Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 367598x gelesen 10216x "Hilfreich" 9165x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 21.09.2015 2015-09-21| Aktualisiert am
22.09.2015
Besucht am 09.09.2015
In einer der stilleren Wohnstraße im hinteren Teil des Bremer Amüsierbezirks Steintor (aka Das Viertel) hat nach umfassender Renovierung in den Räumen des ehemaligen Divino nun das Deych eröffnet. Der Name weist auf den nahen Weserdeich hin. Aber, Moment mal: Deich mit y? Und das ohne erkennbaren Sinn (wie z. B. Mittelalter-Schmausereien)? Das kann heutzutage nur eines bedeuten: HIPSTER-Alarm!!!
Also, schnell den Hipster-Check:
1. Trägt der Koch Vollbart und ist schwer tätowiert? Check!
2. Gibt es wie zufällig Hinweise auf schwer angesagte Locations bevorzugt aus Williamsburg oder Notting Hill, aber mindestens PrenzlBerg? Check!
3. Werden "weltbeste" o. ä. Produkte angepriesen, die dann völlig enttäuschend kulinarisch verwendet werden? Check!
4. Verfügt der Laden über das ultimative Kochgerät, wahlweise direkt aus NASA-Entwicklung oder schamanischer Tradition? Check!
5. Stehen mindestens 10 Gin-, 15 Rum- und 20 Whisk(e)y-Sorten auf der Karte? Check! Check!! Check!!!
Oje.
Rückwärts wieder raus oder Augen zu und durch?
Für den Bremer Gastro-Chronisten gilt natürlich: Buten und binnen - Wagen und...Winnen!
Für die kleine Terrasse mit recht ansprechendem Außenmobiliar schien mir der Abend schon zu kühl. So trat ich ein. Der erste Raum wird von der gut ausgestatteten Theke mit aktueller farbiger Beleuchtung dominiert. Es ist recht düster und die kleinen Tische scheinen sich zu "ducken". Nicht sehr einladend. Zwei junge Damen in schwarzen Schürzen und ebensolchen Polos mit dem Logo des Lokals begrüßen mich. Eine entspricht dem Äußeren nach dem Klischee der studentischen Bedienung. Schwarze Röhrenjeans und Chucks, wilde dunkle Haare mit Dreads. Diverse Bänder ums Handgelenk und natürlich tätowierte Sterne. Die Kollegin ist von norddeutscher Natur, mit blonden Haaren und gesunder Gesichtsfarbe. Sie begleitete mich in einen großen hellen Raum. Ich war der erste Gast des Abends und erhielt daher wie erwartet den schlechtesten Tisch angeboten. Inzwischen störrisch (und an das Licht für die Fotos denkend) bat ich um einen Vierertisch am Fenster. Die Kellnerin zögerte, man könne die Belegung noch schlecht einschätzen. Nachvollziehbar. Ich versprach, ggf. an einen kleineren Tisch zu wechseln und unterschätzte dabei das Interesse an diesem Abend unter der Woche. Zum Glück musste niemand abgewiesen werden. (Hinweis für Süddeutsche: Der Gedanke, dass fremde Leute zu einem einzelnen Gast an den Tisch gesetzt werden, ist nahezu absurd.) Beim Verlassen bemerke ich, dass auch der Thekenraum und die Terrasse voll belegt sind. Kein Wunder, dass die beiden Servicekräfte ihre Arbeit teilweise im Laufschritt erledigen. Dabei meist aufmerksam und immer freundlich. Alle Achtung. Auch die ebenfalls nur zu zweit besetzte Küche schaffte es, keine ungebührlichen Wartezeiten aufkommen zu lassen.
Der Raum ist ungewöhnlich.
Fast quadratisch hat er eine große Höhe. Später schaue ich mir das Gebäude näher an. Es handelt sich um einen lang gestreckten Wohnblock, wohl der frühen 60er Jahre. Die kurze Seite steht an der Straße. Vielleicht war hier ein Gesellschaftsraum der Wohngemeinschaft. Der Innenarchitekt oder die Architektin hat sehr gute Arbeit geleistet. Weiße Wände, graubrauner Holzfußboden, helle Holztische. Die von mir wenig geschätzten Schlabberplastiksets in Flechtoptik und die dunklen Holzstühle mit roten Lederflächen setzen dunkle Akzente. Wenige Wandlampen, über die weiße Küchentücher geworfen sind (Hip, Hip). Einige aufgezogene Fotografien mit norddeutschen Küstenmotiven setzen das Thema Deych bzw. Strand um. Dazu passen wenige zurückhaltende maritime Accessoires auf den Fensterbänken. Vor den Fenstern einzelne rote Gerbera, auf den Tischen je eine kleine gelbe Rose, das sind die wenigen echten Farbtupfer im Raum. An einer Wand kaschiert eine übergroße schwarze Tafel die Raumhöhe. Geschrieben steht daran noch nichts. Doch die aktuelle Homepage preist Fleisch bzw. Fang des Tages "von der Wandtafel" an; es ist also im Werden. (Übrigens droht die HP auch, dass man demnächst etwas über "unseren Koch Tobi" und dessen "Philosophie" erfährt...) Gegenüber hängen als echte Hingucker drei große, wirklich große Besteckteile an der Wand. Und von der Decke schweben zwei große Schneeflocken, die mit warmem Licht wunderschöne Schattenspiele an die Wände zaubern. Obwohl der Raum so hell ist, wirkt er überhaupt nicht kalt. Ein großer Tisch in der Mitte ist für eine Gruppe auch mit Weingläsern eingedeckt. Das Besteck ist solide Gastroware. Ansonsten stehen auf den Sets nur umgedrehte Wassergläser, naja, nicht ganz die feine Art. Außerdem findet sich auf den Tischen in einem weißen Porzellanständer eine elegante Kerze, die von der Kellnerin auch gleich entzündet wurde, nachdem ich Platz genommen hatte. Ich empfand das Ambiente als völlig stimmig und habe mich als Einzelgast sehr wohl gefühlt. Die 5 Sterne werden durch ein Detail verhindert, das mich mal wieder sprachlos machte. Setzen sich die Wirte eigentlich nie gemütlich auf ihre Stühle? Die hinteren Stuhlbeine sind hochgezogen und bilden den Rahmen der Rückenlehne. Die Streben sind aber nach hinten gesetzt, so dass man (d. h. ich) daran gar nicht lehnt, sondern an den Kanten des Rahmens. Auf die Dauer ist das Folter. Wer denkt sich sowas aus?
Der Gastraum war bei Beginn des Abends frei von tagesaktuellen Verschmutzungen; die kürzlich abgeschlossene Renovierung verhinderte Spuren in the long run. Die hinteren Gemächer habe ich nicht besucht.
Die junge blonde Dame brachte die Karte und - oh Wunder - zieht sich wieder zurück, um mich in Ruhe stöbern zu lassen. Mit der Bestellung des Aperitifs (kleines Leffe Bruyne für 2,2€) wird zweierlei Brot gebracht. Frisch aufgeschnitten an der Servicestation hatte es eine krosse Kruste und eine luftige Krume, gute Bäckerware. Das Brot wird mit einer (sparsamen) Pfütze eines Orangen-Olivenöls serviert. Die Provenienz kann auf Nachfrage nicht genannt werden, aber flugs wurde der kleine Artefakt-Kanister geholt und es entpuppte sich als katalanisch. Für meinen Wunsch nach Pfeffer und Salz musste ich später einmal etwas auf die Aufmerksamkeit der jungen "Studentin" warten. Sie lässt ihren Blicke durch den Raum wandern, nur nicht zu mir. Suboptimal. Dann genügt aber eine kurze Geste und zwei Peugeot-Mühlen (mit Mahlgradverstellung!) werden gereicht. Warum sich der Pfeffer in der roten und das Salz in der schwarzen befindet, muss man nicht verstehen. Anders dagegen die "norddeutsche" Kollegin. Obschon nicht mehr für mich zuständig, erkennt sie, dass ich nach Abräumen des 1. Gangs vor dem leeren Tisch saß und wohl gelangweilt aussah. Jedenfalls machte sie auf ihrem Weg aus der Küche stante pede kehrt und teilte in der Küche deutlich hörbar mit, dass es bei mir weiter gehen könne. Die Nachfragen erfolgten freundlich, Dessert und Kaffee wurden angeboten und auf die ordnungsgemäße Rechnung musste ich nicht warten. Freundlich interessiert frage ich meine "Studentin", ob denn die blonde Kollegin "vom Fach" sei. Nach einer kurzen peinlichen Pause, erhalte ich die Auskunft, dass es umgekehrt sei... Hüstel, so kann's gehen mit den Vorurteilen. Erklärt aber wenigstens das penetrante "Sehr gerne!" nach jedem Wunsch des Gastes. In der Summe der beiden Servicekräften war ich positiv überrascht und sehr zufrieden, 4,5 Sterne.
Die locker gebundene Speisekarte hat einen festen Einband in grauer Holzoptik und macht kurz nach der Eröffnung noch einen soliden Eindruck. Inhaltlich herrscht kluge Beschränkung auf wenige Gerichte regionaler und leicht mediterraner Provenienz. Damit bleiben Ressourcen für aktuelle Angebote. Eine große Standardkarte in einem kleineren Laden ist sonst nur mit viel Convenience leistbar. Signature dishes gleich zwei: Das amerikanische Wagyu-Beef "voll Biss, Struktur und Geschmack", das daher zu einem Burger-Patty durchgedreht wird... Und weltbeste Spareribs vom Bellota Iberico, also von spanischen Eichelmastschweinen aus der Dehesa (gleich bei Wiki schauen, schöne Bilder). Natürlich das Superfleisch aus einem Tonofen nach jahrtausendealter japanischer Tradition... Schwein und speziell Rippchen hatte ich schon lange nicht mehr. Aber bitte die kleine Portion für 12,9€ (damals noch, Näheres beim PLV). Zuvor einen mediterranen Eichblattsalat mit Himbeerdressing und gebratenen Pfifferlingen für sportliche 10,9€. Aus der mit Verstand zusammen gestellten Weinkarte, die erfreulich viele offene Weine ab 0,1l-Gläschen anbietet, wähle ich zum Salat eine spanische Rosé-Cuvée von Baron de Ley in der Annahme vieler roter Früchte nicht nur am Gaumen. Auf der Rechnung standen dafür 2,6€. Zum Schwein gab es für 0,2€ weniger einen Merlot Ragazzo IGP. Beide Weine stellten sich als perfekt zu den Gerichten heraus. Da ich selten Rote bestelle, war ich erfreut, getroffen zu haben.
Der Salat wurde auf einem schönen Glasteller serviert und war eine Pracht. Bunt, frisch, sauber, nicht zu groß gezupft mit einer nicht zu säuerlichen fruchtigen Sauce und einigen Beeren. Die Pilze noch leicht warm, vorsichtig gebraten und voller Geschmack. Auch die Antipasti mit Basilikumpesto passten überraschend gut zu den anderen Zutaten. Weich, nicht zu sauer, die Artischocke nicht faserig. Schönes Öl, davon vielleicht etwas viel. Aber das war auch die einzige kleine Schwäche.
Keine Frage, ich war angefixt.
Die Rippchen kamen auf einem viereckigen weißen Teller. Sie wurden begleitet von erneutem Pesto (überflüssig), einer geschmolzenen Kirschtomate (belanglos), in Rotwein geschmorten Zwiebeln, die ausgezeichnet waren, mit gerade noch genügend Biss und fruchtig-würzig-süß schmeckend. Schließlich in einer kleinen Porzellanschale etwas Coleslaw, der schön knackig, aber nicht zu hart war und recht viel flüssig geratene Majonäse hatte. Alles Miniportionen, die eigentlichen Beilagen hätten dazu gekauft werden können. Wenn ich mich recht erinnere z.B. Fritten (Kartoffel oder Süßkartoffel) für 3,9€. Für mich nicht, ich wollte mich ganz den wunderbar gebräunten Schweinereien widmen. Die beiden Rippchen mit genügend Fleischanteil waren zart, aber nicht zerfallend. Sie hatten weichen, vollen Biss. Auch der kleine Fettanteil war hier der schon fast sprichwörtliche Geschmacksträger. Aber am besten war die zurückhaltend eingesetzte Marinade. Nur ein leichter würzig-süßer Hauch unterstrich den tatsächlich leicht nussiges Geschmack. Vielleicht nicht world's best, aber sehr, sehr gut.
Um es klar zu sagen: An diesem Essen gab es nichts zu kritisieren. Die kleinen Auffälligkeiten (das Pesto z. B. war in meinen Augen reine optische Spielerei) rechtfertigen nicht, hier keine Höchstpunktzahl zu vergeben, auch im Vergleich zum Schwarzen Schaf, wo es doch noch ein klein wenig geholpert hatte. Also 5 Sterne.
Auch das PLV ist unter Einbeziehung der Getränke nur knapp dahinter. Dabei lasse ich aber außer Acht, dass in der aktuellen Internetkarte die Iberico-Rippchen auf 19€ hochgeschossen sind. Für immerhin auch schon 15€ gibt's jetzt auch die Alternative aus hiesiger Zucht vom Viertel-Schlachter Safft. Da kam ich wohl gerade noch in der Preisfindungsphase, Glück gehabt...
Fazit: Interessantes Ambiente und am Herd ein Tobi! der richtig gut kochen kann. Und Produkte hat, deren Qualität er zur Geltung bringt. "Philosophie" hat das Deych nicht nötig, dafür ist es zu gut. Hingehen.
In einer der stilleren Wohnstraße im hinteren Teil des Bremer Amüsierbezirks Steintor (aka Das Viertel) hat nach umfassender Renovierung in den Räumen des ehemaligen Divino nun das Deych eröffnet. Der Name weist auf den nahen Weserdeich hin. Aber, Moment mal: Deich mit y? Und das ohne erkennbaren Sinn (wie z. B. Mittelalter-Schmausereien)? Das kann heutzutage nur eines bedeuten: HIPSTER-Alarm!!!
Also, schnell den Hipster-Check:
1. Trägt der Koch Vollbart und ist schwer tätowiert? Check!
2. Gibt es wie zufällig Hinweise auf... mehr lesen
Deych
Deych€-€€€Restaurant, Bistro, Bar, Catering042189700109Lübecker Straße 37, 28203 Bremen
4.5 stars -
"Newcomer, der Maßstäbe setzt!" DerBorgfelderIn einer der stilleren Wohnstraße im hinteren Teil des Bremer Amüsierbezirks Steintor (aka Das Viertel) hat nach umfassender Renovierung in den Räumen des ehemaligen Divino nun das Deych eröffnet. Der Name weist auf den nahen Weserdeich hin. Aber, Moment mal: Deich mit y? Und das ohne erkennbaren Sinn (wie z. B. Mittelalter-Schmausereien)? Das kann heutzutage nur eines bedeuten: HIPSTER-Alarm!!!
