Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 29.12.2021 2021-12-29| Aktualisiert am
29.12.2021
Besucht am 02.12.2021Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 265 EUR
Endlich habe ich es geschafft, mich im exquisiten „Netz“ des Restaurants Spinne zu verfangen. Das von Küchenchef Jörg Friedrich und seiner Lebensgefährtin Christiana Mix (Serviceleitung) geführte gastronomische Kleinod genießt seit mehreren Jahren einen exzellenten Ruf. Sechs Jahre lang hatten sie ihr Publikum im Gimmeldinger „Meerspinnkeller“ des VDP-Weinguts Christmann verwöhnt, bevor sie im April 2016 ihr neues Refugium für Genießer hoch oben im Neustadter Stadtteil Haardt in den Räumlichkeiten des ehemaligen „Haardter Herzels“ eröffneten. Draußen vor dem Tore
Schon von außen versprüht das äußerst idyllisch, direkt am Waldrand gelegene Restaurant mit angeschlossenem Gästehaus einen ganz besonderen Charme, dem man sich nur schwer entziehen kann. Wie man sich wohl auf der lauschigen Terrasse vor dem alten Sandsteingebäude an einem warmen Sommerabend fühlen mag, wenn der Blick auf die Lichter der sich vor einem erstreckenden Rheinebene fällt…? Eine Frage, die ich mir im Rahmen unserer letzten „Clubsitzung“ Anfang Dezember beim Betreten des Anwesens stellte und deren Beantwortung ich mir für den Sommer 2022 fest vorgenommen habe.
Schon zu ihren Gimmeldinger Zeiten hatte ich einen Besuch beim kongenialen Gastronomenpaar Friedrich/Mix auf meiner kulinarischen To-Do-Liste vermerkt. Dazu kam es leider nie. Das große Angebot an guten Einkehradressen im Raum Neustadt führte mich zwar ins Moro nach Gimmeldingen, in die Eselsburg nach Mußbach, ins Esszimmer in der Neustadter Altstadt und auch in die im gleichen Ortsteil Haardt gelegene Quetschekuche Stubb ein paar Straßen weiter bzw. drunter, doch in die Spinne verschlug es mich bisher noch nie. Und das, obwohl ich nun wahrlich kein Arachnophobiker bin.
Nach den letzten, eher von gutbürgerlich-deftiger Hausmannskost geprägten Zusammenkünften unseres Gaumenquartetts (Bauer’s Stuben in Venningen, Carls Wirtshaus in Karlsruhe), war es mir gewissermaßen ein Anliegen, die drei anderen Genusshelden mal in etwas gehobenere – jedoch nicht abgehobene – kulinarische Bahnen zu lenken.
Da bei uns jedes Clubmitglied abwechselnd den Ort des gemeinsamen Verzehrs bestimmten darf und nun der Schreiber dieser Zeilen an der Reihe war bzw. über die Entscheidungsgewalt verfügte, rief ich knapp zwei Wochen vor dem anvisierten Termin in der Spinne an. Ein erster freundlicher Plausch mit der sympathischen Chefin am Telefon machte die Reservierung für vier Personen perfekt. Meine Vorfreude war riesig. Bei den drei übrigen Kulinarkumpanen herrschte dagegen großes Rätselraten.
Der mittlerweile auch auf diesem Portal angemeldete „Futtersucher“ (in Sachen adäquater Kinderverköstigung, Anm.) hatte einen guten Riecher, als er erfuhr, dass wir in Richtung Neustadt unterwegs sein würden. Der ausgebuffte Pfalzkenner hatte doch tatsächlich die Spinne als mögliche Einkehradresse auf dem Radar. Seinen prophezeienden Worten sollten Taten folgen.
Der Einzige in unserer Runde, der stets auf Alkohol verzichtet – hat ihm noch nie geschmeckt (!) –, hatte sich freiwillig zum Fahrer erklärt. Von Wörth aus ging es dann über Böbingen nach Neustadt-Haardt, dessen Steillage für durchdrehende Reifen beim Ergattern des letzten Parkplatzes vor dem Anwesen sorgte.
Ein paar Stufen ging es noch hinauf, dann betraten wir die Räumlichkeiten der Spinne. Bald war Frau Mix zur Stelle und begrüßte uns in ihrer herzlichen Art. Sie kontrollierte unsere Impfnachweise, fragte nach unseren Jacken und Mänteln und führte uns an einem recht "grünen Nebenzimmer" vorbei Das grüne Nebenzimmer
durch den stimmig dekorierten Gastraum Impression aus dem vorderen Gastraum
in ein wunderschön eingerichtetes Sandsteingewölbe, das jede Menge Atmosphäre verströmte. Unser Genussgewölbe
Die in elegantem Weiß erstrahlenden Tische, das indirekt angestrahlte, freigelegte Mauerwerk, die mit hochkarätigen, bereits ausgetrunkenen „Flaschenzeugen“ dekorierten Nischen Längst ausgetrunkene Schätze als Deko
und die von einer Lichtleiste baumelnden Kugelleuchten prägten diesen Ort gediegener Behaglichkeit. Ambiente pur!
Herr Friedrich klärte uns später bei einem netten Gespräch am Tisch darüber auf, dass hier früher die Dynamitstangen für die Sprengungen im nahegelegenen Steinbruch lagerten. Dass wir uns dies ja hätten denken können, da wir vorher selbst die ein oder andere Gaumenexplosion verspüren durften, teilten wir im umgehend mit. Es freute ihn sichtlich und er plauderte noch eine ganze Weile mit uns über die bereits geltenden, sich bald abändernden, aber hoffentlich nicht so lange andauernden Regeln in Pandemiezeiten.
Dass hier die Platzabstände vorbildlich eingehalten wurden, das Restaurant mit Luftfilter ausgestattet war, die Tische nur einmal pro Abend vergeben wurden, das komplette Team der Spinne durchgeimpft war und die 2G+-Regel mit Selbstverständlichkeit eingehalten wurde, sei an dieser Stelle mal erwähnt. Doch selbst die Umsatzeinbußen, die aufgrund des eingeschränkten Platzangebots zwangsläufig sind, schlugen sich nicht auf die Stimmung des Küchenchefs nieder. Ganz im Gegenteil. Er wirkte sehr aufgeräumt und in sich ruhend. So sah jedenfalls kein Gastronom aus, der sich vor der Zukunft allzu große Sorgen machte.
Zurück zum Tisch bzw. den Tischen. In unserem gemütlichen Nebenraum standen gleich deren drei in weißes Leinen gehüllte Exemplare in einer Reihe. Gäste, die sich zur Wandseite niederließen, saßen auf einer komplett den Raum durchziehenden, bequem gepolsterten Wandbank. Ihre Gegenüber durften es sich auf nicht minder komfortablen Polsterstühlen bequem machen. Als wir in den Raum geleitet wurden, waren die ersten beiden Tische bereits besetzt. Zwei Pärchen ließen es sich sichtlich gut gehen. Die letzten freien Plätze wurden dann von uns eingenommen.
Frau Mix, die wohlgemerkt alleine den Service wuppte, hatte im Hauptgastraum einige Tische zu versorgen. Außerdem hatte sie noch das ein oder andere Telefonat zu führen, weshalb sie uns erst mal ein wenig Zeit zum Ankommen ließ. Zum Aperitif durfte es gerne etwas Perlendes sein. Ich fragte höflich nach, ob man denn den rubinroten Sanbittèr - anstatt wie üblich mit Mineralwasser - auch mit Winzersekt aufgießen könne. Kein Problem signalisierte mir unsere Gastgeberin.
Wenig später standen drei gutgekühlte, fruchtig-bittere Sanbittèr-Seccos (0,25l für 7 Euro) vor den durstigen Aperitiflingen. Rubinroter Sanbittèr-Secco
Unser Fahrer ließ sich lieber reines Mineralwasser einschenken. Am Ende kamen wir auf insgesamt vier Flaschen mit sprudelnder Taunusquelle, die mit ihren jeweils 5,80 Euro pro Flasche für ein Lokal von dieser Qualität äußerst kundenfreundlich kalkuliert waren.
Schampusschamanen wären wohl routiniert zum Gläschen Veuve Pelletier Brut übergegangen, während sich Sherryschurken eher am Palo Cortado Reserva von Lustau gütlich getan hätten. Selbst die gemeine Sektdrossel hatte die Wahl zwischen einem waschechten „Kremäng“ de Loire, der zwei Jahre auf der Hefe lag, oder einem Riesling Sekt Brut von Weingut Ohler aus der Gimmeldinger Nachbarschaft. Bereits die kleine, aber fein zusammengestellte Auswahl an Aperitifen machte uns klar, dass hier mit Bedacht und fachkundigem „Schankverständnis“ zu Werk gegangen wurde. Eine Handschrift, die sich später bei der Lektüre der phänomenalen Weinkarte mehr als bestätigen sollte.
Um unseren Entscheidungsprozess in Sachen Speisenwahl etwas „aufzuknuspern“, wurde uns eine Handvoll lilafarbener Kartoffelchips mit schön ausgeprägter Marmorierung auf einer Muschelschale gereicht. Violette Knabberei zum rubinroten Apero!? Welch farbenfroher Start in den Abend. Lila Kartoffelchips
Die Palette an Speisen, die uns geboten wurde, überforderte nicht. Drei Vorspeisen, vier Hauptgänge, ein saisonales Menü im Zeichen der Gans (wahlweise in 3 oder 4 Gängen, aber nur tischweise serviert) sowie ein paar abschließende Verführer in Süß. Mehr war nicht und mehr musste auch gar nicht. Trotzdem war die Entscheidungsfindung kein Selbstläufer. Die gebratene Entenstopfleber mit Pfälzer Pflaume, Avocado, Arabica-Kaffee und Brioche (25 Euro) klang derart spannend, dass ich drauf und dran war, jene zu ordern.
Doch der Suppenkasper in mir setzte sich mal wieder durch. Das Petersilienwurzelsüppchen mit frisch darüber gehobeltem Trüffel (9 Euro) machte knapp das Rennen bei den Vorspeisen. Einer der Kollegen schloss sich meiner winterlichen Terrinenankündigung vorbehaltlos an. Er sollte sich später über seine allererste Trüffelerfahrung noch richtig freuen. Die beiden anderen Kollegen wollten unbedingt im Frischen fischen und entschieden sich vorweg für den marinierten Kabeljau mit bunter Beete und Meerrettichcreme (18 Euro).
Wenn es schon nicht die verlockend klingende Fischvorspeise sein sollte, dann doch wenigstens die von Frau Mix vorgetragene Schuppentierempfehlung des Tages. Ein auf der Haut gebratenes Filet vom Adlerfisch (32 Euro) setzte sich dabei mit Zweierlei vom Blumenkohl ins Benehmen und wurde mit einer kräftigen Pernod-Sauce verfeinert. Wer da nicht bedenkenlos zugreift, ist selbst schuld, zumal Jörg Friedrichs Fischgerichte auf den einschlägigen Portalen und in den regionalen Gastroführern immer wieder mit Lob überschüttet wurden. Ich bestellte also den „Catch of the Day“ und – wie sich später herausstellen sollte – tat ich sehr gut daran.
Meine Kollegen wollten es beim Hauptgang fleischiger angehen lassen. Gleich zweimal wurde nach Brust und Keule von der Oldenburger Freilandgans (34 Euro) mit allem rotkrautig maronierten Kartoffelkloß-Pipapo verlangt. Den zentralen Gang des Gänsemenüs konnte man nämlich auch à-la-carte erfragen. Außerdem kam unser Fahrer nicht umhin, vom Rinderfilet „Boeuf de Hohenlohe“ mit Maisvariation, Paprikacoulis und Rotweinjus (32 Euro) zu naschen. Wer mitgezählt hat, weiß nun, dass wir uns – bis auf den vegetarischen Hauptgang (Kürbisravioli) und die gebratene Entenstopfleber – das gesamte Speisenrepertoire von Maître Friedrich an den Tisch bringen lassen wollten. Gerade bei Erstbesuchen ist eine kulinarische Querschnittsgarantie kein Nachteil.
Eigentlich wollten wir uns aus der großen Auswahl an Flaschenweinen einen feinen Tropfen aussuchen. Da wir aber, was die Korrespondenz betraf, sowohl bei den Vorspeisen, als auch den Hauptgerichten weit auseinanderlagen, gingen wir dann doch lieber den Weg des glasweisen Ausschanks. Und so kam es, dass mir Frau Mix ein Achtel von der Cuvée „R“ vom VDP-Weingut Mosbacher aus Forst (5 Euro) kredenzte.
Die feine Cuvée aus Spätburgunder und Merlot hatte trotz ausreichendem Holzkontakt noch genug dunkle, von einem seidigen Tanningerüst getragene „Beerenkräfte“, um mit dem kraftvollen Suppengang auf Gaumenhöhe zu korrespondieren.
Doch zuvor sollten uns ein paar Knabbereien die Wartezeit ein wenig verkürzen. Man reichte uns zwei Sorten vom hausgemachten Brot. Eines mit Oliven, was generell nicht so mein Fall ist, und ein unglaublich wohlschmeckendes Malzbrot. Dazu gesellten sich ein Schälchen gesalzene Butter und eines mit einem luftigen Kräuterdip. Zwei Sorten Brot mit Salzbutter und Kräuterdip
Der erste kleine Hunger wurde quasi stullenweise des Tisches verbannt. Besonders das etwas dunklere Malzbrot fand bei uns großen Anklang. Seine süßlich duftende Krume war uns definitiv kein Korn im Auge, sondern ein fluffig-röstiges Beispiel für tadellos ausgeführte Backwerkskunst. Herr Friedrich war anscheinend ein echter Allrounder. Unser Favorit: das Malzbrot
Bevor ich gleich zu den kleinen Aufmerksamkeiten aus der Küche komme, noch ein paar Worte zu dem von Frau Mix zusammengetragenen Kellerkompendium. Auch wenn wir aus besagten Gründen keine Flasche orderten, so blätterte ich mich durch eben jenes und kam aus dem Staunen nicht raus. Neben einem „gerüttelt Maß“ an Champagner – ich zählte ein gutes Dutzend Bouteillen (u.a. Roederer, Mött, Taittinger und Wöff) – und Winzersekt aus der Nahe und natürlich der Pfalz, machte man sich die Mühe, die gelisteten Weiß- und Rotweintrauben kapitelweise kurz vorzustellen.
Man konzentrierte sich auf des Pfälzers Lieblingsrebe, den Riesling, von welchem allein an die 40 (!) verschiedenen Positionen auf den gemeinen Weißweinzombie einprasselten. Die GGs (Großen Gewächse) gar nicht mitgezählt. Aber auch neben dem „König der Weißweine“ gab es viel Spannendes zu entdecken. Ein Chenin Blanc vom benachbarten Weingut Zeter (Neustadt-Haardt), ein Auxerrois aus dem Holzfass vom Weingut Schwaab aus Maikammer und ein Grauburgunder „sur lie“ (= auf der Hefe) vom VDP-Winzer Georg Mosbacher aus Forst, um nur einige der außergewöhnlichen Trouvaillen hier mal zu nennen.
Auch für Freunde des roten Rebsaftes war bestens gesorgt. Die kräftig-würzige Cabernet Sauvignon / Merlot Cuvée „S“ vom Weingut Bernhart aus Schweigen wurde für faire 48 Euro angeboten. Ein Wein, für den man schon im Laden gute 22 Euro locker machen muss. Der aber jeden Cent wert ist, wie eine vorweihnachtliche Flaschenleerung letztens ergab.
Dass man hier noch den 2011er Heiligenberg Syrah vom 2014 leider verstorbenen Ausnahmewinzer Joachim Hollerith aus Maikammer im Keller hat, überrascht sicherlich nicht nur Verehrer des dichten roten Stoffes. Aber auch andere Prachtstücke, wie beispielsweise den mächtig-konzentrierten Aalto aus der Ribera del Duero oder den saftigen Châteauneuf-du-Pape von Château Mont-Redon, findet man nicht allzu oft auf deutschen Weinkarten. Und zu solch konsumentenfreundlichen Preisen schon dreimal nicht.
Soviel Weinsimpelei musste an dieser Stelle mal sein. Keine Frage, diese Flaschenweinfibel war ein wahres Fest für jeden Rebsaftaficionado. Ich kenne Leute aus Bremen und Rheine, die würden da wohl beherzt zugreifen. Und niemand könnte es ihnen verübeln…
Zurück zu den Amuses. Die steckten allesamt in den Löchern sogenannter Seepocken. Diese an zusammengeklebte Muscheln erinnernden Meeresgebilde haben nicht nur in Aquarien ihre Daseinsberichtigung, auch zur Präsentation kleiner Speisen eignen sie sich hervorragend. Amuses in der Seepocke
In unserem Falle war das eine mit Auberginenpüree gefüllte Filoteigflöte (=Cornet), die von einem cremigen Avocado-Dip getoppt wurde, sowie ein herrlich nach Orient schmeckendes Falafelbällchen, das auf einem kleinen Holzspieß steckte.
Ideal zum Aus-der-Hand-essen oder auf Deutsch gesagt: lecker Fingerfood zum Reingrooven. Besonders das luftige Auberginenhörnchen ist mir positiv in Erinnerung geblieben. Eine dezente Säure (wahrscheinlich von der Zitrone) machte diese hervorragend abgeschmeckte Miniatur zu einem ersten kleinen Gaumenerlebnis. Auberginenpüree in der Filoteigflöte
Ein klarer Fingerzeig in Richtung Mut zur Säure, wie ich ihn aus der französischen Küche kennen und schätzen gelernt habe. Na, das ging ja gleich mal gut los.
In unserer Zeitkapsel namens „Gewölbekeller“ war die Stimmung bestens. Zumindest an unserem Tisch. Das mit reichlich Hautevolee-Gehabe ausgestattete Pärchen am Nachbartisch rümpfte bei der redlichen Cuvée Gaudenz vom Weingut Knipser aus Laumersheim die etwas zu hochragende Weinnase. Solche „gehaltlosen Weine“ würde man höchstens zum Kochen verwenden.
Gut, dass wenigstens meine Rotwein-Cuvée vom unqualifizierten Geschwätz der „Expertin“ vom Nebentisch nicht sauer wurde. Egal, wir ließen uns die gute Laune nicht vermiesen. Dafür war dieses Clubtreffen vor Weihnachten im Kreis der vier Wörther Foodfellas einfach zu gelungen.
Vorhang auf für unsere Vorspeisen. Erdig-würzig duftete mir das Petersilientraumsüppchen entgegen. Aromatisch dicht, aber wunderbar dünnflüssig abgebunden. Jeder einzelne Löffel war mir ein Fest. Ein unglaublich tiefgründig schmeckendes Terrinenerlebnis, deren Verfeinerung durch die Trüffelspäne den letzten Kick am Gaumen bedeutete. Suppenchef Friedrich hatte in der Küche ganze Pürierarbeit geleistet, keine Frage. Petersilientraumsüppchen mit Trüffel
Neben mir türmte sich der vorher bei 50 Grad Sous-vide gegarte Kabeljau des Kollegen. Säure (Marinade), Frische (Ringelbeete, Kräuter) und erdige Würze (Pilze) trafen hier auf einen butterzarten Meeresbewohner. Eine alle Ingredienzien aromatisch umarmende, nicht zu scharf geratene Meerrettichcreme lauerte im Inneren der lauwarm servierten Fischvorspeise, die schon rein optisch eine gewisse französische Leichtigkeit ausstrahlte. Filigranbau vom Kabeljau
Zweifellos ein Gang bei dem Jörg Friedrichs „Haardt Cuisine“ seinem französischen Vorbild die Honneurs machte. Meine Kollegen waren begeistert von ihrem tadellos zubereiteten Vorweggericht, das auch meinen Geschmack getroffen hätte. Nochmal der marinierte Kabeljau
Noch vor dem Hauptgang bat ich Frau Mix, mir einen geeigneten Weißwein auszusuchen. So kam ich zu einem Achtel 2020er Sauvignon Blanc Fumé (4,50 Euro) vom Weingut Mosbacher aus Forst. Kein grasgrüner Sauvignonstandard, sondern ein eher cremiger, von reifen Aromen geprägter Vertreter seiner Zunft. Mein Weißwein zum Fisch
Gut eingebundenes Holz – auch Mosbacher vertraut auf französische Eiche – und eine samtige Textur am Gaumen ließen mich meine kleine Weinreise an die Pfälzer Loire antreten. Beste Bedingungen also für die baldige Ankunft des Adlerfischs.
Der dann auch nicht mehr lange auf sich warten ließ. Die beiden mit krosser Haut und noch leicht glasigem Fleisch perfekt in Szene gesetzten Filets waren auf seidiges Blumenkohlpüree, etwas Blumenkohlbrunoise und eine mit Pernod verfeinerte Nage gebettet. Letztere war aus dem Fond der Karkassen gewonnen und präsentierte sich als wunderbar harmonisch ausbalancierte Fischsauce, die nach allen Regeln der Kochkunst, doch ohne jegliche Krawallhuberei daherkam. Adlerfisch an Zweierlei vom Blumenkohl in köstlicher Nage
Ein lebensfroh leuchtender Teller voller Süffigkeit, bei dessen Nebendarstellern man allerdings keine Angst vor Kalorien haben sollte. Reiner Feinschmeckerspaß mit einem Protagonisten von herausragender Qualität. Französische Klassik mit Charakter.
Hatten sie es zuvor mit ihrem marinierten Kabeljau betont leichtfüßig angehen lassen, schlugen sie nun „gans“ andere Töne an. Beim heiligen Martin, war das eine opulente Gänsemahlzeit. Brust und Keule des Oldenburger Freilandviehs lagen, von knusprig glänzender Haut überzogen, neben zwei fluffigen, mit Butterbrösel getoppten Kartoffelknödeln. Maronen, Rotkraut und Gänsejus bildeten die alles andere als kleinlaute Entourage. Gans schön mächtig!
Ein vorweihnachtlicher Winterküchenklassiker, dem es an nichts fehlte. Und außerdem eine echte „Pälzer Portion“, die sich resolut dem Magerwahn entgegenstemmte. Knusperhaut meets Gänsejus...hmmmm!
Mit der logischen Folge, dass die beiden Geflügelgenossen gut zu kämpfen hatten. „Adieu, Mousse au Chocolat!“ hörte ich sie schon vor dem Dessert die Gaumensegel streichen.
