfort definitiv kein Nachteil war. An der Längsseite des Gastraumes reihten sich hohe Fenster aneinander. Durch eine eingelassene Glastür ging es nach draußen zur komplett verwaisten Sommerterrasse. Mögen wieder wärmere Zeiten das gesellige Beisammensein unter freiem Himmel ermöglichen…
Nun, auch im Inneren des Magellan ging es recht vergnüglich zu. Wir akklimatisierten uns schnell und hielten alsbald die in rotem Einband steckende Speise- und Getränkelektüre in Händen. Das Programm gegen den Hunger erinnerte mich an wenig an die Köstlichkeiten, die in indischen Lokalitäten auf der Speisetafel stehen. Das wunderte mich nicht, wurde doch die Landesküche Afghanistans maßgeblich von seiner geographischen Lage an der Seidenstraße bestimmt und so von der persischen und indischen Esskultur stark beeinflusst.
Das Angebot beinhaltete eine Handvoll Vorspeisen (Teigtaschen, Schafskäse, frittiertes Gemüse im Kichererbsenmantel), ein paar Suppen (Linsen-Dahl und Tomatencreme), ein knappes Dutzend Salate und eine ausgewogene Palette an vegetarischen Speisen sowie Fleischgerichten (mit klarem Bekenntnis zu Huhn und Lamm). Zusätzlich standen noch sechs verschiedene Grillgerichte und drei Menüs zur Wahl.
Letztere entpuppten sich als dreigängige Speisefolgen, deren Vor- und Nachspeisen aus dem À-la-Carte-Angebot entnommen waren. Bei den Hauptgängen fuhr man allerdings die „Politik der gemischten Platte“. Für die Erstsemester im Fachbereich „Afghan-Cuisine“ eine willkommene Gelegenheit um sich erste Basics „reinzuziehen“. Zumal die Menüs auch preislich (24 / 28 / 33 Euro) interessant erschienen.
Auch dem kleineren Hunger wurde mit ein paar Gerichten entsprochen. Genau wie den kleineren Gästen. Ach, wie hätte ich mich als Kind bei gedämpftem Basmatireis (das Wort „Basmati“ hätten meine Eltern natürlich vorsichtshalber weggelassen…) und Hackfleischsoße vom Rind hier wohlgefühlt.
Ganz abgesehen von den süßen Versuchungen, die in Form von Halwa (Grießschnitte), Schir Berendj (afghanischer Milchreis), Firni (orientalische Panna Cotta) und Shir Yach (Fruchtcocktail auf Vanille-Eis mit Rosenwasser und Kardamom) den Speisezettel landestypisch abrundeten. Gut, es gab auch Coupe Dänemark, Schwarzwaldbecher und Apfelstrudel für weniger experimentierfreudige Schleckermäuler.
Die Getränkekollektion offenbarte zwar keine veritablen Rebsaftraketen, aber durchaus ordentlichen QbA-Standard. Markgräfler Gutedel und Herxheimer Honigsack Rieslingaus der Pfalz waren viertelweise zu manierlichen Preisen (4,10 bzw. 5,10 Euro) erhältlich. Fürstenberg Pils und Paulaner Hefeweizen gab es vom Fass. Das trübe Waldhaus-Bier („Ohne Filter“) aus dem südlichen Schwarzwald kam für 3,30 Euro aus der 0,33l-Flasche. Da griff ich doch gerne zur Pulle. Für den halben Liter Schwarzwaldsprudel „classic“ wurden wir um 3,80 Euro erleichtert. Preislich bewegten sich unsere Durstlöscher allesamt im fair kalkulierten, sprich grünen Bereich. Das passte farblich zum Pastis mit Eiswasser (3,90 Euro), den ich mir vorweg als Apero gönnte.
Unser erster Hunger sollte vegetarisch gestillt werden. Wir wählten Pakaura (4,20 Euro) und Sambosa (5,90 Euro) aus der Liste warmer Kleinigkeiten zum Vorwegverzehr. Bei Ersteren handelte es sich um drei frittierte Gemüsebratlinge, die hauptsächlich aus Kartoffelmasse bestanden. Zusammen mit Zwiebeln, Zucchini und Auberginenstreifen wurden die knusprigen Pakaura einmal durch den Kichererbsenteig gezogen, bevor sie in die Fritteuse getaucht wurden. Dazu wurde ein scharfes Chutney auf Tomatenbasis gereicht. Das passte ganz prima und sorgte für wohliges Brennen auf der Zunge. Pakaura
Als Sambosa wurden zwei hausgemachte, mit Kichererbsen, Kartoffeln, Tomaten, frischem Koriander und normal gelaunten Erbsen gefüllte Teigtaschen bezeichnet. Scheinbar eine typisch afghanische Vorspeise, die sich bestimmt auch gut als Resteessen eignet. Kulinarisch beheimatet zwischen indischen Samosas und chinesischen Frühlingsrollen, waren diese aromatisch duftenden (Koriander!), Frittierpakete ein genussvoller Auftakt. Zumal auch hier der scharfe Chutney-Dip selbst auf die hintersten Geschmacksknospen stimulierend wirkte. Sambosa
Meiner Frau empfahl der gesprächige Servicechef das afghanische Festtagsgericht namens Kabuli Palau, was sich wahrscheinlich mit „Reis nach Kabuler Art“ übersetzen ließe. Sie entschied sich allerdings für die vegetarische Version (14,40 Euro), die mit gebratenen Auberginen serviert wurde. Das einem usbekischen Pilaw nicht unähnliche, afghanischste aller Reisgerichte wurde ganz traditionell mit gedämpftem Basmatireis, geschmorten Karotten, Mandelstiften und natürlich Rosinen serviert. Kabuli Palau vegetarisch
Der Reis kam direkt aus dem Aroma-Abteil des Orient-Express, denn er wurde mit einer speziellen Gewürzmischung aus Kardamom, Nelken, Zimt, Koriander und Pfeffer verfeinert. Dazu wurde noch à part eine Schale mit Dahl – gestampften gelben Linsen mit geröstetem Knoblauch und Ingwer – gereicht. Dahl als Beilage
Der Reis fiel fantastisch locker aus. Zusammen mit der leichten Süße von Rosinen und Karotten, dem nussigen Mandelcrunch, sowie der wohlriechenden Garam-Masala-Würze, welche mutmaßlich von den mit Tomatensauce bedeckten Aubergine-Scheiben herrührte, war das ein vorzüglicher Veggie-Teller, den sich da meine Frau einverleibte.
Ich tat mich währenddessen an zwei saftigen Hackfleischspießen gütlich. Kababe Kobida nannten sich die beiden wohlgeformten Spießgesellen aus Rinderhack (15,90 Euro). Auch bei ihnen hatte man nicht mit orientalischer Würze gespart. In den fachmännisch gegrillten Hindukusch-Köfte, die ja eigentlich persischen Ursprungs sind – im Iran nennt man sie Kabab Koobideh –, war eine ordentliche Menge an gehackter Zwiebel und frischer Petersilie versteckt, was den beiden Protagonisten auf dem Teller sehr gut bekam. Kababe Kobida
Als Beilage fungierte auch hier Basmati-Reis, der bei genauer Betrachtung unterschiedlich gefärbt war. Wie man mir erklärte entsteht die Farbe beim Anbraten im Topf und ist typisch für die afghanische Art der Reiszubereitung, bei der wohl auch ein wenig karamellisierter Zucker zugegeben wird. Die separat im Glasschälchen dazu gereichte Knoblauchsauce war hausgemacht und schmeckte auch so. Das war keine Convencience-Mayo-Plempe aus dem Regal, sondern eine mit angenehmer Knoblauchfrische daherkommende Dip-Sauce, die für etwas süffigere Verhältnisse auf dem Teller sorgte.
Von der Portion her war das sicherlich keine Fastenspeise, aber dank des lockeren Reisreigens und der gut bemessenen Hackfleischdosis auch kein monströses Quantum wie man es von dem ein oder anderen Helenengrill her kennt. Maßlose Bifteki-Bestien sind die Afghanen nun wahrlich keine. Gut so. Außerdem beinhaltete der Grillteller ja noch einen herrlich sauer angemachten Beilagensalat. Was kann man da mehr wollen?
Gut, vielleicht etwas gegen die Diabetes-Profilaxe. Denn selbstverständlich wollten wir das Ende des feinen Mahls mit zwei orientalischen Süßspeisen einläuten, was sich in einer zimtigen Grießschnitte namens Halwa Halwa
und einem nach Rosenwasser und Kardamom schmeckenden afghanischen Milchreis (mit dem wohlklingenden Namen Shir Berenj) manifestierte (beide jeweils 4,90 Euro). Shir Berenj
Beim Milchreis meiner Frau zeigte sich Mango-Püree für den fruchtigen Akzent des Nachtisches verantwortlich. Meine gar nicht mal so süßen Grießschnitte wurde von hochgezuckerter Karotten-Mandel-Marmelade flankiert. Wie bei der persischen Variante (Moraba Havij) wurde auch hier nicht mit Kardamom und Rosenwasser gegeizt. Solche Aromen sind für den europäischen Gaumen sicherlich etwas ungewohnt, da diese Süßspeisen immer etwas parfümiert wirken. Geschmacklich waren sie jedoch genau wie das vorher Genossene eine durchweg positive Erfahrung für uns.
Nach unserem Abendessen stiegen wir auf der Sundgauallee in die stadteinwärts fahrende Straßenbahn. Für ein paar Bierchen im Schwarzen Kater, einer gemütlichen Studentenkneipe in der Altstadt, war ja noch Zeit. Dass dort juvenile Ü-Sechziger auch beherzt den ein oder anderen Flammkuchen verdrückten, machte das Ganze umso sympathischer.
Bleibt nur zu hoffen, dass das Magellan die Krise übersteht und wir bei einem zukünftigen Freiburgbesuch wieder in den Genuss der afghanischen Leckereien kommen. Aschak, Bolani und Mantu wollen schließlich auch noch probiert werden.
„Mo’afagh bashed!“ liebe Familie Nazari.
Time flies! Fast 5 Jahre ist es her, dass wir im Rahmen eines Europa-Park-Wochenendes – inklusive Übernachtung im Leuchtturm des Hotels Bell Rock – einen Abstecher in die Perle des Breisgaus unternahmen. Damals war es ein lauer Abend im August, der uns ein paar Freiluft-Tapas in der altehrwürdigen Casa Española bescherte. Den Bericht dazu habe ich selbstverständlich auf diesem Portal schriftlich hinterlegt.
Nun verschlug es uns Ende Januar mal wieder für zwei Tage in die südlichste Großstadt Deutschlands, deren Klimagunst... mehr lesen
4.0 stars -
"Man muss kein Weltumsegler sein, um diese afghanische Gewürzinsel zu entdecken" marcO74Time flies! Fast 5 Jahre ist es her, dass wir im Rahmen eines Europa-Park-Wochenendes – inklusive Übernachtung im Leuchtturm des Hotels Bell Rock – einen Abstecher in die Perle des Breisgaus unternahmen. Damals war es ein lauer Abend im August, der uns ein paar Freiluft-Tapas in der altehrwürdigen Casa Española bescherte. Den Bericht dazu habe ich selbstverständlich auf diesem Portal schriftlich hinterlegt.
Nun verschlug es uns Ende Januar mal wieder für zwei Tage in die südlichste Großstadt Deutschlands, deren Klimagunst
Geschrieben am 24.03.2020 2020-03-24| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 20.01.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 130 EUR
Da musste ich doch glatt mal mein Privatarchiv durchforsten, um mich an meine letzte Rezension aus der wohl bekanntesten Kur- und Casinostadt Südwestdeutschlands zu erinnern. Damals, Mitte Dezember 2011, war es die heute noch sehr beliebte Osteria Stromboli, über die Kollege Oparazzo vor ein paar Monaten berichtete und die mir in puncto Pasta noch in guter Erinnerung war.
Und in der Tat hatte ich seine von Grinseköchen, Stiefelnippes und Hartgummi-Schwertfisch handelnden Worte noch im Hinterkopf, als ich nach einem geeigneten Lokal für unser Pre-Concert-Menu an einem Montagabend Ende Januar suchte. Nick Cave, einer der letzten großen musikalischen Untergangspropheten lud zu einem Abend des kommunikativen Austauschs ins Festpielhaus. Der Australier kam allein nach Baden-Baden. Seine „Bad Seeds“, die ihn normalerweise musikalisch begleiten, hatte er zu Hause gelassen und lediglich seinen schwarzen Flügel eingepackt.