Also, schnell den Hipster-Check:
1. Trägt der Koch Vollbart und ist schwer tätowiert? Check!
2. Gibt es wie zufällig Hinweise auf
Eine Einladung von Geschäftspartnern bescherte mir einen Besuch in diesem vom GM empfohlenen und auf anderen Portalen hochgelobten Braunschweiger Restaurant. Obwohl die Küchenleistung die Vorschusslorbeeren nicht vollständig einlösen konnte, hatten wir einen angenehmen Abend. Eine Empfehlung kann ich ohne Bedenken aussprechen.
Das Restaurant befindet sich etwas zurück gesetzt in einem Fachwerkhaus an einer dörflichen Durchgangsstraße. Da es Bindfäden regnete, konnten wir den Außenbereich nicht nutzen. In der Diele war der Platz durch die Theke eingeschränkt, so dass die unterschiedlich großen Tische kreativ verteilt waren. Die Abstände waren dementsprechend nicht groß, aber erträglich. Im Nebenraum und der größeren 1. Etage waren wir nicht. Die Toiletten waren etwas angenähert, aber ausgesprochen sauber und frisch, was den Gesamteindruck bestätigt. Im Hauptraum hatten einige durchbrochene Zwischenwände und die niedrige Decke des Bauernhauses den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass sich die Geräusche nicht verstärkten, sondern überlagerten. Trotz des Stimmengewirrs war es möglich in vernünftiger Lautstärke ein Gespräch zu führen und man hatte nicht das Gefühl, dass der Nachbar mithört. Das Fachwerk kontrastierte mit den vollständig eingedeckten Tischen, auf denen über der weißen Tischdecke noch im 90-Grad-Winkel eine in altrosa ausgebreitet war. Das rustikale Ambiente, die edlen Tischwaren und das Stimmengewirr schufen eine angenehme, lebendige Atmosphäre, wie geschaffen für ein gehobenes italienisches Restaurant.
Gefahren drohen für solche Etablissements aus zwei Richtungen: lokale Möchtegern-Prominenz und arrogante Bedienungen (z.B Silvano in Wunstorf). Beide Risiken bestanden an diesem Abend im da Piero nicht. Das Publikum bestand außer uns drei Business-men aus diversen Paaren unterschiedlichen Alters. Besonderes Gewese hat keiner um sich gemacht. Natürlich wurden Stammgäste herzlich begrüßt, es ist ein italienisches Lokal! Aber ohne Chi Chi und auch nicht in einer Lautstärke, die die Aufmerksamkeit des ganzen Ladens auf sich zieht (und genau das ist ja auch die Absicht).
Der Service wurde meistenteils durch einen stattlichen Herrn mindestens mittleren Alters versehen. Professionell-höflich wurde angeboten, serviert, nachgefragt und auch aufmerksam (umsatzfördernd) nachgeschenkt. Dass dafür über den Tisch gelangt werden musste, war den räumlichen Gegebenheiten geschuldet. Die leise geäußerte Kritik am Hauptgericht nahm er allerdings weitgehend ungerührt zur Kenntnis. Da ich eingeladen war, kann nicht sagen, ob bei der Rechnung Zugeständnisse gemacht wurden; ich denke nicht. Essig und Öl und die Macho-Mühlen standen bereits auf allen Tischen. Etwas auffällig war, dass wir beim Wein ein "Missverständnis" hatten. Ich fragte nach einem Sauvignon aus dem Collio, der Ober bejahte und brachte eine Flasche vom Isonzo. Beides Gebiete in der Region Friaul, ja, und auch der Wein selbst war klar, dabei wunderbar rund und schmeckte sowohl zur Vor- als auch zur Hauptspeise. Trotzdem sind die Böden verschieden und man kann ja einen kurzen Hinweis geben, versuchen, den Gast zu überzeugen oder ihm eben die Wahl lassen. Ausgebügelt wurde dieser leichte Patzer durch eine ausführliche Verprobung der Dessertweine. Auch hier erschloss sich mir aber der erste, sehr fruchtig-schwere Vorschlag zu einem Pistazieneis nicht. Der sehr junge Mann, der beim Auftragen half, wächst offensichtlich in die Serviceaufgaben hinein und bleibt daher außerhalb der Konkurrenz. Ich sehe den Service bei professionellen 4 Sternen.
Wir wählten das Wochen-Menü, das jeweils auf der Homepage aktuell eingesehen werden kann.
Zunächst Burratina mit Kirschtomaten, Basilikum und kampanischen Landschinken.
Als Pasta Tagliatini mit frischen Steinpilzen.
Hauptgang Wolfsbarschfilets mit Mangold, Tomatensauce und Kartoffeln.
Drei Gänge kosten 34€, vier werden mit 42€ berechnet.
Zunächst erhielten wir jedoch reichlich frisches Ciabatta mit unglaublich krosser Kruste. Allein das Geräusch ein Genuss. Zusammen mit dem toskanischen Olivenöl und etwas gemahlenem Salz ein ebenso einfacher wie netter Auftakt.
Was ohne Weiteres auch für die Vorspeise gilt. Der Kuhmilchverwandte des Mozzarella - derzeit ein Shooting-star der gehobenen Küche - kam als ein gar nicht so kleines Säckchen auf den Teller, wie die Verkleinerungsform das hätte erwarten lassen. Die Konsistenz der Füllung war weniger cremig, als ich sie in Erinnerung hatte. Eher wie ein körniger Frischkäse, der Burrata ja auch ist, aber eben nicht hundertprozentig nach meinem Gusto. Geschmacklich jedoch tadellos, leicht säuerlich-frisch, aber eben auch sahnig. Das Wow des Tellers waren jedoch die Kirschtomaten, die ihr ganzes Sommeraroma mit Süße und einer nur leichten fruchtigen Säure anboten. Zusammen mit den hübschen Basilikumblättern eine schöne Caprese-Variante, die durch den Schinken eine rustikale Ergänzung erfuhr. Hier ging die Bewertung am Tisch etwas auseinander. Teilweise wurde mehr Geschmack erwartet. Ich war dagegen ganz froh, dass die Aromen von Käse und Tomaten nicht völlig zugedeckt wurden. Von mir daher 4,5 Sterne für die Vorspeise.
Wie auch für die Tagliatini, die von Produktqualität und sauberer Ausführung lebten. Die Steinpilze waren reichlich, nicht zu große Exemplare, nur leicht angebraten, daher noch mit guter Struktur, und erstklassigem Geschmack. Auch zum Gargrad von Nudeln gehen die Vorlieben bekanntlich von weich bis con cuore auseinander; mir war's gerade recht. Zurückhaltend ein paar Kräuter, ganz leicht mit Sahne abgezogen, frischen Pfeffer drüber, ein perfekter Gang zum herbstlichen Wetter an diesem Abend. Ebenfalls 4,5.
Nach passender Zeit für Gespräche wurde der Fisch serviert. Das Filet war zu einer Röhre aufgedreht, aufgestellt und mit Mangold(stielen) gefüllt worden. Dann etwas geschmacklich nicht zu identifierenden Käse darüber und gebacken. Das ganze schaute sehr trocken aus. War der Fisch zum Glück noch nicht, wenn auch gut durch. Geschmacklich war das Erlebnis eher neutral. Enttäuschend, aber mehr noch die recht schlichte Tomaten-Paprika-Oliven-Komposition, die einfach viel zu sauer war. Solo probiert kein Genuss, tötete sie den eh schon flachen Fisch. Aber vermutlich war die Sauce auch eher zur Anfeuchtung der ausgetrockneten Ofenkartoffeln gedacht, denen zudem fast jedes Röstaroma abging. Das kann mindestens jeder zweite Vorstadt-Italiener besser. Für den Anspruch des da Piero indiskutabel. 2,5 Sterne.
Dementsprechend machte sich Enttäuschung breit, die meine Braunschweiger Gastgeber sogleich bekämpfen wollten. Ein Dessert musste her. Während ein Teilnehmer unserer Runde auf Erdbeeren mit Sahne in Blätterteig setzte, orderte eine Zweier-Fraktion ein Pistazienparfait. Beides konnte überzeugen. Nur von einigen Früchten und einer wohl hausgemachten Sauce mit leichten Zitrusnoten begleitet, war die Cremigkeit gut und der Geschmack durch reichlich Pistazienstücke unerwartet intensiv. Außerdem gab's dadurch etwas zu kauen, was der norddeutsche Mann ja liebt (lt. Schokoladenverkaufs-Statistik: Ganze Haselnüsse! Die durchschnittliche süddeutsche Frau schätzt dagegen Nougat und Noisette.)
Bei der Präsentation war noch Luft nach oben, was auch für alle Teller galt. 3,5 Sterne.
Insgesamt reicht es beim Essen, auch unter Einbeziehung von Brot und Wein für ganz knappe 4 Sterne.
Das PLV für das Menü sehe ich knapp darunter.
Fazit: Ich hatte den Eindruck, dass sich Küche und Service etwas zu sehr auf ihren Lorbeeren ausruhen. Bei größerer Konzentration würden sicher auch wieder rundum überzeugende Ergebnisse möglich sein. Eine Empfehlung bleibt das da Piero aber ohne Weiteres.
Eine Einladung von Geschäftspartnern bescherte mir einen Besuch in diesem vom GM empfohlenen und auf anderen Portalen hochgelobten Braunschweiger Restaurant. Obwohl die Küchenleistung die Vorschusslorbeeren nicht vollständig einlösen konnte, hatten wir einen angenehmen Abend. Eine Empfehlung kann ich ohne Bedenken aussprechen.
Das Restaurant befindet sich etwas zurück gesetzt in einem Fachwerkhaus an einer dörflichen Durchgangsstraße. Da es Bindfäden regnete, konnten wir den Außenbereich nicht nutzen. In der Diele war der Platz durch die Theke eingeschränkt, so dass die unterschiedlich großen... mehr lesen
Da Piero
Da Piero€-€€€Restaurant0531 26 21 52 9Salzdahluhmer Str. 301, 38126 Braunschweig
4.0 stars -
"Gehobene italienische Küche in Braunschweig. Trotz einiger Nachlässigkeiten ein schöner Abend." DerBorgfelderEine Einladung von Geschäftspartnern bescherte mir einen Besuch in diesem vom GM empfohlenen und auf anderen Portalen hochgelobten Braunschweiger Restaurant. Obwohl die Küchenleistung die Vorschusslorbeeren nicht vollständig einlösen konnte, hatten wir einen angenehmen Abend. Eine Empfehlung kann ich ohne Bedenken aussprechen.
Das Restaurant befindet sich etwas zurück gesetzt in einem Fachwerkhaus an einer dörflichen Durchgangsstraße. Da es Bindfäden regnete, konnten wir den Außenbereich nicht nutzen. In der Diele war der Platz durch die Theke eingeschränkt, so dass die unterschiedlich großen
Geschrieben am 06.09.2015 2015-09-06| Aktualisiert am
06.09.2015
Besucht am 09.08.2015
Nicht nur Portale verschwinden...
Eine Ausstellungseröffnung unseres Lieblingsmalers führte uns auf das sehr hübsche Gut Altenkamp nahe Papenburg im äußersten Norden des Emslandes. Die Nachbarstadt Leer, mit dem Zug keine 10 Minuten entfernt, liegt schon in Ostfriesland und besticht, im Krieg kaum zerstört, mit einer pittoresken Altstadt aus dem 17. und 18. Jahrhundert und etlichen reformierten Kirchen. Papenburg ist gänzlich anders, lang gestreckt an Kanälen gelegen mit vielen Kähnen und Seglern vergangener Zeiten, Mühlen und ausgedehnten Radwegen in die klare Landschaft der flachen Fehngewässer. Mit dem Auto zwischen beiden Orten unterwegs, kommt man an der neuen Meyer-Werft vorbei und wer, wie wir, Glück hat, erspäht in der Halle eines der Kreuzfahrtschiffe in ihrer ganzen Größe bis zum Kiel hinunter. Gewaltig, überwältigend, unglaublich. Dann aber wieder schnell die Augen auf die Straße!
Das ehemalige Werftgelände fast im Zentrum ist dagegen fast klein zu nennen, aber natürlich immer noch ein stattliches Industrieensemble, das ein Beispiel für gelungene Konversion zu sein scheint. Verschiedene Kunst-, Kultur- und Bildungsangebote gruppieren sich um ein Viersternehotel mit überwiegend in Türmen gelegenen, modern ausgestatteten Zimmern. In unserer Maisonette war das fest installierte Fernglas der Clou, mit dem durch die großzügige Verglasung ein schöner Blick über Ems und Land möglich war. Die Zimmerpreise scheinen mir allerdings etwas überzogen. Bis auf das noch neue, kleine Hotel im Arkadenhaus beim Rathaus fehlt es halt an ebenbürtiger Konkurrenz; für die Kleinstadt ist das Angebot aber beachtlich. Da könnte die Nachfrage der Werft und anderer großer Arbeitgeber eine Rolle spielen. Auch die chinesischen Gäste dürften nicht wegen des landschaftlich reizvollen Emslandes hier übernachten. Unerwartet gut das Frühstücksbüffet, das statt auf Masse auf Eigenständigkeit setzt. Einige ungewöhnliche Konfitüren sind mir z. B. in Erinnerung, aber besonders das Waffeleisen mit frischem Teig. Frische Waffeln mit Kirschen sind was Feines, auch am Morgen!
Der Blick durch die Fenster geht in einen schönen Biergarten, umfasst von einem historischen Rotklinkerbau und einer niedrigen Mauer, in dem wir unter einer mächtigen Rotbuche am Nachmittag einen leckeren Eiskaffee als Ersatz für das der Anfahrt zum Opfer gefallenen Mittagessen genossen hatten. Nur die Musik eines Dudelsenders störte etwas, schien aber einer Gruppe junger Menschen zu gefallen.