Ein weiterer appetitanregender Hingucker war das mit diversen Maisdeklinationen servierte Edelstück vom Hohenloher Weiderind. Allein die vom roten Wein verdunkelte Jus hätte mich zum unverhohlenen Tellerauslecken angestiftet. Boeuf de Hohenlohe - wie man sieht eine gänzende Idee
Natürlich wurde das Fleisch im gewünschten Gargrad geliefert. Polentaquader, Maisgemüse, Popcorn, Maispüree und gedämpfte Babymaiskolben bildeten einen süßlich-sättigenden Gegenpol zum tiefgründigen Beiguss. Mais in Variationen zum Rind
Der Fleischversteher, der sich dieses Prachtexemplar einverleibte, schwelgte in bester Saucenlaune vor sich hin. Auch dieser Teller war eine technisch makellose Verneigung vor der klassischen Kochkunst und eine wahre „Entente cordiale“ aus Süße und Würze, die zudem mit einem harmonischen Spiel verschiedenster Maistexturen überzeugte. Kann man anders machen, aber kaum besser!
So ganz ohne etwas Süßes am Gaumen wollten wir uns dann aber doch nicht verabschieden. Während der werte Biertrinker zu meiner Rechten – er hatte sich doch klammheimlich einen halben Liter Leikeim Pils (4 Euro) einschenken lassen – lieber auf Hochprozentiges in Form eines Grappas („Antica Cuvée“ zu 6,90 Euro) zurückgriff, Der Grappa des Kollegen
wurde mit zwei herrlich luftigen Nocken vom Kokossorbet (jeweils 3,50 Euro) das süße Finale eingeläutet. Eine Nocke Kokossorbet als süßes Finale (man beachte das Spinnennetz...)
Für mich war das der perfekte Abschluss eines in jeglicher Hinsicht gelungenen Abends. Das sahen meine drei Genusskameraden übrigens ganz genauso, weshalb ich – und das mache ich recht selten – die volle Punktzahl in allen fünf GG-Kategorien vergebe. Den Weg „auf die Haardt“ zu Frau Mix und Herrn Friedrich werde ich im nächsten Jahr bestimmt noch einmal antreten. Wahrscheinlich im Sommer und mit zwei Mädels am Start.
Endlich habe ich es geschafft, mich im exquisiten „Netz“ des Restaurants Spinne zu verfangen. Das von Küchenchef Jörg Friedrich und seiner Lebensgefährtin Christiana Mix (Serviceleitung) geführte gastronomische Kleinod genießt seit mehreren Jahren einen exzellenten Ruf. Sechs Jahre lang hatten sie ihr Publikum im Gimmeldinger „Meerspinnkeller“ des VDP-Weinguts Christmann verwöhnt, bevor sie im April 2016 ihr neues Refugium für Genießer hoch oben im Neustadter Stadtteil Haardt in den Räumlichkeiten des ehemaligen „Haardter Herzels“ eröffneten.
Schon von außen versprüht das äußerst idyllisch, direkt... mehr lesen
Restaurant Spinne
Restaurant Spinne€-€€€Restaurant, Gästezimmer063219597799Eichkehle 58, 67433 Neustadt an der Weinstraße
5.0 stars -
"Ein rundum gelungener Abend bei sehr sympathischen Gastgebern" marcO74Endlich habe ich es geschafft, mich im exquisiten „Netz“ des Restaurants Spinne zu verfangen. Das von Küchenchef Jörg Friedrich und seiner Lebensgefährtin Christiana Mix (Serviceleitung) geführte gastronomische Kleinod genießt seit mehreren Jahren einen exzellenten Ruf. Sechs Jahre lang hatten sie ihr Publikum im Gimmeldinger „Meerspinnkeller“ des VDP-Weinguts Christmann verwöhnt, bevor sie im April 2016 ihr neues Refugium für Genießer hoch oben im Neustadter Stadtteil Haardt in den Räumlichkeiten des ehemaligen „Haardter Herzels“ eröffneten.
Schon von außen versprüht das äußerst idyllisch, direkt
Geschrieben am 19.12.2021 2021-12-19| Aktualisiert am
19.12.2021
Besucht am 19.11.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 56 EUR
…fühlt sich der Gast gleich alarmiert!
Eine zugegeben recht banale Floskel, die jedoch auf Lokale mit asiatischer Küche durchaus zutreffen kann. Dass sie sich an einem Freitagnachmittag Mitte November in der Karlsruher Amalienstraße bewahrheiten sollte, konnten wir im Vorfeld ja nicht ahnen. Im guten Glauben hatte ich einen Tisch für zwei Personen reserviert. Ein nahezu leerer Gastraum bescheinigte mir später die Absurdität meines Reserviergebarens.
Ich traf mich zum wiederholten Male mit einem GG-Kollegen zum Lunch. Diesmal waren in dem von außen als Weinstube getarnten Chinarestaurant Wangji zugange. Seit März 2020 gibt es diesen unscheinbaren Chinatempel in der Nähe des Mühlburger Tores, an dem ich bestimmt schon gefühlte zwanzigmal vorbeigefahren bin ohne davon jemals Notiz zu nehmen.
Kaum hatte ich den Shumaischuppen entdeckt, war der Eintrag hier auf GG natürlich oberste Rezensentenpflicht. Herr Oparazzo zeigte sich interessiert an einem erneuten Mittagessen, war es doch ein paar Wochen (oder waren es Monate?) zuvor beim Rüppurrer „Chinaladen mit Y“ ganz erträglich.
Die Zeiten von Zechprellerei, vulgären Tischmanieren und anstößigen Witzen auf Kosten des Servicepersonals bzw. der anderen Gäste gehören ja Gott sei Dank seit ein paar Jahren (oder waren es Monate?) der Vergangenheit an. Gastroguerilla war gestern! Heute nimmt man sich da eher gegenseitig und ohne Anstrengung in Sittenhaft.
Ein Wort noch zu dem freundlichen Verzehrveteran aus dem nördlichen Schwarzwald. Der Oparazzo wirkt - nach seinem äußeren Erscheinungsbild zu urteilen - wenig großväterlich. Man kann es kaum glauben, dass sich dieser Best-Ager bereits im Rentenalter befindet, so jugendlich schelmisch kommt der sympathische Genusskurstädter daher.
Keine Frage, vom Humor her surfen wir auf der gleichen Welle, was eine angeregte Tischkonversation mit ihm quasi unvermeidlich macht. Ich freute mich deshalb auf unser erneutes Lunchdate, auch wenn mir die überstandene Arbeitswoche ganz schön zugesetzt hatte und ich das ein oder andere Sekundenschläfchen auf der Fahrt von Wörth nach Karlsruhe gerne abgehalten hätte.
Die hohen Parkplatzgebühren an der Amalienstraße geflissentlich ignorierend stellte ich des Volkes Wagen in kurzer, fußläufiger Distanz zum Wangji ab. Kalter Wind blies mir um die Ohren. Also nix wie rein in die nicht ungemütlich wirkende Hühnerherzhütte im gutbürgerlichen Gewand. Draußen vor dem Tore
Natürlich war er mal wieder vor mir da. Da brauchte es wieder eine gut funktionierende Ausrede des in dieser Hinsicht nie verlegenen Futterfreundes von der linken Rheinseite. Verkehr und Baustellen in und um Karlsruhe sowie der Stau auf der A65 lassen Pünktlichkeit in dieser Region eh zur reinen Glückssache avancieren.
Ich erkannte ihn sofort, besetzte er doch gleich den ersten Tisch im vorderen Bereich des langgezogenen Gastraumes, dessen alter Kachelofen wohl noch aus der Zeit von Prasses Kaiserplatzl – einer badischen Weinstube par excellence – herrührte. Skurrile Asiakulisse
Auch das viele dunkle Holz vergangener Tage (Deckenverkleidung, Stützpfeiler, Sitzmöbel) hatte man anscheinend kritiklos übernommen. Eine Art gastronomischer Denkmalschutz wehte durch anachronistisch anmutendes Gebälk. Der nostalgische Gastraum
Aber wie sagt der kulinarisch versierte Angelsachse: „Don’t judge the cook by its cutter!“. Spätestens als wir die Speisenkarten in Händen hielten, war klar, dass dies kein gewöhnlicher Ente-Süß-Sauer-Chinese sein würde. Dafür klangen die Gerichte in der umfangreichen Futterfibel viel zu ungewöhnlich – um nicht zu sagen abenteurlich. Die Anwesenheit vieler Asiaten werteten wir als weiteres Indiz für die Zubereitung authentischer Chinakost.
Dennoch hätte uns die Einhaltung der gängigen Hygieneregeln nicht gestört. Unterbesetzung hin oder her. Da sollte man keine Abstriche machen, wenn es um die gewissenhafte Kontrolle des Impfstatus und die ordnungsgemäße Registrierung (per Luca-App) der Gäste geht. War hier leider nicht der Fall und wurde von uns am Schluss auch höflich moniert. Ausflüchte seitens der Servicedame halfen uns da wenig weiter. Eine Bitte: lernt etwas daraus, Leute! In eurem Heimatland würdet ihr mit der Einstellung garantiert auch nicht durchkommen. Unsere Servicedame war nie auf Zack, aber immer am Handy (verdeckt)
Der hell gekachelte Fliesenboden und die weißen Kunststofftischdecken ließen die heimelige Weinstubennostalgie schnell in den Hintergrund treten. Sterile, dafür aber leicht abwaschbare Tischkultur, die den hochglänzenden PVC-Charme einer Uni-Mensa versprühte. Die anwesenden Studenten aus Fernost schienen es gewöhnt zu sein.
Den Schoppen Höpfner-Pils (3,80 Euro) brauchte ich dringend, um runter- bzw. anzukommen. Mein Kollege hatte da bereits einen alkoholfreien Gerstensaft (2,80 Euro) aus der gleichen örtlichen Brauerei am Start.
Was er vor meinem Erscheinen noch so alles gesoffen haben könnte, ist schwer zu sagen. Klar, war der Typ heiter drauf, was aber eher auf sein sonniges Gemüt zurückzuführen war, als auf eine alkoholbasierte Druckbetankung am späten Vor- bzw. frühen Nachmittag.
Eine fast schon groteske Aktion in puncto Dienst am Gast lieferte unsere Servicedame nach Abschluss des Bestellvorgangs ab. Sie brachte uns nämlich gut gelaunt die zweite Speisenkarte – wahrscheinlich die, mit den richtig guten Sachen drin. Gut, dass wir uns da bereits entschieden hatten. Das ersparte uns die Qual einer noch größeren Auswahl.
Aus purer Dankbarkeit beließen wir es natürlich bei den vorher georderten Gerichten. Nicht auszudenken, wenn das ein paar Minuten zuvor getätigte Bonierritual (natürlich per Handy) durch kurzfristige Änderung unserer Abmachungen ad absurdum geführt worden wäre. „Herr, lass Hirn regnen!“ – steht zwar so nicht in der Bibel, liegt einem aber bei solchen Erlebnissen gerne mal auf der Zunge…
Das Speisenangebot, das sich auf der Homepage als „Ideenort für den hungrigen Magen“ präsentiert, war mir viel zu umfangreich. Allzu viele „Ideen“ über die Frische der verwendeten Zutaten wollte ich an dieser Stelle gar nicht verschwenden. Über einen QR-Code konnte man sich übrigens eine deutlich ansehnlichere Version der Karte auf seinem Handy betrachten.
Dem Publikum, das ohne moderne Technik hier speiste, stand lediglich die abgegriffene Laminierversion des schlecht kopierten Küchenprogramms in Schwarzweiß zur Verfügung. Eine Liste voller Kuriositäten. Nicht nur kulinarisch, sondern auch was die Rechtschreibung und die Grammatik anging.
Vorneweg herrschte am Tisch gedämpfte Einigkeit, was uns drei verschiedene Dim-Sum-Gerichte einbrachte. Darunter waren recht nichtssagende Shumai (3,90 Euro), die anstatt der typischen Schweinehack-Shiitake-Füllung eine langweilige Garnelenmasse in sich trugen. Keine Ahnung, ob die selbst gemacht waren. Geschmeckt haben sie jedenfalls nach nicht besonders viel. Shumai mit Garnele aber ohne Geschmack
Besser mundeten uns die gebratenen Jiaozi (4,90 Euro). Die hatten wesentlich mehr Bumms in ihrer Teigtasche versteckt. Ein Schälchen chinesischer Essig zum Reindippen wurde ihnen an die Seite gestellt. Erst dachten wir, es handele sich um Balsamico, was unsere Bedienung dann aber schnell klarstellte. Die würzigen „Asiamauldäschle“ konnten was, keine Frage. In Kombination mit der Säure vom Essig besuchten sie zwar keine gehobene, aber doch eine bessere Dim-Sum-Schule. Jiaozi mit China-Essig und mit Geschmack
Die Jiaozi mit Garnelen (4,90 Euro) entpuppten sich als klassische Har Gau. Gedämpfte chinesische Krabbenklößchen, die nicht nur nach Convenience aussahen, sondern auch genauso schmeckten. Am Gaumen hinterließen sie auch keinen nachhaltigen Eindruck. Schade, Dumpling-Ziel auch bei der Vorspeise Nr. 3 nicht erreicht. Nachdämpfen als kulinarische Ordnungsmaßnahme kam leider nicht in Betracht. Har Gau aus de Dutt!
Schon optisch machte der von mir georderte Schweinebauch mit Chili (12,90 Euro) nicht viel her. Eine regelrechte Enttäuschung für den gemeinen Scharfesser. Die grüne Paprika, die man hier großzügig den leicht pikanten, sehr dünn geschnittenen Schweinebauchfetzen beigemengt hatte, wollte nicht so recht zünden. Grüne Paprika an Schweinebauch
Essbar war dieses banale Wokgericht dennoch, wenn auch etwas einfallslos arrangiert und nicht nur räumlich mehrere hundert „Li“ von der Rüppurrer Yangda-Version entfernt. Zudem mit knapp 13 Euro auch nicht gerade schüchtern kalkuliert. Gewokter Schweinebauch der harmlosen Sorte
Gut, hätte ich drüber hinweggesehen, wenn wenigstens der Reis einen soliden Eindruck gemacht hätte. Hat er aber nicht, wie man ja bereits der Überschrift entnehmen konnte. Erst in der Küche ruiniert, dann ungeniert dem Gast serviert! Den hätten wir in der Tat bei jedem Schnellchinesen um die Ecke mit mehr Biss und Aroma aus dem Kocher geschaufelt bekommen. Schlechter als Uncle Ben's
Genauso unspektakulär wie mein Schweinebauchteller kam auch das Lamm mit Kreuzkümmel (14,90 Euro) aufs Porzellan. Lamm mit Kreuzkümmel
Den Zwiebeln fehlte jeglicher Feinschnitt. Anscheinend hantiert man mit den Gemüsebeigaben in der Küche eher grobmotorisch. Das Zwiebellamm
Dafür hatte man sich bei der Verwendung von Kreuzkümmel ganz der Homöapathie verschrieben. Das Fleisch war zwar nicht totgebraten, hätte aber ruhig noch ein wenig mehr Schärfe vertragen. Recht braver Teller mit genug Zwiebeln, um den Bad Herrenalbaner als Heißluftballon zurück in seine Kurstadt schweben zu lassen.
Zum Abschluss gönnten wir uns noch ein paar frittierte Milchkrapfen. Sie waren als „gebratene Milch“ (5,90 Euro) in der Karte ausgewiesen und wurden etwas lieblos auf einer weißen Porzellanschale serviert. Dass zu diesem Zeitpunkt unsere weiße PVC-Tischebene noch von Reiskörnern und Gemüsefitzelchen der vorher verspeisten Hauptmahlzeiten bedeckt wurden, störte unsere Bedienung nicht im Geringsten. Vorne die Reste des Hauptgangs, hinten das Dessert...
Um schnell für saubere Tischverhältnisse zu sorgen, hätte es lediglich eines feuchten Lappens bedurft. Aber der war wohl an diesem Mittag genauso abwesend wie Teile der Servicecrew.
Das leicht pelzige Gefühl am Gaumen, das ich beim Verzehr der leidlich süßen Milchkroketten verspürte, lag wohl an den verwendeten Zutaten. Diese wurden aber nicht verraten. Betriebsgeheimnisse mussten schließlich gehütet werden. Gebratene Milchkroketten
Na dann: Buenos dias, Glutamathias! Und zahlen bitte. Das nächste Lunchdate kommt bestimmt. Ob es allerdings wieder ein Asiaschuppen sein wird, kann ich jetzt nicht garantieren. Wie sagte schon Laotse: „Wang ji mals ni!“. Oder war es einer der chinesischen Studenten, die es sich neben dem Kachelofen bequem gemacht hatten?
Ich merke, es wird Zeit diese kleine Verzehrepisode nun enden zu lassen. Bertolt hilft mir beim Fazit:
Wir standen selbst enttäuscht und sahen betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.
In diesem Sinne, mal schauen, nach was es uns im neuen Jahr so gelüstet. Die Auswahl in und um Karlsruhe ist ja groß genug. Freue mich bereits jetzt auf das nächste kulinarische Intermezzo mit dem Razzo.
…fühlt sich der Gast gleich alarmiert!
Eine zugegeben recht banale Floskel, die jedoch auf Lokale mit asiatischer Küche durchaus zutreffen kann. Dass sie sich an einem Freitagnachmittag Mitte November in der Karlsruher Amalienstraße bewahrheiten sollte, konnten wir im Vorfeld ja nicht ahnen. Im guten Glauben hatte ich einen Tisch für zwei Personen reserviert. Ein nahezu leerer Gastraum bescheinigte mir später die Absurdität meines Reserviergebarens.
Ich traf mich zum wiederholten Male mit einem GG-Kollegen zum Lunch. Diesmal waren in dem von außen... mehr lesen
2.5 stars -
"Ist der Reis erst ruiniert…" marcO74…fühlt sich der Gast gleich alarmiert!
Eine zugegeben recht banale Floskel, die jedoch auf Lokale mit asiatischer Küche durchaus zutreffen kann. Dass sie sich an einem Freitagnachmittag Mitte November in der Karlsruher Amalienstraße bewahrheiten sollte, konnten wir im Vorfeld ja nicht ahnen. Im guten Glauben hatte ich einen Tisch für zwei Personen reserviert. Ein nahezu leerer Gastraum bescheinigte mir später die Absurdität meines Reserviergebarens.
Ich traf mich zum wiederholten Male mit einem GG-Kollegen zum Lunch. Diesmal waren in dem von außen
Besucht am 04.11.2021Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 112 EUR
Dass es unseren Wörther Fresszirkel irgendwann einmal in Carls Wirtshaus verschlagen würde, war mir erst im Nachhinein so richtig klargeworden. Einer von drei „Carls“, nach denen das urban-schicke Bierlokal auf dem ehemaligen Karlsruher Schlachthofgelände benannt wurde, war gebürtiger Mühlburger, erfand das Automobil und stand auch beim Namen unserer Schule Pate. War doch logisch, dass die vier genussfreudigen „Carl-Benzler“ aus Wörth hier mal eine Clubsitzung abhalten würden.
Die Idee dazu hatte unser Youngster, der sich für eine Anfahrt mit dem ÖPNV stark machte. Dies ließ uns von Wörth aus mit dem Zug und später per Straßenbahn in die Karlsruher Oststadt gelangen. Ein Stadtteil, der sich in den letzten Jahren einem starken Wandel unterzog und sich zum kulturellen und kreativen Zentrum – Stichwort: Kreativpark „Alter Schlachthof“ – der Fächerstadt gemausert hat.
Hier zwischen dem Live-Club „Substage“, der Punkrock-Kneipe „Alte Hackerei“ und dem Kulturzentrum „Tollhaus“ trifft sich regelmäßig ein buntes Publikum aus Best-Agern, Junggebliebenen und Studenten, um – wenn nicht gerade eine Pandemie daherkommt – zu schauen, lauschen, zu feiern und zu tanzen. Dass kulturelles Erleben auch Hunger und Durst zur Folge haben kann, ist kein Geheimnis. Vor dem Club- oder Konzertbesuch braucht man schließlich eine ordentliche Grundlage.
Die Idee, an Ort und Stelle ein familiengeführtes Wirtshaus mit deftiger Schmankerlküche und großer Bierauswahl zu installieren, kam daher nicht von ungefähr. Im Sommer 2015 wurde schließlich Carls Wirtshaus eröffnet. Es genießt seitdem vor allem bei Freunden handwerklich gebrauter Hopfenerzeugnisse einen guten Ruf. Blick von außen
Auf der ansprechend gestalteten Homepage kann man sich zudem über die lobenswerte Küchenphilosophie des „Carls“ informieren. Weniger scheint hier mehr zu sein, weshalb die Auswahl an Gerichten ganz bewusst im überschaubaren Rahmen gehalten wird. Wechselnde Tagesangebote schaffen dabei die nötige Abwechslung. Der weitestgehende Verzicht auf Fertigprodukte klang auf Anhieb sympathisch.
Alles Attribute, die mich mit einem guten Gefühl in das vorwiegend aus Holz, Glas und Beton bestehende Wirtshaus im Karlsruher Kreativpark eintreten ließen. Auch meine drei Mitstreiter waren guter Dinge, dass es dieser Clubsitzung nicht an einer gewissen „Feuchtfröhlichkeit“ mangeln würde. Allein das Carls’sche Bierrepertoire würde uns jeden wohlgehopften Wunsch erfüllen.
Kurzer Check am Eingang, ob denn auch unser Impfstatus den geltenden Vorschriften entspricht. Dann wurden wir zu unserem reservierten Vierertisch geführt. Der Laden brummte ganz schön und ohne Reservierung wäre es eng geworden. Von der Empore drangen bierselige „Anstößigkeiten“, die dann entstehen, wann Glas auf Glas trifft. Blick nach oben zur Empore
In unserem Eck hätte es heimeliger gar nicht zugehen können. Angenehm gedämpfte Wohnzimmer-Atmo mit Kamin, Klavier und nostalgischer Stehlampe ein paar Meter nebendran. Gemütliche Ecken gab es hier zuhauf!
Die etwas schummrigen Lichtverhältnisse waren zwar dem Ambiente zuträglich, gute Foodfotos konnte ich mir jedoch abschminken. Die etwas helleres Licht erzeugenden Hängelampen im schicken Industriedesign hingen leider nicht in unserer Wirtshausnische.