Die von spontan performten Songs unterbrochene Fragestunde mit Herrn Cave war ein eher ungewöhnliches Konzerterlebnis, das allein schon wegen des ständigen Dialogs zwischen Künstler und Publikum einen ungeahnt intimen Rahmen hatte. Davor wollten wir uns jedoch ein wenig stärken, um dann gesättigt und entspannt dem charismatischen Singer/Songwriter zu lauschen.
Unweit des Festspielhauses befindet sich im Parterre des von der Gekko Group betriebenen Luxus-Designhotels Roomers das pan-asiatische Restaurant moriki (mit kleinem m…), das wie sein Frankfurter Pendant zum Gastro-Imperium des vietnamesischen Tausendsassas The Duc Ngo zählt. Der mit dem Innovationspreis der Gastronomie im Jahre 2017 ausgezeichnete Sushi-Koch besitzt mittlerweile 11 Restaurants, die meisten davon in Berlin. Außenansicht
Über das Frankfurter moriki an der Taunusanlage, das mit seiner kreativen, japanisch inspirierten Fusionsküche schon länger für Aufsehen sorgt, habe ich schon viel Gutes gehört bzw. gelesen. Zu einem Besuch ist es leider noch nicht gekommen. Umso erfreuter war ich, als ich von der Dependance in Baden-Baden erfuhr. Unsere Freunde aus der Gastro haben diese schon öfter besucht und ihr Urteil fiel stets positiv aus.
Auch der Umstand, dass wir aufgrund des Konzerts schon recht früh am Abend einkehren wollten, war ausschlaggebend für die Reservierung im moriki, die ich online über OpenTable tätigte. So fanden wir uns um 17 Uhr in der genauso spärlich beleuchteten, wie zu dem frühen Zeitpunkt besuchten Adresse für roh zubereitetes Fischvergnügen ein.
Schauspieler Richy Müller saß in der Nähe des Eingangs, gleich links neben der langgezogenen Sushi- bzw. Ausschanktheke und amüsierte sich prächtig. Wir warteten ganz brav am Eingangsbereich in der Nähe des Empfangspults bis wir abgeholt und ge“seated“ wurden. Ein Servicemitarbeiter, der auch auf jeder Luxusyacht den Chefsteward hätte mimen können, begrüßte uns in jovialer Freundlichkeit und führte uns einmal quer durch den stilvoll eingerichteten, von weißen Säulen, einer komplett vergitterten Fensterfront und hellem Parkettboden geprägten, L-förmigen Gastraum, der quasi eine nahtlose Fortsetzung der eindrucksvoll designten Lobby des Roomers darstellte.
Der Juncker der Provinz staunte nicht schlecht über den urban-schicken Overkill, der ihn da gerade umgab. Ob das die anwesenden Schauspieler, Oligarchen-Witwen und Zarentöchter auch so wahrnahmen? Keine Ahnung, auf mich wirkte das alles ein wenig aus der Retorte – wenn auch aus einer sehr niveauvoll arrangierten. So richtig wohl fühlte sich ich mich beim Gang durch die schummrig beleuchtete Räumlichkeit nicht.
Das änderte sich aber spätestens beim Erreichen unseres Tisches, der etwas abseits des Hauptgeschehens, in Verlängerung des Tresens lag. Innenansicht 1
Von meinem Platz aus hatte ich deshalb einen guten Blick auf das Treiben hinter der Thekenkulisse. Blick hinter den Tresen
Wir saßen auf bequemen, von Hussen überzogenen Sesseln. Zwischen uns ein schlichter Bistrotisch mit dunkler Holzplatte, die dem lässigen Ambiente leinenlos beipflichtete. Grablicht, Ess-Stäbchen, Sojasauce von Kikkoman (inklusive Schälchen), weiße Stoffservietten und polierte Wasser- bzw. Weingläser gehörten zur Grundausstattung jedes Tisches.
Ich schlug die erste Seite der Speisenkarte auf. „If you pick fruits, think of those who planted the tree“ schlug es mir da in großen Lettern entgegen. Als vietnamesisches Sprichwort deklariert, sollte es wohl den Nachhaltigkeitsgedanken der moriki-Küche hervorheben und gleichzeitig auf den respektvollen Umgang mit den Erzeugern der hier verwendeten Zutaten hinweisen. Bewusste Ernährung wurde hier im ganzheitlichen Kontext, also auf Genuss und Gesundheit basierend, propagiert.
Ein Schelm, wer hinter dieser „Gastrosophie“ lediglich ein zeitgemäßes Konzept wittert. Schließlich weisen ja schon die beiden Silben im Namen des Lokals – „mori“ (Wald) und „ki“ (universelle Lebensenergie) – auf Naturverbundenheit und das große kulinarische Ganze hin. Mir persönlich erschien das alles ein wenig aufgesetzt. Ist halt jetzt total im Trend und wenn man schon für die präzise erzeugten Rohfischminiaturen so viel Schotter hinblättern darf, soll man das wenigstens reinen Gewissens erledigen. Frei nach den Sportfreunden, um die es mittlerweile etwas „stiller“ geworden ist: „du und ich und sonst noch’n paar Leute…wir sind auf der guten Seite…“.
Unseren trockenen Kehlen wurde mit einer Flasche Aqua Monaco – angeblich Münchens klimaneutralstes Mineralwasser – entsprochen. 8,50 Euro für den Dreiviertelliter des aus den Tiefen der Münchner Schotterebene gewonnenen, ehemaligen Gletscherwassers waren natürlich preislich eine Ansage. Aber hey, man weilt ja schließlich nicht jeden Tag in einem solch mondänen Schuppen! Also wurde gleich noch eine alkoholfreie Saigon Lemonade (0,5l für 7 Euro) dazu bestellt. Die hausgemachte Limo hatte eine leicht minzige Note. Frische Zitrone und Orange wirkten auf den mit Ginger Ale aufgegossenen Drink belebend. Dadurch hielt sich auch seine Süße in Grenzen. Freshness by glass.
Einen Blick in die wirklich hervorragend sortierte Weinkarte konnte ich mir natürlich nicht verkneifen. Neben ein paar glasweise offerierten Kreszenzen, machte vor allem die Flaschenweinauswahl richtig was her. Preislich checkte man bei etwa 35 Euro (Pfalz-Riesling „win win“ vom Weingut von Winning) ein. Nach oben hin erklommen die Preise für hochwertige Bordeaux und Burgunder luftige Höhen. Der 2014er Barbaresco von der Winzerlegende Angelo Gaja – also im Grunde DER Barbaresco schlechthin – stand mit 300 Euro gar nicht mal so überteuert im Kellerkompendium des moriki gelistet. Denn schon beim online-Handel werden für dieses erlesene Kult-Tröpfchen geschmeidige 200 Euro abgerufen.
Soweit – so flüssig. Nun zu den Essbarkeiten, die man sich im Parterre des Roomers zwischen die Stäbchen klemmen konnte. Neben einer Vielzahl an kalten und warmen Vorspeisen, Suppen, Salaten und gegrillten/glasierten/frittierten Hauptgängen mit Rind, Ente, Tofu und Meeresgetier standen auch zwei Menüs zur Auswahl, die nach dem schwer angesagten Sharing-Prinzip am Tisch geteilt werden sollten und deshalb erst ab vier Personen serviert wurden.
Besonders das 893 Ryotei Menü (99 Euro) bot einen appetitanregenden Mix aus fernöstlichen Standards (Miso, Ponzu, Unagi, Tuna-Tataki und Co.) und europäischen Gourmandisen (Foie gras, Trüffel, Kaviar, Rinderfilet). Man kann sein Geld sicher schlechter investieren, so mein Gedanke beim Überfliegen des aus sechs Vorspeisen, viermal Sushi, zwei Hauptgängen und einer Dessert-Variation bestehenden kulinarischen Rundumschlags der gehobenen pan-asiatischen Fusionsküche.
Nun, wir hatten für einen solchen Genussreigen eh nicht die Zeit. Aber für eine schöne Sushi-Platte sollte sie locker reichen. Vorneweg durfte das „Gyu tataki“ (19 Euro) als „fancy starter“ fungieren. Hierzu badeten dünne, kurzgegrillte Rinderfiletscheiben in aromatischer Wafu-Sauce. Das fast rohe, leicht marmorierte Fine-Beef wurde lediglich von ein paar Frühlingszwiebelstreifen und etwas frischer Chili getoppt. Fleischgewordene Glückseligkeit in reduziert japanischem Stil. Und das mit einem hochklassigen Produkt, welches am Gaumen für Furore sorgte. Was willste mehr? Gyu tataki
Die Dame gegenüber hielt sich dagegen an Fermentiertes. Selbst eine große Verehrerin des milchsäurevergärten Kohls, musste sie natürlich das Kim Chi (6 Euro) probieren. Sie war begeistert von ihrem scharf-säuerlichen Korea-Kraut und auch ich musste nach einem Probierlöffel meine anfängliche Skepsis revidieren. Der Vitamin-C-Speicher aus Fernost hatte ordentlich Wumms und brachte die Papillen in Wallung. Kimchi
Natürlich befanden sich im opulent bestückten Speisenangebot des moriki auch jede Menge bewährte Sushi-Klassiker. Maki, inside out, nigiri, gunkan und Co. wurden hier noch ergänzt durch spezielle „extreme rolls“. „Alles kann – nichts muss!“ So lautete wohl die Devise der kreativen Frischfisch-Veredler hinter dem Tresen. Für entscheidungsschwache Gemüter war das wahrlich kein „gefundenes Fressen“. Allein bei den Spezialrollen zählte ich 13 verschiedene Varianten.
Vielleicht würden uns ja die angebotenen Sushi- und Sashimi-Sets aus der misslichen Beschlusslage helfen. Soll doch der Küchenchef entscheiden, was auf dem Teller landet. Er hat es ja schließlich zusammen mit seinen Komplizen erschaffen. Also gaben wir der Küche Carte blanche oder wie es auf „morikisch“ in der Karte stand: Chef’s Choice for Two (68 Euro). Diese Auswahl beinhaltete neben den üblichen Rohfischverdächtigen (sashimi, nigiri, maki) auch eine „Extreme Roll“ sowie vorweg eine Miso-Suppe.
Letztere servierte man uns nach den Vorspeisen quasi als Zwischengang im Ausschlürfbecher. Duft und Geschmack ließen mich zu dem Urteil gelangen, hier eine ganz vorzügliche Vertreterin ihrer Art aus der schwarzen Trinkschale zu schlabbern. Auf kräftiger Dashi-Basis geköchelt, fiel die mit weißer Miso-Paste zubereitete und mit eingeweichten Wakame-Algen, dünnen Tofustreifen und Frühlingszwiebeln verfeinerte Umami-Brühe nicht übermäßig salzig aus. Ein mundfüllender Genuss, der das Herz erwärmte und unsere Freude auf den bald folgenden Rohfischreigen noch zu steigern vermochte. Miso-Suppe
Jener wurde in einer großen Keramikschale serviert. Kein effektheischender Trockeneis-Nebel und auch keine geschmacksverfälschenden Saucen-Exzesse aus der Quetschflasche waren auszumachen. Stattdessen war das ansehnliche Rohfischpotpourri mit etwas Daikon-Rettich-Stroh, einem grünen Häufchen Knetmasse zum Würzen (Wasabi) sowie hauchdünn geschnittenen, süß-sauer eingelegten Ingwerscheiben (Gari) garniert. ...where Sashimi meets Nigiri
Das Sashimi bestand aus jeweils drei dick geschnittenen Tranchen Butterfisch, Lachs, Yellow fin Thunfisch und Makrele. Diese vier Fischsorten fanden sich auch auf Reis gebettet, also in Nigiri-Form, wieder. Verschiedene Inside-outs (Lachs, Tempuragarnele) sowie Mr. Duc’s „best friend‘s roll“ komplettierten die vor Produktfrische strotzende Auswahl. some say it's inside - same say it's out!