Der Frühstücks-"Raum" (und die Hotelbar) befindet sich im eigentlichen Highlight des Hotels, dem ehemaligen Schnürboden der Werft. In dieser hohen Klinkerhalle wurden die Holzmodel gefertigt, die dann später Vorlage für die zu endgültigen Metallteile waren. Maß wurde ursprünglich mit Schnüren genommen, der Name hat sich gehalten. Das gusseiserne Skelett der Hallenkonstruktion ist ebenso erhalten und sichtbar, wie einige beeindruckende Maschinen und insbesondere der große Bockkran einschließlich Laufkatze. Sicher nicht original, aber sehr originell ist die Lackierung aller Metallteile in türkis. Diese Farbe wird dann bei den Polstern der hellen Holzmöbel und sonstigen Wohntextilien teilweise wieder aufgegriffen. Zusammen mit den Messingaccessoires wirkt das zwar ziemlich 80er, aber in der großen Halle ergibt sich ein ganz eigenes, stimmiges Ambiente. Eben weder der erneut moderne kalte Sichtbetonlook einiger Gastrotempel, noch der gewollt shabby Holzkisten-Klinkerwand-Stil angesagter Hipsterlocations. Wir haben uns sehr wohlgefühlt. Als es gegen Abend dunkler wurde, zauberten Kerzen, Stehleuchter und insbesondere nach oben gerichtete Strahler an den Wänden eine wunderbare Atmosphäre in der Halle. Für das besondere Ambiente von mir ausnahmsweise 5 Sterne. Gleiches gilt für die Sauberkeit, wobei ich unser Zimmer anstelle eines Besuchs der allgemeinen Toiletten einbeziehe.
Der Schnürboden gibt auch dem á-la-carte-Restaurant des Hotels den Namen. Wir wollten indes auch kulinarisch etwas höher hinaus. Da das ursprünglich anvisierte, besternte Perior in Leer während der Tage unseres Aufenthalts leider geschlossen war, fiel die Wahl auf das Graf Goetzen, das Gourmetrestaurant Hotel Alte Werft. Die im Internet einsehbare Weinkarte war vielversprechend, allerdings wunderte uns die fehlende Speisekarte. Erst dachte ich auch an eine Schließzeit, aber die telefonische Reservierung war problemlos. Über das interessante Schicksal der Namensgeberin (nicht: des Namensgebers!) gibt die Homepage ausführliche Auskunft.
Von der Rezeption wurden wir dann durch die tolle Halle geschickt, an deren Ende wir etwas ratlos standen. Schließlich schauten wir durch eine Lücke in den Stellwänden, die unauffällig und einigermaßen geschmackvoll eine vielleicht 40 Quadratmeter große Ecke des Raums abtrennten. Und siehe da, um eine Station mit Edelbränden waren mehrere, verschieden große Tische mit Hochlehnern gruppiert, mit weißen Tischdecken und jeweils einer hohen weißen Gladiole. Eingedeckt waren jedoch nur zwei Plätze an einem schönen Tisch mit Blick in den Garten. Wir blieben dann auch über den Abend die einzigen Gäste in diesem übergroßen "Séparée". Immerhin hatten wir so die ungeteilte Aufmerksamkeit der jungen Commis de rang, die sehr gut ausgebildet war. Das war handwerklich alles tadellos und sehr bemüht. Auch im Foyer des Hotels belegen etliche, aktuelle Urkunden, dass man sich hier erfolgreich um den Nachwuchs kümmert. Was unserer Bedienung fehlte, war allerdings die Souveränität im Umgang mit anspruchsvollen Gästen. So etwas wächst erst mit den Jahren, hätte aber viel geholfen beim Borgfelder, der sehr verärgert war.
Und das kam so: Mit der unvermeidlichen Frage nach dem Aperitif, kaum, dass wir saßen, wurde eine recht schmale Karte überreicht. Die hielt ich für ein Versehen, da mit "Schnürboden" überschrieben. Meine Nachfrage zauberte ehrliches Erstaunen in das Gesicht der jungen Dame. Nein, eine eigene Karte habe das Graf Goetzen schon seit der Landesgartenschau im letzten Jahr nicht mehr. Bei teilweise 200 Gästen sei das nicht leistbar gewesen. Na, schön, dass das geklärt ist. Und ein Hinweis auf der Homepage war seit Oktober offenbar auch nicht leistbar. Oder wenigstens bei der Reservierung. Nein, das Restaurant bestehe quasi aus dem abgetrennten Bereich, sonst sei alles identisch, Küche, Service, Karten. Nein, ein besonderes Tagesangebot gebe es auch nicht. Sie könne aber ja mal in der Küche nachfragen, ob man etwas außerhalb der Karte für uns anbieten könne. Nö, war der Bescheid aus der Küche. Aber: "Wir können für Sie ein Amuse Geuele machen, wenn Sie sowas mögen." Mann, Mann, Mann. Was war ich geladen. Natürlich nur, weil ich Erwartungen hatte und folglich enttäuscht werden konnte. Genauer gesagt, ein wenig vera...lbert kam ich mir vor. Mein Fehler, klar...
Wie gut, dass uns aus dem Paradies drei Dinge geblieben sind: Frauen, die uns sagen, dass wir uns nicht so wichtig nehmen sollen. Hunger, der die Suche nach Alternativen verbietet. Und Alkohol, der eine verlässliche Mauer zwischen uns und dem Unbill dieser Welt errichtet. Diesen dreien vertraute ich mich an und hatte so mit der Zeit einen Restaurantbesuch, der im Rahmen gehobener Hotelküche durchaus zu einer Empfehlung führt.
Meine Frau wählte einen fruchtigen Cocktail für günstige 4,2€, mich besänftigte ein Gläschen Laurent Perrier Brut für 10,7€, neben dem Rosé aus demselben Maison der einzige Champagner. Das Wasser, sei es SP oder die nahe Emsland Quelle mit 6,2€ für den dreiviertel Liter gewohnt überzogen.
Zum Knabbern wurden Baguettescheiben und zweierlei Knäcke gereicht, wobei die Körnervariante gut, das Roggen aber ausgefallen und ausgesprochen lecker war. Als Dip/Aufstrich standen Butter, ein recht fester, dilllastiger Kräuterquark und ein wohlschmeckender fruchtiger Paprikafrischkäse zur Wahl. Gut so, denn ich hatte große Probleme, etwas Ansprechendes aus der zum einen sehr übersichtlichen Karte zu finden. Vermutlich hing es zum anderen noch mit meiner Erwartungshaltung zusammen, denn es gab überwiegend Standard-Angebote der Art "Aus dem Meer und von der Weide". Was der Tourist (vermeintlich!) erwartet, wenn er sich gefühlt in Küstennähe begibt... Die beiden Standardvorspeisen konvenierten nicht, so dass ich mich von meinem Wunsch nach etwas Ausgefallenerem sogar zum Äußersten hinreißen ließ und um eine kleinere Portion des vegetarischen Gerichts bat. War erfreulicher Weise kein Problem. Karottencrêpe gefüllt mit grünem Spargel, Lauchzwiebeln und Champignons in einer Kräutersahnesauce für 9,8€ (statt 13,5€). Danach entschieden wir uns für Zander auf der Haut gebraten, allerdings statt der vorgesehenen Fenchel-Süßkartoffeltalern begleitet von einem "spanischen" Risotto mit Serranoschinken, Oliven und Knoblauch. Das war eigentlich für die Maispoulardenbrust vorgesehen, aber der Tausch war auch hier ohne weiteres möglich, fein. Das Hauptgericht war mit 19,5€ bepreist. Die Dessertentscheidung wollten wir uns noch vorbehalten. (Es gab eine kleine zusätzliche Pfifferlingskarte, das sei zugestanden. Allerdings ist Anfang August bei heißem Sonnenschein für uns eben noch keine Pilzzeit. Inzwischen wurden die Pfifferlingen von einer kleine Wildkarte abgelöst, in der ich schon leichter fündig geworden wäre. Alle Karten sind im Internet einsehbar - aber eben unter dem Restaurant Schnürboden, nicht unter dem Graf Goetzen. Wer ahnt denn schon... Aber das hatten wir ja bereits.)
Die etwas angeberisch dick gebundene Weinkarte hat uns jedenfalls positiv überrascht, hier ist das Feinschmeckerniveau des ehemaligen Goetzen noch deutlich erkennbar. Viele deutsche Regionen mit namhaften Winzern vertreten, ebenso eine feine Auswahl von europäischen und überseeischen Anbaugebieten und Anbietern. Das Gleiche gilt für Hochprozentiges jeder Richtung. Allein das Champagnerangebot würde in der Hannoveraner Sylt-Außenstelle als arg beschränkt bewertet werden. Dafür gibt es wiederum einige Rotwein-Raritäten.
Wollte man kritteln, würde man bemerken, dass auch hier auf Sicherheit gesetzt wird, also das, was der Gast sicher als gut erkennt. Aber bei den Weinen langweilt mich ein traditionelles Angebot weit weniger, als bei den Speisen. So fiel unser interessierter Blick denn auch auf eine Trierer Karthäuserhofberg Spätlese, die für freundliche 31€, sowohl aus der Lese 2005 feilgeboten wurde, als auch als 2013er. Nach einem Blick in die Weinschränke bedauerte der Service indes, dass leider nur noch der 2005er vorrätig sei. Na, damit kann ich leben! Oder sollte es ein Wink sein, dass selbst die Spätlese nach 10 Jahren etwas müde geworden ist? Mmmh, da gehen wir mal ins Risiko und ja, vielleicht hätte ich etwas mehr Komplexität erwartet. Was uns alte Trinker indes nicht davon abhielt, zwei Flaschen für die Heimfahrt zu ordern (Oder doch lieber für die Zeit nach der abgeschlossenen Rückreise!) Der Mitnahmepreis von 15,5€ war ein gutes Argument und lange sollten die Flaschen nicht mehr liegen... Schatz, fährst du heute noch zum Glascontainer?
Los ging's aber mit den so "charmant" angebotenen Amuses, die sich als Jakobsmuschel mit einigen gedünsteten Gemüsestreifen entpuppten. Zur Deko ein Dill-Zweiglein. Nicht zum Niederknien, aber mittelgroße Exemplare, sorgfältig angebraten, nicht zu fest, mit gutem Eigengeschmack. Und das Beste an Jakobsmuscheln: Meine Frau mag sie nicht! ;-)) Ein zufrieden stellender Auftakt.
Der Für mich folgende flache Gemüsepfannkuchen war handwerklich gelungen, wobei ich Karotte weder sehen, noch schmecken konnte. Auch die Sahnesauce war gut. Nur leider, leider hatte das Gericht einen penetranten Geschmack nach grünem Lauch, gegen den alle anderen Bestandteile null Chance hatten. Zudem gehört Lauch nun zu den von mir wenig bis gar nicht geschätzten Gemüsen. Bei meiner Frau ist es gerade das Gegenteil, so dass nun ein Teller von meiner Seite des Tisches wanderte. Nach der Jakobsmuschel aus der Gegenrichtung waren Yin und Yang also wieder im Einklang.
Nach angenehmer Wartezeit wurde der Fisch serviert. Die Küche ließ sich offensichtlich zu weiteren "Angeboten" hinreißen, jedenfalls wurden außerhalb der Karte zusätzlich Blattsalate mit halben Kirschtomaten, Körnern und Feigenvierteln in einer sicher selbst gemachten Himbeeressig-Senfsauce serviert. Das angemessen große Filet mit schöner goldbraun gebratener Haut thronte auf dem Risotto, so dass sich bestätigte, dass jedes (gebratene) Gericht doch irgendwie braun aussieht. Farbe brachte ja wiederum das Dillzweiglein ins Spiel - was dem einen seine Kirschtomaten...
An diesem Gericht gab es rein gar nichts auszusetzen. Der Fisch war zwar durch, aber saftig und so geschmackvoll, wie Zander halt ist. Die Haut vorbildlich eingeschnitten und knusprig. Der Reis schlotzig, aber nicht zerlaufend. Mit reichlich Schinken, der aber nicht zuviel Salz hatte. Die Oliven setzten einen leicht fruchtigen Akzent.
Natürlich konnte meine Begleitung sodann trotz des unerwarteten Kräutercrêpe einem Dessert nicht widerstehen (merke: Geschenktes Essen hat keine Kalorien, die bleiben beim Schenker!). Erdbeerparfait mit Orangen-Chili-Confit hörte sich jetzt durchaus ambitioniert an. Der Preis von 7€ dafür günstig. Erdbeeren sind - außerhalb der hiesigen Hochsaison - nun nicht gerade meins, auch Rote Grütze esse ich lieber eigene (Der nächste norddeutscher Klassiker auf der Karte!). Aber bevor ich wieder missmutig werden konnte - da wär der gute Moselwein auch vor gewesen - bot mir unsere Servicedame ein von der Küche erstmals gefertigtes Sauerkirschsorbet an. Die Küche kann ja doch, wenn sie will; aber gerne!. Da wir auf Kaffee verzichten wollten, gab es immerhin für jeden dazu ein Gläschen Tawny Port je für günstige 3,7€ (lt. Karte Calem, gem. Rechnung Royal Oporto), der zum Geeisten fast angewärmt erschien und gerade zu den Kirschen bombastisch schmeckte! Beide Desserts waren sehr gut, das eine cremig-mild, das andere intensiv säuerlich-fruchtig, keineswegs wässrig. Ein rundum gelungener Abschluss.
Schlussendlich kamen 109€ auf die Zimmerrechnung, das verdiente Trinkgeld gab's in bar. Zu unseren Gunsten wurde nur ein einfacherer QbA-Riesling eingebongt. Ein vermutliches Versehen, das mir jetzt beim Schreiben aufgefallen ist.
Mit dem gebotenen zeitlichen Abstand und endlich weg von falschen Erwartungen muss, nein, möchte ich die Küchenleistung als gelungen und empfehlenswert bezeichnen. Allein der Crêpe ließ Karotte vermissen und die Kräutersauce traf nicht nur nicht meinen Geschmack, sondern war auch unausgewogen. Deswegen "nur" gute(!) 4 Sterne. Das PLV möchte ich wohlwollend noch etwas darüber ansiedeln.
So kann's gehen...
(Kaum waren wir im Zimmer angekommen, läutete der Meister für einen gemeinsamen Ausklang in der Bar an, so dass es nach den kulinarischen Genüssen auch noch interessante Einblicke in das künstlerische Arbeiten gab. Insgesamt ein Tag, der uns im Gedächtnis bleiben wird!)
Nicht nur Portale verschwinden...
Eine Ausstellungseröffnung unseres Lieblingsmalers führte uns auf das sehr hübsche Gut Altenkamp nahe Papenburg im äußersten Norden des Emslandes. Die Nachbarstadt Leer, mit dem Zug keine 10 Minuten entfernt, liegt schon in Ostfriesland und besticht, im Krieg kaum zerstört, mit einer pittoresken Altstadt aus dem 17. und 18. Jahrhundert und etlichen reformierten Kirchen. Papenburg ist gänzlich anders, lang gestreckt an Kanälen gelegen mit vielen Kähnen und Seglern vergangener Zeiten, Mühlen und ausgedehnten Radwegen in die klare Landschaft... mehr lesen
Restaurant Schnürboden im Hotel Alte Werft
Restaurant Schnürboden im Hotel Alte Werft€-€€€Restaurant, Biergarten, Tagungshotel049619200Ölmühlenweg 1, 26871 Papenburg
4.5 stars -
"Überraschungen im Emsland. Traditionelle Empfehlungen aus Küche und Keller." DerBorgfelderNicht nur Portale verschwinden...