Bequem war es aber. Dank gut gepolsterter Sessel, die unserer gutgelaunten Herrenrunde komfortable Sitzverhältnisse bescherte. Was diese betraf, ging es weiter drüben deutlich ungemütlicher zu. Das bunte Bistrostuhlkarussell drehte sich hölzern um zünftige Tische aus demselben Material. Mal kreisrund, mal rechteckig – aber immer passend zur kernigen Wirtshausstilistik des Hauses. Zeitgemäßes Interieur
Das Speisenangebot lag als aufklappbarer Flyer auf dem Tisch. Vom Vesperbrett mit würzigen Wurstwaren über hausgemachte Maultaschen bis hin zur nach eigenem Rezept hergestellten Bratwurst war das eine nicht überzogen große Auswahl an handfester Hausmannskost, die dem Biertrinker als Grundlage für bevorstehende Hopfenexzesse dienen sollte.
Das umfangreiche Getränkerepertoire ließ sich dagegen in gehefteter Form nachlesen. Zum Standardprogramm gesellte sich noch ein überschaubares Tagesangebot, das neben einem Kürbissüppchen und einem vegetarischen Fladen aus den Steinbackofen – der italienische Sammelbegriff wurde hier anscheinend bewusst umgangen – auch ein kapitales, „gedry-aged-tes“ Schweinekotelett mit Kräuterbutter, Feldsalat und Baguette listete.
Den ersten Bierdurst stillten mein Gegenüber und ich mit jeweils einem halben Liter Augustiner hell für urbane 5,40 Euro. Zum Auftakt ein Augustiner!
Ein wahrlich gut ge“lager“tes Gesöff aus der bayrischen Landeshauptstadt, das mit gerade einmal 5,2% Alkohol aus dem Zapfhahn floss und uns einen milden Aufgalopp bescherte. Die Herren „Verzichtler“ taten sich derweil an einer Flasche Mineralwasser der Marke Viva con Agua in „laut“ (0,75l für 5,80 Euro) gütlich. Für das Fläschchen Bitter Lemon (0,2l-Inhalt) aus dem Hause Thomas Henry wurden 3,80 Euro abgerufen.
Doch zurück zum Gerstensaft. Alkoholgehalt, Stammwürze und Bittereinheiten waren zu jedem Bier in der informativen Hopfenbibel vermerkt. Dazu kamen kleine Beschreibungen zu Aroma, Duft und Aussehen (Farbe, Schaumkrone, etc.). Der Craftbierkamerad aus Solingen hätte seine wahre Freude daran gehabt. Eine hübsch gestaltete Übersicht, welche die unter- von den obergärigen Hopfenhelden zu trennen wusste, wurde gleich mitgeliefert.
Doch die ganz große Vielfalt kam nicht aus dem Fass, sondern wurde flaschenweise angeboten. Die große Auswahl an internationalen Craftbieren war beeindruckend. Auch wurden diese handwerklich gebrauten Sorten ausführlich beschrieben. Besonderheiten, Verkostungsnotizen sowie korrespondiere Speiseempfehlungen konnten zu jedem der gelisteten Aromenbomben im „Handbuch“ nachgelesen werden. Kurzum: ein Eldorado für Bierdrosseln, die auch gerne mal über den Sudkesselrand schauen.
Genug gehopfsimpelt! Auch eine bieraffine Quasselbande lebt schließlich nicht von flüssigem Brot allein. Nach ausgedehnter Einlesezeit wurden einmal das klassische Schnitzel vom Schweinerücken mit Pommes und Bratensoße (12,90 Euro), der mit einem 200g schweren Rindfleischpatty ausgestattete Carlsburger zum Selberbauen (9,90 Euro), das Schweinekotelett im Dry-Age-Format (18,80 Euro) sowie ein Burrito „Meaty“ (14,90 Euro) als abendliche Verköstigungsmaßnahmen getroffen.
Die Pommes zum Burger schlugen mit 3,50 Euro extra zu Buche. Der Beilagensalat zum Schnitzel belief sich auf 3,90 Euro. Beilagensalat
Nun muss ich gleich mal eingestehen, dass die Burrito-Idee von mir stammte. Lange hatte ich keinen dieser Tex-Mex-Klassiker mehr zwischen Messer und Gabel gehabt. Die Kombination aus einer Dinkelmehltortilla und lange geschmortem Pulled Beef machte mich einfach neugierig.
Den guten Rat von Texas-Ranger Earl McGraw aus „From Dusk Till Dawn“ ignorierend – „Diese verdammten Burritos sind allerhöchstens was für zugekiffte Hippies“ (Zitat) – ging ich das Wagnis ein. Zumal als Nebendarsteller ein orientalisch angehauchter Kichererbsensalat und eine hausgemachte Chili Salsa inklusive waren. ...this damn Burrito!
Schon beim Anblick des Burrito-Backsteins war mir klar, dass dieser zusätzlich mit geschmorter Paprika und Tomaten gefüllte Rindfleischklotz ganze Legionen sättigen würde. Das Innenleben des Burrito-Backsteins
Dazu kam noch eine großzügig darauf geklatschte Nocke Schmand, die bereits beim Servieren der Schwerkraft erlag. Selten habe ich in den letzten Jahren eine mächtigere Mahlzeit zu mir genommen. Der Kichererbsensalat war ok. Ihn hätte man, genau wie die Chili(?)-Salsa, etwas beherzter abschmecken können. Vielleicht sogar müssen. Die Komparsen des Tortilla-Trumms waren mir insgesamt zu brav. Auch hier fielen die Nebendarsteller nicht sonderlich auf...
Das aus allen Dinkelteignähten platzende, von langem Einkochen kündende Pulled-Beef-Kissen war derart reichhaltig, dass dem Schnitzelschurken neben mir ein Bissen genügte, um nach dem Verzehr seiner beiden kross frittierten Panierstücke von weiteren „Probierhappen“ abzusehen. Schnitzel Klassik - "Wiener Art"
Außerdem hatten ihm seine beiden saftigen Schweinelappen schon genug zugesetzt. Nur mit Mühe konnte er sich im Beilagen-Battle gegen die Pommes behaupten. Pommes und Bratensoße spielten sich nur im Bild in den Vordergrund
Auch der Kotelettkumpel schräg gegenüber zeigte kein Erbarmen mit seinem gänzlich überforderten Burrito-Buddy und säbelte stattdessen lieber an seinem trockengereiften Schweinekram, der aber auch wirklich zum Anschneiden lecker aussah. Von der Optik her hatte das Kotelett eindeutig die Nase vorn. Da konnten die anderen Fleischteller am Tisch nicht mithalten.
Dem Klemmbausteinspezialisten gegenüber war das Baukastensystem beim Bulettenbrötchen gerade recht, um seine burgerliche Herkunft unter Beweis zu stellen. Aktion "Burgerbau"
Genau wie beim Schnitzelvertilger neben mir, sorgten dicke, nicht gerade schüchtern gesalzene Steakhouse-Pommes für ausreichend Kohlenhydrate. Das Tunken in die à part gereichte Bratensoße garantierte stäbchenweise Sättigung. Ich fand die Soße vom Ansatz her gut. Eine ehrliche Jus, die leider etwas zu verdünnt serviert wurde. Anscheinend ging der Küche an diesem Abend ein wenig der „Saft“ aus.
Dass die beiden Biertrinker am Tisch zum Verzehr ihrer Fleischformationen zwei weitere Halbe benötigten, war keine Überraschung. Mit einem „Grünhopfen-Pils“ der Marke „Hatz“ (0,5l für 5,20 Euro) wurden Burger und Burrito etappenweise hinuntergespült. Das aus eigenem Tiefbrunnen, heimischer Gerste und noch frisch geerntetem Hopfen gebraute „Spezialbier vom Fass“ (Zapfhahn Nr.8 = der, der ständig wechselt) hatte dank ausgeprägter Stammwürze einen intensiven Geschmack, der mich meine Meinung zur rechtsrheinischen Braukunst überdenken ließ.
Nicht gut- sondern übersättigt stimmte ich der Ouzo-Idee eines Tischgenossen zu. Eine zugegeben recht starke Form der „Nachsorge“, die mir nach dem Verzehr des Burrito-Briketts durchaus angebracht erschien. Dann mussten wir aber hurtig unsere Gläser leeren („Lass dich nicht lumpen, mach leer den Humpen!“), um die passende S-Bahn zu erwischen. Wir wollten schließlich zu vertretbarer Zeit den Rhein in Richtung Wörth passieren.
Fazit:
Das Bier schmeckte mir besser als das Essen, aber da lag ich an dem Abend halt mal daneben. Ein solider Burger, ein saftiges Schnitzel und ein rundum gelungenes Dry-Age-Kotelett standen meinem Fleischklumpen im Dinkelteigmantel gegenüber. Mit jedem dieser drei Gerichte, die von den übrigen Mitgliedern unserer Futtertruppe mit Inbrunst verzehrt wurden, wäre ich wohl besser gefahren. Dennoch war es ein lustig-entspannter Abend in einem modernen Wirtshaus, bei dem Ambiente und Bierauswahl positiv herausstachen. Allein die abgegrenzte Speed-Dating-Area, die ich beim Gang zur Toilette passierte, machte mir klar: in den Kneipen meiner Jugend ging es anders zu! ;-)
Dass es unseren Wörther Fresszirkel irgendwann einmal in Carls Wirtshaus verschlagen würde, war mir erst im Nachhinein so richtig klargeworden. Einer von drei „Carls“, nach denen das urban-schicke Bierlokal auf dem ehemaligen Karlsruher Schlachthofgelände benannt wurde, war gebürtiger Mühlburger, erfand das Automobil und stand auch beim Namen unserer Schule Pate. War doch logisch, dass die vier genussfreudigen „Carl-Benzler“ aus Wörth hier mal eine Clubsitzung abhalten würden.
Die Idee dazu hatte unser Youngster, der sich für eine Anfahrt mit dem ÖPNV stark... mehr lesen
3.5 stars -
"Gepflegte Wirtshauskultur bei handfesten Speisen und gutem Bier – das rat‘ ich mir!" marcO74Dass es unseren Wörther Fresszirkel irgendwann einmal in Carls Wirtshaus verschlagen würde, war mir erst im Nachhinein so richtig klargeworden. Einer von drei „Carls“, nach denen das urban-schicke Bierlokal auf dem ehemaligen Karlsruher Schlachthofgelände benannt wurde, war gebürtiger Mühlburger, erfand das Automobil und stand auch beim Namen unserer Schule Pate. War doch logisch, dass die vier genussfreudigen „Carl-Benzler“ aus Wörth hier mal eine Clubsitzung abhalten würden.
Die Idee dazu hatte unser Youngster, der sich für eine Anfahrt mit dem ÖPNV stark
Geschrieben am 28.11.2021 2021-11-28| Aktualisiert am
29.11.2021
Besucht am 16.11.2021Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 157 EUR
Fällt der Name „Raffaele“, so weiß der auf Pizza und Pasta gepolte Landauer worauf er sich einlässt. Der freundliche Italiener Raffaele Luca gilt mittlerweile als alteingesessene Gastro-Institution in der ehemaligen Garnisonsstadt an der Queich. Sein kulinarisches Wirken nahm 1973 in der Landauer Reiterstraße seinen Anfang. Dort betrieb er bis in die 90er Jahre eine kleine Trattoria, die so richtig brummte.
Bumsvoll war seine Hütte – jeden Abend. Er war es leid, täglich so viele Gäste aus Platzmangel wieder wegzuschicken. Die logische Folge: er vergrößerte sich. Die passenden Räumlichkeiten dazu fand er im Zentrum direkt neben dem Alten Kaufhaus. Dort am historischen Rathausplatz bezog er die obere Etage des Böckingschen Hauses, dessen Terrasse nach wie vor als einer der begehrtesten Logenplätze Landaus gilt. Bis 2016 war er dort ansässig, als er den Platz an der Luitpold-Statue räumte bzw. räumen musste. Nähere Gründe dazu sind mir jedoch nicht bekannt.
Im Mai 2017 dann der Neustart in der Industriestraße. Wo zu Zeiten des ehemaligen „Green“ eifrig getanzt, gebruncht und gecocktailt wurde, hielt der Landauer Pizza-Pate Don Raffaele Einzug. Abends vor dem Hause...
Im modern eingerichteten Klinkerbau werden seitdem die üblichen Verdächtigen in Sachen Italokost aus der Pfanne bzw. dem Ofen gehoben. Modernes Bistroambiente
Familie Luca fährt kein überbordendes Programm, das den Gast in allzu große Entscheidungsnöte bringt, sondern belässt es lieber bei einer durchdachten Sammlung von Altbewährtem. Mit Gerichten, die schon vor gut 40 Jahren funktioniert haben, macht man in der Regel auch heute nichts falsch. Kein avantgardistischer, aber ein durch und durch verlässlicher Ansatz, der die Stammklientel in kulinarischer Sicherheit wiegt.
Besuch 1 im September
Zu eben jener gehören weder meine Frau noch ich. Und trotzdem verschlug es uns kurz vor der Geburt unserer Tochter im Anschluss an einen Kinobesuch Ende September dorthin. Es war eine dieser Bauchentscheidungen (in mehrfacher Hinsicht), der ein kurzes Telefonat zur Klärung der Platzverhältnisse vorausging und die uns einen – vorerst – letzten Abend zu zweit im Restaurant bescherte.
Die rückseitig gelegene Terrasse war uns dann aber doch zu voll, um unter freiem Himmel zu speisen. Dass wir uns als nahezu einzige Gäste im hübsch gestalteten Inneren des Lokals niederließen, hatte durchaus positiven Einfluss auf die Tischromantik, die noch zusätzlich von italienischen Schmacht-Pop-Hymnen aus den 70ern – spätestens bei „Tornerò“ von I Santo California schmolz ich wie Pizzakäse dahin – nostalgisch unterfüttert wurde. Aber so „a Überdosis G’fühl“ hat ja noch keinem werdenden Vater geschadet.
An diesem Abend bediente uns die Tochter von Raffaele Luca, die ihre Sache wirklich ganz ausgezeichnet machte und eine bemerkenswert zugewandte Bedienung darstellte. Nachdem wir uns den Tisch ausgesucht hatten – natürlich den, mit den besten Lichtverhältnissen –, hielten wir auch bald die Speisenkarten in den Händen und blätterten uns durch Raffaeles Pizza-Pasta-Kompenium. Eine Flasche San Pellegrino (0,75l für 5,30 Euro) sowie ein Pils in der Halbliterklasse (4,30 Euro) fanden wenig später den Weg auf unseren Tisch.
Damals teilten wir uns vorweg die mit kalabresischer N’duja, einem wahrhaft scharfen Rachenräuber, und getrockneten Tomaten ausgestattete Bruschetta Calabrese (7,50 Euro), um dann mit Spaghetti Diavola (13 Euro) und einer Pizza Marinara (13,50 Euro) in sättigender Absicht nachzuziehen. Da meine Frau schon ein paar Tage über ihrem Entbindungstermin war, wollte sie wahrscheinlich mit scharfer Kost die „Sache“ anstoßen, was jedoch außer einem brennenden Gaumen keinerlei pränatale Konsequenzen hatte.
Hätten wir zu dem Zeitpunkt schon gewusst, dass es erst einer saftigen Fasanenbrust im Speckmantel mit glasierten Träubchen, Rahmkraut und Kartoffelpüree bedürfe, um den Geburtsvorgang „ins Rollen“ zu bringen, wären wir vermutlich noch am selben Abend zu unseren Freunden nach Ilbesheim in den Hubertushof gefahren und nicht erst am Freitag darauf…
Zurück zur Bruschetta nach „Stiefelspitzenart“. Bruschetta Calabrese (mit N'Duja)
Die mit der Paprikawurst aus der südlichsten Region Italiens bestrichenen Weißbrotscheiben waren noch leicht warm. Selbst kein großer Freund von getrockneten Tomaten, ließ ich mir sie in dieser Kombination dennoch gefallen. Fruchtige Säure traf hier auf würzige Schärfe. Einer schnöden, leicht angetoasteten Ciabattascheibe könnte Schlimmeres widerfahren, so die einhellige Vorspeisenmeinung am Tisch. Scharfe kalabresische Bruschetta
Nach diesem gelungenen Einstand duftete mir eine mit frischen Meeresfrüchten – keine Gummiware aus dem Glas – belegte Pizza Marinara entgegen. Poseidons Früchte bestanden hierbei aus Mies- und Venusmuscheln, Baby-Calamari, in Ringe geschnittene Tuben vom Kalmar und nicht zu klein geratenen Shrimps. Gib mir Frutti, gib mir Mare!
Ein 1A-Meeresteppich, der dieses ansehnliche Hefeerzeugnis bedeckte. Vom Belag her gab es da nicht das Geringste auszusetzen. Pizza Marinara
Äußerst saftig und mit einem ausgewogenen Käse-Tomatensauce-Verhältnis auf dem Teigfladen gaben sich der wohl dienstälteste Padrone Landaus und sein Pizzaiolo in der Küche keine Blöße. Nur dem an sich recht fluffig geratenen Pizzaboden hätte eine etwas längere Verweildauer im Ofen gutgetan.
Als wir im November mit dem kollegialen Club Culinaire dort speisten, bestätigten meine Kollegen den etwas zu lax gebackenen Untergrund bei ihren Pizzen. Keine Ahnung, warum man bei Raffaele die wohlbelegten Rundlinge so früh aus dem Ofen holt. Zusammen mit dem vor frischen Zutaten strotzenden Belag ergab das nämlich ein recht durchweichtes Vergnügen, das – je weiter man sich dem Mittelpunkt der Scheibe näherte – zur labberigen Angelegenheit avancierte.
Um es gleich vorwegzunehmen: dies blieb der einzige kleine kulinarische Lapsus an diesem Abend. Die mit Tomatenwürfeln, Sardellenpaste, Kapern, Oliven, Petersilie und Chilischoten verfeinerten Knoblauch-Spaghetti meiner Gattin fielen wie angekündigt sehr „diavola“ aus. Hier wurde definitiv kein gustatorischer Etikettenschwindel betrieben. In Teufels Namen, die waren ihr Geld wert! – so jedenfalls die Meinung der „heißhungrigen“ Genießerin am Tisch. Spaghetti Diavola
Nach einem netten Austausch mit Signore Luca über die Option, die kalabresische N’Duja als neuen Pizzabelag ins Repertoire aufzunehmen, einem zuckersüßen Marsala aufs Haus und den besten Wünschen für die bevorstehende Geburt verließen wir das Lokal in gut gesättigter Zufriedenheit.
Da hätte ich eigentlich gleich in die Tasten hauen sollen, um den Abend mit einer entsprechenden Rezension zu würdigen. Aber viel ist passiert seit diesem Septemberabend in der Landauer Industriestraße und die Zeit danach war aufgrund der Geburt unserer Tochter knapp bemessen.
Außerdem plante ich da bereits die Wiederholungstat, die sich dann rund zwei Monate später auch tatsächlich ereignen sollte.
Besuch 2 im November
Nicht zu zweit, sondern, wie bereits erwähnt, mit meinen drei Futterfreunden aus dem Kollegenkreis machten wir Raffaele Luca Mitte November unsere Aufwartung. Zwei davon kannten das Etablissement wesentlich besser als ich, da sie dort schon früher gerne einkehrten.
Und so saßen wir dann zu viert an einem Dienstagabend als nahezu einzige Gäste im stimmig beleuchteten Gastraum. Wir werteten dies als Auswirkung der in die Höhe geschnellten Corona-Zahlen und der damit verbundenen, allgemeinen Unsicherheit. Meinem Wunsch nach Tisch Nr.6 („der hinten rechts“) wurde gerne entsprochen. Allein der Fotoqualität wegen steuerten wir dieses etwas heller beleuchtete Eck zielstrebig an. Tisch 6, hinten links - einer der wenigen mit ausreichend Licht für Food-Fotos
Dass an diesem Abend kaum etwas los war, störte den Padrone wesentlich mehr als uns. Wir fühlten uns nach der obligatorischen Impfnachweiskontrolle und dem Check-In per Luca-App pudelwohl und freuten uns auf einen entspannten Abend in geselliger Runde. Eine gemütliche Atmosphäre durchwehte den von modernem Bistromobiliar geprägten Gastraum. Auf den bequem gepolsterten Stühlen ließ es sich ebenfalls gut aushalten. Angenehme Atmo im Gastraum
Eine junge Dame hieß uns freundlich willkommen und händigte uns umgehend die Speisenlektüre aus. Natürlich hatten sich die Aspiranten am Tisch bereits auf der übersichtlich gestalteten Homepage vorinformiert. Einer aus unserer Runde sprach schon im Vorfeld von der Absicht einen Burger zu vernichten. Ein anderer erinnerte sich an die Cocktails, die er früher hier gebechert hatte. Er konnte gar nicht umhin, die alte Tradition wieder aufleben zu lassen – wenn auch aus fahrtechnischen Gründen ohne alkoholischen Anteil.
Auch Padrone und Namensgeber des Ristorantes Raffaele Luca ließ sich nicht lange bitten. Anekdotenreich und um keinen Schwank aus der goldenen Gastrozeit früherer Tage verlegen, gab er den südländischen Vorzeigewirt alter Schule. Charmant, witzig und dankbar zugleich hätte er uns sicherlich jeden kulinarischen Extrawunsch erfüllt. Selbst die kalabresische Feuerwurst von der Bruschetta wäre auf der Pizza kein Problem gewesen.
Aber nach Pizza war mir an dem Abend irgendwie nicht. Dagegen ließen mich die von ihm mündlich vorgetragenen Empfehlungen aufhorchen. Spätestens bei den Linguine alla Vongole (Venusmuscheln) hatte er mich überzeugt. Der Burgerspezi schräg gegenüber ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Bei den beiden anderen Kollegen überwog letzten Endes die Pizzapassion.
Doch zuvor wurden erste Durstlöscharbeiten in Angriff genommen. Ein Caipirinha mit (7,90 Euro) und eine Virgin-Ausgabe ohne Alkohol (7 Euro), eine große Flasche San Pellegrino (5,30 Euro) und eine Viertel Lambrusco (5,60 Euro) bevölkerten bald unsere Tischplatte.
Unserem ersten Hunger boten eine Bruschetta Calabrese (7,50 Euro), ein kleiner Beilagensalat (4,10 Euro), eine Fischsuppe nach Art des Hauses (7,20 Euro) und eine Tomatensuppe (4,90 Euro) trotzig Paroli. Die Bruschetta hatte ich meinem Kollegen wärmstens – um nicht zu sagen schärfstens – empfohlen. Die Zuppa di Pesce wählte der Kenner neben mir in routinierter Manier.