Besonders die in acht Teile geschnittene, von Lachs getoppte und mit Kresse, Miso-Sauce und Sesam verfeinerte Extreme Roll, die Herr Duc gerne seinen besten Freunden empfiehlt, und die seit 1999 in seinem Berliner Kultladen Kuchi auf der Karte steht, hatte es uns angetan. Diese mit frittiertem Tempura-Gemüse gefüllten und mit rotem Lachskäppi geschmückten Inside-Outs waren eindeutig unser Favorit an diesem Abend. Mr. Duc's Freunde sind auch unsere Freunde
Klar bedeuten knapp 70 Euro für eine Platte mit rohem Fisch eine preisliche Ansage der sportlicheren Art. Nicht jeder ist bereit für „Ungekochtes“ so viel hinzulegen. Bedenkt man aber den Standort des Lokals („Roomers“), die außerordentliche Qualität und Frische des verwendeten Materials, die großzügig bemessene Menge an Sashimi und rechnet den Baden-Baden-Zuschlag noch hinzu, dann geht das im Großen und Ganzen auch in Ordnung. Feiner Fisch hat nun mal seinen Preis - erst recht in der mondänen Bäderstadt.
Abschließend sei noch der Verzehr zweier Desserts erwähnt. Meine Frau hatte sich für Mango & Cocos (6 Euro) entschieden, während mich die Kollegen Matcha & Mochi (7 Euro) heimsuchten. Unter der mit Tapioka-Perlen ausgestatteten Kokossauce versteckte sich eine zarte Mango-Crème, welche die Dame am Tisch jedoch nicht so ganz überzeugte. Mango & Kokos
Meinem Matcha-Eis konnte sie dagegen wesentlich mehr abgewinnen, denn es war in der Tat von außergewöhnlich cremiger Konsistenz. Aber auch ihre leicht herbe Süße machten die sahnig-grüne Nocke zu einem eindrucksvollen Geschmackserlebnis. Da störte selbst der mit roter Bohnenpaste gefüllte, in zwei Hälften geteilte japanische Reiskuchen (Mochi), der dem Matcha-Eishügel eine wachsweiche Krone aufsetzte, nicht wirklich. Matcha-Eis mit Mochi
Angenehm gesättigt ging es nach vollzogenem Rohfischverzehr ins Festspielhaus, wo der „mercy seat“ bereits auf uns wartete. Gute japanische Küche kann, ja sollte nie ganz billig sein. Und so richtiges Geldbeutelächzen hat sie auch im moriki nicht hervorgerufen. Mit insgesamt 130 Euro war der Abend solide finanziert. Klar geht das günstiger (vor allem beim Wasser), aber für Sushi in dieser Qualität und Umgebung war das noch im grünen Bereich – zumal die verzehrten Preziosen ohne Schnörkel und Übertreibung zu Porzellan gebracht wurden. Puristisch, perfekt und ohne überflüssigen Protz. Fast so wie Baden-Baden selbst…
Da musste ich doch glatt mal mein Privatarchiv durchforsten, um mich an meine letzte Rezension aus der wohl bekanntesten Kur- und Casinostadt Südwestdeutschlands zu erinnern. Damals, Mitte Dezember 2011, war es die heute noch sehr beliebte Osteria Stromboli, über die Kollege Oparazzo vor ein paar Monaten berichtete und die mir in puncto Pasta noch in guter Erinnerung war.
Und in der Tat hatte ich seine von Grinseköchen, Stiefelnippes und Hartgummi-Schwertfisch handelnden Worte noch im Hinterkopf, als ich nach einem geeigneten... mehr lesen
Restaurant Moriki
Restaurant Moriki€-€€€Restaurant, Take Away0722190193901Lange Straße 100, 76530 Baden-Baden
4.0 stars -
"Gehobene Raw-Fishability in trendig-urbaner Umgebung – und das zu Preisen, die einen wissen lassen, wo man is(s)t" marcO74Da musste ich doch glatt mal mein Privatarchiv durchforsten, um mich an meine letzte Rezension aus der wohl bekanntesten Kur- und Casinostadt Südwestdeutschlands zu erinnern. Damals, Mitte Dezember 2011, war es die heute noch sehr beliebte Osteria Stromboli, über die Kollege Oparazzo vor ein paar Monaten berichtete und die mir in puncto Pasta noch in guter Erinnerung war.
Und in der Tat hatte ich seine von Grinseköchen, Stiefelnippes und Hartgummi-Schwertfisch handelnden Worte noch im Hinterkopf, als ich nach einem geeigneten
Geschrieben am 13.03.2020 2020-03-13| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 02.01.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 137 EUR
Am 02.Januar hatten wir zusammen mit ungefähr 6000 anderen Gipfelstürmern und Schönwetterwanderern die Idee, den Nanga Parbat des Harzes, der unter dem geradezu mächtig daherkommenden Namen „Brocken“ firmiert, zu erklimmen. Die äußeren Umstände hätten nicht besser sein können. Die Sonne schien den ganzen Tag und lediglich der eisige Wind verschob die Gipfelregion gefühlt in Richtung Polarkreis.
Das hielt die träge Masse an Aspiranten nicht davon ab, mit der Brockenbahn den langen, aber harmlosen Aufstieg zu umgehen. Wir machten uns selbstverständlich „by fair means“ von Schierke aus auf den Weg zum Schicksalsberg der Anhalter-Sachsen. Der Volksfeststimmung auf der Eiskuppe konnten wir jedoch nur mit einem schnellen Abstieg entgehen. Trotzdem war es ein eindrucksvolles Erlebnis, das von der Freude auf das geplante Abendessen in der Weinstube am Brühl zusätzlich befeuert wurde.
Nach diversen Besuchen in Etablissements mit eher gutbürgerlicher Kulinarik sollte es am letzten Abend in das gastronomische Aushängeschild der Welterbestadt Quedlinburg gehen. Die Weinstube am Brühl ist das einzige Restaurant, das im heiligen Guide-Rouge eine Erwähnung in Form einer „Assiette“ findet. Auch die Flachzangen aus dem Hause G&M haben die im Romantik Hotel „Am Brühl“ untergebrachte Genießeradresse mit einer ordentlichen Punktzahl ausgestattet.
Ausgezeichnete Vorzeichen also, um mit einer gewissen Erwartungshaltung in der von Küchenchef Sebastian Lorenz und Restaurantleiterin Peggy Wölfer betriebenen „schönsten Stallung Quedlinburgs“ in der Billungstraße aufzuschlagen. Auf dem hoteleigenen Parkplatz wurde des Volkes Wagen ordentlich verwahrt. Ein freundliches „Guten Abend“ erreichte uns beim Passieren der Hotellobby, von der aus wir über einen stimmungsvoll beleuchteten Innenhof die in einem separaten Gebäude untergebrachte Weinstube erreichten. Über den Hof geht's zur Weinstube
Beim Eintritt: „Wow!“. Wir tauchten ein in die gediegene Atmosphäre eines stimmig ausgeleuchteten Gastraums, der mit preußischer Kappendecke und gusseisernen Säulen den Charme der damaligen Architektur selbstbewusst zur Schau stellte. Innenansicht 4
Trotz modernem Mobiliar und gehobener Landhausoptik kann man sich noch gut vorstellen, wie es wohl früher hier zuging, als sich in der ehemaligen Stallung noch sieben Kühe gegenüberstanden.
Eine gut geschulte, in klassisch weißem Hemd agierende männliche Servicekraft, die frappierende Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Edward Norton hatte, nahm uns freundlich in Empfang. Von seinem entspannten Humor profitierte an diesem Abend nicht nur unser Tisch. Er trug deshalb in sehr positivem Sinne zur lockeren Atmosphäre in der Weinstube bei. Apropos Weinstube. Natürlich versteht man in meiner Heimat unter diesem Begriff etwas völlig anderes.
Hier erinnerten lediglich der mit reichlich Flaschenware gefüllte, in die Wand eingelassene Weinschrank sowie eine aus diversen, mit entsprechenden Brandings versehenen Weinkistenfronten zusammengepuzzelte Wandcollage an den namensgebenden Rebsaft – wenn auch auf eher auf elegant-subtile Art und Weise. Innenansicht 2
Rustikal wirkte hier nur die bereits erwähnte Backsteindecke, die schmiedeeiserne Deckenleuchte und der mit Terrakottafliesen ausgelegte Boden. Auf den in weißes Leinen gehüllten Tischen herrschte dagegen auf Hochglanz polierte Eleganz. Gefaltete Stoffservietten in Form von Bischofsmützen und vornehm wirkende Teelichthalter aus Glas inklusive. Innenansicht 3
Vereinzelte, auf die Tische ausgerichtete Spots ließen die weiße Tischkultur erstrahlen. Die ausgesparten, weniger illuminierten Zwischenräume trugen zur äußerst gemütlich wirkenden Genussumgebung bei. Intime Tischverhältnisse also, und das nicht nur für „GastRomantiker“. Strahlend weiße Tischkultur
Fast alle Tische waren an diesem Donnerstagabend belegt. Der Altersschwerpunkt des Publikums lag zwischen 30 und 50 Jahren. Ich fühlte mich also in bester Gesellschaft. Keine grau melierten Einzelesser, die nichts Besseres zu tun haben, als ihr Handy mit Beobachtungen bezüglich des Interieurs und des Publikums zu füttern. Kurzum: ein wunderbarer Rahmen für einen genussvollen Abschluss unseres Harz-Trips.
Optimal gepolstert saß es sich auf komfortablen Wandbänken und nicht minder bequemen Stühlen. Speisen- und Weinkarte ließen auch nicht lange auf sich warten und so genossen wir die Einlesezeit in das klassisch-regional anmutende Kochrepertoire von Sebastian Lorenz. Ein Blick in die Karte
Zwei Suppen – Kerbelknolle und Wildconsommé – bildeten zusammen mit der Wild-Rotwurst und der Königskrabbe die kulinarische Vorhut, ehe es mit Entenbrust, Hirschrücken und dem „Besten vom Aubrac-Rind“ zu den fleischlichen Genüssen überging. Ikejime Bachsaibling und Filet vom weißen Heilbutt warteten hingegen auf potenzielle Fischvertilger. Zusätzlich zum À-la-Carte-Angebot wurde nach ein aus fünf Gängen bestehendes „Weinstuben Menü“ offeriert (Komplettpreis 70 Euro, mit Weinbegleitung 90 Euro). Aus diesem ließen sich auch einzelne Gerichte ordern.
Bei der reich bestückten Flaschenweinkarte war man meines Erachtens etwas zu oberflächlich aufgestellt. Da versuchte man jeder deutschen Weißweinregion mit ein paar Flaschen gerecht zu werden, anstatt sich schwerpunktmäßig auf wenige signifikante Gegenden zu konzentrieren. Nicht anders bei den roten Kreszenzen. Tedeschi (Venetien) und Fontanafredda (Piemont) für den italien-affinen Etikettensäufer versprachen da noch den meisten Spaß im Glas.
Warum man seine kostbaren Kellerkapazitäten mit spanischer, südafrikanischer, südfranzösischer und sizilianischer Durchschnittsware vergeudet, war mir allerdings schleierhaft. Die drei Vertreter aus Pfälzer Landen, darunter die Ursprung-Cuvée vom Blockbuster Schneider aus Ellerstadt und der Mainstream Spätburgunder vom Weingut Knipser aus Laumersheim, standen sinnbildlich für den fehlenden Tiefgang der Weinkarte.
Da lobte ich mir doch eher das Angebot an offen ausgeschenkten Weinen. Zwischen 14 verschiedenen Rebsäften (siebenmal weiß, sechsmal rot und einmal rosé) konnte man da glas- oder karaffenweise wählen. Das jedoch zu durchaus stolzen Preisen. Natürlich waren es keine Spitzengewächse, die da der durstigen Kundschaft ins Glas gegossen wurden, aber in dem solide wirkenden Querschnitt würde sich bestimmt die ein oder andere Entdeckung machen lassen, so meine zugegeben etwas naive Herangehensweise in Sachen Weinbegleitung.