Eine Ausstellungseröffnung unseres Lieblingsmalers führte uns auf das sehr hübsche Gut Altenkamp nahe Papenburg im äußersten Norden des Emslandes. Die Nachbarstadt Leer, mit dem Zug keine 10 Minuten entfernt, liegt schon in Ostfriesland und besticht, im Krieg kaum zerstört, mit einer pittoresken Altstadt aus dem 17. und 18. Jahrhundert und etlichen reformierten Kirchen. Papenburg ist gänzlich anders, lang gestreckt an Kanälen gelegen mit vielen Kähnen und Seglern vergangener Zeiten, Mühlen und ausgedehnten Radwegen in die klare Landschaft
Geschrieben am 30.08.2015 2015-08-30| Aktualisiert am
30.08.2015
Besucht am 22.08.2015
Keine vier Wochen nach Schließung des da Piero hat Das schwarze Schaf Stall und Koppel bzw. Souterrain und Garten geöffnet. Die Rekordzeit erklärt sich auch dadurch, dass kaum Korrekturen notwendig waren. Das Interieur wurde vom Vorgänger oder vom Verpächter übernommen. Durch die Verkleinerung der Servicestation, auf der jetzt nur noch die Edelbrände stehen, wurde Platz für einen weiteren (Katzen-)Tisch geschaffen. Natürlich sind die schönen Toskanabilder ebenso entfallen, wie die Ferrari-Devotionalien. Dafür prangt ein großer Spiegel an der einen Wand, dessen dunkel gebeiztes Eichenholz nicht recht zum hellen Holz der Möbel passen will. Weitere Accessoires fehlen (noch?). Zusammen mit den hochwertigen, tiefschwarzen Vliesservietten und den in Reih und Glied stehenden Viva-con-agua-Gläsern wirkt der Raum aufgeräumter, aber auch etwas kühler, insbesondere, wenn man, wie wir, zunächst allein im Gastraum ist. Dafür haben wir es erstmalig geschafft, am Fenster zu sitzen. Hat schon etwas von Schaufenster, nur in welche Richtung? Das unveränderte, überwiegend indirekte Licht und die cremefarbenen Wänden schaffen aber immer noch eine Wohlfühlatmosphäre. Der Garten hat gewonnen, ist durch etwas Licht und Deko "wertiger" geworden. Hohe Bäume spenden Schatten und ein angenehmes Mikroklima, allerdings auch das eine oder andere Blatt. Eine Sysiphusarbeit für den Wirt, der er sich aber offenbar stellt. (Auch die Sauberkeit im Innenraum war gut, als wir am Montag zur Prüfung des Mittagsangebotes vorbei kamen. Nur die Decke auf dem Nebentisch hatte einen weitgehend verblichenen kleinen Fleck. Lässlich. Es war allerdings gerade erst geöffnet worden.) Der vielbefahrene Rembertikreisel, Relikt der Träume von einer Auto-gerechten Stadt in den 60/70ern, verschwindet gnädig hinter einem teilweise begrünten Bretterzaun. An diesem frühen Samstagabend war der Verkehr viel leiser, als gedacht. Das Namens gebende Schaf (man beachte die Blümchen-Kette) "grast" friedlich und lenkt den Blick auf den teilweise schön gefliesten Boden, der daran erinnert, dass wir uns im ehemaligen Hof eines Bremer Bürgerhauses befinden. Da es doch recht holperig zugeht, lässt sich ein Wackeln der Stühle und Tische nicht vermeiden. Immerhin helfen ein paar Bierdeckel den größten Kippeleien ab. Außerdem lenkt das von dem nach wie vor unbequemen Metallgestühl ab, dessen dünne Sitzkissen eher Alibifunktion haben. Eine Reihe Tische ist nach der Art eines Fahrradunterstandes großzügig überdacht.
Während ich schreibe, ist auch die Homepage mit Inhalten online gegangen. Die Galerie zeigt schöne Bilder sowie die Abend-und die Weinkarte, die Wochenkarte dagegen bei Facebook. Nette, sehr persönliche Gestaltung dort.
In Küche werkelt ein Inhaber versiert mit einer Hilfskraft, im Service der andere (namens Schaefer, sic!), mittags und abends jeweils auch mit einer Unterstützung. Alle nicht mehr blutjung und, wenn nicht gelernt, so doch mit Erfahrung in der Gastronomie. Ob diese Besetzung reicht, wird sich zeigen. Bei unseren Besuchen war dies der Fall, zumal am Sonnabend auch die Mittagskraft anwesend war, vermutlich zur Einarbeitung. Es handelt sich übrigens um eine Tochter aus dem Hause Buccini, die schon weiland in der Bottega italiana ihrer Eltern im vorderen Teil des Fedelhörens Service-Erfahrung sammeln konnte.
Im Großen und Ganzen hat die Bedienung gut geklappt, nach dem Jeder-macht-jeden-Prinzip. Dadurch war eine Wein-Nachbestellung zweimal auf die Rechnung gelangt. Dem Chef war das Kassieren und die Weinberatung vorbehalten. Was nach jahrelanger Anstellung in der Bodega Malbec im Kontorhaus ohne Anstrengung gelang. Ansonsten ging Einiges zwar noch etwas holprig. Über die (wenigen) in der Karte verzeichneten, aber noch nicht eingetroffenen Angebote wurde nicht von vornherein informiert. (Mit traumwandlerischer Sicherheit hatte ich sowohl die fehlende Speise als auch den Wein getroffen. Der Auswahlvorgang verzögerte sich dadurch leider zulasten meiner hungrigen Frau. Beim Aperitif wartet sie schon lange nicht mehr, bis ich geruht habe zu wählen...) Die Vorspeisen (aber nicht mehr die Hauptgänge) wurden quer über den Tisch gereicht. Der eine oder andere Spruch war vielleicht etwas flapsig. Alles in allem Kleinigkeiten, die sicher der Eingewöhnung und der Unsicherheit geschuldet waren. Leichte Kritik wurde interessiert zur Kenntnis genommen, mehr aber auch nicht. Gegenüber der überbordenden Herzlichkeit der ehemaligen Inhaberfamilie Stefani hat nun eine deutlich zurückgenommene, hanseatische Stimmung Einzug gehalten. Manchem wird's gut gefallen.
Die Speisen waren ganz überwiegend sehr gut. Ausgerechnet beim Fleisch gab es Anlass zur Kritik.
Aber zunächst ein ganz großes Lob an die Betreiber für ihre Preispolitik bei den Getränken. Offenbar kann doch auf abnorme Wasser-Preise etc. verzichtet werden, ohne, dass deshalb die Speisen extrem werden müssen. Der volle Liter VcA für 5,9€ ist ebenso fair, wie 0,33l für 2,1€. Eine kleine Limo kostet 1,5€! Der offene Wein aus der kleinen Karte ist mit 4,9€ bis 6,8€ das 0,2l-Glas für norddeutsche Verhältnisse keineswegs teuer, erst recht angesichts renommierter Namen. Nochmals: Bravo!
Die kluge Beschränkung auf Qualität statt Quantität gilt auch für die abendliche Speisekarte. Vier Vorspeisen, überwiegend mit Brot, vier Salate, fünf Pastavarianten und drei Hauptgerichte mit Fleisch und zwei mit Fisch. Den Abschluss bilden zwei Dessertangebote. Neben diesen sind eine Vorspeise und je zwei Salate und Nudelgerichte vegetarisch.
Mittags standen bei unserem Besuch eine Tagessuppe für 3,5€ zur Wahl und vier Hauptspeisen zwischen 5,6€ und 7,5€ und (scheinbar) kein Dessert zur Wahl.
Am Abend wählten wir als Vorspeisen mangels der gebackenen Sardinen (die aber sicher beim nächsten Mal) von den Bruschetta-Varianten. Wir entschieden uns einmal für helles Baguette mit Gambas, mildem Chili, Aioli, süßen Tomaten, Basilikum. Das Ganze um etwas Rucolasalat sortiert. Wer's mag... Zum anderen Landbrot mit marinierter Paprika, italienischem Schinken und gehobeltem Pecorino. Im Angebot wäre auch noch der Klassiker, aber mit Parmesan überbacken gewesen. Die Macher sind schlau genug, ihre leckeren Brotangebote nicht mit Amuse zu kannibalisieren. So wird zur Überbrückung der Wartezeit zwar etwas Weißbrot gereicht, aber begleitet von intensiv schmeckenden grünen Oliven mit Stein und etwas marinierter Paprika.
Beide Vorspeisen haben uns gut geschmeckt. Nun gut, vielleicht war eine der Scheiben ein wenig zu lange geröstet worden. Aber ich will ja hier nicht als pingelig gelten. ;-)
Die Garnelenvariante schmackig-cremig. Angenehm gewürzt, nicht scharf. Die rustikale Version kräftiger, eine dickere Scheibe Schinken, die sich gut mit den eingelegten zweierlei Paprika und vor allem den kräftigen Röstnoten des Brotes vertrug. Dazu reichlich gehobelter Hartkäse. Von der Handhabung besteht allerdings Verbesserungsbedarf. Wie bei Schinken so üblich, war dieser nicht durchzubeißen. Aus der Hand gegessen bestand daher die Gefahr, die gesamte Scheibe nebst Gemüse in Öl vom Brot zu ziehen. Den Anblick wollte ich den anderen Gästen doch ersparen, auch wenn es meine Reinigung sicher gefreut hätte. Also wurde mit Besteck gegessen, was angesichts der starken Röstung auch nicht ganz einfach war. Offenbar komme ich um etwas Pingeligkeit einfach nicht herum... Als Wiedergutmachung daher: Die Präsentation war exzellent, sehr Appetit anregend. Übrigens machte hier die Kirschtomate auch kulinarisch Sinn und konnte sogar geschmacklich überraschen. Sie war geschmolzen worden und dann wieder abgekühlt, was für eine weiche Konsistenz und intensives Aroma sorgte.
Nach gerade noch angenehmer Wartezeit kamen die Hauptspeisen. Meine Frau war mit ihrem Kalbsrückensteak gefüllt mit Datteln und Pancetta in Thymianjus, sowie Buttergnocchi und Saisongemüse (Karotten, grüne Bohnen und Blumenkohl) restlos zufrieden. Auch das Fleisch war kräftig angebraten, aber nicht so dunkel, wie es auf den Bildern erscheint. Selten, dass meiner Frau ein Fleischgericht so gut schmeckt.
Ich wählte den Schmortopf vom Rind mit Chorizo, Paprika, Champignons, Chili und Rosmarin dazu Grillkartoffeln. Die sehr reichliche Portion bestach erneut (positiv!) durch kräftige Röstaromen, eine intensive Sauce und perfekt gegarte, trotz Grill "saftige" Kartoffeln. Die Knoblauchwurst war schön ausgewogen und in der Pfanne weder zu scharf noch salzig geworden.
Hier traut sich jemand, kräftig zu braten und zu würzen, was perfekt zur rustikalen Küche passt. Sehr, sehr gut!
Nur leider, leider, war das Fleisch nicht nur stark angebraten, sondern scheinbar auch zu stark weiter gegart worden. Statt zart, fast zerfallend waren die Stücke überwiegend trocken geworden. Mit der knapp bemessenen Sauce bzw. den Gemüsen war es zu essen, aber eben auch nicht der erwartete Genuss. Schade.
Gut, dass wir uns von der Chronistenpflicht zu den beiden Desserts überzeugen ließen. In der Darstellung auf dem Teller wieder sehr gelungen, wäre mir die Panna cotta zwar zu fest geraten, meiner Frau möchte sie so und lobte die gezuckerten Johannisbeeren ebenso, wie die pürierten Beeren und die karamellisierte Feige. Ich war höchst zufrieden mit meinem Joghurt-Beeren-Trifle, das schön geschichtet im Glas serviert wurde. Im Mund konnten dann Kokosflocken und (Obacht!) kleine Scho-ko-la-den-coo-kies für Überraschung sorgen. Mmmmmmh!
Dazu wurde ein Südfranzose empfohlen, den ich verschmähte. Die argentinische Malbec-Cuvee war nicht mitgeliefert worden, so dass es schließlich ein sizilianischer Primitivo für 5,1€ (0,2l) wurde, der zum kräftigen Schmorgericht sehr gut gepasst hat. Gegenüber am Tisch wurde der rheinhessische Blanc de noir vom Merlot für 10 Cent mehr gern nachbestellt. Die Zeit vor dem Essen verkürzte ein Sanbittèr (2,4€) und ein pink Port mit Tonicwater und Zitrone für 6,5€.
Am Montagmittag gefiel mir der gemischte mundgerecht zerpflückte Blattsalat mit hausgemachter Senfsauce (und einem kleinen Blättchen mit braunen Rändern, pingel, pingel) schon gut. Die leicht mehlierten, gebratenen Tintenfischringe waren jedoch wirklich wunderbar zart. Meine Begleitung aß den etwas dickeren, aber lockeren Kräutercrêpe mit Gemüse voller Behagen. Vorher hatte ich eine pürierte Steckrübensuppe, die seltsamerweise nach dem ersten Probieren nicht mehr auf meine Tischseite zurück kam. Zuvor war das Angebot eines zweiten Löffels noch entrüstet zurückgewiesen worden... Ich durfte mich mit dem dunkleren Baguette trösten, das um 12.00 Uhr noch eine sensationelle Kruste hatte. Nach dem Essen wurden wir mit einem Glas der Panna cotta unter den pürierten Beeren aufs Haus erfreut. Aus den Softdrinks hatte ich mir eine Schwarztee-Limonade ausgesucht. Statt Charitea allerdings ein sehr schmackhaftes Gebräu mit dem viel versprechenden Namen Istanbul nights (2,9€). Lecker.
Bewertung für das Essen eigentlich 4,5 Sterne. Nur Kleinigkeiten (leicht verbrannte Brotscheibe, feste Panna cotta, bräunliches Salatblättchen) verhindern die Höchstnote. Aber! So, wie das Fleisch in der Drogerie in Leipzig die Wertung auf 4 Sterne hochgezogen hat, muss es hier wg. des trockenen Schmorgerichts eine Abwertung geben.
Dafür ist das PLV meiner Ansicht nach sehr angemessen. Zu den Getränken hatte ich meine Meinung schon kund getan. Bei den Speisen schlugen das Brot mit Gambas zwar mit 11,30€ zu Buche, die Schinken-Variante dagegen nur mit 6,8€. Ebenso beim Fleisch: Das Kalb mit Pancetta 18,7€, der Rinderschmortopf mit 12,6€. Abends! Das ist in der absoluten Höhe fair, aber vor allem drückt sich die Wertigkeit der Ausgangsprodukte auch nachvollziehbar im Preis aus. Alles in allem sind wir am Sonnabend für zweimal drei Gänge mit drei Gläsern Wein und zwei Aperitifen, aber ohne Kaffee, bei 87,3€ gelandet, Mittags waren ebenfalls ohne Kaffee 22,2€ fällig.