Eine Tomatensuppe ist für mich seit jeher eine Art kulinarischer Lackmustest für die allgemeine Küchenleistung italienischer Verköstigungsbetriebe. Wenn ihre Qualität stimmt, künden in der Regel auch die übrigen Speisen von handwerklich einwandfreier Zubereitung.
Verlockend knallte mir das pürierte Rot in zeitgemäßer Keramik entgegen. Mit ein paar Tröpfchen Sahne verlieh man dem Aussehen meiner Zuppa di Pomodoro etwas mehr Dynamik. Also nix wie ran an die Tomatenturbine! Feines Tomatensüppchen
Gleich beim ersten Löffel stellte sich Glückseligkeit ein. Basierend auf einem aromatischen Basisfond mit eben genau jenem perfekten Süße-Säure-Verhältnis, das auf die Verwendung vollreifer Protagonisten schließen ließ.
Keine Frage, da hatte man Rotes zur richtigen Zeit eingeweckt, um nun im kalten Herbst mit vollmundiger Präsenz am Gaumen zu punkten. Ein Hauch von Knoblauch durfte da natürlich nicht fehlen, während Olivenöl und Zwiebeln um den Oskar des besten Nebendarstellers rangen. Vielleicht war es aber auch der berühmte Tropfen Gin, der diese Terrine geschmacklich fast zum Überlaufen brachte. In der Summe war das zwar keine „gröTaZ“ (= größte Tomatensuppe aller Zeiten), aber definitiv eine aus besseren Pürierstabkreisen.
Gleiches, nur mit ein paar Leckereien aus dem Meer drin, hatte mein Nebenmann auszulöffeln. Zwei leicht angeröstete Scheiben Ciabatta-Brot hatte man ihm gleich als Saug- und Sättigungsbeilage mit hineingelegt. Auch er zeigte sich von seiner Fischsuppe hellauf begeistert. Da wurde nicht mit fruchtiger Meereseinlage gegeizt. Tomatensuppe in der Meeresversion aka Zuppa di pesce
Der überzeugte "Bruschettarier" lobte seine drei scharfen, mit N’Duja und eingelegten Trockentomaten verfeinerten Stullen. Respekt vor ihm, hatte er noch das Burgerexperiment im Hauptgang zu wuppen. Unser präsidiales Oberhaupt zeigte sich indes von all den extravaganten Vorweggerichten sichtlich unbeeindruckt und genoss seinen fast schon frugal anmutenden, mit Joghurtdressing angemachten Beilagensalat in aller Gemütsruhe. Beilagensalat
Dann begann die Hauptgerichtsverhandlung. Gleich vorweg möchte ich erwähnen, dass etwas weniger Tomatensauce meinen Linguine mit Vongole (16 Euro) nicht geschadet hätte. Auch die Nudeln wären mir etwas „al denter“ lieber gewesen. Aber das waren alles nur Nuancen, die den schmackigen Inhalt meines eckigen Porzellantellers kaum schmälerten. Linguine mit Venusmuscheln
Der gehaltvoll knoblierte Sugo wusste auch beim Hauptgang zu überzeugen. Das war nach der aus dem gleichen Nachtschattengewächs zubereiteten Suppe auch keine allzu große Überraschung. Die Muschelschalen konnten auf einem extra dafür gereichten Teller schnell entsorgt werden. Erfreulich zu sehen: der Service dachte mit.
Auch der Kollege neben mir nutzte so die Gelegenheit, die Miesmuschelschalen von seiner Pizza Marinara (13,50 Euro) loszuwerden. Mit seiner Pizza war er übrigens genauso zufrieden wie ich rund zwei Monate zuvor. Pizza Marinara vom Kollegen
Über den etwas zu hell geratenen Boden herrschte die ein“hell“ige Meinung am Tisch, dass hier ein 30 Sekunden längerer Aufenthalt im Ofen ein Vielfaches an Knusprigkeit bewirkt hätte. Wenn sich so gewiefte Hobby-Pizzabäcker an einem Tisch zusammenfinden, fällt die Analyse umso leichter.
Von der mit Salami, Kochschinken, Paprika und frischen Champignons belegten Pizza Toscana (12,30 Euro) meines Gegenübers durfte ich dann auch mal ein Stück probieren. Auch an ihr gab es geschmacklich wenig auszusetzen. Nur von der Textur her hätte auch seine Erquickungsscheibe italienischer Provenienz etwas rescher ausfallen dürfen. Pizza Toskana
Und dann war da ja auch noch der Kollege mit Burgerbeteiligung. Sein Raffaele-Burger (13,40 Euro), den ein recht ordinär wirkendes Bun - wahrscheinlich aus der Aufbacktüte - umgab, hatte ein saftiges Innenleben vorzuweisen. Das Rindfleischpatty hatte den Grill mit ausreichend Röstaromen verlassen. Parmaschinken, Parmigiano und Cheddar fassten es mit reichlich Geschmacksfülle ein. Der Raffaele-Burger
Daneben zeichneten sich rote Zwiebeln, Tomate und Rucola für die frischeren Momente rund um das Patty verantwortlich. Dem passionierten Burgerrechtler schien dies sichtlich zu gefallen. Nur der gut gesalzene, wohlwollend portionierte Pommes-Frites-Anteil erlaubte ihm keinen Komplettverzehr. Erste, deutliche Sättigungsanzeichen, die den wackeren Bruschetta-Bruder spätestens beim Dessert in ernsthafte Verzehrnöte bringen sollten.
Unter Normalbedingungen hätte wohl keiner der Akteure einen Nachtisch gebraucht, zumal ein paar zusätzliche Cocktails zuvor schon die Runde gemacht hatten. Ob es nun dem Gruppenzwang oder einfach nur der guten Stimmung am Tisch geschuldet war, kann ich retrospektiv gar nicht mehr so richtig einschätzen. Wahrscheinlich eine Melange aus beidem. Tatsache war jedoch, dass dreimal Tiramisu (zu je 6,50 Euro) und einmal das Mandel-Parfait (7 Euro) geordert wurden.
Die drei Mascarpone-Biskuit-Quader sahen aber auch zum Weglöffeln gut aus! Das Tiramisu
Natürlich ließ auch mein mit großzügig darauf verteilter Karamellsauce verziertes Mandeldessert keinen Unterzucker aufkommen. Mandel-Parfait
Besonders das darin enthaltene Röstmandelaroma lieferte jede Menge Assoziationen zu früheren Kirmesbesuchen. Da fehlte letztlich nur noch das „Nappo“ zum Mitnehmen…
Aber es kam, wie es kommen musste. Der Biskuitblender von schräg gegenüber gab buchstäblich den Löffel ab. Und das ohne sein venezianisches Nationaldessert zu Ende gegessen zu haben. Damit brachte er Schimpf und Schande über unseren Spachtelclub und musste zur Strafe noch einen Marsala aufs Haus hinabkippen. Wie übrigens die zwei anderen Alkoholbejaher am Tisch auch. Die hatten aber, im Gegensatz zu ihm, ihre Dessertaufgabe „cum laude“ erfüllt.
Es war mal wieder ein richtig gemütlicher Abend in bester Gesellschaft, der auch dank eines redseligen Patrons mit viel guter Laune endete. Ich bin gespannt auf unser nächstes, offizielles „Clubtreffen“ Anfang Dezember. Sofern es das Infektionsgeschehen erlaubt, machen wir uns auf den Weg nach Neustadt. Der Schreiber dieses Genussaufsatzes sucht aus und gibt vorab schon mal eine Gaumenfreudengarantie!
Fällt der Name „Raffaele“, so weiß der auf Pizza und Pasta gepolte Landauer worauf er sich einlässt. Der freundliche Italiener Raffaele Luca gilt mittlerweile als alteingesessene Gastro-Institution in der ehemaligen Garnisonsstadt an der Queich. Sein kulinarisches Wirken nahm 1973 in der Landauer Reiterstraße seinen Anfang. Dort betrieb er bis in die 90er Jahre eine kleine Trattoria, die so richtig brummte.
Bumsvoll war seine Hütte – jeden Abend. Er war es leid, täglich so viele Gäste aus Platzmangel wieder wegzuschicken. Die... mehr lesen
Raffaele
Raffaele€-€€€Restaurant, Loungebar0634120013Industriestr. 7a, 76829 Landau in der Pfalz
4.0 stars -
"Wiederholungstat beim Landauer Pizza-Experten für helle Böden und saftige Beläge" marcO74Fällt der Name „Raffaele“, so weiß der auf Pizza und Pasta gepolte Landauer worauf er sich einlässt. Der freundliche Italiener Raffaele Luca gilt mittlerweile als alteingesessene Gastro-Institution in der ehemaligen Garnisonsstadt an der Queich. Sein kulinarisches Wirken nahm 1973 in der Landauer Reiterstraße seinen Anfang. Dort betrieb er bis in die 90er Jahre eine kleine Trattoria, die so richtig brummte.
Bumsvoll war seine Hütte – jeden Abend. Er war es leid, täglich so viele Gäste aus Platzmangel wieder wegzuschicken. Die
Geschrieben am 09.11.2021 2021-11-09| Aktualisiert am
09.11.2021
Besucht am 23.09.2021Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 170 EUR
Ende September verschlug es den neu formierten Wörther Gaumenvierer in die mehr durch ihren Essig als durch ihren Wein bekannte Gemeinde Venningen. Schon seltsam, obwohl das zur Verbandsgemeinde Edenkoben zählende Dorf in direkter Nachbarschaft zu namhaften Weinorten wie Maikammer, Kirrweiler und Edenkoben liegt, kennt man von hier eigentlich nur die Weinessigspezialitäten des berühmten Doktorenhofs. Zur gehobenen Pfälzer Rebsaftriege hat sich anscheinend noch kein Venninger Winzer aufschwingen können.
Auch das Weingut Bauer, dessen in keinem regionalen Restaurantführer fehlender Gutshof von Freunden deftiger Regionalküche schon seit vielen Jahren großen Zuspruch erfährt, gehört zu den nicht ganz so bekannten Produzenten im Bereich der Südlichen Weinstraße. Dafür kennt fast jeder heimische Gut- und Gernesser den Namen ihrer Gastronomie.
„Bauer’s Stuben“ sind ein durch und durch sympathischer Familienbetrieb, den ich trotz seiner guten Referenzen noch nie besucht hatte. Wahrscheinlich dem ebenfalls in Venningen ansässigen „La Vigna“, einer meiner liebsten italienischen Einkehradressen, geschuldet.
1977 eröffneten Rosemarie und Wolfgang Bauer eine Straußwirtschaft namens „Bauernstube“. In ihrem urgemütlichen Gewölbekeller wurde handfeste Hausmannskost zum eigenen Wein dargeboten. Der Gewölbekeller (an diesem Abend ungenutzt)
Ein kulinarischer Synergieeffekt, der auch heute noch in vielen Ecken der Südpfalz erfolgreich ausgenutzt wird – zumeist an den Wochenenden, wenn die Ausflügler über den Rhein kommen.
Mittlerweile ist aus der heimeligen Weinstube ein mehrfach erweitertes Restaurant mit Schlemmerscheune, In dieser Scheune lässt sich gut schlemmen!
Wintergarten, idyllischem Innenhof und einer fast schon toskanisch anmutenden Gartenterrasse hinterm Haus geworden. Allein wegen diesem, im mediterranen Stil gestalteten Genussgarten lohnt sich ein Abstecher ins gut zu erreichende, da nicht weit von der Autobahn A65 entfernt gelegene Venningen.
Es ist wirklich ein ganz besonders behagliches Fleckchen Pfalz, das die beiden Töchter Carina und Christin im Laufe der Jahre mit familiärer Unterstützung geschaffen haben. Auch wir waren schwer beeindruckt von der heimeligen Atmosphäre, die dieser Ort ausstrahlte.
Schön, dass wir unser Essen noch unter freiem Himmel genießen konnten. Später wechselten wir aufgrund der frischen Temperaturen in das urgemütliche Sandsteingemäuer. So gesehen, durften wir also gleich zwei Örtlichkeiten des Gutshofes auf Gasttauglichkeit prüfen. Nur so viel vorweg: den „Ambiente-Test“ haben sie beide mit Bravour bestanden.
Die Idee, dem Wörther Futterquartett einen Ausflug nach Venningen zu bescheren, kam von unserem Neuling, der im nicht weit entfernten Örtchen Böbingen residiert und dieses Lokal schon lange zu seinen regionalen Favoriten zählt. Die von ihm verteilten Vorschusslorbeeren bezüglich Service, Umgebung und Essensqualität sollten sich im Laufe des Abends vollends bestätigen.
Also dann „Food-Fellas“, auf nach Venningen zur Familie Bauer, wo die Gutbürgerlichkeit in ihrer besten Form zu Hause bzw. zu Hofe ist.
Der groß angelegte, hauseigene Parkplatz entspannt die Situation für die Gäste mit motorbetriebenem Mobilitätshintergrund ganz erheblich. Dennoch parkten wir unser Vehikel direkt an der Altdorfer Straße, keine 50m vom Anwesen der Familie Bauer entfernt. Unser Kollege hatte uns die letzte, an der Durchgangsstraße gelegenen Parkbucht freigehalten.
Wir betraten die Lokalität über den etwa zur Hälfte besetzten Garten. Impfnachweise wurden kontrolliert. Mit der Luca-App war auch der Check-In schnell erledigt. Als wäre der große Ansturm schon vorüber, präsentierte sich der von Olivenbäumen und anderen mediterranen Gewächsen geschmackvoll begrünte Außenbereich als wahres Weingartenidyll. Die nicht mehr komplett besetzten Tische standen in angenehmer Distanz zueinander. Um sie herum sorgte gut gepolstertes Polyrattan für komfortable Sitzverhältnisse. Gartenimpression 1
Man begrüßte uns herzlich. Kein Wunder, war doch ein Mitglied unserer Tischgesellschaft hier amtsbekannt. Vom auffallend freundlich und flink agierenden Servicepersonal hatte ich bereits im Portal Tripadvisor mehrfach gelesen. Und ja, die Jungs und Mädels machten ihre Sache richtig gut. Auf unsere Fragen hatten sie immer eine passende Antwort parat. Dabei wurde mit dem berühmten Pfälzer Charme beraten und auch der Umzug nach drinnen zu späterer Stunde problemlos über die Bühne gebracht.
Der kleine Plausch mit dem Serviceleiter, der mir bei meiner von Neugier getriebenen Inspektion der Räumlichkeiten über den Weg lief, verriet mir so einiges über die Historie des Betriebes, die gutseigenen Weine sowie die Bauer’sche Bewirtungsphilosophie, bei der die Verwendung regionaler Produkte großgeschrieben wird.
Diese finden sich auf einem recht ausgewogenen Speisenzettel wieder. Eine knappe Handvoll herzhafter Vorspeisen, ein paar fleischlose Klassiker, Salatschüsseln – sorry, Bowls natürlich – in diversen Ausstattungen, vier verschiedene Flammkuchenversionen und ein karnivorenfreundliches Repertoire an hausmannsköstlichen Hauptgerichten, die vom Wiener Schnitzel über Ossobuco bis hin zum Zwiebelrostbraten und Medaillons von der Schweinelende reichten.
Komplettiert wurde das Bauer’sche Leibspeisenprogramm von einer Reihe süßer Verlockungen sowie einem saisonal geprägten Empfehlungsschreiben, das sich schon ganz dem kulinarischen Herbst verpflichtet hatte. Das darauf abgedruckte Herbst-Menü für schlanke 34 Euro bestand aus einem Kürbiscremesüppchen, einem Kastanien-Saumagen mit Rotkraut und Bratkartoffeln sowie einer süßen Trilogie zum Abschluss. „Kannschd nid meckre!“ hörte ich den Aspiranten am Nachbartisch freudig tönen.
Außerdem tummelten sich handfeste Herzhaftigkeiten wie Schweinsroulade mit Brätfüllung, Cordon Bleu vom Landschwein sowie Steinpilz-Nudeltaschen in Trüffelsahne. Ach, könnte ich doch nur dem würzigen Knollenpilzgeschmack etwas mehr abgewinnen, ich hätte mich wahrscheinlich für das Pilzgericht entschieden.
Auf einer laminierten Karte ließ sich das offene Weinprogramm der Familie Bauer studieren. Vom einfachen Portugieser Rotwein (Viertel zu 2,80 Euro) über trocken ausgebaute Burgundersorten in Weiß, bis hin zu restsüßen Spätlesen und etwas gehaltvollerem Cabernet Sauvignon bzw. Merlot (Viertel zu 4,90 Euro) waren so ziemlich alle Rebsorten vertreten, die in der Südpfalz bevorzugt angebaut werden.
Daneben hatte man auch ein paar Flaschenweine befreundeter Winzerkollegen am Start. Einen klassischen Gutsriesling aus dem Hause Reichsrat von Buhl gab es bereits für erschwingliche 22,50 Euro. Auch die sehr fairen 29 Euro für die Black-Print-Cuvée von Markus Schneider aus Ellerstadt würden wohl nicht nur bei Sylt-Besuchern ungläubiges Kopfschütteln hervorrufen.
Den besonderen Umständen geschuldet – es war der Tag des errechneten Geburtstermins unserer Tochter und obwohl sich noch nichts regte, saß ich quasi auf „glühenden Kohlen“ – verzichtete ich auf einen alkoholischen Aperitif und orderte brav einen Hugo komplett ohne (4,50 Euro). Später konnte ich allerdings dem gutseigenen Merlot nicht widerstehen und ließ ihn korrespondierend gewähren.
Meine Kollegen begnügten sich mit Mineralwasser aus dem Schwarzwald (0,75l-Flasche für 4,20 Euro), einem „echten“ Hugo mit Vol.% (5,90 Euro) und einer Flasche Bischoff Premium Pilsener (0,33l für 2,80 Euro) zum Auftakt.
Man ließ uns vier Plappermäulern genügend Zeit, um uns zuerst einmal etwas „frei“ zu quatschen. Auf die Idee, die vor uns ausliegenden, bedruckten Seiten zu lesen, kamen wir deshalb mit etwas Zeitverzögerung. Alles halb so wild, die Getränke standen da ja bereits auf dem Tisch.
Dann wurde eifrig bestellt. Ein buntes Potpourri aus Kürbissuppe, Räucherlachs auf Kartoffelrösti, Saumagencarpaccio, Cordon Bleu, Wiener Schnitzel (natürlich vom Kalb) und zweimal Rumpsteak – einmal mit Kräuterbutter, einmal mit Pfefferrahmsauce – wurde dem Küchenteam in Auftrag gegeben. Dem nicht gerade geringen Hunger der gutgelaunten Herrenrunde würde damit sicherlich Genüge getan werden. So zumindest der erste Eindruck, wenn man auf die Teller der Nachbartische schielte.
Der Service lieferte flott. Das Loblied des Kollegen über sein Kürbiscremesüppchen (7,90 Euro) ist mir heute noch im Ohr. Kürbiscremesüppchen im Weckglas
Sie wurde in einem Weckglas serviert und erhielt durch ein wenig Schnittlauch, aufgeschäumte Sahne und fein gewürzte Knuspercroutons on Top den letzten „Schliff“. Kürbiscremesüppchen im Detail
Der „Local“ neben mir hatte sich für den zu einer hübschen Rosenblüte geformten Räucherlachs auf Rösti (8,90 Euro) entschieden. Eine gute Wahl, wie mir ein kleiner Probierhappen verriet. Räucherlachs auf Rösti
Der Mann gegenüber spielte noch ein wenig auf Zeit. Allerdings in sehnsüchtiger Erwartung seines Wiener Panierstücks mit Beilagensalat.
Meine Wenigkeit erfreute sich derweil an einem Saumagencarpaccio (8,90 Euro) der besseren Art. Das Saumagencarpaccio
Allein für dessen himmlisch saure Zwiebel-Senf-Vinaigrette hatte sich der Weg nach Venningen bereits gelohnt. Die dünnen, unter dem Schmacko-Dressing lauernden Saumagenscheiben waren mit etwas Schnittlauch, halbierten Cocktailtomaten, Salatgrün und saftig-süßen Weintrauben (die Lese war ja bereits in vollem Gange!) garniert. Saumagen als Carpaccio...why not?
Dass auch der letzte Tropfen dieser Leckertunke mit Hilfe des dazu gereichten Weißbrots verputzt wurde, war dann auch keine Überraschung.
Die Vorspeisen hatten also alle gesessen. So viel stand zu diesem Zeitpunkt fest. In freudiger Erwartung auf die Hauptgänge setzte die Dämmerung ein. Die angestrahlten Bäume und Sträucher, zwischen denen wir saßen, ließen den ohnehin sehr angenehm gestalteten Außenbereich noch eine Spur lauschiger wirken. Gartenimpression 2
Das beschauliche Abendessen im allerbesten Kollegenkreis ging in die entscheidende Phase.
Da es sich im Dunkeln nicht sonderlich gut Fotografieren lässt, musste beim Abknipsen der Hauptgerichte das Handy vom Kollegen als Lichtquelle dienen. Bis dann alles im „Kasten“ war dauerte es ein wenig, was von so manchem am Tisch „högschde“ Disziplin verlangte. Der Dunkelheit geschuldet blieb dann das Cordon Bleu des schräg gegenüber von mir sitzenden, präsidialen Oberhauptes unseres Kaukonsortiums leider unverewigt.
Doch seine Zufriedenheit über den mit Kochschinken und Gouda gefüllten, dem Aussehen nach der Butterpfanne entstiegenen Fleischklassiker mit dem wohlklingenden französischen Namen (19,80 Euro) drang bis zu mir herüber. Bei allen Hauptspeisen war übrigens ein kleiner, mit schmackhaftem Essig-Öl-Dressing angemachter Beilagensalat inkludiert. Beilagensalat 1
Und der erfüllte seine Aufgabe als frischer Nebendarsteller zum deftigen Gaumenkino aus Rind, Kalb und Landschwein auf wunderbare Art und Weise. Beilagensalat 2
Gegenüber glänzten zwei herrlich mürbe Wiener Kalbsschnitzel (21,90 Euro) mit den daneben liegenden Bratkartoffeln um die Wette. Dem Schnitzelschurken, der sie anschnitt, entlockten sie jedenfalls ein breites Grinsen. Das bzw. die Wiener Schnitzel
Mein Bratkartoffelbuddy neben mir – unsere Beilagenportion kam zum Teilen auf einem großen Teller – Knusprige Kartoffelbeilage aus der Pfanne
hatte sich für das Rumpsteak mit hausgemachter Kräuterbutter entschieden. Er lobte den perfekt getroffenen Gargrad („medium“) seines Fleisches und ließ mich von der wirklich sensationellen Kräuterbutter kosten. Schon faszinierend, was Kleinigkeiten bei einem Allerweltsgericht so ausmachen können. Das Rumpsteak mit Kräuterbutter
Auf meinem Rumpsteak (wie das vom Kollegen 24,50 Euro), das übrigens wie bestellt „medium rare“ geliefert wurde, lag eine ordentliche Anzahl an Pfefferkörnern und eine Chili-Schote, deren dekorativer Zweck sich mir erst nach dem ersten kleinen, höllisch scharfen Probierstückchen erschloss, was von der gut aufgelegten Servicedame mit ungläubigem Staunen quittiert wurde. Rumpsteak mit Pfefferrahmsauce
„Hot happens!“ Mit der geschmeidigen Pfefferrahmtunke im süffigen Schlepptau und einem Klecks Sahne wurde der kleine Lapsus am Gaumen auf angenehme Weise wieder austariert.