Ich wollte auf Nummer sicher gehen und ließ einen halben Liter Condado de la Vega aus dem Rioja (Avelino Vegas) für gerade noch erträgliche 15 Euro kommen. Ein klassisch trockener 3,50-Euro-Tempranillo (die Flasche), der zwar keine besonders eindrucksvollen Gaumeninformationen bereithielt, aber eben auch nicht komplett versagte. Positiv formuliert, war das ein samtig runder Essensbegleiter, der den Preziosen auf dem Teller keinesfalls die Schau stehlen sollte. Dazu fiel der „Condado de harmlos“ einfach zu glattgebügelt aus.
Mit ein paar Scheiben Brot (Weiß/Roggen/Körner) Gemischte Brotauswahl
und einem geschmacklich unauffälligen Kräuterschmand Kräuterschmand vorweg
richtete der Service einen ersten Gruß aus der Küche bei uns aus.
Als „echtes“ Amuse schickte sie ein schaumig geschlagenes Süßkartoffelsüppchen im Kleinformat, das prima mit der geräucherten Makrele an Romanasalat und Gurken-Brunoise harmonierte. Süßkartoffelschaumsüppchen mit geräucherter Makrele als Amuse
Die Süße der Kartoffel band die säuerlichen Noten vom Salat gut ein. Der salzigen Würze der Makrele begegnete man mit subtiler Gurkenfrische. Geräucherte Makrele an Romanasalat und Gurken-Brunoise
Ein gelungener Auftakt, der unsere Freude auf die Vorspeisensuppen noch anheizte.
Meine Frau hatte sich für die Crèmesuppe aus der Kerbelknolle (7 Euro) entschieden, die mit ihrem hübsch verzierten Tellerrand zunächst für Aufsehen sorgte. Auf einem halbkreisförmigen Band aus Walnusskrokant hatten es sich ein paar Tupfer Kerbelknollenpüree bequem gemacht. Dazwischen sorgte Pomelo-Fruchtfleisch häufchenweise für angenehmen Säureschub. Mit ein paar Blättern von der Zorri-Kresse wurde dem Arrangement auf dem Tellerrand noch ein wenig Würze verliehen. Crèmesuppe aus der Kerbelknolle
Die ging dem eigentlichen Protagonisten im Souterrain des Porzellans leider völlig ab. Ein Probierlöffel von dem gustatorisch recht blassen Knollensüppchen brachte zwar den typisch nussig-süßlichen Geschmack des gesunden, aber eher seltenen Wurzelgemüses zu Tage, aber irgendwie fehlte mir der „Knefler’sche Würz-Wumms“ (Weinstube Brand, Frankweiler, Anm.), den ich bei solch cremigen Winterterrinen besonders schätze. Wer schon einmal eine geschmacksneutrale Kastaniensuppe ausgelöffelt hat, kann sich dieses Kerbelknollenerlebnis ganz gut vorstellen. Meine Frau konnte sich schon am Tag darauf nicht mehr an den Geschmack ihrer Suppe erinnern. Sie hatte wohl keinen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen.
Ganz anders sah es bei mir aus. Ich hatte die aus pürierter Steckrübe, Dashi, Jakobsmuschel und Waldpilzen bestehende, am Tisch angegossene Suppe aus dem Weinstuben Menü geordert. Die 10 Euro waren gut investiert. Ein erdig-sämiges Umami-Erlebnis, dessen profunde Dashi-Basis am Gaumen ordentlich Eindruck machte. Die kurz angebratene Jakobsmuschel bestach durch eine hervorragende Qualität. Noch glasig beim Anschnitt zog sie in der heißen Brühe perfekt gar. Zusammen mit den Pilzen und dem pürierten Wintergemüse war das eine aromatisch duftende, stimmig ausbalancierte Liaison von Wald, Erde und Meer. Ich war begeistert. Suppeneinlage: Jakobsmuschel, Steckrübenpüree, Waldpilze Die Dashi wird angegossen
Mein Zwischengang, der in der Karte mit den schlichten, aber appetitanregenden Wörtern Wild-Rotwurst / Kartoffelbrot / Schalotte / Nashi (14 Euro) bewusst spärlich umschrieben wurde, entpuppte sich als eigenwillige, gefällig arrangierte Interpretation des Klassikers „Himmel un Ääd“. Himmel unn Ääd modern interpretiert
Anstelle von Apfel fungierte kleingehäckselte Nashi-Birne, die mit Röstzwiebeln etwas aufgepeppt wurde, als süßliches Pendant zur erdig-würzigen Blutwurst. Wild-Rotwurst / Kartoffelbrot / Schalotte / Nashi
Diese lag als saftiges, von einer knusprigen Kartoffel-Panko-Hülle eingefasstes Blunzkissen vor mir. Der Zusatz „Wild“ spiegelte sich einerseits in der etwas diffusen Optik des Gerichts wider, erklärte jedoch primär die wildschweinische Herkunft der verwendeten Blutwurst. Das Blutwurstkissen
Und wo war die Erde? Die steckte natürlich im sogenannten „Kartoffelbrot“, das als recht trockene, geschmacklich eher unscheinbare Kartoffel-Blutwurst-Schnitte den Mittelpunkt des Gerichts ausmachte. Kartoffel-Blutwurst-Schnitte
Ein paar Tupfer Nashi-Gel und einige ganz dezent nach Meerrettich schmeckende Saucenkleckse rundeten diese harmonische Kreation angemessen ab. Die Blunzpraline stahl der etwas langweiligen Schnitte in geschmacklicher Hinsicht eindeutig die Schau. Das Blutwurstkissen im Anschnitt
Und doch fehlte mir bei diesem Teller das gewisse Etwas. Der letzte Kick am Gaumen blieb leider aus.
Wir hatten uns im Hauptprogramm auf Fisch und Fleisch festgelegt. Meiner Frau kam der nach Ikejime-Methode zur Strecke gebrachte Bachsaibling mit Fregola, Pecorino und Rettich (25 Euro) gerade recht. Dem Besten vom Aubrac-Rind (38 Euro) konnte ich nicht widerstehen.
Natürlich war meine Gattin als treue Sardinien-Verehrerin gespannt, was der mit Kugelpasta und dem Lieblingskäse der Sarden veredelte Saibling so konnte. Auch der optische Eindruck, des mit reichlich Schaum auf der Mütze servierten Lachsfisches aus dem Süßwasser war durchaus anständig. Bachsaibling (Ikejime-Methode), Fregola, Pecorino und Rettich
Jedoch, der geneigte Leser wird es ahnen, auch hier fehlte ein wenig die klare Geschmackskante. Das war hübsch anzusehen und durchaus auch angenehm zu essen. Nur das Aha-Erlebnis auf der Zunge blieb ihr auch diesmal verwehrt. Zu „brav“ abgeschmeckt und deshalb latent langweilig, so fiel ihr etwas enttäuscht klingendes Fazit aus.
Mich hatte da schon die heilige Dreifleischigkeit gepackt. Herrlich mürbes Rindergulasch bedeckte zwei saftige Tranchen von der sous-vide gegarten Rinderschulter. Das Beste vom Aubrac-Rind
Um diese zwei Fleischpreziosen schloss sich ein Kranz aus wunderbar seidigem Pastinakenpüree, perfekt auf Biss gegartem Wild-Brokkoli (=Stängelkohl), butterweichen Scheiben vom Tafelspitz sowie ein paar Pastinakenchips fürs krachende Mundgefühl. Die heilige Dreifleischigkeit
Den Job als Saucenspiegel erledigte eine zum Tellerablecken feine Portwein-Reduktion. Für Fleischfreunde war das ein Winterteller par excellence. Die Qualität des Rindfleisches war hier der große Pluspunkt. Durch seine unterschiedlichen Zubereitungsarten ließ das Dreierlei vom Aubrac-Rind keine texturelle Langeweile zu. Ach, wie sehr wünschte ich mir dazu einen leckeren Tropfen aus der Chateauneuf-Abteilung meines Weinkellers.
Die Pâti-Abteilung zeigte sich beim süßen Finale auf der Höhe der Zeit. „Ruby“ nennt sich die rosarote Schokolade, welche seit ca. zwei Jahren die aus drei Sorten (weiß, dunkel, Vollmilch) bestehende „Tafelrunde“ um eine fruchtig-beerig schmeckende Variante erweitert hat. Beim Dessert vom Weinstuben Menü – schlicht mit „Ruby Schokolade“ (10 Euro) betitelt – kam die Schoko-Innovation aus dem Hause Barry Callebaut als Überzug einer mit Tonkabohnen-Mousse und Bergamotte-Gel gefüllten Süßspeise, die etwas die Größe eines handelsüblichen Eclairs aufwies. Ruby-Schokoladen-Riegel
Eine Knusperschicht aus Amaranth verlieh dem fluffigen Schokoriegel etwas mehr Biss. Begleitet von einer Nocke zitrisch-saurem Bergamotte-Sorbet, einer Tonkabohnen-Crème aus der Spritztüte sowie ein paar Tupfern Yuzu-Gel war das ein süß-saurer Schlussakt ganz nach meinem Gusto. Nicht zu süß, dafür aber umso spritzig-herber. Bergamotte-Sorbet / Tonkabohnencrème
Ein von meiner Frau initiierter Käseteller (13 Euro) soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Drei Sorten des mit Trauben, Johannisbeeren, Walnusshälften sowie ein paar Balsamicotupfen garnierten Ensembles waren aus Kuhmilch erzeugt. Einer stammte von der Ziege. Das Quartett bestand aus drei mehr oder minder würzigen Sorten Hartkäse, die mich zwar nicht vom Polster hauten, aber auch keine unaffinierten Rohrkrepierer in Sachen Geschmack darstellten. Der etwas weichere Vertreter kam im aromatisch duftenden Kräutermantel daher. Er war mein Favorit. Wir teilten uns diese üppige Portion, die sich als „kleine Käsespezialität“ auf der Rechnung wiederfand. Käseteller Knusper zum Käse
Mit gutem Bauchgefühl verließen wir Quedlinburgs erstes Haus am Platz. Der humorvoll-kompetent vorgetragene Service, das behagliche Ambiente und die mit Ambition zu Porzellan gebrachte Frischeküche von Sebastian Lorenz haben uns überzeugt. Ein wenig mehr Mut zu überraschenden Geschmacksbildern hätten wir uns dennoch gewünscht. Denn die hervorragende Qualität der hier verwendeten Produkte wäre mit dem ein oder anderen Aromaakzent sicher noch spannender am Gaumen. Aber das ist Kritik auf richtig hohem Niveau. In der Summe war es ein durchaus gelungenes „Fressfinale“ unseres Harztrips. Und herzlich war er definitiv…der Harz.
Am 02.Januar hatten wir zusammen mit ungefähr 6000 anderen Gipfelstürmern und Schönwetterwanderern die Idee, den Nanga Parbat des Harzes, der unter dem geradezu mächtig daherkommenden Namen „Brocken“ firmiert, zu erklimmen. Die äußeren Umstände hätten nicht besser sein können. Die Sonne schien den ganzen Tag und lediglich der eisige Wind verschob die Gipfelregion gefühlt in Richtung Polarkreis.
Das hielt die träge Masse an Aspiranten nicht davon ab, mit der Brockenbahn den langen, aber harmlosen Aufstieg zu umgehen. Wir machten uns selbstverständlich... mehr lesen
Weinstube am Brühl im Romantik Hotel am Brühl
Weinstube am Brühl im Romantik Hotel am Brühl€-€€€Restaurant, Weinstube, Hotel0394696180Billungstr. 11, 06484 Quedlinburg
4.5 stars -
"Ambitioniert vorgetragene, kreativ ausgerichtete Frischeküche mit klarem Saisonbezug, die uns insgesamt ein wenig zu „brav“ erschien" marcO74Am 02.Januar hatten wir zusammen mit ungefähr 6000 anderen Gipfelstürmern und Schönwetterwanderern die Idee, den Nanga Parbat des Harzes, der unter dem geradezu mächtig daherkommenden Namen „Brocken“ firmiert, zu erklimmen. Die äußeren Umstände hätten nicht besser sein können. Die Sonne schien den ganzen Tag und lediglich der eisige Wind verschob die Gipfelregion gefühlt in Richtung Polarkreis.