Fazit: Tatsächlich scheint es Thorsten Lehnert und Jens Schaefer gelungen zu sein, mit einer rustikal-hochwertigen Küche eine Nische im gastronomischen Angebot zu finden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg trotz des etwas schwierigen Standorts.
Keine vier Wochen nach Schließung des da Piero hat Das schwarze Schaf Stall und Koppel bzw. Souterrain und Garten geöffnet. Die Rekordzeit erklärt sich auch dadurch, dass kaum Korrekturen notwendig waren. Das Interieur wurde vom Vorgänger oder vom Verpächter übernommen. Durch die Verkleinerung der Servicestation, auf der jetzt nur noch die Edelbrände stehen, wurde Platz für einen weiteren (Katzen-)Tisch geschaffen. Natürlich sind die schönen Toskanabilder ebenso entfallen, wie die Ferrari-Devotionalien. Dafür prangt ein großer Spiegel an der einen Wand, dessen... mehr lesen
Das schwarze Schaf
Das schwarze Schaf€-€€€Restaurant04212761724Fedelhören 36, 28203 Bremen
4.0 stars -
"Guter erster Aufschlag! Kräftig gewürzte Landhausküche mit spanischen Anklängen. Hingehen!" DerBorgfelderKeine vier Wochen nach Schließung des da Piero hat Das schwarze Schaf Stall und Koppel bzw. Souterrain und Garten geöffnet. Die Rekordzeit erklärt sich auch dadurch, dass kaum Korrekturen notwendig waren. Das Interieur wurde vom Vorgänger oder vom Verpächter übernommen. Durch die Verkleinerung der Servicestation, auf der jetzt nur noch die Edelbrände stehen, wurde Platz für einen weiteren (Katzen-)Tisch geschaffen. Natürlich sind die schönen Toskanabilder ebenso entfallen, wie die Ferrari-Devotionalien. Dafür prangt ein großer Spiegel an der einen Wand, dessen
Geschrieben am 21.08.2015 2015-08-21| Aktualisiert am
22.08.2015
Besucht am 05.08.2015
Der August ist für den Genießer ein schwieriger Monat. Viele Gourmetrestaurants nutzen die Urlaubszeit für eben diesen bzw. Um- und sonstige Baumaßnahmen. Auch das Angebot in der prosperierenden Metropole West-Sachsens war ausgedünnt. Bei der digitalen Recherche bin ich u.a. auf eine nur wenige Jahre alte Bestenliste gestoßen. Von 10 genannten Restaurants waren 7 aus den genannten Gründen oder sogar schon wieder dauerhaft geschlossen. Aber Weinlokal und Restaurant Drogerie, damals noch ein junges Projekt des "Gaumenfreude-Imperiums" nicht. Und da auch auf grundsätzlich zu vernachlässigenden anderen Portalen die Begeisterung recht konstant hohe Wellen schlägt, machten wir uns auf den gut halbstündigen Fußmarsch vom Naschmarkt in Richtung Norden nach Gohlis. Vorbei am Zoo und dem bezaubernden Gohliser Rokoko-Schlösschen liegt die Drogerie in unmittelbarer Nähe zum Schillerhaus. Die gekachelte Fassade mit Nashörnern (Drogerie-Artikel? Aphrodisiakum?) wäre auch ohne Einkehr eine Reise wert gewesen. Ebenso das Ambiente im Lokal, in dem das Interieur des namensgebenden Gewerbes erhalten geblieben und durch rustikales, gemütliches Holzmobiliar ergänzt wurde. Auch die ausgestellte Kunst hätte unsere Aufmerksamkeit verdient. Leider hatte der schöne Raum wie bei allen anderen Gästen auch bei meiner Frau keine Chance mehr, nachdem der junge sympathische Mann, der uns begrüßte, die Alternative "Terrasse" angeboten hatte. Die entpuppte sich zwar als ein Plankenaufbau im Innenhof, aber durch eine Baulücke fiel die Abendsonne noch eine Zeitlang schön herein und das Ensemble hatte einen leichten Bootsanlegerflair. Dass auf den Balkonen der umliegenden Häuser die Bewohner ihren Feierabend mit Blicken auf unsere Teller verbrachten, war nur leicht gewöhnungsbedürftig. Aber wir hatten ja auch interessiert geschaut, mit welchen Tüten die Nachbarn nach Hause kamen... Die längeren Holztische und Stühle mit schwarzen Polstern vermittelten zwar ebenfalls Ausflugsstimmung, sind aber für längere Abendbesuche ein no-go für den Rücken. Daher lieber an einen der kleinen Zweiertische, obwohl die soliden Stühle aus gebürsteten Alu mit einem straffen Geflecht eher unbequem aussahen. Ging aber doch sehr gut. Im Gegenteil zu den Tischbeinen, die permanente Sortierarbeiten meiner eigenen erforderten. Die Galerie auf der sehr schön gestalteten und gepflegten Homepage gibt einen sehr guten Eindruck.
Nach der Wahl des Tisches wurde uns von einer jungen herzlichen Dame, die uns schon eine nette Bestätigungsmail nach der Reservierung geschickt hatte, ein Aperitif in Form eines mit Prosecco aufgefüllten selbst gemachten Holundersirups kredenzt - auf Kosten des Hauses, wohlgemerkt.
Das sodann georderte Wasser für freundliche 5,5€ der ganze Liter wurde aus einer Karaffe ein- und verlässlich nachgeschenkt. Dazwischen an der Servicestation im hinteren Teil der Terrasse kühl gehalten. Vorbildlich! Was über den Service im Ganzen gilt. Nachdem ich um eine Weinbegleitung gebeten hatte, übernahm wieder der männliche Kollege, ebenfalls freundlich, kompetent, jederzeit aufmerksam und ansprechbar. Selbstverständlich wurde mehrfach, aber nicht störend häufig nach der Zufriedenheit gefragt. Und - leider gar nicht selbstverständlich - wurden unsere Rückmeldungen auch ernst genommen, so dass sich jeweils ein Austausch ergab, der nach meinem Eindruck auch die Küche erreichte. Die Aussage "Wir wollen gerne wissen, wo wir uns noch verbessern können." war absolut glaubwürdig. Lediglich einen Lapsus erlaubte sich der Service ungewollt. Mehrere Tische erhielten über den Abend eine Scheibe gebeiztes Rinderfilet als Amuse; wir nicht. Normalerweise hätte ich diesen Umstand nur hier kritisch berichtet. Da die Bedienung aber so nett war und mir doch seltsam vorkam, dass die Küche nur bestimmte Gäste grüßen wollte, sprach ich den Ober in einem stillen Moment an, als ich, der Chronistenpflicht folgend, gerade auf dem Weg zum entsprechenden Örtchen war. Große Bestürzung war die Folge, natürlich war es ein Missverständnis zwischen den beiden Servicekräften, als nach der Bestellung die Zuständigkeit wechselte. Ins gute Bild passte, dass der junge Mann selbst erkannte, dass eine"Nachlieferung" nach dem Hauptgang keinen Sinn gemacht hätte. Und erst recht, dass ich so in den kostenlosen Genuss eines 2003er Banyuls kam. Was mich wiederum zur Bestellung von Käse und Nüssen brachte. Win-Win-Situation nennt man das wohl...
Völlig hungrig waren wir bis zur Vorspeise sowieso nicht geblieben. Vielmehr wurde zweierlei Baguette, natur und Sesam gereicht, begleitet von einem nur leicht pikanten Granatäpfel-Chili-Frischkäse und einer Kerbel-Muskat-Butter, die aufgrund der an diesem warmen Tag unverzichtbaren Kühlung leider noch sehr hart war. Guter Auftakt.
Ich hatte mich für einen Wildkräutersalat mit frischen Pfifferlingen und Bacon-Chip entschieden und war sehr zufrieden. Zunächst mal stimmten die Basics, denn im Salat waren nicht wie häufig so "wilde Sachen" wie Ruccola, sondern in der Tat z. B. frischer Koriander, essbare Blüten, evtl. auch Purpurmelde sowie weitere Kräutlein, die ich nicht kannte. Dazu steuerten Cranberries in richtiger Menge Frucht und milde Säure bei. Die ausnahmslos kleinen Pfifferlinge waren sandfrei und mild angebraten. Intensiver Geschmack. Lediglich der ausgebackene Bacon fiel etwas ab, lag er doch zu lange auf dem feuchten Grünzeug und hatte dadurch seine Knusprigkeit weitgehend verloren. Zwar passte der Geschmack immer noch zu den Pilzen (ich mag ja Speck...), aber der Crunch ist für mich der eigentlich Sinn dieser Zutat. Sah der Service genauso. Den begleitenden Grauburgunder von Diehl hatte ich überraschenderweise saftiger in Erinnerung.
Es ging erfreulich weiter. Die kühle, aber nicht eiskalte Tomaten-Melone-Gazpacho war für den sonnigen Abend genau richtig, Süße, Frucht, leichte Säure, etwas Basilikum und der schon sprichwörtliche Mälzer'sche Wumms, also eine deutliche Schärfe haben den Gaumen in bestem Sinne aufgeweckt. Weißer Schaum und grünes Gras setzten farbliche, aber keine geschmacklichen Akzente. Daher wohl waren sie auch weder in der Karte verzeichnet, noch wurden sie angesagt. Dagegen war der argentinische Shiraz perfekte Begleitung, der auf der Karte nur als Flasche angeboten wurde. Meine liebe Frau begab sich in ruhigere, aber ebenso erfreuliche Bahnen. Ihr Ananas-Lauchsüppchen hätte ich probieren dürfen, doch gehört beides nicht zu meinen Favoriten. Das eingelegte Lachstartar schon eher, aber das war nicht im Probier-Angebot enthalten. Seltsam, eigentlich.
Die Terrasse hatte sich recht gut gefüllt, so dass die Wartezeit gerade zu lang werden wollte, als die Hauptgänge serviert wurden. Auf der anderen Tischseite ein farbenfroher Teller mit Steinköhlerfilet, ein Fisch, den ich als leicht mal zu trocken kennen gelernt habe. Meine Frau bestritt solche Schwächen glaubhaft. Auch die Riesengarnele konnte gefallen. Tomaten-Paprika-Gemüse brachten andere Komponenten ins Spiel, so dass nur der Kartoffelstrudel als "langweilig" etwas durchfiel. Ich hatte mich für das Drogeriepfännchen entschieden, d.h. Kalbsfilet im Serranomantel, das auf einem Bett von Kräutersaitlingen, Apfelspalten und roten Zwiebeln in einem Edelstählpfännchen gekrönt von frittiertem Ruccola serviert wurde. Auch die Beilagen, Kartoffelpüree und eine Cranberry-Reduktion waren in kleinen Le Creuset-Gefäßen angerichtet. Optisch schon mal sehr schön. Am Gaumen nicht vollends überzeugend. Allerdings war das Kälbchen nicht umsonst gestorben. Das Fleisch war perfekt, was Gargrad, Saftigkeit, Struktur und vor allem Geschmack anging. Vielleicht hatte der Schinken schon sein Bestes gegeben, um das Filet zu schützen, geschmacklich war von ihm so gut wie nichts mehr zu merken. Dagegen haben die Beilagen eher enttäuscht. Die Pilze waren o.k., auch mit schönem Biss, nicht wässrig, aber letztlich ziehe ich immer den Vergleich zur Steinpilzen und bin enttäuscht. Der Apfel war recht sauer und hätte eher zu einem Schweinebraten gepasst. Die Komposition war weder harmonisch noch spannend. Stand alles nebeneinander. Leider war auch wieder das Topping schon zu lange an der Luft, die Kräuter statt knusprig schon wieder weitgehend lappig und zäh. Der Koch, der später mit der Käseauswahl noch den Weg an unseren Tisch fand, meinte recht lapidar, dass der Kollege ihn wohl zu früh heraus genommen hätte. Und verschwand ohne weitere Worte. Na, gut zu wissen, wer Schuld hat.
(Achtung, Zivilisationskritik Anfang: Und wieder mal statt einer Entschuldigung eine Erklärung. Interessiert mich doch gar nicht, wie der Fehler passiert ist. Echtes Bedauern heilt die "Kränkung". So, misanthropisches Gequatsche Ende) Jedenfalls ist da noch etwas Luft in der Gästeansprache. Ist aber ja auch nicht jedem Koch gegeben.
Die eingedickten Cranberries waren für sich schön austariert, aber mir für das Kalb doch eine Spur zu kräftig. Aber das ist schon sehr eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und das Püree war genau das, ein fein-buttriges Kartoffelpüree, nix Stampf, nix Mousseline. Aber mehr eben auch nicht.
Was für den Wein absolut nicht galt. Unser Ober hatte mir die Entscheidung zwischen weiß und rot gelassen, was im Nachhinein nachvollziehbar war. Da auch meine Frau interessiert schien, fiel die Wahl auf einen Weißen und die Empfehlung auf einen italienischen Sauvignon. Da nicht aus dem Friaul stammend, bat ich doch um einen Klassiker von der Loire. Der 2013 Sancerre "Les Hospices" von Pierre Chainier war großartig, schlicht toll. Sogar meine Frau, die ansonsten höchstens mal für eine Riesling-Auslese zu begeistern ist, war sehr angetan. Auch hier wurde für uns "natürlich" eine Flasche geöffnet.
Ein Dessert verweigerte meine Begleitung und ich schloss mich brav an. Da ich aber wie schon beschrieben glücklich an einen Banyuls gekommen war, orderte ich eine Käseauswahl. Die enttäuschte. Nichts Besonderes, passend zur zurück genommenen Präsentation aus der Küche. Wobei ich die Geste an sich schätze. Man muss nur auch was draus machen. "Höhepunkt" war der Chaumes, ein durchaus schmackhafter, aber eben doch Supermarkt-Käse. Dafür bestelle ich sowas nicht in der gehobenen Gastronomie, da möchte ich Neues, Interessantes kennen lernen. Wie z.B. die selbst gemachten kandierten Erdnüsse, die zum Käse und dem wunderbaren Dessertwein exzellent passten.
Der abschließend georderte Espresso war mild, gerade recht für den genauso gestimmten Borgfelder. Das Geschirr war futuristisch und hat gute Laune verbreitet. Ebenso wie der Umstand, dass er nicht den Weg auf die Rechnung fand. Ob aus Versehen oder als Kundenpflege, wer weiß?