Besonders lobenswert: die auf Basis einer kräftigen Jus und ganz ohne (zumindest schmeckbare) Helferlein kredenzte Sauce hatte genau die richtige Pfefferdosis vorzuweisen, die das zarte, schätzungsweise 200 Gramm schwere Stück vom Rinderrücken geschmacklich kurzerhand in Richtung Malabarküste verlegte. In Kombination mit der urdeutschesten aller Kartoffelbeilagen war das hedonistischer Saucengenuss ohne Reue, der auch wirklich jedem der knusprig sautierten Fitzelchen von der Pfälzer Erdfrucht zur Ehre gereichte. Bratkartoffelportion für Zwei
Schon jetzt war ich von dem hier vorherrschenden Preis-Genuss-Verhältnis mehr als angetan. Wie konnte ich so viele Jahre lang dieses besserbürgerliche Einkehridyll links liegen gelassen haben?
Je später der Abend, desto kühler wurde es im Sommergarten. Der Umzug in das schützende Sandsteingemäuer der Schlemmerscheune war unvermeidlich. Drinnen: keine Spur von unübersichtlicher „Gourmengelage“. Die meisten Gäste hatten schon den Nachhauseweg angetreten. Man platzierte uns direkt neben der Tür zum Garten. Schlemmescheune mit 3 von 4 "Food Fellas" an Bord
Auch das Innere des Gutshofs konnte sich sehen lassen. Viel wertiges, helles Holz beim Mobiliar, indirekt angestrahlte Sandsteinwände, eine mit derben Fassdauben verkleidete Decke und jede Menge Weinflaschen sorgten für genau die richtige Mischung aus gemäßigter Pfalzfolklore und zeitgemäßer Landhausoptik. Ein gutes Beispiel dafür, was eine warme, mit Bedacht installierte Beleuchtung doch so alles ausmacht. Pälzer Atmo pur!
Kaum hatten wir unsere innere Wärme zurück, stand uns der Sinn nach Süßem. Unser „Stubenältester“ (nur auf seine Gesamtverweildauer in diesem Lokal bezogen…) hatte ja bereits im Vorfeld von der geeisten Nougat-Marzipan-Lasagne (8,90 Euro) in höchsten Tönen geschwärmt. Da kam auch ich nicht umhin, mir diese Dessertkreation einzuverleiben. Zumal mich Marzipan so gut wie immer anspricht, auch außerhalb der gut gezuckerten Weihnachtssaison.
Außerdem gönnte sich ein anderer Kollege das Zitronen-Sekt-Sorbet (6,50 Euro), das mit dem hauseigenen Riesling-Winzersekt aufgegossen wurde. Der letzte im Bunde bevorzugte wie stets eine Tasse Kaffee (2,20 Euro), um sein Mahl zu beenden.
An der süßen Versuchung aus Nougatcrème und Marzipan gab es geschmacklich nichts auszusetzen. Natürlich war das nichts für Diabetiker, aber mit ihrer fluffigen Textur und dem dezenten Kalt-Warm-Kontrast konnte das „Hausdessert“ voll überzeugen. Meine Zucker-Süßspeise aka Wuchtdessert
Ein paar reife Weintrauben, eine orangefarbene Physalis und ein paar frisch aufgeschnittene Stücke von der Mango versuchten der in zwei stattliche, hübsch angeordnete „Kalorienkörper“ geteilten Zuckersüß-Speise etwas fruchtige Frische entgegenzusetzen, was jedoch nur begrenzt gelang. Dafür war die verkappte „Nougat-Marzipan-Torte“ einfach zu dominant. Nougat-Marzipan-Dessert
Ich muss gestehen, dass mir eine halbe Portion vollends gereicht hätte. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch, auch das zweite Stück dieses Wuchtdesserts zu verdrücken. Werdende Väter können gar nicht genug Kalorien abbekommen – so der Eindruck von dem ein oder anderen Kollegen am Tisch.
Danach war aber wirklich Schluss. Da ging nichts mehr. Zumindest rein. Raus dagegen schon, wenn auch um ein paar gefühlte Kilo schwerer. Nachdem wir die Rechnung beglichen hatten verließen wir nämlich den Gutshof durch den Vordereingang. Eine letzte Gelegenheit, das imposante Anwesen noch einmal näher in Augenschein zu nehmen.
Mit der Auswahl des Gutshofs „Bauer’s Stuben“ hatte unser „Newcomer“ im Gastroquartett gut geliefert. Sein Einstand kann als gelungen bezeichnet werden. Hätte es einer Aufnahmeprüfung für diesen Böbinger Kulinarkollegen bedurft, er hätte sie wohl mit Auszeichnung bestanden.
An diesem Abend endete übrigens auch das Freiluftfuttern. Das sommerliche Dinieren unter freiem Himmel fand mit dem Umzug in die Bauer’sche Schlemmerscheune ein jähes Ende. Urgemütlich...
Nicht nur der kulinarische Herbst war bereits in vollem Gange, auch der kalendarische hatte ja einen Tag zuvor bereits Einzug gehalten.
Unser fortgeschrittenes Sättigungsgefühl und der Umstand des jahreszeitlichen Wechsels veranlassen mich, in der Nachbetrachtung dieses wunderbaren Abends, mit einem Gedicht von Friedrich von Logau (deutscher Dichter und Epigrammatiker des Barocks, Anm.) zu schließen:
„Der Frühling ist zwar schön,
doch wenn der Herbst nicht wär,
wär zwar das Auge satt,
der Magen aber leer!“
Ja. Kann man so stehen lassen…
Ende September verschlug es den neu formierten Wörther Gaumenvierer in die mehr durch ihren Essig als durch ihren Wein bekannte Gemeinde Venningen. Schon seltsam, obwohl das zur Verbandsgemeinde Edenkoben zählende Dorf in direkter Nachbarschaft zu namhaften Weinorten wie Maikammer, Kirrweiler und Edenkoben liegt, kennt man von hier eigentlich nur die Weinessigspezialitäten des berühmten Doktorenhofs. Zur gehobenen Pfälzer Rebsaftriege hat sich anscheinend noch kein Venninger Winzer aufschwingen können.
Auch das Weingut Bauer, dessen in keinem regionalen Restaurantführer fehlender Gutshof von Freunden... mehr lesen
Bauer's Stuben
Bauer's Stuben€-€€€Restaurant063232734Altdorfer Straße 3, 67482 Venningen
4.5 stars -
"Entspannte „Gourmengelage“ dank hervorragender Hausmannskost in einem Pfälzer Traditionsbetrieb" marcO74Ende September verschlug es den neu formierten Wörther Gaumenvierer in die mehr durch ihren Essig als durch ihren Wein bekannte Gemeinde Venningen. Schon seltsam, obwohl das zur Verbandsgemeinde Edenkoben zählende Dorf in direkter Nachbarschaft zu namhaften Weinorten wie Maikammer, Kirrweiler und Edenkoben liegt, kennt man von hier eigentlich nur die Weinessigspezialitäten des berühmten Doktorenhofs. Zur gehobenen Pfälzer Rebsaftriege hat sich anscheinend noch kein Venninger Winzer aufschwingen können.
Auch das Weingut Bauer, dessen in keinem regionalen Restaurantführer fehlender Gutshof von Freunden
Geschrieben am 01.11.2021 2021-11-01| Aktualisiert am
01.11.2021
Besucht am 15.09.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
…und zwar in der von außen recht unscheinbaren Vereinsgaststätte des Karlsruher FC Südstern 06, deren 1.Mannschaft in der Kreisklasse A (Kreis Karlsruhe) derzeit im sicheren Mittelfeld der Tabelle rangiert und am letzten Spieltag eine derbe Klatsche gegen den SSV Ettlingen kassierte.
So viel fußballerisches Halbwissen sei hier mal vorangestellt, da sich zwei der chinesischen Futterphilosophie zugewandte Genussathleten in ungewohnt sportlicher Umgebung – erste gemeinsame Einkehr in einer Vereinsgaststätte (!) – auf den Weg nach Fernkost begaben.
Über den Background des Karlsruher Yangda-Konsortiums hat mein guter Gaumenfreund ja schon in seiner unverwechselbaren Art referiert. Er kennt alle beiden Filialen – laut Homepage sind es derer zwei, vielleicht existiert die dritte Dependance in der Kaiserstraße ja nicht mehr – dieser erfreulich unprätentiösen, jedoch recht authentisch auftischenden China-Gastronomie in der Fächerstadt.
Da saßen wir also in trauter Herrenrunde an einem Mittwochmittag auf dem Balkon des Yangda im Stadtteil Dammerstock, der sich etwas südlich des Zentrums erstreckt und zur Zeit der Weimarer Republik dank Walter Gropius (Bauhaus) und Konsorten zu einem der wichtigsten Beispiele für die Kunst des „Neuen Bauens“ avancierte.
Doch was interessierte uns die dort vorherrschende Zeilenbauweise mit dem Ziel einer optimalen Besonnung? Hatten wir doch sowieso Letztere im Herzen als wir das gemeinsame Mittagsmahl begingen. Und das, obwohl unsere beiden Herzensdamen nicht mit von der Partie waren. Meine bessere Hälfte musste aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft und den dazugehörigen Begleiterscheinungen passen. Frau Oparazzo wohl aus Gründen der Solidarität mit ihr.
Mit einem alkoholfreien Hoepfner Pils (2,90 Euro) – der Mann musste ja schließlich noch den serpentinenreichen Weg zum Herrenalber Hochplateau unter Verwendung seines persönlichen Kraftwagens erklimmen – und einem Fläschchen Tsingtao (auch 2,90 Euro) – der junge Wörther gab sich ganz bewusst weltmännisch – bewaffnet, bliesen wir zum kulinarischen Sturm auf die reich gefüllte Speisenkammer des sympathischen Vereinslokals, dem man eines sicherlich nicht nachsagen konnte, nämlich der zeitgeistigen Ponzu-Yuzu-Shiso-Dashi-Mode hinterherzurennen.
Hier in der von außen eher an eine schaurige Schnitzelstube erinnernden Speisegaststätte erwarteten wir keine avantgardistische Verblüffungsküche der asiatischen Art, sondern kompetent Gewoktes – auch gerne jenseits ausgetretener Schweinefleisch-süß-sauer-Pfade.
Unser Hunger war groß. Mein verspätetes Erscheinen schien den lechzenden Rentner klammheimlich in Richtung Unterzucker zu bugsieren. Eine schnelle Entscheidung war jedoch gar nicht so einfach, da ich mir als Neuling zunächst einen Überblick über die üppige Speisenauswahl mit Hilfe der komplett laminierten Karte verschaffen wollte. Anmerkungen und Tipps meines gegenübersitzenden Tofumeisters sog ich indes ein wie das zuvor bestellte Leichtbier aus der Volksrepublik.
Wohl um eine bessere Vorstellung von den einzelnen Gerichten zu bekommen, wurden sie alle mit einem kleinen Foto in der Speisenkarte versehen. Für die hier einkehrende Klientel aus China – die Universitätsstadt Karlsruhe gibt sich heute internationaler denn je – sind die Gerichte sogar in den Schriftzeichen ihres Landes abgedruckt.
Ich staunte nicht schlecht, las ich doch von Schweinezungen mit Lauchzwiebeln, tausendjährigen Eiern (für Historiker nicht uninteressant), Schweineohren und gebratenem Schweinemagen mit Paprika. Wenn eine Nation das Borstenvieh (egal ob juvenil oder senil) komplett verwertet, dann sind es wohl die Chinesen, ging es mir durch die Birne.
Um den Dammerstocker Aromafrieden am Tisch nicht zu gefährden, einigten wir uns im Stile daoistischer Geschmackszwillinge auf drei Tellergerichte:
Herr Yin sicherte beim doppelt gebratenen Schweinebauch mit Zwiebeln und Paprika (8,90 Euro) seine vollste Unterstützung zu und ließ sich gleichzeitig von seiner Lammfleisch-mit-Kreuzkümmel-Idee (11,90 Euro) nicht abbringen, was auch dem Herrn Yang aromatisch sehr zu Pass lief. Dieser wiederum setzte das Hühnerbeinfleisch nach guter alter Gong-Bao-Sitte (10,90 Euro) – einem Klassiker aus der südchinesischen Provinz Szechuan – durch.
Für die Daheimgebliebenen orderten wir zwei Portionen des ebenfalls aus dem Südwesten Chinas stammenden Scharfmachers namens „Mapo Tofu“ (jeweils 7,90 Euro), ein mir bis dahin völlig unbekannter Zungenerhitzer aus Tofuwürfeln und Schweinehack, der meiner Frau und mir am Folgetag mit seiner fast den Tatbestand der Körperverletzung erfüllenden, höllisch scharfen Reiswein-Soja-Chilisoße aber sowas von einheizte.
Die Portionen im Yangda geraten zwar nicht in den Verdacht „Schmalhansens Notrationen“ zu sein, sind aber auch nicht übertrieben üppig angelegt. Klar hätten auch zwei Tellergerichte gereicht, zumal das Ganze ja mit einer ordentlichen Menge Klebereis verspachtelt wurde, aber allein der kulinarischen Neugier willen geriet unser Mittagslunch zur genussvollen Drei-Teller-Orgie, die uns später schwer gesättigt in die jeweilige Heimat entließ.
Der doppelt gebratene Schweinebauch brachte dabei genau die richtige Würze aufs Porzellan, die den in dünnen Scheiben servierten, knusprig-zarten Leckerbissen gerecht wurde. Best Schweinebauch in Town
Keine Ahnung, ob da auch ein wenig in die Glutamat-Tüte gegriffen wurde. In der Karte war jedenfalls nur Kartoffelmehl als „Stärkemittel“ ausgewiesen. Knackige Zwiebeln und Paprika ergänzten den chinesischen Schweineklassiker um ein paar frische Aspekte. Ein rundum gelungener Einstieg, der mir das „Mit-den-Stäbchen-essen“ ganz schnell abgewöhnte, da sich mein Appetit nicht so recht mit meiner semiprofessionellen Klemmakrobatik vertragen wollte. For Bauch-Buddies only!
Die mit Kumin verfeinerten Lammfetzen kamen geschmacklich hervorragend ausbalanciert aus dem Wok. Ich war überrascht, wie gut sich das häufig in der Küche des Nahen Ostens anzutreffende, intensiv duftende Gewürz mit dem Fleisch vertrug. Denn der gerne zur Aromentyrannei neigende Kreuzkümmel unterhielt sich mit den zarten, überhaupt nicht totgebratenen Lammschnipseln „auf Augenhöhe“. Keine Frage, das Leib- und Seelengericht des promovierten Chineasten aus Bad Herrenhalb hielt auch den Erwartungen seines Asia-Azubis stand. Ein Teller wie geschaffen für perpetuales Dauerdinieren in bester Gesellschaft. Kreuzkümmel-Lamm
Teller Nummer Drei hatte zartes Hühnerschenkelfleisch mit einer an Teriyaki erinnernden, etwas dickflüssigeren Sauce auf Sojabasis zu bieten. Hühnerbeinfleisch nach Gong-Bao-Art
Zwischen dem saftigen Geschnetzelten vom Huhn tummelten sich eher grob geschnittene Frühlingszwiebeln, getrocknete Chilischoten und jede Menge Erdnüsse. Nochmal das Gong-Bao-Huhn im Detail
Szechuan-Pfeffer, Ingwer und Knoblauch waren weitere Mitstreiter auf dem Teller, die sich allerdings in wohltuender Zurückhaltung übten. Der Versuch, eine der roten Schoten zumindest teilweise zu verzehren, scheiterte jäh und hinterließ am Gaumen verbrannte Erde.
Nach dem Motto: „Versuch macht kluch“ wurden die restlichen Scharfmacher geflissentlich aussortiert. Neben ein paar groß geschnittenen Zwiebelstücken und etwas Frühlingslauch waren sie jedoch die einzigen Überbleibsel unseres Mittagsmahls, wie die ansonsten blank geputzten Teller bewiesen. "Hat's geschmeckt?"...."Äh, ja...."
Wie zufrieden doch ein gutes Essen mit einem Gleichgesinnten macht. Und das ganz ohne Spektakel auf dem Teller oder Hochartistik am Herd. Konfuzius sagte mal: „Es gibt niemanden, der nicht isst und trinkt, aber nur wenige, die den Geschmack zu schätzen wissen.“ Schön, wenn man sich mit solch einem Mitstreiter ein Mittagessen teilen darf.
„Danke für diese wohlschmeckende Asia-Erfahrung, Herr Yin.“ sagte Herr Yang und fügte noch hinzu: „Ich freue mich schon auf unser nächstes Treffen.“ Dann trennten sich ihre Wege und die „Mapo-Tofu-Leiden“ des jungen Wörthers nahmen ihren Lauf…
…und zwar in der von außen recht unscheinbaren Vereinsgaststätte des Karlsruher FC Südstern 06, deren 1.Mannschaft in der Kreisklasse A (Kreis Karlsruhe) derzeit im sicheren Mittelfeld der Tabelle rangiert und am letzten Spieltag eine derbe Klatsche gegen den SSV Ettlingen kassierte.
So viel fußballerisches Halbwissen sei hier mal vorangestellt, da sich zwei der chinesischen Futterphilosophie zugewandte Genussathleten in ungewohnt sportlicher Umgebung – erste gemeinsame Einkehr in einer Vereinsgaststätte (!) – auf den Weg nach Fernkost begaben.
Über den Background des... mehr lesen
4.5 stars -
"Erst war der „Yin“ und dann auch der „Yang“ da…" marcO74…und zwar in der von außen recht unscheinbaren Vereinsgaststätte des Karlsruher FC Südstern 06, deren 1.Mannschaft in der Kreisklasse A (Kreis Karlsruhe) derzeit im sicheren Mittelfeld der Tabelle rangiert und am letzten Spieltag eine derbe Klatsche gegen den SSV Ettlingen kassierte.
So viel fußballerisches Halbwissen sei hier mal vorangestellt, da sich zwei der chinesischen Futterphilosophie zugewandte Genussathleten in ungewohnt sportlicher Umgebung – erste gemeinsame Einkehr in einer Vereinsgaststätte (!) – auf den Weg nach Fernkost begaben.
Über den Background des
Geschrieben am 22.10.2021 2021-10-22| Aktualisiert am
23.10.2021
Besucht am 11.09.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 13 EUR
Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier auf GG ein paar Worte über die Bühlhofschänke verliere. Macht es Sinn, eine Gastronomie zu rezensieren, in der man sich zu zweit lediglich ein Hauptgericht und eine Flasche Mineralwasser teilte?
Keine Ahnung, aber verdient haben es die freundliche Chefin, Frau Luise Veiock, und ihr Team allemal. Zumal ich während des Lockdowns echt meine Zweifel hatte, ob diese alteingesessene Einkehradresse etwas außerhalb von Oberschlettenbach jemals wieder öffnen würde.
Anfang Juni tat sie das dann tatsächlich wieder. Viele Wanderer, die in der Gegend um die Burgruine Lindelbrunn, den Bärenbrunnerhof und die Ruine Drachenfels (bei Busenberg) unterwegs sind, können sich nun wieder an dem tollen Blick hinüber zum Rödelstein und zur Burgruine Lindelbrunn erfreuen und sich mit handfesten Pfälzer Tellern stärken.
Denn die Bühlhofschänke liegt strategisch gut und lässt sich deshalb hervorragend mit anderen Einkehrmöglichkeiten kombinieren. Cramerhaus, Bärenbrunnerhof, Drachenfelshütte und das Wanderheim Dicke Eiche sind auch für Genusswanderer gut erreichbar und bieten dem hungrigen Ausflügler neben der obligatorischen Riesling-Schorle auch deftige Hausmannskost zu äußerst moderaten Preisen.
Zu dieser Reihe empfehlenswerter Verpflegungsstätten zwischen Hauenstein, Dahn und Vorderweidenthal lässt sich auch die Bühlhofschänke zählen, die das Ziel unserer letzten längeren Wanderung im September war. Meine zu dieser Zeit bereits hochschwangere Gattin steckte die am Fuße der Buhlsteine (beliebte Kletterfelsen!) vorbeiführende, an sich harmlose Wanderroute von rund 5 Kilometern (einfache Strecke) sehr gut weg.
Dass wir auf dem Rückweg noch den kompletten Buhlsteingrad erwanderten und zur Krönung hoch auf den Buhlsteinpfeiler – einem Aussichtsfelsen von Rang – stiegen, tat sie sicherlich auch ihrem kletterabstinenten Ehemann zuliebe.
Vielleicht klappte der letzte Anstieg auch nur wegen der vorher genossenen Schweinskost, die wir uns auf der Terrasse des urigen Holzhauses nahe Oberschlettenbach schmecken ließen. Der stattliche Holzbau
Was mit 10,80 Euro in der von deftigen Pfälzer Tellern kündenden Speisenkarte stand, firmiert hier landläufig unter dem Namen „Schiefer Sack“. Seinen Ursprung kenne ich nicht, aber vielleicht weiß ja der Urpfälzer aus dem Saarland dazu mehr.