Das hielt die träge Masse an Aspiranten nicht davon ab, mit der Brockenbahn den langen, aber harmlosen Aufstieg zu umgehen. Wir machten uns selbstverständlich
Geschrieben am 07.03.2020 2020-03-07| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 01.01.2020Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 55 EUR
Am ersten Tag des Jahres führte uns eine Winterwanderung bei strahlendem Sonnenschein und eisigen Temperaturen durch das idyllische Selketal zur gut erhaltenen Burg Falkenstein, einer hochmittelalterlichen Höhenburg mit genialem Blick bis zum Brocken. Die Burggaststätte „Krummes Tor“ war nicht so ganz unser Ding und das historische „Gartenhaus“, was früher zur Gärtnerei der Burg Falkenstein gehörte und heute eine Einkehrmöglichkeit bietet, hatte am Neujahrstag geschlossen.
Auf dem Rückweg nach Quedlinburg legten wir nach kurzer Recherche bei TA einen Zwischenstopp in der ca. 3500 Einwohner zählenden Kleinstadt Gernrode ein. Dieser Ortsteil von Quedlinburg liegt am Nordrand des Ostharzes, knapp 6,5 km südlich der Welterbestadt an der Bode.
Die Bückemühle, die als eine von vielen an den Wasserläufen des Vorharzes vorkommenden Schrot- und Mehlmühlen bis 1930 betrieben wurde, ist heute ein reizvoll gelegenes Ausflugslokal mit Teichanlage und ganz viel Historie im Gebälk. Zum Anwesen gehört auch ein hübsch angelegter Garten, in dem antike Geräte aus dem Bereich Landwirtschaft zu bestaunen sind. Auch verfügt das Haus über mehrere Zimmer, Apartments sowie eine Ferienwohnung für Gäste, die übernachten wollen. Die Bückemühle
Die im Jahre 1700 erbaute Mühle war zu DDR-Zeiten ein HO-Kreisbetrieb. Im November 1997 erwarb Rüdiger Karger zusammen mit seiner Frau Kornelia das historische Kleinod am Fuße des Bückebergs. Der gelernte Instandhaltungsmechaniker, der mit 23 Jahren zum Koch umschulte, bietet mit seinem Mühlenteam eine gutbürgerlich geprägte Küche, die ihr Augenmerk speziell auf die Zubereitung von Fischgerichten legt. So wird beispielsweise der hier angebotene Räucherfisch im eigenen Räucherofen veredelt. Wir waren gespannt, was man uns in diesem rustikalen Grätentempel so auftischen würde.
Grobes Mauerwerk zierte im Parterre den verklinkerten, wuchtig wirkenden Fachwerkbau. Außenansicht
Durch eine mit nostalgischer Butzenscheibe verglaste, leicht knorrige Holztür ging es ins Innere der ehemaligen Mühle. Eingang
Wir bewegten uns auf gewollt betagtem, schon recht abgewetztem Dielenboden und dachten zuerst wir wären in einem charmant angegammelten Heimatmuseum gelandet. Ein solch kulissiges Ambiente hätten wir dann doch nicht erwartet. Innenansicht 1
Niedrige, von groben Holzbalken durchzogene Decken – für großgewachsene Gäste ist der Name der Lokalität tatsächlich Programm – und jede Menge kerniges Holzmobiliar vermittelten neben der etwas zu dick aufgetragenen, allgegenwärtigen Mühlenfolklore dennoch genügend Wohlfühlatmosphäre. Innenansicht 5
Schade, denn einige wirklich sehenswerte Schmuckstücke, wie beispielsweise der alte Kachelofen, waren von inflationär viel Deko-Plunder umzingelt. Innenansicht 4
Einrichtungsideen gut und schön, aber den Nachbau eines Mühlrads samt rührseliger Wandbemalung braucht es nun wirklich nicht, um auf die frühere Nutzung des Gebäudes hinzuweisen. Innenansicht 2
Egal, vielleicht kommen ja viele Gäste genau wegen dieses Folklore-Overkills in die Bückemühle und erfreuen sich an den antiken Fischerei- und Agrardevotionalien, die hier an den Wänden hängen. Wir saßen mittlerweile auf spärlich gepolsterten Holzstühlen und ließen das nicht unbehagliche, aber doch etwas gewöhnungsbedürftige Ambiente auf uns wirken. Innenansicht 3
Es war noch recht früh am Abend. In einem einsehbaren Nebenraum hatte es sich eine Gesellschaft bei Kaffee und Kuchen bequem gemacht. Die flinken und sehr freundlichen Servicemädels hatten uns da schon mit den Speisenkarten versorgt.
Auch auf der ersten Seite des Karger’schen Köchelkompendiums wurde auf die Historie der Örtlichkeit eingegangen. Die Worte „Liebe“ und „Sorgfalt“ wurden im Zusammenhang mit der frischen Zubereitung der Speisen genannt. Dass so etwas eine gewisse Vorbereitungszeit in Anspruch nimmt, sollte auch dem gutbürgerlichsten Kostgänger klar sein. Aber man kann den Gast ja schon im Vorfeld auf etwas längere Wartezeiten hinweisen. Warum nicht.
Maitre Karger fischt scheinbar gerne im Frischen, denn der Schwerpunkt seines Speisenangebots lag eindeutig auf regionaler Flossenware, die laut Karte aus Harzer Gewässern stammte. Allein sechs verschiedene Forellenvariationen waren gelistet. Aber auch ein paar „Zand-er-scheinungen“ – Zanderfilet au four (mit Würzfleisch und Käse überbacken) – waren darin auszumachen. Für Fischenthusiasten wurde eine Platte für zwei Personen als Spezialität des Hauses angepriesen. Für 52,50 Euro war das ein aus diversen Bratfischvarianten und Beilagen bestehendes Überraschungspaket, das wohl eher für die ganz Hungrigen gedacht war.
Die Fraktion der „Eingefleischten“ musste sich indes mit einer kleineren Auswahl begnügen. Man bewegte sich nämlich fernab von saucengeschwängerten Rind-Kalb-Schmurgeleien und fuhr in karnivorischer Zurückhaltung ein dreigliedriges Schnitzelsystem, das in den Ausstattungen „Au Four“, „Thüringer Art“ und „an Steinpilzrahm“ erhältlich war. Für Veggies hatte man immerhin ein paar Tagliatelle mit Rahmspinat in der Hinterhand. Aber uns war ja sowieso nach Fisch zumute.
Da es besonders nach anstrengenden Wanderungen gerne etwas deftiger zugehen darf, fiel uns die Entscheidung nicht allzu schwer. Vorneweg teilten wir uns eine Portion Würzfleisch (6,80 Euro), um dann aus dem Fischangebot das Forellenfilet an Senfsoße mit gebutterten Möhrchen und hausgemachtem Kartoffelpüree (18,90 Euro) sowie das Rotbarschfilet „Holzfäller Art“ (17,50 Euro) von der Wochenkarte zu ordern. Eine Flasche Mineralwasser für recht sportliche 5,50 Euro und eine Himbeerbrause vom Fass (0,4l für 3,80 Euro) komplettierten unseren Bestellvorgang.
Das Würzfleisch wurde ohne Blätterteigpastete in einem kleinen Schälchen serviert. Ein Schnitz Zitrone im Presswerkzeug, etwas Toastbrot und ein Fläschchen Worcestersauce (Lea & Perrins) gabs als Beigaben gratis dazu. Würzfleisch mit Extras
Eine nette Geste, denn „sauer“ macht ja bekanntlich „lustsch“. Wäre jedoch aus meiner Sicht nicht unbedingt notwendig gewesen.
Das mit Käse überbackene und mit einem famos abgeschmeckten Champignon-Rahmsößchen verfeinerte Jungschwein-Ragout konnte man guten Gewissens als herzhaftes Bekenntnis zur hausmannsköstlichen Landhausküche betrachten. Würzfleisch ganz nah
Es hat mir hier sogar noch besser gemundet, als ein paar Tage zuvor im Gasthaus Forelle. Ein wirklich feiner Einstieg, der dem ersten Hunger deftig die Stirn bot. So konnte es weitergehen.
Und es ging auch so weiter, denn unsere beiden recht üppig beladenen Fischteller kamen wie gerufen. Mein Rotbarschwagnis, das den Holzfäller in mir zu sättigen vermochte, kam ganz undogmatisch in ansprechender Panade und einer fast schon verwegen wirkenden Champignon-Zwiebel-Sauce daher. Rotbarsch für den Holzfäller vom Selketal
Aber Schmorzwiebeln gehören nun mal zur Waldarbeitergarnitur. Das war keine Überraschung. Die zweite Tellerhälfte wurde von einem stattlichen Hügel Kartoffelpüree eingenommen. Für den gemeinen Flachland-Weseraner wäre das schon ein schwer zu bezwingender Kalorien-3000er gewesen (Mount „KaPü“, 3149 Kalorien über dem Saucenspiegel). Mount „KaPü“, knapp 3149 Kalorien über dem Saucenspiegel
Aber wer ist schon immer um leichtfüßige Sättigung bemüht. Manchmal braucht es diese herzerwärmenden Deftspeisen, die ohne viel Tralala auskommen und nach ehrlichem Küchenhandwerk schmecken. So auch die Senfsauce, die man großzügig über die beiden der Bratpfanne enthobenen Forellenfilets meiner Gattin gegossen hatte. Forelle satt...
Sie war begeistert. Und zwar sowohl vom saftig gebratenen Teichgezücht, dem herzhaften, mit ordentlich Senfkörnern ausgestatteten Beiguss, als auch vom generös gebutterten Püree.
Dass sie danach noch einen Schierker Feuerstein (2,60 Euro) zur Prä-Verdauung hinterherschickte, war nicht nur ihrem opulenten Fischmahl geschuldet. Für sie gehört dieser vor über 100 Jahren vom Apotheker Willy Drube kreierte Kräuterlikör einfach zum Harz wie die Gelbschmiere an den Roller.
Nach einem kleinen Plausch über einen Harzer Brotaufstrich namens „Pottsuse“ – einer aus Schweinefleisch, Schmalz und Gewürzen hergestellten „Zonen-Rillettes“, die man in der Bückemühle selbst herstellt – verließen wir die historische Schänke. Sollten wir mal wieder in der Nähe sein, hier würden wir sofort wieder einkehren. Und dann natürlich auch den legendären „Müller-Schluck“, einen regionalen Kräuterlikör aus Bad Lauterberg, genießen.
Am ersten Tag des Jahres führte uns eine Winterwanderung bei strahlendem Sonnenschein und eisigen Temperaturen durch das idyllische Selketal zur gut erhaltenen Burg Falkenstein, einer hochmittelalterlichen Höhenburg mit genialem Blick bis zum Brocken. Die Burggaststätte „Krummes Tor“ war nicht so ganz unser Ding und das historische „Gartenhaus“, was früher zur Gärtnerei der Burg Falkenstein gehörte und heute eine Einkehrmöglichkeit bietet, hatte am Neujahrstag geschlossen.
Auf dem Rückweg nach Quedlinburg legten wir nach kurzer Recherche bei TA einen Zwischenstopp in der... mehr lesen
4.0 stars -
"Rustikales Fischvergnügen in historisch-folkloristischer Umgebung" marcO74Am ersten Tag des Jahres führte uns eine Winterwanderung bei strahlendem Sonnenschein und eisigen Temperaturen durch das idyllische Selketal zur gut erhaltenen Burg Falkenstein, einer hochmittelalterlichen Höhenburg mit genialem Blick bis zum Brocken. Die Burggaststätte „Krummes Tor“ war nicht so ganz unser Ding und das historische „Gartenhaus“, was früher zur Gärtnerei der Burg Falkenstein gehörte und heute eine Einkehrmöglichkeit bietet, hatte am Neujahrstag geschlossen.
Auf dem Rückweg nach Quedlinburg legten wir nach kurzer Recherche bei TA einen Zwischenstopp in der
Geschrieben am 01.03.2020 2020-03-01| Aktualisiert am
27.02.2021
Besucht am 29.12.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
Nach der panierten Ernüchterung in Thale beim Mittagessen sollte es am ersten Abend in Quedlinburg kulinarisch wieder etwas aufwärts gehen. Ein Spaziergang durch die pittoreske, mittelalterlich geprägte Altstadt führte uns zu Mom’s Burger. Ein Laden, der angeblich seine Buns selber backt und auf regionales Fleisch von einem Landgut aus der Umgebung setzt. Obwohl wir noch gut innerhalb der Öffnungszeiten lagen, hatten wir kein Glück. Aufgrund des ruhigen Abends hatte man in dem Burger-Bistro schon vorzeitig den Grill ausgeschaltet. Shit happens! Die Einburgerung musste verschoben werden.