Die Bewertung ist etwas schwierig. Die Vorspeisen und das Fleisch klasse, der Rest fiel etwas ab. Dazu die leichten Nachlässigkeiten bei einigen Kleinigkeiten. Ich schwanke zwischen 4 und 4,5 Sternen und belasse es bei gefühlten 4,25 und dem Ansporn: Weiter so, nämlich aufwärts! Potential ist da.
Das PLV für das Essen war sehr gut. Die Pfifferlinge mit Wildkräutern kosteten 9€, die Gazpacho 7€, das Kalbsfilet schlug mit 25€ zu Buche und der Käse wurde mit 8€ berechnet. Bei den Weinen hab ich erst geschluckt. Der Rote für 7,3€, der Grauburgunder noch 20 Cent mehr und schließlich der Sancerre für sage und schreibe 11,2€, jeweils für das 0,2l-Glas fallen schon aus dem Rahmen. Das Selbstbewusstsein in der Drogerie, die ja ausdrücklich auch als Weinlokal firmiert, wird aber von der servierten Qualität gestützt. Beim Abgleich der Internetpreise für die Flaschen relativierte sich mein Störgefühl im Übrigen dann wieder deutlich.
Zur Sauberkeit nur Positives. Die Terrasse war sehr sauber. Die Toiletten sind nicht barrierefrei erreichbar und müssen ein wenig dem Altbau Tribut zollen. Aber sauber und frisch.
Fazit: Wir hatten einen sehr schönen Abend. Die Leistung in der Drogerie war rundherum ansprechend, so dass wir gerne eine Empfehlung abgeben.
Und weil der letzte Eindruck am deutlichsten haften bleibt, freuten wir uns über ein Reagenzglas, gefüllt mit einem Orangen-Kräutersalz, das uns mit der tadellosen Rechnung als Präsent überreicht wurde.
Der August ist für den Genießer ein schwieriger Monat. Viele Gourmetrestaurants nutzen die Urlaubszeit für eben diesen bzw. Um- und sonstige Baumaßnahmen. Auch das Angebot in der prosperierenden Metropole West-Sachsens war ausgedünnt. Bei der digitalen Recherche bin ich u.a. auf eine nur wenige Jahre alte Bestenliste gestoßen. Von 10 genannten Restaurants waren 7 aus den genannten Gründen oder sogar schon wieder dauerhaft geschlossen. Aber Weinlokal und Restaurant Drogerie, damals noch ein junges Projekt des "Gaumenfreude-Imperiums" nicht. Und da auch auf... mehr lesen
4.0 stars -
"Schöner Sommerabend in Leipzig. Klare Empfehlung." DerBorgfelderDer August ist für den Genießer ein schwieriger Monat. Viele Gourmetrestaurants nutzen die Urlaubszeit für eben diesen bzw. Um- und sonstige Baumaßnahmen. Auch das Angebot in der prosperierenden Metropole West-Sachsens war ausgedünnt. Bei der digitalen Recherche bin ich u.a. auf eine nur wenige Jahre alte Bestenliste gestoßen. Von 10 genannten Restaurants waren 7 aus den genannten Gründen oder sogar schon wieder dauerhaft geschlossen. Aber Weinlokal und Restaurant Drogerie, damals noch ein junges Projekt des "Gaumenfreude-Imperiums" nicht. Und da auch auf
Für meinen zweiten Saarbrücken-Aufenthalt in diesem Jahr hatte ich mir ein Lokal ausgesucht, das auf diesem Portal noch gar nicht, dafür auf anderen höchst unterschiedlich bewertet wurde. Von "weltbeste Rumpsteaks" bis "die unverschämteste Bedienung ever" reichen die Meinungen.
Nach einem strammen Fußmarsch bei gut 30 Grad erreichte ich doch etwas ermattet das für seine Steaks gerühmte Deutschhaus. Nach einem Umzug vor einigen Jahren bleibt die Lage doch suboptimal. Am Rande von Alt-Saarbrücken an einer größeren Straße gelegen, geht der Blick auf Brachen und Industrieruinen. Auch ein sog. sozialer Brennpunkt ist nicht weit entfernt. Da warf der Borgfelder trotz reserviertem Tisch doch erst einmal einen vorsichtigen Blick durch die Tür in den dunklen Raum. Vor der Eichenholztheke sitzen zwei ältere Herrschaften, beide um die 80, wie ich später (u. a.) erfahre und essen ein Butterbrot, zu dem sie sich von einer Fleischwurst dicke Scheiben abschneiden. Eine "altmodische" Halbliterflasche Bier steht auf dem Tisch. Kann es ein Vertrauens erweckenderes Bild geben?
Nach einem Gruß und meinem Eintreten finde ich mich in einer typischen Gastwirtschaft wieder. Rote quadratische Fliesen auf dem Boden, Gardinen, allerlei Schnickschnack. Ein vermutlich nicht genutzter Kamin, auf dem Sims ein Bild des vor einiger Zeit verstorbenen Sohnes. Die Holztische mit einer hellen Tischdecke mit gewebter Blütenstruktur. Darüber jeweils ein breiter Vliesläufer im farbig-floralen Design der 80er. Nur die Stühle fallen etwas aus dem Rahmen, drei unterschiedliche Generationen Gastro-Geschmack (also 1970-1990er). Auch Besteck und z.B. die Beilagenschüsseln aus Chromagan zeigen, dass man sich vor (vielen) Jahren mit solider Qualität eingedeckt hat. Nicht modern, aber in Aussehen und Qualität tadellos.
Ich lande an einem Zweier-Tisch in der 70er-Variante, Eiche mit fester Sitzpolsterung. Der Laden ist zwar bis auf die älteren Herrschaften, die natürlich die Wirtsleute Karrer sind, und mir leer. Allerdings sind alle anderen Tische reserviert. Oha, das wird ja noch trubelig, denke ich. Aber weit gefehlt, um 20:00 Uhr ist das Abendgeschäft schon durch und für den nächsten Tag eingedeckt. Gegessen wird früh im Saarland!
Da ich der einzige Gast bleibe und ich mich von der Schlagermusik aus dem Radio ablenken muss, frage ich dann doch mal nach den vielen Urkunden an den Wänden, ein gewisser Kontrast zu dem Foto, das Horst Lichter Arm in Arm mit der Wirtin zeigt. Freunde: Reisen bildet! Nicht nur erfahre ich, dass auf den Weiden von St. Arnual einst Bundes- und Klassensieger standen, auch über die Grüne Woche im Allgemeinen, die Unterbringungs-, Sanitär- und Freizeitsituation der Angus-Rinderzüchter daselbst im Besonderen und, wie sich nach 1989 alles geändert hat, gibt es einiges zu berichten. Nebenher wird der Herzinfarkt des Gemahls erwähnt. Die Abwesenheit von Tochter und Sohn, beide in einem anderen Portal als ebenso muffelig wie unverschämt bezeichnet, beruht auf deren Teilnahme an der Beerdigung eines Stammgastes; nur deswegen sei man heute allein. Meine höfliche Frage nach Enkeln wird damit beantwortet, dass der Ur(!)-Enkel inzwischen 15 Jahre zähle. Nicht nur gegessen wird früh hier...
Die Pläuschchen werden souverän in den gastronomischen Ablauf eingeschoben. Das Karlsberg-UrPils kommt ordentlich gezapft und löscht den ersten Durst. Später folgt ein Cremant für 4€, der leider etwas flach schmeckt.
Die Speisekarte ist übersichtlich; Die Küche beschränkt sich auf das, was man - soviel sei vorweggenommen - kann: Fleisch braten. Aus eigener Schlachtung gibt's vom Rinderfilet, Rumpsteak oder, quasi als Kombi-Angebot, T-Bone-Steak. Wer kein Fleisch mag, weicht auf Schweineschnitzel aus ;-)). Auch das Beilagenangebot mit kluger Beschränkung. Möglichkeit 1: Pommes und Champignons mit geschmorten Zwiebeln. Möglichkeit 2: In Pfeffer-Sauce.
Für mich das T-Bone in der Kartoffel-Zwiebelvariante. Von der Baukasten-Abzocke der Steakhäuser hält man nichts. Hier gibt's das komplette Gericht einschließlich Salat für einen Preis, in meinem Falle 23,5€. Der gewünschte Gargrad wird nicht erfragt. Na, wenn es die Spezialität des Hauses ist, wird's schon gutgehen...
Während ein wirklich lautes Brutzeln aus der Küche beweist, dass Anbraten hier noch ernst genommen wird, werde ich ans Salatbuffet "gebeten". Das ist, wie auch auf anderen Portalen angemerkt, eher schlicht. Im üblichen Wagen - helles Holz, Metallbehälter - finden sich gekühlt Frisée, Lollo Rosso, Krautsalat weiß und rot, dazu große Peperoni und gefärbte schwarze Oliven. Der Salat sauber gelesen, in mundgerechte Stücke gezupft und ohne bräunliche Ränder etc. Lobenswert die Aufbewahrung der Tomatenviertel außerhalb der Kühlung, so dass sich Aroma entfalten konnte. Die zwei Saucen - Joghurt, Kräuter - nach meinem Dafürhalten Industrieware, schade.
Nun zur Hauptsache: Das auch für gute Esser angemessen große Steak kam augenscheinlich aus einer Grillpfanne und war genau richtig angebraten. Liebhaber amerikanischer Karzinogen-Varianten mögen es als zu blass ansehen, mir gaben die dunklen Streifen genügend Röstnoten, ohne, dass es irgendwo in Richtung schwarz ging. Die Scheibe Kräuterbutter mit einem kleinen (nur zufällig) österreichischen Fähnchen zeugte von vergangenem Deko-Geschmack. Ulkiger Weise war das Filet ausgelöst und separat gebraten. Vermutlich wird mehr Filet als T-Bone geordert und man hat schon vorgearbeitet. Das Fleisch war bereits gewürzt, so dass ich kein Salz brauchte und auch die Pfeffermühle, die ich vorsorglich anstelle der vorhandenen Tischasche geordert hatte, nur noch sehr sparsam zum Einsatz brachte.
Wie war's? Nein, es war nicht das beste Steak der Welt (wer wollte das ernsthaft beurteilen?), auch nicht das Beste, das ich je gegessen habe. Aber ein sehr gutes Stück Fleisch mit fester Struktur und Eigengeschmack. Nicht "butter"zart, aber höchst saftig, echt eben, wie alles hier. Die Qualität muss auch gut sein, denn die Zubereitung lässt nichts durchgehen. Konnte das Filet noch gerade als medium rare gelten, war der große Rest eindeutig rare. Aber auslaufen tat da nichts. Mein vorsichtiger Hinweis, dass nicht jeder so blutiges Fleisch bevorzuge, wurde mit einem resoluten "So schmeckt's am Besten!" weg gewischt. Na, dann. Wäre das ja geklärt..
Die Beilagen waren ebenfalls gut. Die Pommes frites außen knusprig, innen heiß und kartoffelig. Für mich hätten Sie etwas länger bräunen können, Geschmackssache. Trotz der unregelmäßigen Größe tippe ich allerdings doch auf Fertigware. Aber vielleicht tue ich Frau Wirtin da Unrecht. Eindeutiger Sieger des kulinarischen Wettstreits waren die recht kleinen, geviertelten Pilze mit ganz vorsichtig geschmorten, wunderbar süß-würzigen Zwiebeln. Alles mit leichtem Biss und vor allem nicht so Fett triefend. Etwas frische Petersilie darüber, ein Gedicht.
Insgesamt gute 4 Sterne für das Essen, das PLV möchte ich darüber ansiedeln. "Rechnung" = drei Zahlen handschriftlich auf dem Brauerei-Block. Hat wirklich jemand etwas anderes erwartet? Ich nicht.
Sauberkeit: Im Gastraum alles picobello. Die sanitären Anlagen nicht besucht.
Fazit: Gute Qualität war noch alle Zeit ein erfolgreiches Konzept. Der Rest: Wer's mag, mag's mögen. Wer nicht mag, mag's eben nicht.
Für meinen zweiten Saarbrücken-Aufenthalt in diesem Jahr hatte ich mir ein Lokal ausgesucht, das auf diesem Portal noch gar nicht, dafür auf anderen höchst unterschiedlich bewertet wurde. Von "weltbeste Rumpsteaks" bis "die unverschämteste Bedienung ever" reichen die Meinungen.
Nach einem strammen Fußmarsch bei gut 30 Grad erreichte ich doch etwas ermattet das für seine Steaks gerühmte Deutschhaus. Nach einem Umzug vor einigen Jahren bleibt die Lage doch suboptimal. Am Rande von Alt-Saarbrücken an einer größeren Straße gelegen, geht der Blick auf... mehr lesen
Zum Deutschhaus
Zum Deutschhaus€-€€€Restaurant068154927Gersweilerstraße 23, 66117 Saarbrücken
4.0 stars -
"Qualität kommt nicht aus der Mode. Superlative sind nicht nötig." DerBorgfelderFür meinen zweiten Saarbrücken-Aufenthalt in diesem Jahr hatte ich mir ein Lokal ausgesucht, das auf diesem Portal noch gar nicht, dafür auf anderen höchst unterschiedlich bewertet wurde. Von "weltbeste Rumpsteaks" bis "die unverschämteste Bedienung ever" reichen die Meinungen.
Nach einem strammen Fußmarsch bei gut 30 Grad erreichte ich doch etwas ermattet das für seine Steaks gerühmte Deutschhaus. Nach einem Umzug vor einigen Jahren bleibt die Lage doch suboptimal. Am Rande von Alt-Saarbrücken an einer größeren Straße gelegen, geht der Blick auf
Geschrieben am 06.08.2015 2015-08-06| Aktualisiert am
06.08.2015
Besucht am 07.06.2015
Wohlig eingestimmt durch die positiven Besprechungen von simba erreichte ich nach strammen Fußmarsch das mächtige Haus des Adlers in der Nähe einer Ausfallstraße.
Die Frage drinnen oder draußen stellte sich an diesem heißen Tage nicht. Bei Eintreffen wurde ich von der jungen Dame im Service informiert, dass nur der Garten geöffnet sei. Auf die schönen Bilder beeindruckender Fleischlieferanten musste ich daher verzichten, sie sind mir eh auf dem Teller lieber. Nachdem ich den teilweise geschotterten, staubigen Parkplatz hinter dem Haus mit entsprechenden Folgen für den Schuhputz überquert hatte, konnte ich kurz nach 18:00 Uhr noch zwischen mehreren Metall-Gartentischen wählen. Einige zurückhaltend, aber freundlich mit bunten gewebten Stoffsets eingedeckt. Dazu einfaches Besteck in eine ebensolche Vliesserviette. Eine kleine Kalanchoe bildet die einfache Deko. In der Tat ein lauschiger Platz, der von einem großen Ahorn, einem Holunder und großen Büschen beschattet wird, die am späteren Abend effektvoll von unten angestrahlt werden. Den Blick über die Mauer auf einen großen öden Parkplatz kann man sich sparen. Viel schöner ist das beeindruckende Bambuswäldchen jenseits eines kleinen Grabens, in das eine Konstruktion aus kräftigen Bambusrohren hineinführt. Südostasien in Südwestdeutschland. 4 Sterne für's angenehme Ambiente. Das harte Gestühl und der staubige Boden führen zu leichten Abzügen.