Egal, die Kombination aus Bratwurst, Leberknödel und Sauerkraut erschließt sich für jeden guten Appetitler quasi von selbst. An der braunen Sauce zum Leberknödel sollte man sich nicht stören. Diese wird von jedem ehrlich agierenden Metzgersmann zusammen mit den darin schwimmenden „Läwwerkneedl“ gleich mitgeliefert. Und ehrlich gesagt, so ein kleiner See aus würziger Bratentunke, in dem sich der säuerliche Krautberg spiegelt, gehört einfach ins kulinarische Landschaftsbild der Pfalz. Der "Schiefe Sack"
An der Qualität der beiden Fleischwaren gab es nichts zu beanstanden. Bratwurst und Innereienkloß lagen wohlgepfeffert auf der nostalgisch anmutenden Porzellanscheibe mit Blümchenmuster. Da schien vorher ein fachkundiger Fleischer am Werk gewesen zu sein. Dem ausreichend lange eingekochten und deshalb tadellos weichen Sauerkraut verhalfen die nicht zu sparsam verwendeten Senfkörner zu noch mehr Geschmack. Deftiges Zwei-...äh Dreigestirn
Die Flasche Mineralwasser (0,7l für 3 Euro) brauchten wir dann auch, denn die fleischerne Zweifaltigkeit, die wir zusammen mit dem herzhaften Krauthügel genossen, machte mindestens genauso durstig wie die kleine Wanderung davor.
Übrigens wurde auch hier der Pandemie adäquat Rechnung getragen. Name und Anschrift zwecks Nachverfolgung durften wir ganz unkonventionell auf einem kleinen Zettel eintragen. Da wir das Essen unter freiem Himmel einnahmen, wurde auf das Vorzeigen der Impfnachweise verzichtet.
Wie gut, dass es auf den Wanderwegen im Pfälzerwald genügend zünftige Schänken und Hütten gibt. Sie haben als kulinarische Anlaufstellen nicht nur stärkende, sondern auch erholende Funktion. Von der geselligen ganz zu schweigen. Die Bühlhofschänke ist dazu noch eine sehr sympathisch geführte Waldwirtschaft, in der grundsolide Pfalzmannskost zu erschwinglichen Preisen aufgetischt wird.
Da verzeiht der sandsteinaffine Kletterer auch den etwas kitschig wirkenden Nachbau des Teufelstisches (berühmter Tischfelsen bei Hinterweidenthal) im Vorgarten und freut sich schon auf einen baldigen Besuch zu dritt.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier auf GG ein paar Worte über die Bühlhofschänke verliere. Macht es Sinn, eine Gastronomie zu rezensieren, in der man sich zu zweit lediglich ein Hauptgericht und eine Flasche Mineralwasser teilte?
Keine Ahnung, aber verdient haben es die freundliche Chefin, Frau Luise Veiock, und ihr Team allemal. Zumal ich während des Lockdowns echt meine Zweifel hatte, ob diese alteingesessene Einkehradresse etwas außerhalb von Oberschlettenbach jemals wieder öffnen würde.
Anfang Juni tat sie das dann... mehr lesen
4.0 stars -
"Alteingesessene Wanderadresse in herrlicher Lage" marcO74Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier auf GG ein paar Worte über die Bühlhofschänke verliere. Macht es Sinn, eine Gastronomie zu rezensieren, in der man sich zu zweit lediglich ein Hauptgericht und eine Flasche Mineralwasser teilte?
Keine Ahnung, aber verdient haben es die freundliche Chefin, Frau Luise Veiock, und ihr Team allemal. Zumal ich während des Lockdowns echt meine Zweifel hatte, ob diese alteingesessene Einkehradresse etwas außerhalb von Oberschlettenbach jemals wieder öffnen würde.
Anfang Juni tat sie das dann
Geschrieben am 10.10.2021 2021-10-10| Aktualisiert am
10.10.2021
Besucht am 22.08.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 39 EUR
Kaum war der Umzug nach Wörth erfolgreich überstanden, verschlug es den gastronomischen Großinquisitor aus der Pfalz samt besserer Hälfte in sein näheres Umfeld zu einer ersten kulinarischen Bestandsaufnahme vor Ort. Denn im Gegensatz zur gastronomischen Diaspora Steinweiler hat die Stadt Wörth zusammen mit ihrer „Außenstelle“, dem Ortsbezirk Maximiliansau, doch einige Einkehradressen mehr zu bieten.
Gut, das einstige Aushängeschild der heimischen Feinschmeckerei, das Gourmetlokal „Zur Einigkeit“ vom Klöffer Franz – Gott hab‘ ihn selig! –, gibt es seit fast 10 Jahren nicht mehr. Eine Genusslücke, die leider nie mehr geschlossen wurde.
Jedoch gibt es für Freunde deftiger Hausmannskost eine ganze Reihe gutbürgerlich ausgerichteter Gasthäuser, die dem gemeinen Volkshunger nicht selten mit handfester Fleischhaftigkeit begegnen. Ein paar dieser – teilweise alteingesessenen – Sättigungsinstitute werde ich in den nächsten Monaten etwas näher beleuchten.
Über die ebenfalls in Maximiliansau beheimatete Gockelburg, diesen etwas anachronistisch anmutenden, mittlerweile schon zum Wörther Kulturgut zählenden Prototyp einer urigen Hähnchenbutze, habe ich bei GG ja bereits ausführlich berichtet. Und auch das von der gleichen Betreiberfamilie unterhaltene, in direkter Nachbarschaft befindliche Restaurant Bajazzo habe ich vor ein paar Jahren unter Messer und Gabel genommen.
Dagegen fiel meine Abhandlung über die geballte Gutbürgerlichkeit der immer noch existierenden, ebenfalls in Maximiliansau ansässigen Kaminstubb dem Niedergang unseres geliebten RK-Portals zum Opfer.
Aber keine Sorge liebe Rumpsteak- und Schnitzelschwelger, auch die kernigen Karnivorenteller dieses altehrwürdigen Gasthauses wird der Hausmannskosthasardeur in spe bald genauer inspizieren. Freut euch also schon jetzt auf eine vor Friteusenfett triefende Neuauflage aus der „Max’auer“ Keimzelle gediegener Haureinschaufelei demnächst auf diesem Kanal…
Doch zuvor geht es an den etwas außerhalb, in direkter Nähe zum Altrhein befindlichen Turnerplatz. Dort betreibt Gerold Knoch seine Turnerstube, die als Vereinsgaststätte des Turnvereins Pfortz-Maximiliansau 1901 e.V. fungiert und direkt neben den Tennisplätzen angesiedelt ist. Idyllisch gelegen
Die direkte Nähe zu Vater Rhein macht die Turnerstube zu einem attraktiven Ausflugsziel. Und das sowohl für Radfahrer, die entlang des Rheinradwegs unterwegs sind als auch für mückenresistente Spaziergänger, die auf dem Hauptdeich rund um den „Hagenbacher Altrhein“ flanieren. Dementsprechend ist man auf Sportler wie Spaziergänger gleichermaßen eingestellt.
Ein stattlicher Biergarten lädt hier zum Verweilen unter freiem Himmel ein. Wir zogen es an jenem warmen Sonntagabend jedoch vor, auf der zwischen Außenbereich und Gaststube positionierten, komplett überdachten Terrasse zu sitzen. Es war noch nicht besonders viel los, denn wir hatten uns etwas früher auf den Weg gemacht, wohlwissend dass später die Moskitoplage über uns hereinfallen würde. Auf der Veranda
Hier saß es sich recht kommod auf robusten Holzstühlen mit Strohsitzfläche, die durch Polsterkissen an Bequemlichkeit gewannen. Unser Blick fiel auf die benachbarten Tenniscourts. Blick hinüber auf die Tennisplätze
Ein gar nicht mal kleiner Spielplatz war auch um die Ecke. Eine an einem Pfosten angebrachte Empfehlungstafel kündete von einem Spätburgunder Rosé vom Weingut Faubel aus Maikammer und einem Weißburgunder von Jungwinzer Fabian Nagel aus Vollmersweiler zu Preisen um die 5 Euro.
Wir blieben jedoch weinfrei an diesem Abend und orderten bei der Chefin eine Flasche Bellaris Classic zu 4,20 Euro sowie ein kleines Lord-Pils vom Fass (0,33l für 2,70 Euro) aus dem Hause Bellheimer.
Die auch auf der Homepage einsehbare Speisenkarte bot eine bunte Mischung aus kleineren Leckerbissen (Schafskäse, Maultaschen, Wurstsalat), mit Hausdressing und Baguette servierten Salaten (z.B. mit Rumpsteak- oder Putenstreifen), ein paar Pastatellern (z.B. Rigatoni mit Garnelen oder „Puttanesca“), veganer Trendkost (Black Bean Pattys, Bio Seitan-Gyros) und fleischhaftigen Hausmannsmahlzeiten, bei denen die üblichen Verdächtigen aus der brutzelnden Pfanne gehoben wurden. Rumpsteak aus Argentinien, Cordon Bleu vom Schweinelachs und natürlich das „artige“ Wiener frisch von der Paniermeile.
Fischfutzies durften sich an auf der Haut gebratenem, mit Zitrone und Thymian aromatisiertem Zanderfilet oder paniertem Kapseehecht mit Kartoffelsalat und Remoulade erfreuen. Suppenkasper hatten die Wahl zwischen hausgemachter Fleischbrühe mit Einlage und einer Curry-Ingwer-Suppe mit Shrimps.
Mein Hunger war groß. So groß, dass ich das Wagnis mit der Curry-Ingwer-Suppe (6,50 Euro) vorweg mutig einging. Curry-Ingwer-Suppe mit Baguette
Meine Frau verzichtete dagegen auf eine Vorspeise. Sie hatte sich auf die Rigatoni Puttanesca (10,50 Euro) festgelegt.
Bei mir hatte schon das Bild vom Cordon Bleu (14,50 Euro) auf der Homepage reichlich Appetit ausgelöst. Warum also nicht das mit Schinken und Emmentaler gefüllte Schweineschnitzel ordern? Zur süffigen Unterfütterung der obligatorischen Pommesbeilage äußerte ich den Wunsch nach einer Pfeffersoße (1 Euro Aufpreise), wie man sie hier üblicherweise zum Rumpsteak reicht. Dem wurde ohne weiteres entsprochen.
Dass ich kurz nach Abschluss unseres Bestellvorgangs aus der Küche ein plattierendes Klopfen vernahm, erfüllte mich mit Vorfreude auf das deftige Panierstück, das gerne dem kulinarischen Erbe der Schweiz zugesprochen wird. Doch zuvor erschien nach angenehmer Wartezeit das sämige Curry-Ingwer-Süppchen, das zusammen mit einem Körbchen geschnittenen Baguettes in klassischer Terrinenform serviert wurde.
Gut, die Shrimps waren im Verhältnis zum flüssigen Inhalt der Tasse eher zurückhaltend portioniert. Sie waren quasi auf dem Boden der „Tat-Tasse“ gelandet. Aber die mit Chili-Fäden-Frisur und etwas Petersilie on top servierte Suppe hinterließ am Gaumen keinen schlechten Eindruck. Die leichte Ingwerschärfe tat der asiatisch angehauchten Tunke gut. Vielleicht wurde dem Curry-Sud mit einem Pülverchen zu Brühe gerückt. Aber das schmeckte man nur marginal heraus. Mein "Süppchen" mit Chili-Faden-Frisse on Top
Insgesamt war das eine durchaus passable, pikant gewürzte Vorspeise, die den ersten Hunger des Tisches verwies und aus meiner Sicht lediglich etwas dünnflüssiger hätte ausfallen dürfen. Meine Frau war da jedoch ganz anderer Meinung. Denn was die Textur von Terrinen betrifft, gehen wir nicht immer konform. Muss ja auch nicht.
Keine Ahnung, was in italienischen Bordellen in den 50er Jahren so abgegangen sein muss, dass man ausgerechnet Sardellen in die mit scharfen Peperoni und Knoblauch verfeinerte Tomatensauce gab. Aber die Zubereitung nach „Hurenart“ („Puttanesca“) hat bis heute ihren Stellenwert in der (süd)italienischen Küche bewahrt. In unserem Fall waren es jedoch keine Spaghetti, die von der schmackigen Sauce benetzt wurden, sondern laut Karte Rigatoni.
Anscheinend war der gute „Nudel-Anton“ aus der lettischen Hauptstadt an diesem Abend ausgegangen und wurde von etikettenschwindelerregenden Penne rigate vertreten. Ja genau die kleinen Hartweizendübel mit den abgeschrägten Enden und der geriffelten Oberfläche, an der die Sauce so schön kleben bleibt. Schade, dass sie nicht etwas „al denter“ ausfielen, denn die sauber eingeköchelte, fruchtig-aromatische Tomatensauce hätte etwas bissfestere Pasta allemal verdient gehabt. Die Rigatoni...ääh Penne "Puttanesca"
Natürlich monierten wir den Nudeltausch nicht. Waren ja nur Kleinigkeiten. Nur die Portionsgröße fand meine Frau zu üppig bemessen. Das war selbst für eine hungrige junge Dame im 8.Monat nicht zu schaffen. Ich wollte ihr ja helfen, aber Anchovis gehören nun wahrlich nicht zu meinen Favoriten. Schon gar nicht in der Pastasauce.
Außerdem lag da noch ein frisch der Butterpfanne – vielleicht kam es aber auch aus der Fritteuse (?) – entstiegenes Cordon Bleu neben einem ansehnlichen Frittenberg. Über das wacker gefüllte Schnitzel hatte man die dunkle, pikant-salzige Pfeffersauce vom scheinbar schwer verliebten Küchenchef gekippt. Cordon Bleu Teller
Oh oh, à part hätte mir das deutlich besser gefallen. Zumal der großzügig portionierte Beiguss schlicht und ergreifend überwürzt war. Cordon Bleu mit reichlich Pfeffersauce
Obwohl ich der Verwendung von Sahne in Saucen eher kritisch gegenüberstehe, hätten hier ein paar Milliliter für ein runderes Geschmacksbild gesorgt und zur allgemeinen Pfeffer-Salz-Eindämmung beigetragen. Schade drum, denn am Cordon Bleu selbst gab es nichts auszusetzen. Würzige Panade, mürbe geklopftes, dünnes Schweinefleisch vom Rücken und eine saftige Kochschinken-Emmentaler-Füllung zeugten von ehrlichem, hausmannsköstlichem Handwerk. Cordon Bleu im Anschnitt
Dass zur papillenlahmlegenden Pfeffertunke dann auch noch die Fritten meine Zunge zur Salzsäule erstarren ließen, war natürlich too much, passte aber ins kulinarische Gesamtbild dieses Rustikaltellers. Egal, mir würde der Nachdurst sowieso ein paar Stunden später den freiwillig angetretenen Saucentrip heimzahlen. Da kam es auf ein paar salzige Pommes mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.
Platz für einen süßen Abschluss war nach den strammen Portionen nun wirklich nicht mehr. So verließen wir die Turnerstube unter komplett gesättigten Umständen. Eberhard Gienger hätte hier wohl nur am Salatbouquet geknappert, während sich Fabian Hambüchen vielleicht das wochenlang am Reck abgehangene Rumpsteak ohne alles gegönnt hätte. Aber auch ohne Mitglied des örtlichen Turnvereins zu sein, lässt es sich in der gutbürgerlichen Gaststube am Turnerplatz gut aushalten. Nur eines sollte man definitiv dabeihaben: reichlich Hunger!
Kleiner Nachtrag
Wie ich auf der Facebook-Seite der Turnerstube erfahren habe, scheidet der derzeitige Pächter Gerold Knoch zum Jahresende aus, da er in seinen wohlverdienten Ruhestand geht. Deshalb sucht der Turnverein Maximiliansau einen neuen „engagierten und kontaktfreudigen“ (Zitat) Nachfolger, der diese idyllisch gelegene Vereinsgaststätte weiterführt. Ich drücke die Daumen, dass dies klappt, denn es wäre schön, wenn wir auf unseren zukünftigen Ausflügen mit der Säuglingskutsche dort aufschlagen könnten. Anstatt in Pfeffersauce werden dann die Fritten einfach in Ketchup getunkt und gut is(s)t!
Kaum war der Umzug nach Wörth erfolgreich überstanden, verschlug es den gastronomischen Großinquisitor aus der Pfalz samt besserer Hälfte in sein näheres Umfeld zu einer ersten kulinarischen Bestandsaufnahme vor Ort. Denn im Gegensatz zur gastronomischen Diaspora Steinweiler hat die Stadt Wörth zusammen mit ihrer „Außenstelle“, dem Ortsbezirk Maximiliansau, doch einige Einkehradressen mehr zu bieten.
Gut, das einstige Aushängeschild der heimischen Feinschmeckerei, das Gourmetlokal „Zur Einigkeit“ vom Klöffer Franz – Gott hab‘ ihn selig! –, gibt es seit fast 10 Jahren... mehr lesen
Vereinsgaststätte Turnerstube
Vereinsgaststätte Turnerstube€-€€€Biergarten, Gaststätte0727142541Am Turnerplatz 1, 76744 Wörth am Rhein
3.5 stars -
"Cordon und Bleu statt Gienger und Hambüchen!" marcO74Kaum war der Umzug nach Wörth erfolgreich überstanden, verschlug es den gastronomischen Großinquisitor aus der Pfalz samt besserer Hälfte in sein näheres Umfeld zu einer ersten kulinarischen Bestandsaufnahme vor Ort. Denn im Gegensatz zur gastronomischen Diaspora Steinweiler hat die Stadt Wörth zusammen mit ihrer „Außenstelle“, dem Ortsbezirk Maximiliansau, doch einige Einkehradressen mehr zu bieten.
Gut, das einstige Aushängeschild der heimischen Feinschmeckerei, das Gourmetlokal „Zur Einigkeit“ vom Klöffer Franz – Gott hab‘ ihn selig! –, gibt es seit fast 10 Jahren
Besucht am 07.08.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 107 EUR
Anfang August verschlug es meinen Vater und mich übers Wochenende ins ehemalige Lothringer Steinkohlerevier, genauer gesagt nach Stiring-Wendel, einer vom Bergbau geprägten („Quartier Habsterdick“, „Grube Wendel“) französischen Kleinstadt, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hauptstadt des Saarlandes bzw. direkt an der deutsch-französischen Grenze befindet. Hier gastierten wir in einer herzlich geführten Airbnb-Unterkunft, die strategisch gut ausgesucht war:
Das Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ in Reichweite, Saarbrücken quasi um die Ecke und im Ort selbst war ein angesehenes Sternelokal, das seit nunmehr 41 (!!!) Jahren von zwei Schwestern geführt wird und das sich seit 1990 mit einem Michelin-Stern schmücken darf, beherbergt.
„Beherbergt“ passt in diesem Falle wie der berühmte Deckel auf den Topf, denn in diese „gute Herberge“ (Restaurant La Bonne Auberge) ging es dann auch am Abend zuvor. Der enthusiastische, nach bewährter „Elsassinatorenmanier“ verfasste „Kurzbericht“ kann bei den Kollegen von Tripadvisor gerne eingesehen werden. Den Link dorthin erspar ich euch an dieser Stelle, denn zu viel Eigenwerbung ist ja bekanntlich schlecht fürs kulinarische Karma.
Am Samstagabend sollte es jedoch etwas bescheidener zugehen. Da mein Vater den kleinen Köstlichkeiten aus rohem Fisch und gesäuertem Reis grundsätzlich zugeneigt ist, suchte ich nach einem geeigneten Sushitempel und stieß auf das bei TA sehr gut bewertete „Akira – Japanese Sushi Dining“, das im Saarbrücker Stadtteil St. Johann ansässig ist.
Ein kurzer Anruf genügte und wir hatten einen Tisch für 20 Uhr reserviert. Bis dahin wäre wieder etwas frei, so die freundliche Stimme mit asiatischem Akzent am Telefon. Die Zeit bis dahin wollten wir mit einem kleinen Spaziergang an der Saar entlang füllen. Wir parkten „Am Staden“ und erfreuten uns des lauen Sommerabends, das den Saarbrücker Stadtteil St. Johann von seiner entspannten Seite zeigte.
Der entschleunigende Charakter dieses Naherholungsgebiets war nicht zu verachten. Vom Ufer der Saar blickten wir hoch zu gepflegten, geradezu herrschaftlich wirkenden Anwesen, die dieses parkähnliche Areal zwischen Bismarckbrücke und Heizkraftwerk Römerbrücke prägten.
Unweit des von der Energie SaarLorLux AG betriebenen Kraftwerks befand sich unser kulinarisches Ziel des Abends, das in einem recht unscheinbaren, freistehenden Häuschen an der Ecke Bismarckstraße/Straße des 13.Januar untergebracht war. Erforts Schlachthof Brasserie – Ort einer erst vor kurzem abgehaltenen, lukullischen „Löwenfütterung“ – war in unmittelbarer Reichweite. Genau wie das neulich vom geschätzten GG-Kollegen Simba rezensierte Restaurant Undine, vor dem wir unser Auto abstellten. Die Parkplatzsituation hatte sich am Ende der Bismarckstraße wieder deutlich entspannt.
In dem putzigen Eckhaus war in den 60er/70er-Jahren eine kleine Bier- bzw. Tabakbude untergebracht. Die Arbeiter des nahegelegenen Schlachthofes wussten dies in ihren Pausen sicherlich zu schätzen. Ab Mitte der 80er Jahre stand das Gebäude leer, ehe der japanische Sushikoch Akira Hirose den Pavillon renovierte und im April 2017 zusammen mit seiner Frau Asuka eröffnete. Impression aus dem Gastraum (früh am Abend)
Akira Hirose hat das Sushi- bzw. Sashimihandwerk in Japan gelernt - also „vom Yanagiba auf“ könnte man sagen. Nach seinen ersten gastronomischen Erfahrungen dort, zog es ihn nach Saarbrücken, wo er mit seinen Rohfischkreationen im Restaurant Kimdo in der Mainzer Straße erste kulinarische Ausrufezeichen setzte. Dort hatte sich Akira Hirose schnell einen Namen gemacht. Die Entscheidung für ein eigenes Sushi-Restaurant ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Der Sushi-Pavillon
Auf der übersichtlich gestalteten Homepage des Ladens kann man sich vorab über die Philosophie dieses Kleinods unweit der „Daarler Brück“ (Fußgängerbrücke), die nach St. Arnual hinüberführt, informieren. Von authentischer japanischer Sushi-Küche mit qualitativ hochwertigen und stets frischen Zutaten ist da die Rede. Deren Zubereitung findet übrigens in einer offenen Küche statt, so dass man dem Meister wunderbar beim „Werkeln“ zusehen kann. Impression aus dem Gastraum (später am Abend)
Frau Asuka Hirose, die in dem gerade mal sechs Tische zählenden Lokal den Service alleine wuppt, begrüßte uns freundlich, wies uns den angedachten Tisch zu und händigte uns wenig später das in abwischbare Klarsichthüllen verpackte Speisenprogramm aus. Dieses fiel – im Gegensatz zu den meisten zeitgeistigen, panasiatischen Sushiläden – nicht überbordend aus. Dem Frische-Credo von der Homepage schien man also tatsächlich Rechnung zu tragen.