Dann eben ein paar Schritte weiter zum Brauhaus Lüdde, das bei TA sogar noch einen Rang höher gelistet stand. Doch dort tanzte der Bär. Nachdem uns sämtliche, schwer beschäftigten Bedienungen geflissentlich ignorierten und uns die vom bierseligen Treiben geschwängerte Luft arg stickig vorkam, verließen wir auch diese Quedlinburger Einkehrmöglichkeit unverrichteter Dinge.
Schon auf dem Weg dorthin, wies uns ein Schild den Weg durch eine kleine Gasse zu einem Tapas-Lokal namens „Del Quixote“. Aller guten Dinge wären ja bekanntlich drei. Also starteten wir einen erneuten Versuch. Wir liefen die Wordgasse entlang und bogen in den Bunten Hof am Ständerbau, einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus, in dem das Fachwerkmuseum Quedlinburg untergebracht ist, ein. Eingangstor zum Innenhof
Die auffällig illuminierte, vom Quedlinburger Figurenkünstler Jochen Müller gefertigte Skulptur des „Ritters von der traurigen Gestalt“ saß in Lebensgröße auf einem Radabweiser (Prellstein) vor dem Tor und deutete uns unmissverständlich an, wohin unsere kulinarische Reise an diesem Abend gehen sollte, nämlich in den Innenhof des schmucken Anwesens. Die Don Quixote-Skulptur von Jochen Müller
Dort befand sich auf der rechten Seite im Erdgeschoss des hübsch sanierten Hauses das andalusische Restaurant. Die Reste eines Weihnachtsausschanks waren samt Pavillon und Lichterketten noch vorhanden. Unter der Bezeichnung „Spanischer Hof Nr. 11“ wurden hier am ersten, zweiten und dritten Adventswochenende im Rahmen der Aktion „Advent in den Höfen“ heißer Sangria zu spanischen Köstlichkeiten ausgeschenkt. Die Reste der Vorweihnachtszeit...
Wir blickten von außen durch die Fenster in den heimelig wirkenden Gastraum und waren enttäuscht, denn es waren alle Plätze belegt. Nun, reingehen und fragen kostet ja bekanntlich nichts, also wagten wir einen letzten Anlauf. Just in dem Moment, als wir die Tür hinter uns schlossen, erhob sich ein älteres Ehepaar hinten im Eck, um das Lokal nach bereits vollzogenem Abendmahl zu verlassen. Da war schnelles Nachfragen und Hinsetzen angesagt.
Die Hausherrin und Servicechefin Ulrike Lavilla Muriel, deren sympathische Art uns gleich herzlich willkommen hieß, sorgte prompt für aufgeräumte Tischverhältnisse. Seit Mai 2016 führt sie nun schon zusammen mit ihrem Mann Manuel das kleine, etwas versteckt liegende Lokal in der Quedlinburger Altstadt. Der gelernte Hotelfachwirt Manuel kümmert sich in der Küche um die Zubereitung der Speisen. Seine Küche ist klar an seinen andalusischen Wurzeln orientiert. Laut Homepage waren es die traditionellen Gerichte seiner beiden Großmütter, die ihn an den Herd lockten.
Nun hat sich mein Verhältnis zu den spanischen Petitessen in den letzten Jahren etwas abgekühlt. Früher war ich deutlich öfter im Restaurant „Las Tapas“ in Germersheim zugange. Nach diversen Besuchen in Spanien und Mallorca, verloren die dort angebotenen, eingedeutschten Preziosen aus den kleinen Tonschälchen deutlich an Anziehungskraft. Wer sich einmal im „El Tapas de Flanigan“ in Palma de Mallorca ein paar Tapas oder Raciones geteilt hat, weiß wovon ich spreche.
Ich saß direkt vor dem üppig gefüllten Weinregal und blickte auf eine große Auswahl an Reservas und Gran Reservas verschiedener spanischer Anbaugebiete (Navarra, Valdepeñas, etc.). Teil des Weinregals zu meiner Linken
Der schätzungsweise um die dreißig Personen fassende Gastraum wirkte von der Einrichtung her etwas zusammengewürfelt, hatte aber durchaus seinen Charme. Helles Holz fand sich nicht nur bei den blanken Tischplatten, sondern auch an der Wandverkleidung, raumteilenden Balken und dem Boden wieder. Innenansicht 2
Über ein paar Stufen erreichte man an der Stirnseite einen etwas erhöhten Teil des Gastraumes, der teilweise von einer derben mit Holzplanken verkleideten Brüstung abgegrenzt war. Von der Decke baumelten improvisiert anmutende Hängeleuchten, die ihre Umgebung in recht angenehmes Licht rückten. Ich starrte hingegen auf ein großformatiges Wandplakat, das mir sie spanische Genusskultur in Wort und Bild näherbringen wollte. Innenansicht 1
Die kleine, mit hübschen Illustrationen von Jochen Müller, seines Zeichens Diplom-Metallgestalter und bekannter Quedlinburger Figuren- und Skulpturenkünstler, versehene Tapaskarte zum Aufklappen listete gerade einmal vier kalte und neun warme Kleingerichte andalusischer Provenienz. Eine gemischte Tapasplatte für zwei Personen (32,50 Euro) wurde auch in einer rein vegetarischen Variante angeboten. Zusätzlich wurden ein paar Klassiker aus dem südlichen Teil Spaniens offeriert. Alboronia, ein vegetarisches Eintopfgericht aus Andalusien, geschmorte Kaninchenkeule und im Ofen geschmorter Schweinenacken in PX-Sauce waren für knapp unter 20 Euro zu haben.
Ein überschaubares und deshalb umso sympathischer wirkendes Angebot an Leckereien, das uns trotzdem vor Entscheidungsnöte stellte. Ein frisch gezapftes San Miguel vom Fass (0,4 l für 3,90 Euro) und eine Flasche Mineralwasser (4,90 Euro) bereiteten dem abendlichen Durst ein jähes Ende. Dem heiligen Michael zu Ehren
Mir hatte es das Carne al Diablo (6,90 Euro), im Ofen gegarte Stücke vom Schweinenacken mit scharfer Sauce und Runzelkartoffeln angetan. Auch dem in Essig, Kümmel und Lorbeer marinierten Hähnchenbrustfilet (5,90 Euro), das in Olivenöl kross frittiert und mit roter Mojo Picón-Sauce serviert wurde, konnte ich nicht widerstehen.
Meine Frau dagegen entschied sich für die mit Sherry abgelöschten Schmor-Champignons (4,90 Euro) und die besagte Alboronia, allerdings in der Tapas-Version für 5,90 Euro. Ein halbes Ciabatta-Brot (1,90 Euro) zum Saucetunken wurde vorsorglich gleich mitbestellt.
Den in dunklen Schälchen gleichzeitig servierten Kleingerichten sah man den Verzicht auf Fertigware gleich an. Ein Umstand, der mich über die zuletzt gemachten Convenience-Erfahrungen im früheren Germersheimer Stamm-Tapa-Lokal etwas hinwegtröstete. Die Saucen schmeckten nach fachkundigem Handwerk, was sich besonders gut bei meinem herrlich mürben Schweinenacken bemerkbar machte. Zusammen mit den in Salzwasser gekochten Kartoffeln war das ein extrem schmackiges Gericht, das mediterrane Gefühle mitten im kalten Quedlinburger Winter zu wecken vermochte. Das Carne al Diablo
Meine Frau war ganz hin und weg von den Champignons, die sie als bekennende Sherrytante in vollen Zügen genoss. Kein Tröpfchen, des mit Knoblauch und Chili verfeinerten Pilz-Suds wurde – Ciabatta sei Dank – übriggelassen. Die Sherry-Champignons
Auch der aus Zucchini, Auberginen, Kürbis, Kichererbsen und Tomaten bestehende Veggie-Eintopf mundete hervorragend. Kein Wunder bei den Zutaten! Der andalusische Veggie-Eintopf
Das säuerliche, knusprig frittierte Hähnchenbrustfilet – eine Art andalusischer „Chicken Nuggets“ – passte ganz ausgezeichnet zur separat im Schälchen mitgelieferten, scharfen Mojo-Sauce. Vom Geschmack her ließen die saftigen Hühnerteile durchaus den Vergleich mit dem asiatischen Tamarinden-Aroma zu. In Kombi mit der Mojo Picón war das im Ergebnis eine pikant-säuerliche Gaumenaufgabe, der ich mich mit Inbrunst stellte. Die spanischen Chicken Nuggets
Zum Dessert gönnten wir uns noch zwei Sherrys aus der Weißweinsorte Pedro Ximenez. Dass sich mit einem „Peter Siemens“ ein Tapas-Mahl zum würdigen Abschluss bringen lässt, weiß man eben nicht nur an der Weser. So hatte der anfangs in gastronomischer Hinsicht etwas holprig begonnene erste Abend in Quedlinburg ein durchaus köstliches Ende gefunden. Fortsetzung folgt…
Nach der panierten Ernüchterung in Thale beim Mittagessen sollte es am ersten Abend in Quedlinburg kulinarisch wieder etwas aufwärts gehen. Ein Spaziergang durch die pittoreske, mittelalterlich geprägte Altstadt führte uns zu Mom’s Burger. Ein Laden, der angeblich seine Buns selber backt und auf regionales Fleisch von einem Landgut aus der Umgebung setzt. Obwohl wir noch gut innerhalb der Öffnungszeiten lagen, hatten wir kein Glück. Aufgrund des ruhigen Abends hatte man in dem Burger-Bistro schon vorzeitig den Grill ausgeschaltet. Shit happens!... mehr lesen
Del Quixote
Del Quixote€-€€€Restaurant03946 5197481Blasiistraße 7, 06484 Quedlinburg
4.0 stars -
"Spanisch ging das Gastrojahr zu Ende oder: statt kulinarischer Windmühlenkämpfe gab es feine, hausgemachte Tapas, die auch dem heiligen Michael („San Miguel“) und seinem Komplizen Peter Siemens („Pedro Ximenez“) ein breites Mojo-Grinsen bereitet hätten" marcO74Nach der panierten Ernüchterung in Thale beim Mittagessen sollte es am ersten Abend in Quedlinburg kulinarisch wieder etwas aufwärts gehen. Ein Spaziergang durch die pittoreske, mittelalterlich geprägte Altstadt führte uns zu Mom’s Burger. Ein Laden, der angeblich seine Buns selber backt und auf regionales Fleisch von einem Landgut aus der Umgebung setzt. Obwohl wir noch gut innerhalb der Öffnungszeiten lagen, hatten wir kein Glück. Aufgrund des ruhigen Abends hatte man in dem Burger-Bistro schon vorzeitig den Grill ausgeschaltet. Shit happens!
Geschrieben am 24.02.2020 2020-02-24| Aktualisiert am
01.03.2021
Besucht am 29.12.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 37 EUR
„Harz aber herzlich!“ – so unser Motto, als wir zum Jahresausklang ein paar Tage in Quedlinburg verbrachten. Bodetal, Hexentanzplatz, Teufelsmauer, Selketal und natürlich Sachsen-Anhalts Berg der Berge, der Brocken, waren in Reichweite und wollten von uns erkundet werden. Kurz vor unserem Ziel machten wir in der Kleinstadt Thale halt, einem staatlich anerkannten Erholungsort, der bekannt ist für seine beeindruckenden Naturdenkmäler.
Der Hunger und die strategisch günstige Randlage des Gasthauses Forelle – wir mussten nicht erst in den Ort hineinfahren – nahmen uns die Entscheidung bezüglich der Einnahme unseres Mittagessens ab. Außenansicht 1
Gutbürgerlich sollte es hier zugehen und die Gerichte rund um die namensgebende Forelle wären auch nicht zu verachten, war gleich mehreren TA-Bewertungen zu entnehmen. Die Webseite des Lokals versprach gediegene Hausmannskost in rustikalem Ambiente. Außenansicht 2
Also wurde kurzerhand das Gefährt auf dem hauseigenen Parkplatz abgestellt und zielgerichtet die Eingangstür anvisiert. Drinnen war einiges los. Wir hatten Glück in dem herrlich anachronistisch wirkenden Gastraum noch einen freien Tisch zu bekommen. Der helle Linoleum-Boden und der etwas erhöhte, mit dunklem Holz verkleidete Tresen versprühten noch ehrliche „Ostalgie“. Innenansicht 1
Das archaisch anmutende Flair früherer HO-Gaststätten suchte man jedoch vergeblich. Zwei ältere Damen führten auf freundliche Art und Weise das Servierregiment und statteten uns zeitnah mit der opulent bebilderten Speisenkarte aus.