Der Service wird von Madame Leconte selbst erledigt sowie von zwei ungelernten Kräften. Eine hatte wohl den ersten Tag und war leider nicht nur unsicher, sondern auch schnippisch. Die Chefin kümmerte sich intensiv um zwei Stammgäste, schleppte sogar die große Tafel mit den Tagesgerichten durch den halben Garten. Erst als der Abend schon weit fortgeschritten war, machte Madame auch im ganzen Garten die Honneurs. Im ganzen Garten? Nein, ein kleiner Tisch am Rand war ihr leider einen Meter zu weit. Genau in diesem Abstand machte unsere "Gastgeberin" auf dem Absatz kehrt und drehte mir ohne auch nur einen Gruß, geschweige denn ein paar freundliche Worte den Rücken zu. Und wart diesen Abend auch nicht mehr gesehen. Das war schon sehr unhöflich. So blieb der Service weitgehend an einer jungen, hübschen, bulgarischen Werksstudentin der Firma Bosch hängen, die sich schon überraschend viel angeeignet hatte und ihr Werk zunächst auch mit großen Enthusiasmus versah. Was sie z. B. zum Wein nicht wusste, wurde zeitnah beim nächsten Gang in die Küche erfragt, wozu ein Lauf durch den Garten, über den Parkplatz und die steilen Treppen hoch erforderlich war. Respekt. Auf meine Frage nach den Tagesangeboten verwies sie auf die in respektabler Entfernung stehende Tafel, die an die ehem. Remise gelehnt war, von der aus die Grundversorgung des Gartens erfolgte. Nun, das will ich ihr für das Engagement nachsehen. Glückliche Jugend, die du dir das Nachlassen u. a. der Sehkraft mit den Lebensjahren schlicht nicht vorstellen kannst! Ein wirklicher Mangel dagegen war der Umstand, dass der zuvor mit einigen Mühen verkostete Rotwein zum Rindfleisch dann nicht serviert wurde. Schlicht vergessen. Kann passieren. Gern hätte ich reklamiert, aber mit fortschreitender Zeit zogen sich die beiden jungen Frauen zum Ratschen in ihre Holzbude zurück und waren länger nicht mehr zu sehen. Die meisten Tische waren auch schon mit dem Essen durch und im angeregten Gespräch vertieft. Schicksal des Einzelgastes. Der Fehler lag aber auch bei der Chefin, die eben nicht mehr präsent war. Ich hatte weder Lust, beim Warten das Essen kalt werden zu lassen, noch, mich selbst auf den Weg zu machen. Ich meine, dass die Bedienung zum Gast kommen sollte, nicht umgekehrt. Da bin ich etwas eigen... So wurde das sehr gute Fleisch halt nur vom Carola-Wasser begleitet. Beim Abräumen war die Bestürzung immerhin groß und die Nachlieferung auf Kosten der jungen Dame (!) wurde angeboten. Ein feuriger Südfranzose solo ist aber nicht nach meinem Geschmack, so dass ich ablehnte. Stattdessen wurde später ein Kirschwasser nicht berechnet. Das immerhin war i. O. Leider musste ich auch zum Bezahlen sehr lange warten, was immer ärgerlich ist, weil der Schlussakkord ja doch am längsten nachhallt. Da ich mich die meiste Zeit aufmerksam und vor allem mit echter Freundlichkeit bedient fühlte, noch 3,5 Sterne.
Das Essen jedenfalls hätte einen besseren Service verdient gehabt. Ich war fast durchgängig zufrieden und bedanke mich beim Kollegen simba für den Tipp. Bodenständige französische Küche steht im Mittelpunkt des Angebots.
Und so wählte ich zunächst einen Cremant rosé vermutlich von Pinot vom Mosel-Weingut Petgen Dahm aus Perl.
Nach diesem eleganten Auftakt gab es seit langem mal wieder Artischocke, die frisch und heiß mit einer etwas dickeren Vinaigrette und Baguette serviert wurde. Die Blätter waren dickfleischig, der Boden von idealer Konsistenz. Die Soße war mit Estragon versetzt, ihre Säure nicht übertrieben und "Zugeschaut - mitgebaut"-Gerichte mag ich ja sowieso gern. Zu meiner Überraschung verursachte die Bitte um eine Fingerschale bei der Bedienung Überraschung. Aber auch dieser Wunsch wurde mit warmen Wasser und Zitrone, wenn auch in einem gewöhnungsbedürftig großen Gefäß, schnell erfüllt. Als Begleiter ein Grauburgunder nochmals von Petgen Dahm, im Barrique ausgebaut. Vielleicht nicht die beste Weinwahl aller Zeiten, aber Artischocke plus Säure ist auch problematisch. Ich hab mich nach Kräften bemüht, Getränk und Essen auseinander zu halten und mich dann an dem wirklich tollen Bukett von Aprikose und Maracuja gefreut.
Als so nicht auf der Karte angebotenen Zwischengang hatte ich mir Anfang Juni natürlich frischen weißen Spargel solo gewünscht, begleitet von einer Sauce Hollandaise. Die sieben mitteldicken Stangen kamen für meinen Geschmack auf den Punkt gegart und waren nicht herausragend, aber gut. Besonders hat mich aber die frische Hollandaise gefreut, bei der die Butter führte und die Zitrone im Hintergrund stand. Aufgrund des langen Weges war die Soße stark abgekühlt. Nicht zu vermeiden, wenn traditionell im Wasserbad bei entsprechend niedriger Temperatur aufgeschlagen wird. Sehr gut. Über die hilflose Salatgarnitur decken wir lieber den Mantel des Schweigens...
Mangels offenem Silvaner oder Weißburgunder hab ich es mal wieder mit Riesling, hier vom Weingut Gilg aus dem Elsass probiert. Ging so.
Das Hauptgericht war überwiegend Licht bei einem schweren Schatten. Das Onglet war von wunderbar fester und doch zarter Struktur. 5 Tranchen medium rare, die zeigen, dass dieser Schnitt völlig zu Recht derzeit die gehobene deutsche Gastronomie erobert. Die in der Schale gegarten Kartoffeln und das Gemüse-Potpurri waren ohne Höhen und Tiefen. Leider war die Wasabi-Soße misslungen. Handwerklich tadellos montiert, aber ohne jede Spur von Schärfe, dafür regelrecht versalzen. Ich bin beim Salz ja eher etwas zurückhaltend, also hab ich nicht reklamiert, sondern versucht, das Fleisch möglichst "trocken" zu erwischen. Schade, schade. Dazu wäre die Grenache-Syrah-Carignan-Cuvée sicher ein schöner Begleiter gewesen, wenn sie denn gekommen wäre... Der Begleitsalat überzeugte mit sorgfältig gezupften Blättern und Radieschen statt Eisberg sowie einer leichten Vinaigrette.
Statt eines Desserts lockte mich der flambierte Munsterkäse, der nach dem langen Weg noch brennend an den Tisch kam. Einerseits Respekt für den Service, andererseits waren die Ecken schon schwarz. Ansonsten schön verlaufend außen und fest und kräftig innen. Dazu einfaches, aber immerhin handwerklich gebackenes Baguette. Das begleitende Kirsch-Eau de Vie Grand Reserve von André Scherer bewies mir leider nur wieder, dass feine Brände an mich verschwendet sind. Es war mir viel zu scharf.
Bewertung für's Essen schwankt zwischen 3,5 und 4 Sternen. Da Fleisch mein Gemüse ist, runde ich für das Onglet (und die Hollandaise) auf.
Sauberkeit draußen unauffällig. Die Toiletten wurden nicht besucht.
Preislich hat's absolut gestimmt:
Artischocke Vinaigrette 7,5€
Spargel 7,5€
Onglet 22,5€
Munster 5,1€
Der halbe Liter Wasser erträgliche 3,2€. Der Cremant schlug mit 4,8€ zu Buche, die beiden Weißen 3,1€ bzw. 2,9€, jeweils für 0,1l.
Fazit: Ich schließe mich der Empfehlung an, auch wenn ich glaube, dass ich einen eher schlechteren Tag von Service und vielleicht sogar der Küche erwischt habe.
Wohlig eingestimmt durch die positiven Besprechungen von simba erreichte ich nach strammen Fußmarsch das mächtige Haus des Adlers in der Nähe einer Ausfallstraße.
Die Frage drinnen oder draußen stellte sich an diesem heißen Tage nicht. Bei Eintreffen wurde ich von der jungen Dame im Service informiert, dass nur der Garten geöffnet sei. Auf die schönen Bilder beeindruckender Fleischlieferanten musste ich daher verzichten, sie sind mir eh auf dem Teller lieber. Nachdem ich den teilweise geschotterten, staubigen Parkplatz hinter dem Haus mit... mehr lesen
Gasthaus Zum Adler
Gasthaus Zum Adler€-€€€Restaurant068152841Deutschherrnstraße 2, 66117 Saarbrücken
4.0 stars -
"Schöner Garten. Solide französische Küche. Ignorierter Borgfelder." DerBorgfelderWohlig eingestimmt durch die positiven Besprechungen von simba erreichte ich nach strammen Fußmarsch das mächtige Haus des Adlers in der Nähe einer Ausfallstraße.
Die Frage drinnen oder draußen stellte sich an diesem heißen Tage nicht. Bei Eintreffen wurde ich von der jungen Dame im Service informiert, dass nur der Garten geöffnet sei. Auf die schönen Bilder beeindruckender Fleischlieferanten musste ich daher verzichten, sie sind mir eh auf dem Teller lieber. Nachdem ich den teilweise geschotterten, staubigen Parkplatz hinter dem Haus mit
Nach 56 Jahren in der Gastronomie schließt Herr Stefani sen. sein Restaurant am 25.7.2015 aus Gesundheitsgründen. Ein Familien- und familiär geführtes Restaurant mit einem Kenner und Könner der toskanischen Küche geht verloren. Legendär der Dialog bei seiner Runde durch das Lokal: "Hat er Ihnen geschmeckt?" "Ja, danke. Sehr, sehr gut." "Das machen wir immer so. Dann kommen die Gäste wieder." Ich bin traurig. Mille grazie per tutto. Arrividerci.
Nach 56 Jahren in der Gastronomie schließt Herr Stefani sen. sein Restaurant am 25.7.2015 aus Gesundheitsgründen. Ein Familien- und familiär geführtes Restaurant mit einem Kenner und Könner der toskanischen Küche geht verloren. Legendär der Dialog bei seiner Runde durch das Lokal: "Hat er Ihnen geschmeckt?" "Ja, danke. Sehr, sehr gut." "Das machen wir immer so. Dann kommen die Gäste wieder." Ich bin traurig. Mille grazie per tutto. Arrividerci.
Da Piero
Da Piero€-€€€Restaurant0421 2761724Fedelhören 36, 28203 Bremen
stars -
"Das da Piero schließt." DerBorgfelderNach 56 Jahren in der Gastronomie schließt Herr Stefani sen. sein Restaurant am 25.7.2015 aus Gesundheitsgründen. Ein Familien- und familiär geführtes Restaurant mit einem Kenner und Könner der toskanischen Küche geht verloren. Legendär der Dialog bei seiner Runde durch das Lokal: "Hat er Ihnen geschmeckt?" "Ja, danke. Sehr, sehr gut." "Das machen wir immer so. Dann kommen die Gäste wieder." Ich bin traurig. Mille grazie per tutto. Arrividerci.
An griechischen Restaurants herrscht im Gegensatz zur Peripherie im Zentrum der Hansestadt erstaunliche Flaute. An guten eher Windstille. Sowohl das alteingesessene Plaka, als auch das schon nach wenigen Monaten unter neuer Leitung befindliche Notos am Wall werden auf anderen Portalen so schlecht bewertet, dass ich keine Lust verspüre, meine mehr oder weniger lang zurück liegenden grauenvollen Erfahrungen aktuell zu überprüfen. Umso erfreulicher, dass am Rande des Schnoorviertels nun das Athen seine Pforten geöffnet hat. Nachdem die dortigen Senatsstuben - eines der wenigen Restaurants, von dessen Besuch ich mit Überzeugung aktiv abgeraten hatte - im Herbst verdient in die gastronomischen Jagdgründe einging, hat Anfang des Monats die Familie Meos, die in Oberneuland das gleichnamige Lokal betreibt, den (zusätzlichen) Sprung in die City gewagt. (Kaum hat der Borgfelder seine Zelte im grünen Vorort abgebrochen, folgt der erste Wirt. Naja, der Jäger zieht wohl mit seiner Beute...). Das Meos wurde vom Godfather of greek cuisine - Hanseat1957 - immerhin ins obere Mittelfeld der bremischen Hellas-Kulinarik gevotet.
Also in froher Erwartung hinein in die Stube und fast wieder heraus, denn der erste, große und recht helle Gastraum wird nach wie vor von altdeutscher Möblierung in Eiche rustikal dominiert. Die Sitze in schwarzem Kunstleder, dazu die alten dunkelroten Fliesen - so weit, so bekannt (scheußlich). Leider wurde nicht in eine komplette Neuausstattung investiert, sondern die altdeutsche Herrlichkeit hellenisiert. Dabei haben mir die auf Leinwand gezogenen großen Griechenlandbilder gut gefallen, bringen sie doch Farbe, Sonne und Urlaubsgefühle mit. Aber große Kunststoff-Reliefs, Säulen, Büsten etc., kitschige Leuchten und als Krönung der Geschmacksverirrung ein hohler Säulenstumpf aus Plastik, innen blau (!) beleuchtet, darin stehend Fläschchen, Figürchen und allerlei Schnick-Schnack, vermutlich zum Erwerb vorgesehen. Ob dem durchschnittlichen Bremen-Touristen (denn das dürfte - zu Recht - eine große Zielgruppe des Athen sein), tatsächlich der Sinn nach Ouzo in einer kleinen Athene-Statue steht? Das "Konzept" wird auch im hinteren Bereich und in ersten Stock weiter geführt, in denen insgesamt drei Räume für Gesellschaften zur Verfügung stehen: Bilder und Säulen vor die Tür, Zeus-Saal etc. daran geschrieben, fertig. Auf den Tischen weiße Sets, das übliche Gastrobesteck mit der bekannte "Wir lernen griechisch"-Serviette. Eine Kerze, die sogleich entzündet wird. Salz und Tischasche um Streuer. Eine Mühle war an der Servicestation vor den Gästen in Sicherheit gebracht worden. Schließlich eine kleine Tafel im Holzfuß, auf die mit naiver Hand ein Fischlein und die Erläuterung Dorade vom Grill 15 € gezeichnet war. Aus den Lautsprechern ertönte leise Softpop in griechischer Sprache. Für die zweite Kundengruppe aus den umliegenden Büros wird ein Mittagsbuffet für 8,8€ angeboten. Ein Buffetwagen, dessen helles Holz gar nicht zur sonstigen Eiche rustikal passte, stand leer und störend mitten im Gastraum.