Unter den zehn verschiedenen Gerichten für vorweg traf ich auf Bewährtes aus „Fernkost“, wie z.B. Misosuppe, Edamame, Lachstatar und Tempura-Garnelen. Kinpira, japanischer Schwarzwurzelsalat mit Karotten, Konjakwurzel und Sesam, sowie die Takoyaki genannten, mit Pulpo gefüllten Teigkugeln waren mir dagegen neu.
Weiterhin zählte ich 14 verschiedene Nigiri-Varianten – darunter Exquisites wie Seeigel, echte Krabbe, Jakobsmuschel und gegrillter Aal. Vieles davon gab es auch in der Maki-Version. Herzstück der kleinen, aber feinen Sushikarte waren aus meiner Sicht die abwechslungsreichen „Rollenspiele“, die Küchenchef Akira Hirose mit Leidenschaft betrieb. Von „California“ bis „Unagi“ machte das in der Summe 14 unterschiedlich bestückte Sushi-Rollen, von denen eine appetitlicher klang als die andere.
Auch ein kleines Speisenangebot kann ja bekanntlich zu Entscheidungsnöten führen. Da kamen uns die beiden gut gekühlten Sapporo-Biere aus der 0,33l-Flasche (jeweils 3,30 Euro) gerade Recht, um nach dem Anstoßen auf unseren erlebnisreichen Tag im Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ noch ein wenig Bedenkzeit zu haben und das „Kleingedruckte“ im DIN-A5-Format noch einmal näher unter die Lupe zu nehmen.
Oder das nicht ungemütliche Innere der kleinen Frischfischklause etwas genauer zu inspizieren. Wir saßen recht kommod auf bequem gepolsterten Holzstühlen und ließen die unaufgeregt lockere Atmosphäre des Ladens auf uns Wirken. Die überschaubare Gästeschar schien sich sichtlich wohlzufühlen. Die meisten von ihnen hatten schon ihre Sushiplatten geputzt bzw. orderten einfach sukzessive weiter nach.
Mein Blick hing an der offenen Küche, wo ich Meister Hirose beim Hantieren zusehen konnte. Heller Fliesenboden, in ebenfalls heller Steinoptik verputzte Wände und die fast komplett ringsherum verlaufende Fensterfront sorgten für ein durchweg freundliches Ambiente, das später von den in die Decke eingelassenen Spots in nicht minder gemütliches Licht getaucht wurde. Alles in allem ein zwar puristisch eingerichteter, aber dennoch recht behaglicher Ort des Geschehens. Impression aus dem Gastraum (kurz vor Ladenschluss) Gemütliches Eck Hier lässt es sich aushalten...
Den kulinarischen Start ins Rohfischrennen machten drei Vorspeisen. Den bereits erwähnten Takoyaki-Teigkugeln (6 Euro) konnte ich nicht widerstehen. Auch die Garnelen im Tempurateig (6,50 Euro) entstammten meiner Idee nach „etwas Knusprigem zum Dippen“ vorweg. Mein Vater wollte den Abend zunächst mit einer heißen Misosuppe (4 Euro) begehen.
„Spicy Tuna Roll“ (11 Euro) und „Teriyaki Sake Roll“ (10 Euro) nannten sich die beiden akkurat angefertigten und säuberlich zerteilten Reiszylinder aus Avocado und Thunfischtatar bzw. gebratenem Lachs, die danach auf dunkler Keramik platziert den Weg an unseren Tisch finden sollten. Jeweils zwei von Jakobsmuschel (Hotate), Thunfisch (Maguro) und Lachs (Sake) getoppte Nigiri waren ebenfalls mit von der ersten Partie. Das Nachordern wurde da schon als Option in Betracht gezogen.
Bemerkenswert fand ich die Tatsache, dass Herr Hirose seine hausgemachte Sojasauce in zwei Varianten anbot: eine kräftigere, mit höherem Salzanteil, die speziell für die Nigiri gedacht war, sowie eine etwas leichtere Sauce mit mild-süßlichem Charakter, die besser zu den Maki-Rollen passen sollte.
Natürlich probierten wir beide aus und mir persönlich war die mildere Variante am angenehmsten. Aber zunächst lagen da ja drei heiße Teigkugeln vor mir, die von ein wenig Frühlingszwiebel getoppt wurden und in einem leicht säuerlichen Okonomiyaki-Sud badeten. Ähnlich wie die Poffertjes aus Holland werden diese etwa pflaumengroßen Teigkugeln in einem speziellen Brateisen gefertigt. Der Name bedeutet so viel wie „gebratener Krake“, womit auch seine zarte Meeresfüllung erklärt wäre. Takoyaki
Ein gelungener Start, der von drei stattlichen, dank ihres Tempurateigs nicht allzu fettigen Knuspergarnelen sowie einer wohlig duftenden Umami-Brühe aus Soja-Paste stimmig ergänzt wurde. Für die frittierten Knusperfinger hatte man Garnelen ordentlicher Qualität und Sortierung verwendet. In etwas Sojasauce gedippt, waren sie ein guter Beweis dafür, wie glücklich einfaches, aber topfrisch zubereitetes Fingerfood aus guten Produkten machen kann. Tempura-Garnelen
Auch mein Vater zeigte sich mit seiner von Tofustücken, Wakame und Frühlingszwiebeln kündenden Misosuppe hochzufrieden. „Perfektion im Einfachen!“ schien das Motto des Abends zu werden. Wir waren gespannt. Miso-Suppe
Mit zwei Klecksen Wasabi-Paste am Rand und einem à part gereichten Schälchen Gari (eingelegter Ingwer) kam die ansehnliche Sushi-Platte, welche die beiden in Häppchen zerteilten Rollen sowie die kleine Nigiri-Auswahl bereithielt. Die roten Rohfisch-Toupets aus Lachs und Thunfisch stachen aus der Reislandschaft farblich hervor. Unser erster Sushi-Gang
Dass diese Nigiri-Preziosen - genau wie die Jakobsmuschelvariante - förmlich auf der Zunge zergingen, machte das Sashimi-Erlebnis zum Einstieg perfekt. Unsere Nigiri-Auswahl (Thunfisch, Lachs und Jakobsmuschel)
Die Spicy Tuna Roll trug ihren scharfen Namen nicht zu Unrecht. Das herrlich pikant angemachte Thunfischtatar erfuhr durch die süßlich-cremige Avocado zwar „mildernde Umstände“, brannte aber am Gaumen noch spürbar nach. Spicy Tuna Roll (mit Thunfischtatar)
Charakter-Sushi! Ohne Frage. Auch mit dem gebratenen Lachs vertrug sich die birnenförmige Beerenfrucht mit dem weichen, grüngelben Fruchtfleisch sehr gut.
Die mit geröstetem Sesam bestreuten Rollen wurden von perfekt gesäuertem Reis, der trotz seiner Klebrigkeit eine leicht körnige Textur vorweisen konnte, zusammengehalten. Auf Saucenorgien aus der Quetschflasche wurde dankenswerter Weise verzichtet. Auf Trockeneisnebel übrigens auch. Der Geschmack des kurz zuvor verarbeiteten Frischfischs sollte für sich alleine stehen und tat dies auch. Da bedurfte es keinerlei Ablenkungen vom Wesentlichen. Teriyaki Sake Roll (mit gebratenem Lachs)
Genussvoll klemmten wir die kalten Reisteilchen zwischen unsere Ess-Stäbe und tauchten sie in Sojasauce, um dem Ganzen noch ein wenig mehr Schmackes zu verleihen. Natürlich wurde diese vorher mit ein wenig Wasabi-Paste geschärft. Der eingelegte Ingwer besorgte dann am Gaumen den Rest.
Der Sättigungsprozess schritt zwar häppchenweise voran, erlaubte aber noch zwei Rollen als Zugabe, was uns eine zweite Sushi-Welle einbrachte. Mit der von rotem Thunfischfilet getoppten Tuna Roll (11 Euro) sowie der mit frittierter Garnele gefüllten Crispy Shrimp Roll (12 Euro) machten wir genau da weiter, wo wir bei ihren reisummantelten Vorgängern aufgehört hatten. Crispy Shrimp Roll (mit Tempura-Garnele) Tuna Roll
Zwei weitere Flaschenbiere der Marke Sapporo durften dazu nicht fehlen.
Zum süßen Finale gönnten wir uns noch ein japanisches Gebäck in Form eines Fisches. Das traditionell mit Anko, einer süßen Bohnenpaste, gefüllte Taiyaki (4 Euro) war keine allzu klebrige Angelegenheit. Aber warum sich dieses Waffelgericht in Japan so großer Beliebtheit erfreut, erschloss sich mir beim Verzehr nicht unbedingt. Taiyaki
Hochzufrieden verließen wir als letzte Gäste dieses Kleinod gehobener Rohfischverarbeitung und waren uns einig, solch eine tolle Qualität nicht allzu oft zwischen die Ess-Stäbchen geklemmt zu bekommen. Dass der Laden etwas unter dem Hashimoto-Radar läuft, tut ihm vielleicht sogar ganz gut. Das Preis-Genuss-Verhältnis hat jedenfalls gepasst. Und nach dem Gourmetabend in der Bonne Auberge (Stiring-Wendel) fiel uns das Saarvoir-vivre im Stadtteil St. Johann gar nicht mal schwer.
Wenn Sushi, dann bitte so wie im Akira, das ich jedem in Saarbrücken weilenden Rohfischversteher nur wärmstens empfehlen kann. Herr Hirose ist ein Meister seines Faches, der ganz ohne Chichi und Kinkerlitzchen frische Produkte aus dem Meer in köstlichen Reisgebilden versteckt. Heißer Tipp? Ja klar, aber auch irgendwie ein kalter... ;-)
Anfang August verschlug es meinen Vater und mich übers Wochenende ins ehemalige Lothringer Steinkohlerevier, genauer gesagt nach Stiring-Wendel, einer vom Bergbau geprägten („Quartier Habsterdick“, „Grube Wendel“) französischen Kleinstadt, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hauptstadt des Saarlandes bzw. direkt an der deutsch-französischen Grenze befindet. Hier gastierten wir in einer herzlich geführten Airbnb-Unterkunft, die strategisch gut ausgesucht war:
Das Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ in Reichweite, Saarbrücken quasi um die Ecke und im Ort selbst war ein angesehenes Sternelokal, das seit nunmehr 41... mehr lesen
Akira - Japanese Sushi Dining
Akira - Japanese Sushi Dining€-€€€Restaurant068190670681Straße des 13. Januar 32A, 66121 Saarbrücken
4.5 stars -
"Sashimi, Sushi, Saarvoir-vivre! Oder: wie uns ein japanischer Rohfischexperte einen genussvollen Sommerabend in Saarbrücken bescherte" marcO74Anfang August verschlug es meinen Vater und mich übers Wochenende ins ehemalige Lothringer Steinkohlerevier, genauer gesagt nach Stiring-Wendel, einer vom Bergbau geprägten („Quartier Habsterdick“, „Grube Wendel“) französischen Kleinstadt, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hauptstadt des Saarlandes bzw. direkt an der deutsch-französischen Grenze befindet. Hier gastierten wir in einer herzlich geführten Airbnb-Unterkunft, die strategisch gut ausgesucht war:
Das Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ in Reichweite, Saarbrücken quasi um die Ecke und im Ort selbst war ein angesehenes Sternelokal, das seit nunmehr 41
Besucht am 05.08.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 32 EUR
Der letzte Bericht über das „Drei Mohren“ in Kandel liegt schon ein paar Jahre zurück. Nicht dass ich dieses Haus für Knusper-Hendl-Freunde absichtlich gemieden hätte, die Besuche dort wurden in den letzten Jahren immer weniger, da bei aufkommender Lust auf krossfrittierte Grillhähnchen häufig der über den Rhein hinweg bekannte Branchenprimus „Gockelburg“ in Wörth-Maximiliansau angesteuert wurde.
Egal, ob nun der Name des Lokals politisch korrekt ist oder nicht. Da sich das Gasthaus nun schon seit ewigen Zeiten so nennt, scheint niemand Anstoß daran zu nehmen. Und mir ist es ehrlich gesagt auch „Wurschd“, da ich die sympathische Betreiberin Annette Rimmel seit vielen Jahren kenne und sie seit jeher sehr leidenschaftlich, aber natürlich fernab jeglicher, rassistischer Gesinnung ihren Laden führt.
Mit meinem guten Freund und Schulleitungskollegen, der ganz nebenbei auch als Präsident unserem Schlemmerclub vorsteht, ging es Anfang August in das etwas in die Jahre gekommene Gasthaus, das schon 1962 den Sängern vom Männergesangsverein „Volkschor Kandel“ als Ort für ihre Chorproben diente. Natürlich waren wir beide in der vollen Absicht dorthin gefahren, dem populärsten deutschen Haustier, dem halben Hähnchen, in seiner knusprigsten Form zu frönen.
Nur die aufziehende Regenfront bereitete uns an diesem schwülwarmen Donnerstagabend etwas Sorgen, da wir im hübsch angelegten Biergarten, also quasi unter freiem bzw. beschirmten Himmel Platz genommen hatten. Die jungen Mädels, die man im Service als Aushilfen beschäftigt, hatten bei etwa halber Auslastung des Außenbereichs noch nicht den ganz großen Stress.
Beim Durchstöbern der letzten Einträge über das „Drei Mohren“ auf dem Reise- und Gastroportal Tripadvisor wurde ich auf zahlreiche „Bewertungen“ aufmerksam, bei denen das Servicepersonal als „unhöflich“, „mega unfeundlich“, „unmotiviert“ und „schnippisch“ bezeichnet wurde. Diese Einschätzung kann ich nicht teilen.
An dem Abend, als wir dort einkehrten, war es für die jungen Bedienungen wahrlich nicht einfach, die Situation bei einsetzendem Regen gut zu meistern. Aber mit beherztem Einsatz und entsprechend nassen Klamotten gelang es ihnen doch. Und freundlich war unser Mädel vom Service allemal.
Gut, vielleicht könnten ein paar Abläufe noch optimiert werden, damit z.B. die Getränkebestellung bzw. deren Ausschank etwas schneller vonstattengehen kann. Vielleicht wurden die „extrem langsamen“ und „unfreundlichen“ Servierkräfte aber auch ausgetauscht. Wir jedenfalls fühlten uns gut versorgt und konnten keinerlei Überforderung beim Personal feststellen. Wie es bei gutem Wetter und entsprechend vollerem Biergarten gewesen wäre, kann ich natürlich nicht sagen.
Am Speisenangebot hat sich in all den Jahren nichts geändert. Auch preislich ist man sich im Großen und Ganzen treu geblieben. Der Aufregung eines TA-Schmierfinks über die „extrem teuer“ gewordenen Speisen und Getränke würde man nicht nur in städtischen Räumen mit Kopfschütteln begegnen.
Dass die halben Hähnchen vor rund 5 Jahren noch 5,50 Euro kosteten und nun mit 7 Euro zu Buche schlagen, ist wenig verwunderlich. Allgemeine Teuerung, Inflation, Corona und andere Preistreiber haben in nahezu allen Bereichen des Lebens zu spürbaren Aufschlägen geführt – da blieb die Gastronomie natürlich nicht außen vor.
Dennoch übt man sich hier in puncto Preispolitik in gästefreundlicher Zurückhaltung. Die Flasche Mineralwasser (0,7l) belief sich auf noch nachvollziehbare 4 Euro, während man für einen Radler in der 0,4-Liter-Klasse ganze 3 Euro hinblättern durfte. So viel zu den „überteuerten“ Getränkepreisen des Gasthauses, wie sie auf anderen Portalen „fachmännisch“ beurteilt wurden.
Neben dem „Signature-Dish“ des Hauses, dem röschen Halben mit Brot, werden auch weiterhin diverse Kleingerichte angeboten. Chicken Wings (als Dutzend oder halbes Dutzend), gefüllte Champignons, gebackener Schafskäse, Gemüserösti, Pommes frites und gemischte Salate in zwei Größen stehen nach wie vor auf dem überschaubaren Speisezettel des Hähnchenlokals.
Die Hähnchen sind – genau wie in der Maxauer Gockelburg – in verschiedenen Schärfegraden erhältlich. Mein Kollege entschied sich für die „mittelscharfe“ Variante, die mit ordentlich Pfeffer auf der knusprigen Hühnerhaut aufwartet. Mich verlangte es nach einem „scharfen Halben“, bei dem dann auch Cayenne-Pfeffer und/oder geschrotete Chilischoten zum Einsatz kommen. Das macht besonders die ersten heißen Hühnerhappen zu einem einbrennenden Geschmackserlebnis. Hot Chick
Eine Portion Pommes (3 Euro) zum Teilen ergänzte die schlichte Brotbeilage. Vorweg orderten wir noch zwei kleine Salate (jeweils 4 Euro), in erster Linie um die Wartezeit ein wenig zu verkürzen. Außerdem schmecken die mit leicht säuerlichem Joghurtdressing angemachten Frischeteller auch ganz passabel. Kleiner Salat mit...
Das mit Radieschen, Tomaten, Petersilie, Frühlingszwiebeln und Ei dekorierte Blattgrün war auch diesmal ein verlässlicher Vorbereiter auf den „etwas“ fettiger ausfallenden Hauptgang, dessen bloßer Geruch mir jedes Mal das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. ...frischen Zutaten
Pünktlich zur Ankunft des Brutzelbroilers öffnete der Himmel seine Schleusen. Zwar blieben Blitz und Donner fern, aber trotz aufgespanntem Sonnen- äh Regenschirm wurde es recht unangenehm. Von der ursprünglichen Tischfläche war nur noch ca. ein Drittel nutzbar. Auch am Nachbartisch sah es nicht besser aus. Die kleine Gruppe von Elsässern musste sich ähnlich zusammenkauern wie wir, um sich vor Durchnässung zu schützen.
Die Abstandsregel zwischen unseren beiden Tischen musste aus ebendiesen Gründen etwas lockerer ausgelegt werden. Nachbarschaftshilfe und Infektionsschutz wollten an der Stelle einfach nicht so recht zusammenpassen.
Schon bei schönem Wetter ist der schiere Anblick eines frisch dem Fettjacuzzi entstiegenen Frittiervogels eine recht mundwässernde Angelegenheit. Das Kandeler Halbe (Schenkelansicht)
Wenn es um einen herum aber so richtig wie aus Kannen gießt, dann steigert sich der Genuss eines solchen Gummiadlers noch um ein Vielfaches. Einfach mal ausprobieren!
Da saßen wir also unter luftiger Plane und futterten das unfassbar saftige und rustikal gewürzte Geflügel mit unseren Händen. Das Kandeler Halbe (Flügelansicht)
Das bisschen Altsteinzeit konnte uns an diesem regnerischen Augustabend wahrlich nichts anhaben. Natürlich sind die Hühner bei dem abgerufenen Preis nicht vom Bio-Bauernhof um die Ecke. Das kann jeder an einem Flügel abzählen. Man setzt hier auf solide Großmarktqualität (C&C), wie sie in Sachen Fleisch von vielen Gastronomen gerne in Anspruch genommen wird.
Auch klar: so ein Teil kann und sollte man sich vielleicht nicht jede Woche einverleiben. Dafür ist die Angelegenheit dann doch etwas zu fettig. Aber dreimal im Jahr gönne ich mir solch eine knusprige Halbhuhnerfahrung schon. Zwischen den hier servierten Exemplaren und den ausgetrockneten Drehschwindeleien vom Hühner-Grill vorm Supermarkt liegen nämlich Welten.
Der letzte Bericht über das „Drei Mohren“ in Kandel liegt schon ein paar Jahre zurück. Nicht dass ich dieses Haus für Knusper-Hendl-Freunde absichtlich gemieden hätte, die Besuche dort wurden in den letzten Jahren immer weniger, da bei aufkommender Lust auf krossfrittierte Grillhähnchen häufig der über den Rhein hinweg bekannte Branchenprimus „Gockelburg“ in Wörth-Maximiliansau angesteuert wurde.
Egal, ob nun der Name des Lokals politisch korrekt ist oder nicht. Da sich das Gasthaus nun schon seit ewigen Zeiten so nennt, scheint niemand... mehr lesen
Gasthaus Zu den Drei Mohren
Gasthaus Zu den Drei Mohren€-€€€Gasthaus, Imbiss, Biergarten07275617332Landauer Straße 7 a, 76870 Kandel
4.0 stars -
"The smart side of the Huhn" marcO74Der letzte Bericht über das „Drei Mohren“ in Kandel liegt schon ein paar Jahre zurück. Nicht dass ich dieses Haus für Knusper-Hendl-Freunde absichtlich gemieden hätte, die Besuche dort wurden in den letzten Jahren immer weniger, da bei aufkommender Lust auf krossfrittierte Grillhähnchen häufig der über den Rhein hinweg bekannte Branchenprimus „Gockelburg“ in Wörth-Maximiliansau angesteuert wurde.
Egal, ob nun der Name des Lokals politisch korrekt ist oder nicht. Da sich das Gasthaus nun schon seit ewigen Zeiten so nennt, scheint niemand
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Draußen vor dem Tore
Schon von außen versprüht das äußerst idyllisch, direkt am Waldrand gelegene Restaurant mit angeschlossenem Gästehaus einen ganz besonderen Charme, dem man sich nur schwer entziehen kann. Wie man sich wohl auf der lauschigen Terrasse vor dem alten Sandsteingebäude an einem warmen Sommerabend fühlen mag, wenn der Blick auf die Lichter der sich vor einem erstreckenden Rheinebene fällt…? Eine Frage, die ich mir im Rahmen unserer letzten „Clubsitzung“ Anfang Dezember beim Betreten des Anwesens stellte und deren Beantwortung ich mir für den Sommer 2022 fest vorgenommen habe.
Schon zu ihren Gimmeldinger Zeiten hatte ich einen Besuch beim kongenialen Gastronomenpaar Friedrich/Mix auf meiner kulinarischen To-Do-Liste vermerkt. Dazu kam es leider nie. Das große Angebot an guten Einkehradressen im Raum Neustadt führte mich zwar ins Moro nach Gimmeldingen, in die Eselsburg nach Mußbach, ins Esszimmer in der Neustadter Altstadt und auch in die im gleichen Ortsteil Haardt gelegene Quetschekuche Stubb ein paar Straßen weiter bzw. drunter, doch in die Spinne verschlug es mich bisher noch nie. Und das, obwohl ich nun wahrlich kein Arachnophobiker bin.