Das Frische-Credo des Küchenchefs Frank Teller zierte dann auch gleich die erste Seite seines Köchelverzeichnisses. Kein Geringerer als die französische Kochlegende schlechthin, Paul Bocuse, wurde da zitiert. Für ein Gasthaus, das sich komplett den Deftigkeiten gutbürgerlicher, deutscher Hausmannskost verschrieben hatte, klang das zwar ein wenig unpassend, aber nun gut. Wir saßen ja bereits und gönnten uns mittlerweile einen halben Liter Selters für erträgliche 3,50 Euro. So schlimm wird das schon nicht werden, sagte mir mein Bauchgefühl.
Und es hatte recht. Das süffig-pikante Würzfleisch (5,50 Euro), welches wir uns als Vorspeise teilten, wurde klassisch in einer staubtrockenen Blätterteigpastete geliefert. Die schmackhafte Sauce hatte nicht nur ordentlich Bumms, sondern war auch von einer angenehmen, für dieses nostalgische Ostgericht typischen Säure geprägt. Ein Schelm, der „Worcester“ dabei denkt. Würzfleisch, das Ragout fin des Ostens
Wahrscheinlich hatte man der ostdeutschen Abwandlung des Ragout fin mit etwas Cayenne-Pfeffer auf die Sprünge äh Schärfe geholfen. Das kleingewürfelte, vermutlich aus der Schulter stammende Schweinefleisch war schön mürbe gegart und fiel erfreulicherweise nicht zu trocken aus. Aus kulinarischer Sicht war das ein durchaus gelungener, da authentischer Einstieg in den Urlaub im Ostharz.
Die Tatsache, dass man im Gasthaus Forelle kein überbordendes Speiseprogramm fährt, war mir von Anfang an sympathisch. Lediglich vier Vorspeisen (Tomaten-Paprika-Süppchen, Möhren-Kokos-Suppe, Würzfleisch und ein kleiner gemischter Salat) standen zur Wahl. Und auch bei den Hauptgerichten aus Topf und Pfanne zählte ich lediglich sechs Positionen. Harzer Rostbrätel, Schweinesteak „au four“ (mit Würzfleisch und Käse überbacken) und Hirschrückensteak an Kartoffelrösti (mit knapp 23 Euro das teuerste Gericht auf der Karte) standen für Fleischgesinnte gelistet.
Zu den drei gebratenen Forellen-Variationen, die sich nur marginal in ihrer Garnitur unterschieden und mit den Beinamen „Müllerin“, „Feinschmecker“ und „Gärtnerin“ das Bilderbuch zierten, gesellten sich noch Fisch-Curry, gebratenes Zanderfilet sowie eine „Troika“ aus Fluss und Meer, bei der sich Forelle, Zander und Lachs zusammen auf dem Teller versammelten. So weit, so fleisch- bzw. fischlastig. Kein Veggie-Gericht fand sich auf dem Speisezettel wieder. In der heutigen Zeit in so mancher Hinsicht bemerkenswert.
Für meine Frau war das nicht weiter tragisch, denn sie war ja schon aufgrund des Namens der Lokalität auf Schuppentierverzehr programmiert. Da kam ihr die „Müllerin“ (14,50 Euro) gerade recht. Meinereiner entpuppte sich ganz überraschend als gutbürgerlicher Redundanzesser und wählte das panierte Schweineschnitzel mit „frischen“ Rahmchampignons und Bratkartoffeln. So stand das jedenfalls für 13,90 Euro in der Speisefibel.
Die kulinarische Wirklichkeit sah dann auf meinem Teller etwas anders aus. Die Pilze waren aus dem Glas, was die Sauce nicht besser machte. Dann kann man sich auch den Frische-Vermerk auf der Karte sparen. Außerdem lagen anstelle der erhofften Bratkartoffeln vier frisch frittierte TK-Röstitaler neben dem schweinernen Panierstück, das wohl etwas zu lange den Kontakt zum Pfannenboden genossen hatte. Knusprig hin oder her, es „escalopierte“ an den Rändern doch stark in Richtung Trockenverzehr. Von gleichmäßig gebräunter Ummantelung keine Spur – das also war des Schnitzels (heller) Kern! Der Schnitzelteller Schnitzel im Detail
Insgesamt war das sicher keine Bravourleistung deutscher Hausmannskost, denn auch der Sauce fehlte es an Substanz. Von geschmacklicher Tiefe ganz zu schweigen. Neidisch musste ich anerkennen, dass Frau Müllerin, die mit Zitrone im Maul, Salzkartoffeln und Meerrettichcreme serviert wurde, deutlich mehr hermachte. Das Filetieren ging meiner Frau flott von der Hand und sie zeigte sich begeistert vom perfekten Gargrad ihres Fangs. Der von zerlassener Butter benetzten Forelle mangelte es auch nicht an Würze. Vielleicht hätten die Kartoffeln etwas mehr Biss haben können, aber der etwas älteren Klientel des Hauses dürfte die etwas weichere Konsistenz wohl eher zusagen. Die gebratene Müllerin
So durften wir zwar gut gesättigt, aber nur teilweise zufrieden das Gasthaus zu Thale verlassen und die letzten Kilometer in Richtung Quedlinburg zurücklegen. Erfreulicherweise konnten wir uns dort noch am selben Abend kulinarisch etwas rehabilitieren. Dass dies ausgerechnet beim Spanier passierte, war dann eher Zufall. Fortsetzung folgt…
„Harz aber herzlich!“ – so unser Motto, als wir zum Jahresausklang ein paar Tage in Quedlinburg verbrachten. Bodetal, Hexentanzplatz, Teufelsmauer, Selketal und natürlich Sachsen-Anhalts Berg der Berge, der Brocken, waren in Reichweite und wollten von uns erkundet werden. Kurz vor unserem Ziel machten wir in der Kleinstadt Thale halt, einem staatlich anerkannten Erholungsort, der bekannt ist für seine beeindruckenden Naturdenkmäler.
Der Hunger und die strategisch günstige Randlage des Gasthauses Forelle – wir mussten nicht erst in den Ort hineinfahren – nahmen... mehr lesen
3.0 stars -
"In Thale grüßt die Müllerin" marcO74„Harz aber herzlich!“ – so unser Motto, als wir zum Jahresausklang ein paar Tage in Quedlinburg verbrachten. Bodetal, Hexentanzplatz, Teufelsmauer, Selketal und natürlich Sachsen-Anhalts Berg der Berge, der Brocken, waren in Reichweite und wollten von uns erkundet werden. Kurz vor unserem Ziel machten wir in der Kleinstadt Thale halt, einem staatlich anerkannten Erholungsort, der bekannt ist für seine beeindruckenden Naturdenkmäler.
Der Hunger und die strategisch günstige Randlage des Gasthauses Forelle – wir mussten nicht erst in den Ort hineinfahren – nahmen
Geschrieben am 23.02.2020 2020-02-23| Aktualisiert am
01.03.2021
Besucht am 28.12.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 20 EUR
Es war Tag 1 nach Grashoff. Der stand natürlich primär im Zeichen der Ausnüchterung und Erholung von der Nacht zuvor. Entsprechend spät am Mittag fuhren meine Frau und ich in Richtung Lehester Deich, um uns entlang der Wümme ein wenig die Beine zu vertreten. Ein wenig Oberblockländer Luft konnte ja nicht schaden.
Das kulinarische Ziel des Abends stand zu dem Zeitpunkt schon fest. Wie im letzten Jahr sollte es im familiären Kreis zum griechischen Gotterböten der Neuen Vahr Nord, den von mir bereits rezensierten Hellenentempel Hermes, gehen.
Wie hungrig der Körper doch immer wieder auf die Kombination aus frischer Luft und Bewegung reagiert. Dieses mir nicht gänzlich unsympathische Phänomen brachte eine Spontaneinkehr im direkt am Wümmedeich gelegenen Landhaus Kuhsiel mit sich. Außenansicht
Meine Frau war von dieser Idee weitaus weniger begeistert, da sie sich noch genügend Hunger für die Vorspeisenplatte beim Griechen aufheben wollte. Auch auf die Gefahr hin, dass ich wohl der einzige am Tisch mit Essenswunsch sein würde, betraten wir das vor knapp drei Jahren komplett renovierte Traditionslokal, das schon von außen einen sehr gepflegten Eindruck machte.
Das für seine Kohlfahrten bekannte Ausflugslokal wird seit dem Frühjahr 2017 von der Gastronomin Galyna Bielefeld geführt. Diese hatte schon vorher Erfahrungen in verschiedenen Bremer Lokalitäten gesammelt (zum Beispiel im Restaurant „Zum Platzhirsch“ in Bremen-Lehe), ehe sie sich dazu entschloss, aus der „alten Muffbude“ einen mit wertigen Materialien ausgestatteten, äußerst ansprechend wirkenden Landgasthof zu machen.
Und so staunten wir nicht schlecht, was sich hinter der schmucken, von dunklen Holzbalken und hellem Klinker gesäumten Fassade befand. Beim zeitgemäßen Bistromobiliar dominierte helles Holz, das sich nicht nur in Form der blanken Tischplatten wiederfand, sondern auch als freiliegende Deckenbalken und raumteilende Säulen zugegen war. Neben einfachen Sitzgelegenheiten aus dunkel lackiertem Holz, waren auch ein paar wesentlich bequemere Schalensessel auszumachen. Diese allerdings nur vereinzelt. Innenansicht 3
Spots von der Decke, Vintage-Lampen und indirekte Decken- und Wandfluter sorgten in der Summe für angenehme Lichtverhältnisse. Der in der Mitte des Gastraums platzierte Kamin bildete dabei sozusagen das lauschige Epizentrum des Landhauses. Um ihn herum gruppierten sich ein paar gepolsterte Sessel. Es gibt sicher schlechtere Orte, um sich nach einem Winterspaziergang aufzuwärmen. Innenansicht 1
Mit den ausliegenden Kuhfellen holte man ein wenig Alpenflair an den Wümmedeich. Sicher wollte man auch bei der Einrichtung dem Namen des Gasthofs ein wenig Rechnung tragen. Damit erklärte sich auch das überdimensionale Porträt einer Kuh, das den gegenüberliegenden Wandbereich zierte. Zu unserer Linken befand sich der hell erleuchtete Ausschankbereich, der von inflationär vielen frei herabhängenden Glühbirnen ge“vintaged“ wurde. Rechts von uns prangte eine riesige Schiefertafel mit den Empfehlungen der Küche sowie ein paar Infos zum Mittagstisch und dem Frühstücksangebot. Innenansicht 2
Man reichte uns die Speisenkarten, die ein breit aufgestelltes Programm an regionalen (Labskaus, Bremer Knipp, Sauerfleisch, etc.) und gutbürgerlichen (Puten Cordon Bleu, Boeuf Stroganoff, gebratene Kalbsleber) Gerichten listete. Mit der Wümmeplatte kultivierte man die norddeutsche Brotzeit, mit den hausgemachten Teigtaschen (Quark-Kartoffel-Füllung) wurde Fleischverzichtern eine vegetarische Alternative geboten.
Ein paar Pastagerichte, diverse Salate und der leider nicht mehr wegzudenkende Flammkuchen (hier in vier verschiedenen Ausführungen) komplettierten den reichhaltigen Speisezettel des Landhauses.
Mir persönlich wäre weniger natürlich lieber gewesen. Denn eine derart große Palette an Gerichten geht zwangsläufig auf Kosten der Produktfrische. Aber gut, es sollte ja auch nur eine Kleinigkeit sein, die mir die Zeit bis zur abendlichen Hellenenkost verkürzen sollte. Da musste ich mich nun entscheiden und das fiel mir bei der opulenten Auswahl gar nicht leicht. Das Kräuterrahmsüppchen mit Stremellachs (6,50 Euro) lockte. Die mediterranen Weinbergschnecken mit Baguette (8,20 Euro) dagegen weniger.