Nach den letzten, eher von gutbürgerlich-deftiger Hausmannskost geprägten Zusammenkünften unseres Gaumenquartetts (Bauer’s Stuben in Venningen, Carls Wirtshaus in Karlsruhe), war es mir gewissermaßen ein Anliegen, die drei anderen Genusshelden mal in etwas gehobenere – jedoch nicht abgehobene – kulinarische Bahnen zu lenken.
Da bei uns jedes Clubmitglied abwechselnd den Ort des gemeinsamen Verzehrs bestimmten darf und nun der Schreiber dieser Zeilen an der Reihe war bzw. über die Entscheidungsgewalt verfügte, rief ich knapp zwei Wochen vor dem anvisierten Termin in der Spinne an. Ein erster freundlicher Plausch mit der sympathischen Chefin am Telefon machte die Reservierung für vier Personen perfekt. Meine Vorfreude war riesig. Bei den drei übrigen Kulinarkumpanen herrschte dagegen großes Rätselraten.
Der mittlerweile auch auf diesem Portal angemeldete „Futtersucher“ (in Sachen adäquater Kinderverköstigung, Anm.) hatte einen guten Riecher, als er erfuhr, dass wir in Richtung Neustadt unterwegs sein würden. Der ausgebuffte Pfalzkenner hatte doch tatsächlich die Spinne als mögliche Einkehradresse auf dem Radar. Seinen prophezeienden Worten sollten Taten folgen.
Der Einzige in unserer Runde, der stets auf Alkohol verzichtet – hat ihm noch nie geschmeckt (!) –, hatte sich freiwillig zum Fahrer erklärt. Von Wörth aus ging es dann über Böbingen nach Neustadt-Haardt, dessen Steillage für durchdrehende Reifen beim Ergattern des letzten Parkplatzes vor dem Anwesen sorgte.
Ein paar Stufen ging es noch hinauf, dann betraten wir die Räumlichkeiten der Spinne. Bald war Frau Mix zur Stelle und begrüßte uns in ihrer herzlichen Art. Sie kontrollierte unsere Impfnachweise, fragte nach unseren Jacken und Mänteln und führte uns an einem recht "grünen Nebenzimmer" vorbei
Das grüne Nebenzimmer
durch den stimmig dekorierten Gastraum
Impression aus dem vorderen Gastraum
in ein wunderschön eingerichtetes Sandsteingewölbe, das jede Menge Atmosphäre verströmte.
Unser Genussgewölbe
Die in elegantem Weiß erstrahlenden Tische, das indirekt angestrahlte, freigelegte Mauerwerk, die mit hochkarätigen, bereits ausgetrunkenen „Flaschenzeugen“ dekorierten Nischen
Längst ausgetrunkene Schätze als Deko
und die von einer Lichtleiste baumelnden Kugelleuchten prägten diesen Ort gediegener Behaglichkeit.
Ambiente pur!
Herr Friedrich klärte uns später bei einem netten Gespräch am Tisch darüber auf, dass hier früher die Dynamitstangen für die Sprengungen im nahegelegenen Steinbruch lagerten. Dass wir uns dies ja hätten denken können, da wir vorher selbst die ein oder andere Gaumenexplosion verspüren durften, teilten wir im umgehend mit. Es freute ihn sichtlich und er plauderte noch eine ganze Weile mit uns über die bereits geltenden, sich bald abändernden, aber hoffentlich nicht so lange andauernden Regeln in Pandemiezeiten.
Dass hier die Platzabstände vorbildlich eingehalten wurden, das Restaurant mit Luftfilter ausgestattet war, die Tische nur einmal pro Abend vergeben wurden, das komplette Team der Spinne durchgeimpft war und die 2G+-Regel mit Selbstverständlichkeit eingehalten wurde, sei an dieser Stelle mal erwähnt. Doch selbst die Umsatzeinbußen, die aufgrund des eingeschränkten Platzangebots zwangsläufig sind, schlugen sich nicht auf die Stimmung des Küchenchefs nieder. Ganz im Gegenteil. Er wirkte sehr aufgeräumt und in sich ruhend. So sah jedenfalls kein Gastronom aus, der sich vor der Zukunft allzu große Sorgen machte.
Zurück zum Tisch bzw. den Tischen. In unserem gemütlichen Nebenraum standen gleich deren drei in weißes Leinen gehüllte Exemplare in einer Reihe. Gäste, die sich zur Wandseite niederließen, saßen auf einer komplett den Raum durchziehenden, bequem gepolsterten Wandbank. Ihre Gegenüber durften es sich auf nicht minder komfortablen Polsterstühlen bequem machen. Als wir in den Raum geleitet wurden, waren die ersten beiden Tische bereits besetzt. Zwei Pärchen ließen es sich sichtlich gut gehen. Die letzten freien Plätze wurden dann von uns eingenommen.
Frau Mix, die wohlgemerkt alleine den Service wuppte, hatte im Hauptgastraum einige Tische zu versorgen. Außerdem hatte sie noch das ein oder andere Telefonat zu führen, weshalb sie uns erst mal ein wenig Zeit zum Ankommen ließ. Zum Aperitif durfte es gerne etwas Perlendes sein. Ich fragte höflich nach, ob man denn den rubinroten Sanbittèr - anstatt wie üblich mit Mineralwasser - auch mit Winzersekt aufgießen könne. Kein Problem signalisierte mir unsere Gastgeberin.
Wenig später standen drei gutgekühlte, fruchtig-bittere Sanbittèr-Seccos (0,25l für 7 Euro) vor den durstigen Aperitiflingen.
Rubinroter Sanbittèr-Secco
Unser Fahrer ließ sich lieber reines Mineralwasser einschenken. Am Ende kamen wir auf insgesamt vier Flaschen mit sprudelnder Taunusquelle, die mit ihren jeweils 5,80 Euro pro Flasche für ein Lokal von dieser Qualität äußerst kundenfreundlich kalkuliert waren.
Schampusschamanen wären wohl routiniert zum Gläschen Veuve Pelletier Brut übergegangen, während sich Sherryschurken eher am Palo Cortado Reserva von Lustau gütlich getan hätten. Selbst die gemeine Sektdrossel hatte die Wahl zwischen einem waschechten „Kremäng“ de Loire, der zwei Jahre auf der Hefe lag, oder einem Riesling Sekt Brut von Weingut Ohler aus der Gimmeldinger Nachbarschaft. Bereits die kleine, aber fein zusammengestellte Auswahl an Aperitifen machte uns klar, dass hier mit Bedacht und fachkundigem „Schankverständnis“ zu Werk gegangen wurde. Eine Handschrift, die sich später bei der Lektüre der phänomenalen Weinkarte mehr als bestätigen sollte.
Um unseren Entscheidungsprozess in Sachen Speisenwahl etwas „aufzuknuspern“, wurde uns eine Handvoll lilafarbener Kartoffelchips mit schön ausgeprägter Marmorierung auf einer Muschelschale gereicht. Violette Knabberei zum rubinroten Apero!? Welch farbenfroher Start in den Abend.
Lila Kartoffelchips
Die Palette an Speisen, die uns geboten wurde, überforderte nicht. Drei Vorspeisen, vier Hauptgänge, ein saisonales Menü im Zeichen der Gans (wahlweise in 3 oder 4 Gängen, aber nur tischweise serviert) sowie ein paar abschließende Verführer in Süß. Mehr war nicht und mehr musste auch gar nicht. Trotzdem war die Entscheidungsfindung kein Selbstläufer. Die gebratene Entenstopfleber mit Pfälzer Pflaume, Avocado, Arabica-Kaffee und Brioche (25 Euro) klang derart spannend, dass ich drauf und dran war, jene zu ordern.
Doch der Suppenkasper in mir setzte sich mal wieder durch. Das Petersilienwurzelsüppchen mit frisch darüber gehobeltem Trüffel (9 Euro) machte knapp das Rennen bei den Vorspeisen. Einer der Kollegen schloss sich meiner winterlichen Terrinenankündigung vorbehaltlos an. Er sollte sich später über seine allererste Trüffelerfahrung noch richtig freuen. Die beiden anderen Kollegen wollten unbedingt im Frischen fischen und entschieden sich vorweg für den marinierten Kabeljau mit bunter Beete und Meerrettichcreme (18 Euro).
Wenn es schon nicht die verlockend klingende Fischvorspeise sein sollte, dann doch wenigstens die von Frau Mix vorgetragene Schuppentierempfehlung des Tages. Ein auf der Haut gebratenes Filet vom Adlerfisch (32 Euro) setzte sich dabei mit Zweierlei vom Blumenkohl ins Benehmen und wurde mit einer kräftigen Pernod-Sauce verfeinert. Wer da nicht bedenkenlos zugreift, ist selbst schuld, zumal Jörg Friedrichs Fischgerichte auf den einschlägigen Portalen und in den regionalen Gastroführern immer wieder mit Lob überschüttet wurden. Ich bestellte also den „Catch of the Day“ und – wie sich später herausstellen sollte – tat ich sehr gut daran.
Meine Kollegen wollten es beim Hauptgang fleischiger angehen lassen. Gleich zweimal wurde nach Brust und Keule von der Oldenburger Freilandgans (34 Euro) mit allem rotkrautig maronierten Kartoffelkloß-Pipapo verlangt. Den zentralen Gang des Gänsemenüs konnte man nämlich auch à-la-carte erfragen. Außerdem kam unser Fahrer nicht umhin, vom Rinderfilet „Boeuf de Hohenlohe“ mit Maisvariation, Paprikacoulis und Rotweinjus (32 Euro) zu naschen. Wer mitgezählt hat, weiß nun, dass wir uns – bis auf den vegetarischen Hauptgang (Kürbisravioli) und die gebratene Entenstopfleber – das gesamte Speisenrepertoire von Maître Friedrich an den Tisch bringen lassen wollten. Gerade bei Erstbesuchen ist eine kulinarische Querschnittsgarantie kein Nachteil.
Eigentlich wollten wir uns aus der großen Auswahl an Flaschenweinen einen feinen Tropfen aussuchen. Da wir aber, was die Korrespondenz betraf, sowohl bei den Vorspeisen, als auch den Hauptgerichten weit auseinanderlagen, gingen wir dann doch lieber den Weg des glasweisen Ausschanks. Und so kam es, dass mir Frau Mix ein Achtel von der Cuvée „R“ vom VDP-Weingut Mosbacher aus Forst (5 Euro) kredenzte.
Die feine Cuvée aus Spätburgunder und Merlot hatte trotz ausreichendem Holzkontakt noch genug dunkle, von einem seidigen Tanningerüst getragene „Beerenkräfte“, um mit dem kraftvollen Suppengang auf Gaumenhöhe zu korrespondieren.
Doch zuvor sollten uns ein paar Knabbereien die Wartezeit ein wenig verkürzen. Man reichte uns zwei Sorten vom hausgemachten Brot. Eines mit Oliven, was generell nicht so mein Fall ist, und ein unglaublich wohlschmeckendes Malzbrot. Dazu gesellten sich ein Schälchen gesalzene Butter und eines mit einem luftigen Kräuterdip.
Zwei Sorten Brot mit Salzbutter und Kräuterdip
Der erste kleine Hunger wurde quasi stullenweise des Tisches verbannt. Besonders das etwas dunklere Malzbrot fand bei uns großen Anklang. Seine süßlich duftende Krume war uns definitiv kein Korn im Auge, sondern ein fluffig-röstiges Beispiel für tadellos ausgeführte Backwerkskunst. Herr Friedrich war anscheinend ein echter Allrounder.
Unser Favorit: das Malzbrot
Bevor ich gleich zu den kleinen Aufmerksamkeiten aus der Küche komme, noch ein paar Worte zu dem von Frau Mix zusammengetragenen Kellerkompendium. Auch wenn wir aus besagten Gründen keine Flasche orderten, so blätterte ich mich durch eben jenes und kam aus dem Staunen nicht raus. Neben einem „gerüttelt Maß“ an Champagner – ich zählte ein gutes Dutzend Bouteillen (u.a. Roederer, Mött, Taittinger und Wöff) – und Winzersekt aus der Nahe und natürlich der Pfalz, machte man sich die Mühe, die gelisteten Weiß- und Rotweintrauben kapitelweise kurz vorzustellen.
Man konzentrierte sich auf des Pfälzers Lieblingsrebe, den Riesling, von welchem allein an die 40 (!) verschiedenen Positionen auf den gemeinen Weißweinzombie einprasselten. Die GGs (Großen Gewächse) gar nicht mitgezählt. Aber auch neben dem „König der Weißweine“ gab es viel Spannendes zu entdecken. Ein Chenin Blanc vom benachbarten Weingut Zeter (Neustadt-Haardt), ein Auxerrois aus dem Holzfass vom Weingut Schwaab aus Maikammer und ein Grauburgunder „sur lie“ (= auf der Hefe) vom VDP-Winzer Georg Mosbacher aus Forst, um nur einige der außergewöhnlichen Trouvaillen hier mal zu nennen.
Auch für Freunde des roten Rebsaftes war bestens gesorgt. Die kräftig-würzige Cabernet Sauvignon / Merlot Cuvée „S“ vom Weingut Bernhart aus Schweigen wurde für faire 48 Euro angeboten. Ein Wein, für den man schon im Laden gute 22 Euro locker machen muss. Der aber jeden Cent wert ist, wie eine vorweihnachtliche Flaschenleerung letztens ergab.
Dass man hier noch den 2011er Heiligenberg Syrah vom 2014 leider verstorbenen Ausnahmewinzer Joachim Hollerith aus Maikammer im Keller hat, überrascht sicherlich nicht nur Verehrer des dichten roten Stoffes. Aber auch andere Prachtstücke, wie beispielsweise den mächtig-konzentrierten Aalto aus der Ribera del Duero oder den saftigen Châteauneuf-du-Pape von Château Mont-Redon, findet man nicht allzu oft auf deutschen Weinkarten. Und zu solch konsumentenfreundlichen Preisen schon dreimal nicht.
Soviel Weinsimpelei musste an dieser Stelle mal sein. Keine Frage, diese Flaschenweinfibel war ein wahres Fest für jeden Rebsaftaficionado. Ich kenne Leute aus Bremen und Rheine, die würden da wohl beherzt zugreifen. Und niemand könnte es ihnen verübeln…
Zurück zu den Amuses. Die steckten allesamt in den Löchern sogenannter Seepocken. Diese an zusammengeklebte Muscheln erinnernden Meeresgebilde haben nicht nur in Aquarien ihre Daseinsberichtigung, auch zur Präsentation kleiner Speisen eignen sie sich hervorragend.
Amuses in der Seepocke
In unserem Falle war das eine mit Auberginenpüree gefüllte Filoteigflöte (=Cornet), die von einem cremigen Avocado-Dip getoppt wurde, sowie ein herrlich nach Orient schmeckendes Falafelbällchen, das auf einem kleinen Holzspieß steckte.
Ideal zum Aus-der-Hand-essen oder auf Deutsch gesagt: lecker Fingerfood zum Reingrooven. Besonders das luftige Auberginenhörnchen ist mir positiv in Erinnerung geblieben. Eine dezente Säure (wahrscheinlich von der Zitrone) machte diese hervorragend abgeschmeckte Miniatur zu einem ersten kleinen Gaumenerlebnis.
Auberginenpüree in der Filoteigflöte
Ein klarer Fingerzeig in Richtung Mut zur Säure, wie ich ihn aus der französischen Küche kennen und schätzen gelernt habe. Na, das ging ja gleich mal gut los.
In unserer Zeitkapsel namens „Gewölbekeller“ war die Stimmung bestens. Zumindest an unserem Tisch. Das mit reichlich Hautevolee-Gehabe ausgestattete Pärchen am Nachbartisch rümpfte bei der redlichen Cuvée Gaudenz vom Weingut Knipser aus Laumersheim die etwas zu hochragende Weinnase. Solche „gehaltlosen Weine“ würde man höchstens zum Kochen verwenden.
Gut, dass wenigstens meine Rotwein-Cuvée vom unqualifizierten Geschwätz der „Expertin“ vom Nebentisch nicht sauer wurde. Egal, wir ließen uns die gute Laune nicht vermiesen. Dafür war dieses Clubtreffen vor Weihnachten im Kreis der vier Wörther Foodfellas einfach zu gelungen.
Vorhang auf für unsere Vorspeisen. Erdig-würzig duftete mir das Petersilientraumsüppchen entgegen. Aromatisch dicht, aber wunderbar dünnflüssig abgebunden. Jeder einzelne Löffel war mir ein Fest. Ein unglaublich tiefgründig schmeckendes Terrinenerlebnis, deren Verfeinerung durch die Trüffelspäne den letzten Kick am Gaumen bedeutete. Suppenchef Friedrich hatte in der Küche ganze Pürierarbeit geleistet, keine Frage.
Petersilientraumsüppchen mit Trüffel
Neben mir türmte sich der vorher bei 50 Grad Sous-vide gegarte Kabeljau des Kollegen. Säure (Marinade), Frische (Ringelbeete, Kräuter) und erdige Würze (Pilze) trafen hier auf einen butterzarten Meeresbewohner. Eine alle Ingredienzien aromatisch umarmende, nicht zu scharf geratene Meerrettichcreme lauerte im Inneren der lauwarm servierten Fischvorspeise, die schon rein optisch eine gewisse französische Leichtigkeit ausstrahlte.
Filigranbau vom Kabeljau
Zweifellos ein Gang bei dem Jörg Friedrichs „Haardt Cuisine“ seinem französischen Vorbild die Honneurs machte. Meine Kollegen waren begeistert von ihrem tadellos zubereiteten Vorweggericht, das auch meinen Geschmack getroffen hätte.
Nochmal der marinierte Kabeljau
Noch vor dem Hauptgang bat ich Frau Mix, mir einen geeigneten Weißwein auszusuchen. So kam ich zu einem Achtel 2020er Sauvignon Blanc Fumé (4,50 Euro) vom Weingut Mosbacher aus Forst. Kein grasgrüner Sauvignonstandard, sondern ein eher cremiger, von reifen Aromen geprägter Vertreter seiner Zunft.
Mein Weißwein zum Fisch
Gut eingebundenes Holz – auch Mosbacher vertraut auf französische Eiche – und eine samtige Textur am Gaumen ließen mich meine kleine Weinreise an die Pfälzer Loire antreten. Beste Bedingungen also für die baldige Ankunft des Adlerfischs.
Der dann auch nicht mehr lange auf sich warten ließ. Die beiden mit krosser Haut und noch leicht glasigem Fleisch perfekt in Szene gesetzten Filets waren auf seidiges Blumenkohlpüree, etwas Blumenkohlbrunoise und eine mit Pernod verfeinerte Nage gebettet. Letztere war aus dem Fond der Karkassen gewonnen und präsentierte sich als wunderbar harmonisch ausbalancierte Fischsauce, die nach allen Regeln der Kochkunst, doch ohne jegliche Krawallhuberei daherkam.
Adlerfisch an Zweierlei vom Blumenkohl in köstlicher Nage
Ein lebensfroh leuchtender Teller voller Süffigkeit, bei dessen Nebendarstellern man allerdings keine Angst vor Kalorien haben sollte. Reiner Feinschmeckerspaß mit einem Protagonisten von herausragender Qualität. Französische Klassik mit Charakter.
Hatten sie es zuvor mit ihrem marinierten Kabeljau betont leichtfüßig angehen lassen, schlugen sie nun „gans“ andere Töne an. Beim heiligen Martin, war das eine opulente Gänsemahlzeit. Brust und Keule des Oldenburger Freilandviehs lagen, von knusprig glänzender Haut überzogen, neben zwei fluffigen, mit Butterbrösel getoppten Kartoffelknödeln. Maronen, Rotkraut und Gänsejus bildeten die alles andere als kleinlaute Entourage.
Gans schön mächtig!
Ein vorweihnachtlicher Winterküchenklassiker, dem es an nichts fehlte. Und außerdem eine echte „Pälzer Portion“, die sich resolut dem Magerwahn entgegenstemmte.
Knusperhaut meets Gänsejus...hmmmm!
Mit der logischen Folge, dass die beiden Geflügelgenossen gut zu kämpfen hatten. „Adieu, Mousse au Chocolat!“ hörte ich sie schon vor dem Dessert die Gaumensegel streichen.
Ein weiterer appetitanregender Hingucker war das mit diversen Maisdeklinationen servierte Edelstück vom Hohenloher Weiderind. Allein die vom roten Wein verdunkelte Jus hätte mich zum unverhohlenen Tellerauslecken angestiftet.
Boeuf de Hohenlohe - wie man sieht eine gänzende Idee
Natürlich wurde das Fleisch im gewünschten Gargrad geliefert. Polentaquader, Maisgemüse, Popcorn, Maispüree und gedämpfte Babymaiskolben bildeten einen süßlich-sättigenden Gegenpol zum tiefgründigen Beiguss.
Mais in Variationen zum Rind
Der Fleischversteher, der sich dieses Prachtexemplar einverleibte, schwelgte in bester Saucenlaune vor sich hin. Auch dieser Teller war eine technisch makellose Verneigung vor der klassischen Kochkunst und eine wahre „Entente cordiale“ aus Süße und Würze, die zudem mit einem harmonischen Spiel verschiedenster Maistexturen überzeugte. Kann man anders machen, aber kaum besser!
So ganz ohne etwas Süßes am Gaumen wollten wir uns dann aber doch nicht verabschieden. Während der werte Biertrinker zu meiner Rechten – er hatte sich doch klammheimlich einen halben Liter Leikeim Pils (4 Euro) einschenken lassen – lieber auf Hochprozentiges in Form eines Grappas („Antica Cuvée“ zu 6,90 Euro) zurückgriff,
Der Grappa des Kollegen
wurde mit zwei herrlich luftigen Nocken vom Kokossorbet (jeweils 3,50 Euro) das süße Finale eingeläutet.
Eine Nocke Kokossorbet als süßes Finale (man beachte das Spinnennetz...)
Für mich war das der perfekte Abschluss eines in jeglicher Hinsicht gelungenen Abends. Das sahen meine drei Genusskameraden übrigens ganz genauso, weshalb ich – und das mache ich recht selten – die volle Punktzahl in allen fünf GG-Kategorien vergebe. Den Weg „auf die Haardt“ zu Frau Mix und Herrn Friedrich werde ich im nächsten Jahr bestimmt noch einmal antreten. Wahrscheinlich im Sommer und mit zwei Mädels am Start.