Flammkuchen kam gar nicht in Frage. Das wäre einem Verrat am eigenen Alter Ego („Elsassinator“) gleichgekommen. Nein, es sollte etwas Deftiges aus der Region sein. Und da hier schon vor Urzeiten Torfkähne durch das benachbarte Siel schipperten, fiel meine Wahl auf die „Torf Schnitte“ (10,80 Euro) – einem hausgemachten Hackbraten im Bacon-Mantel mit dunkler Bratensauce, geschmortem Spitzkohl und Kartoffelstampf – genau die richtige „Kleinigkeit“, um gut gesättigt dem kalten Bremer Deichwind zu trotzen.
Noch heute hört man in diesem idyllisch-ländlichen Teil der Hansestadt an der Weser Teilnehmer von Kohlfahrten den alten Klassiker der Gruppe Torfrock grölen: „Unser Boss is’n Torfstechermeister, der zählt den Torf und Borgi heißt er…“. So weit, so nostalgisch.
Inzwischen hatte uns der freundliche Kellner eine Flasche Vilsa Mineralwasser gebracht (0,75l für 5,90 Euro). Der Alkoholentzug infolge des Vorabends war bitter nötig und in vollem Gange. Meine Frau erwärmte sich indessen an einem Latte Macchiato (3,70 Euro) und war genauso gespannt wie ich, was man dem Adular Zech aus der Pfalz da wohl auftischen würde.
Den üppig bestückten Teller für hungrige Torfstecher zierten zwei ordentliche Scheiben besagten Hackbratens. Der Adular-Zech-Gedächtnisteller (aka Torf Schnitte)
Auch mit der Beigabe von Spitzkohl wurde nicht geknausert. Ebenso verhielt es sich mit dem anständig gebutterten Kartoffelpüree, das seiner Form nach mit Hilfe einer Spritztüte den Weg auf den Teller fand. Gut, dass mich meine Frau in Sachen Spitzkohl ein wenig unterstützte. ...eigentlich zwei Torf Schnitten...
Das Püree war ohne Fehl und Tadel. Die beiden Hackfleischscheiben geizten nicht mit pikanter Würze. Dem nicht gerade homöopathischen Einsatz von Salz verdankte ich übrigens das problemlose Leeren der Mineralwasserflasche.
Trotzdem war es in der Summe ein positives Sättigungserlebnis im hübsch renovierten Landhaus am Wümmedeich. In Borgis Jugendrevier wildert man schließlich nicht alle Tage. Und wer die mehrgängigen Gaumenorgien des Bremer Vorzeigekritikers kennt, weiß auch, dass sein gut gedehnter Magen nicht von irgendwoher stammt. Denn auf dem Wümmedeich ist sicherlich noch kein Borgfelder verhungert.
Es war Tag 1 nach Grashoff. Der stand natürlich primär im Zeichen der Ausnüchterung und Erholung von der Nacht zuvor. Entsprechend spät am Mittag fuhren meine Frau und ich in Richtung Lehester Deich, um uns entlang der Wümme ein wenig die Beine zu vertreten. Ein wenig Oberblockländer Luft konnte ja nicht schaden.
Das kulinarische Ziel des Abends stand zu dem Zeitpunkt schon fest. Wie im letzten Jahr sollte es im familiären Kreis zum griechischen Gotterböten der Neuen Vahr Nord, den... mehr lesen
4.0 stars -
"Auf dem Wümmedeich ist noch keiner verhungert!" marcO74Es war Tag 1 nach Grashoff. Der stand natürlich primär im Zeichen der Ausnüchterung und Erholung von der Nacht zuvor. Entsprechend spät am Mittag fuhren meine Frau und ich in Richtung Lehester Deich, um uns entlang der Wümme ein wenig die Beine zu vertreten. Ein wenig Oberblockländer Luft konnte ja nicht schaden.
Das kulinarische Ziel des Abends stand zu dem Zeitpunkt schon fest. Wie im letzten Jahr sollte es im familiären Kreis zum griechischen Gotterböten der Neuen Vahr Nord, den
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Wahrscheinlich bin ich an dem unscheinbaren Eck-Imbiss schon tausendmal vorbeigefahren ohne von ihm Notiz zu nehmen.
Außenansicht
Liegt der Laden doch genau da, wo sich der Pfälzer von den letzten ihn umgebenden urbanen Resten der Fächerstadt befreien möchte und sich - schon die Südtangente vor Augen - der linksrheinischen Heimat entgegensehnt. Dass mir nicht schon früher die „geflügelten“ Worte „Döner“(über dem linken Fenster) und „Kebap“ (über dem rechten) ins Auge sprangen, lag in keinster Weise am äußeren Erscheinungsbild des Lokals. Nein, dieses wirkte sehr gepflegt, was sich beim Betreten des Gastraumes noch bestätigen sollte.
Das renovierte Innere
Genusskollege Oparazzo hat ja schon in seiner Überschrift auf die umfassende, in der Tat recht farbenfrohe Renovierung des Ladens hingewiesen. Auch mir sagte das Interieur zu. Gleich links vom Eingang befand sich die Take-Away-Theke mit gut gefüllten Edelstahlboxen, in denen das Grünzeug und die Saucen ihrer Verwendung harrten. Dahinter, wie aus dem Lehrbuch für Dönerthekenlogistik – in Berlin-Neukölln gibt es bestimmt einen eigens dafür eingerichteten Lehrstuhl – zur Linken die Teigausrollmaschine für die Yufka-Fladen und rechts davon die Drehspieß-Apparatur, die allgemein unter dem Namen Dönergrill firmiert.
Dönertheke Royal
Da wirkte alles blitzblank gescheuert, fast schon ein wenig steril. Eine solche Sauberkeit war mir in Etablissements mit türkischer Schnellküche noch nicht so oft vorgekommen. Über dem Thekenbereich thronte das Speisenangebot des seit 1997 in Karlsruhe ansässigen Ladens. Die Geschichte mit dem Brand im Jahre 2018 hatte ich dem Bericht des Kollegen entnommen. Diesbezüglich kann man vor den Inhabern des Aroma-Restaurants nur den Hut ziehen. Die haben da bestimmt sehr viel Arbeit hineingesteckt, um ihre Grillschenke wieder flott zu machen. Ist ihnen gut gelungen.
Als ich zur Mittagszeit dort eintraf, glänzte mein Döner-Date noch mit Abwesenheit. Im hinteren Bereich des mit wertigem Bistromobiliar, abgehängter Decke (Schallschutz), Laminatboden in Holzoptik, ringsum verlaufender, gut gepolsterter Wandbank sowie einer fast schon zeitlos wirkenden Wandverkleidung aus dunklem und hellem Holz auf sich aufmerksam machenden Gastraumes war noch kein Tisch besetzt.
...ist ganz hübsch geworden!
Ich machte es mir bequem, schoss erste Fotos vom Innenleben und hatte sowohl den zwischen Theke und Toilettentür platzierten, halbkugelförmigen Gasofen im Blick als auch die Eingangstür, neben welcher mittlerweile ein paar Leute am Stehtisch auf ihr Essen warteten.
Vom Grandseigneur aus der württembergischen Kurstadt an der Alb war da noch keine Spur. Die Herren im vorderen Bereich unterhielten sich lautstark. Einzelne Wortfetzen verrieten, dass einer von ihnen wohl Bauingenieur im Außendienst war. Seine Zeit in der arabischen Hafenstadt Dschidda beschrieb er nämlich lauthals und ausgiebig. Ich dagegen tauchte innerlich ab, wollte das banale Alltagstreiben hinter mir lassen und freute mich wie nach dem erfolgreichen Drücken der F5-Taste am Rechner als der Bonvivant aus dem Nordschwarzwald endlich zur Tür hereinkam.
Der Herrenalber Herrenreiter musste wohl noch seinen Schimmel, auf dem er die letzten Kilometer zum Lokal im gestreckten Galopp zurückgelegt hatte, verkehrsgerecht vor der Grillstätte seines Vertrauens anleinen. Er sah ein wenig zerzaust aus, gerade so als wäre er nach langer Zeit mal wieder an die frische Luft gekommen. Kein Wunder, sitzt der Mann doch nächtelang an seinen wortgewaltigen Pamphleten, mit denen er unsere Community bereichert. Warum er seinen Profilnamen nicht in „carpe noctem 1890“ umwandelt, ist selbst mir schleierhaft.
Die reich bebilderten Speisehefte in Spiralbindung wurden uns von einer jungen Dame an den Tisch gebracht. Es war früh am Tag. Mein Tischgenosse versuchte mit einem Glas Ayran die Geschmackssensoren seines Darmes zu justieren. Mit einem Mineralwasser versuchte ich krampfhaft auf klare Gedanken zu kommen.
„Dürüm, Dürum!“ riss es mich mit selbstauferlegter „Grillkür“ aus den Fängen des manipulierten Geschmacks. Der „Mesiter“ des fachmännisch fotografierten Tellergerichts bestellte nonchalant einen Iskender Döner, ja sapperlot! Dem nicht genug. Einen grünen Salat wollte der staatlich geprüfte Sommerrollendrapierer zudem noch sein Eigen nennen.
Grüner Beilagensalat
Ich gab mich mittelfristig beeindruckt und zog nach. Auf meinem Ass im Aromenärmel stand in erhabenen Lettern „Karisik Izgara“, was auf der Speisekarte mit „Gemischter Grillteller“ übersetzt wurde. Die 17,50 Euro waren mir die Empfehlung meines Gegenübers wert.
Die Zeit bis zur Speisung verging wie im Flug, wurde doch seit unserem ersten Treffen im Thai-Orchid beiderseits viel Köstliches verspeist, das in der Retrospektive noch einmal durchlebt werden wollte. Aber auch jenseits des kulinarischen Horizonts ging es thematisch munter weiter. Wenn die Chemie stimmt, laufen die Gespräche von ganz alleine – kennt man ja.
Der prachtvolle, in Süffigkeit erstarrte Dönerteller meines Tischkollegen war flächendeckend mit Joghurt- und Tomatensauce begossen.
That was the great Iskeeeendöör!
Der frisch abgesäbelte Fleischberg machte Eindruck, wurde aber von meiner Grillplatte optisch und auch mengenmäßig locker übertrumpft. Auf jenem hatten zwei saftige Lammkoteletts, ein stattlicher Adana-Spieß (ebenfalls aus Lammhack) sowie ein weiterer, hervorragend gegrillter Spießgeselle vom Jungschaf die Fleischhoheit inne.
Lamm satt
Das Ganze war auf dünne Yufka-Pappe gebettet. Im Basement des Porzellans hatte sich eine schöne Schicht Bulgur verkrümelt.
Karisik Izgara
Hinter den wohlgerösteten Protagonisten vom Aroma-Grill ging es deutlich vegetabiler zu. Ein paar Blätter Lollo Rosso, diverse Tomatenschnitze, dünne Paprikascheiben, eine Handvoll Mais und ein wenig Gurken rangen nach Aufmerksamkeit, die ihnen die üppig darauf verteilte, latent knoblierte Joghurt-Sauce anscheinend verwehren wollte. Dem nicht genug, ein Tarngestrüpp aus Glattpetersilie sorgte für eine perfide Grünzeug-Camouflage auf dem Teller. Wollte man mich um den letzten Halm von Gesundheitsküche bringen? Das hätte man mit einem Gurkensalat („Igitt!“) doch wesentlich einfacher und mit deutlich weniger Wareneinsatz haben können.
Nun, was soll ich mehr loben? Das perfekt gegrillte, wunderbar gewürzte Lammfleisch oder das leicht angegrillte Tomaten-Peperoni-Duo. Den fluffigen Bulgur etwa? Oder doch die subtil knoflierte Joghurt-Tunke, welche die darunter verborgene Grünbeilage erst auf schmackhaftes Niveau hob. Keine Ahnung, ich fand meinen „Karisik Izgara“ jedenfalls sehr gelungen und würde dort jederzeit wieder „angrillen“ lassen.
Danke Oparazzo für den guten Tipp und die gute Gesellschaft. Hoffentlich können wir uns das kulinarische Karlsruhe bald wieder gemeinsam vorknöpfen.