Für meinen Geschmack 2*.
Selbst die ersten Obergeschoss befindlichen Toiletten sind graecisiert. Wobei diese sicher zwei oder eher drei Jahrzehnte auf dem Buckel haben mögen, es findet sich sogar noch ein auf Hüfthöhe angebrachtes Spülbecken, in das sich Gäste, denen -meist aufgrund übermäßigem Alkoholkonsums - übel ward, in entspannter Körperhaltung erleichtern können. Alles aber weder heruntergekommen, noch in irgendeiner Beziehung unangenehm. Im Gastraum sowieso alles sauber. Nachdem Gäste gegangen waren, wurde der Tisch sorgfältig gewischt und neu eingedeckt. Daher 3,5*
An Bedienungen herrscht kein Mangel. Die vermutliche Wirtin hält sich Hintergrund, ein Herr mit Lebenserfahrung teilt sich den Service mit einem jungen Mann. Beide in schwarzer Hose und weißem Hemd, ebenso wie die figurbetont gekleidete junge Dame (Tochter?), die meist zapft, aber gelegentlich die Getränke auch an den Tisch bringt. Nicht an meinen, mir wendet sie die Rückseite zu. Ich Glückspilz. Ganz in Schwarz dagegen ein großer Blonder, dessen Wiege sicher nicht in Hellas stand. Stellung etwas unklar: Schwiegersohn? Beim Blick in die Küche zeigt sich, dass auch die "Großeltern-Generation" im Einsatz ist.
Während der ältere Herr höflich, aber eher zurückhaltend agierte, war der junge Mann offen und freundlich. Er ging interessiert auf meine Rückmeldungen ein. Obwohl stets einer der beiden am Rande des Geschehens "Wache" stand, hätte ich mir eine etwas aktivere Betreuung gewünscht. Empfehlungen gab es nicht, Pfeffermühle nur auf Bitte und mein Weinglas wäre sicher ausgetrocknet, wenn ich nicht selbst zur Flasche gegriffen hätte. Zuvor war eingeschenkt worden, allerdings aus der schon geöffnet an den Tisch gebrachten Flasche. Ein Probeschluck wurde nicht offeriert. Andererseits wurde die Kerze angezündet, gleich nachdem ich Platz genommen hatte, die Weinflasche sogleich in den Kühler gestellt und Wasser zur Begleitung angeboten, vor der Größe der warmen Vorspeise gewarnt und eine Reduzierung angeboten. Auch erfolgten zur rechten Zeit Fragen nach der Zufriedenheit. Die Mitnahme der angebrochenen Weinflasche war kein Problem. 3,5*
Da ich meinen Gesprächspartnern am nächsten Morgen keine allzu kräftige Knoblauchfahne zumuten wollte, wählte ich diesbezüglich etwas zurückhaltender:
Taramas 3€
Bohnensuppe 3,5€
Mit Muscheln gefüllte und überbackene Pilze (Kl. Portion) 4,5€
Lamm Stifado 11,5€
Das PLV bewerte ich als sehr gut. Die Mengen waren gut bemessen, besonders die "kleine" Portion Pilze sehr reichlich. Ouzo gab's zum Kommen und Gehen.
Mir stand der Sinn nicht nach schwerem Rotwein und wählte trotz des Lamms eine Weißweincuvée von Malagousia und Assyrtiko, zwei autochthonen Trauben der Region Eponami in Nordgriechenland. Mir alles gänzlich unbekannt, aber da das Weingut u.a. meinen Vornamen trägt, lachte mich der Wein an. Und zu Recht, zu 24€ lediglich mit dem Doppelten des durchschnittlichen Internetverkaufspreises angeboten, ein Schnäppchen. Dafür bekam ich einen nicht zu schlanken jungen Wein mit sehr gut eingebundener Säure und einem kräftigen Bukett nach Gräsern, grünem Apfel und Basilikum. Durchaus mit eigenem Charakter konnte der Tropfen bis vor das Hauptgericht gut mithalten und hat mir zuhause auch noch den späten Abend verschönt. Gut gekühlt, was sich dank Kühler auch kaum änderte.
Das Essen konnte weitgehend überzeugen. Alles selbst gemacht, da bin ich sicher.
Zum Auftakt heiße Hefeteigbrötchen mit einer hausgemachten, streichfähiger (!) Kräuterbutter darin u.a. Knoblauch, Petersilie und Dill verarbeitet.
Die Fischcreme wurde in drei großen Kugeln mit etwas Garnitur serviert. Sehr feine Konsistenz, etwas zu kalt und in Farbe und Geschmack zurückhaltend, wenn auch erkennbar. Auf meinen Hinweis berichtete der junge Mann, dass manche Kunden einen starken Rogengeschmack nicht schätzen und man immer hin und her gerissen sei.
Wie schon in Oberneulander Restaurant ist der Krautsalat nicht nach meinem Geschmack. Sah für mich zwar selbst geraspelt aus, aber sehr grob, recht hart und mit reichlich Öl angemacht. Immerhin ganz anders als die feine, säuerliche Variante, die Geschmäcker sind eh verschieden.
Viel besser die Suppe aus weißem Bohnen mit Tomaten, roter Paprika, Zwiebel, Dill und einigen Maiskörner. Sie war von Haus aus etwas pikant und wurde zudem mit einem Zitronenviertel serviert, so dass ich nach Geschmack eine fruchtig-säuerliche Note ergänzen konnte. Über die fehlende Zitronenpresse sah ich huldvoll hinweg, zumal unsere auch gerade erst wieder beim Umzug aufgetaucht war. Eine ansprechende Suppe.
Sehr gut haben mir die dann frischen Champignons geschmeckt, die mit jeweils einer Miesmuschel gefüllt und in einer Tomatensauce mit einer dünnen (!) Käseschicht überbacken waren. Alle Bestandteile waren geschmacklich einerseits wahrnehmbar und harmonierten andererseits miteinander.
Das Stifado aus dem Ofen wurde sogleich mit einer Warnung bezüglich der Temperatur versehen und die zischende und brutzelnde Form auch auf einem Extrateller in sicherer Entfernung aber doch erreichbar platziert. Sehr aufmerksam. Ein wunderbarer Duft von Lamm und intensiven Gewürzen stieg auf. Ein Lorbeerblatt lugte aus der Tomatensauce und später fanden sich tatsächlich Wacholderbeeren. Die georderte Pfeffermühle wurde auch nicht gebraucht. Gut würzen kann Großmutter jedenfalls.
Leider war die Form für meinen Geschmack etwas zu lange in der Hitze gewesen. Den Lammstücke waren durch, aber noch saftig. Jedenfalls, soweit sie von Flüssigkeit umgeben waren. Das aus der Sauce herausragende Fleisch zeigte sich aber ein wenig zu dunkel und dort auch eher trocken. Zudem gerieten die namensgebenden kleinen Zwiebeln zu weich, kurz vor matschig. Schade. Die wenigen größeren Exemplare konnten das wunderbare süßliche Aroma mit einem Rest von Biss viel mehr zur Geltung bringen.
Trotzdem ein gelungener Start und ein Gewinn für die Innenstadt. Vermutlich auch hier oberes Mittelfeld, was mangels besserer Alternativen locker für eine Empfehlung reicht. Die Angebote vom Grill warten der Prüfung und dann natürlich auch mit Tsatziki.
An griechischen Restaurants herrscht im Gegensatz zur Peripherie im Zentrum der Hansestadt erstaunliche Flaute. An guten eher Windstille. Sowohl das alteingesessene Plaka, als auch das schon nach wenigen Monaten unter neuer Leitung befindliche Notos am Wall werden auf anderen Portalen so schlecht bewertet, dass ich keine Lust verspüre, meine mehr oder weniger lang zurück liegenden grauenvollen Erfahrungen aktuell zu überprüfen. Umso erfreulicher, dass am Rande des Schnoorviertels nun das Athen seine Pforten geöffnet hat. Nachdem die dortigen Senatsstuben - eines... mehr lesen
3.5 stars -
"Polarisierendes Ambiente, gute Küche. Gewinn für die Innenstadt!" DerBorgfelderAn griechischen Restaurants herrscht im Gegensatz zur Peripherie im Zentrum der Hansestadt erstaunliche Flaute. An guten eher Windstille. Sowohl das alteingesessene Plaka, als auch das schon nach wenigen Monaten unter neuer Leitung befindliche Notos am Wall werden auf anderen Portalen so schlecht bewertet, dass ich keine Lust verspüre, meine mehr oder weniger lang zurück liegenden grauenvollen Erfahrungen aktuell zu überprüfen. Umso erfreulicher, dass am Rande des Schnoorviertels nun das Athen seine Pforten geöffnet hat. Nachdem die dortigen Senatsstuben - eines
An der Gneisenaustraße kurz vor dem Kreuzberger Südstern befindet sich nicht nur das von Hanseat gelobte Thalasso - das aufgrund einer sich für den nächsten Morgen verbietenden Knobi-Fahne ausschied - sondern nur einige Häuser weiter auch dieses eigenwillige kleine Restaurant. Bis vor einem Jahr befand sich das Lokal seit 2009 in der Großbeetenstraße, wie eine Art Grabstein im Lokal ahnen lässt. Bei TA wird von Kult gejubelt, aber das ist in Berlin ja jeder zweite Laden, scheint's. Das Ambiente ist schon mal indifferent. Soll es Wohnzimmer sein (Fotografien in S-W, großer Tulpenstrauß auf der Theke, ab und zu ein Geschirrteil einsam im Raum) oder Bistro (schwarze Holzstühle ohne Polsterung, Wandlampen in Milchglas/Schmiedeeisen) oder Hipster-Location (natürlich ein Geweih! keine Speisekarten, irritierende Musik aus der Küche - additiv zu der im Lokal...). Die hohen weißen Altbau-Wände, die Vollkunststofftische in dunkler Holzoptik vom Restaurantausstatter und die vielen Geschirreinzelstücke mit opulenter Blümchen- und sonstiger Bemalung passen noch nicht zusammen und lassen zusammen mit der etwas unglücklichen Beleuchtung keine stimmige Atmosphäre aufkommen. Die Tische ohne Tischwäsche sind eindeckt mit Gläsern, mittlerem bis einfachen Besteck, kleiner brauner Vliesservietten und einer Blumenvase. Die im hinteren Bereich des Restaurants aus der Decke baumelnden Elektrokabel und die völlig verblühten Tulpen (Memento mori?) verstärkten zusammen mit der 99-Cent-Stumpenkerze auf einer Untertasse den Eindruck, dass das Konzept noch nicht wirklich umgesetzt ist.
Diesen Vorwurf kann man der puristischen Homepage sicher nicht machen: Schwarz - weiß - wenig rot. Angaben zu Lage, Kontakt und Öffnungszeiten. Zwei Sätze zur Philosophie (gutbürgerlich, regional, selbstgemacht - kann ich alles bestätigen). Drei beispielhafte Gerichte (Käsespätzle, Maultaschen, Rindergulasch). That's it. Keine Galerie, keine Events, kein Gesülze. (Man vergleiche die HP von Nobelhart&Schmutzig - was für ein selbst beweihräucherndes Gelaber...). Aber auch keine Speisekarte. Wobei - die drei genannte Gerichte sind ja schon 60% der Karte. An der Wand im Laden kommen nur noch Blattsalate und Crème Brûlée dazu.
Die Tafel mit den Tagesangeboten bleibt dieser Konzentration treu: Als Vorspeise Spargelcremesuppe mit Korianderbrot und Schwarzwälder Schinken. Zwei Hauptgerichte: Beelitzer Spargel mit kleinen Kartoffeln und grüner Soße optional Lummerkalb oder Backhändl mit Kartoffel-Gurken-Salat. Dessert: Zimtparfait mit Kompott.
Getränke ähnlich: Eine feste Karte an der Wand über der Theke mit 10-12 Positionen, darunter leider kein Wein. Wurde auch nicht angeboten, als ich den Spargel aus der Sandbüchse Preußens als Suppe und Hauptgang - natürlich mit dem Kalbsfilet - orderte. Dann also ein helles Bier aus dem Oetker-Konzern (Tucher) unter "Aufsicht" des Klosters Scheyern gebraut. Süffig-süße Würze mit wenig Hopfen, kannte ich nicht, hat mir gut geschmeckt.
Vorab wird Korianderbrot gereicht ohne etwas dabei. Und einen Dip etc. braucht es auch nicht bei diesem außerordentlichem Produkt. Vier reelle Scheiben wunderbar duftend, warm, an den Seiten knusprig und mit einem herrlichen Duft. Auch der Geschmack weist deutlich auf die verwendeten Gewürzsamen. LANGE kein so tolles Brot gegessen. Chapeau!
Die Vorspeise war ebenfalls sehr gut. Für eine Cremesuppe von durchaus leichter Konsistenz, ohne wässrig zu sein. Keine Spargelstücke, aber gut wahrnehmbarer Geschmack. Darin etliche Streifen vom Schinken, die gerade die richtige Größe zum löffeln hatten und als Einlage in der proteinhaltigen Suppe weich und mild geworden waren, ohne ihren rauchigen Charakter zu verlieren. Das klassische Duo Spargel/Schinken hier in einer sehr gut gelungenen Kombi. Dazu zwei Schlieren Bärlauchpesto, das in dieser Dosierung einen gelegentlichen, angenehm kräftigeren Kontrast setzte. Auch hier großes Lob.
Zum Hauptgericht wurden Blattsalate in einer hausgemachten Cocktailsauce serviert, die leicht pikant war. Die Salatblätter - Eisberg war nicht dabei - waren untadelig frisch, hätten aber vielleicht einen Tick kleiner sein dürfen. Schwieriger noch, dass auf dem schon beachtlichen Turm frische Radieschenschnitze, Kresse und Petersilie drapiert waren. Konzentration war gefragt.
Erst recht beim Hauptgericht. Zunächst eine Überraschung: Statt der erwarteten Medaillons kam das Kalbfleisch nach Art eines Tafelspitz daher, vier Scheiben jeweils von der Dicke eines großzügigen Aufschnitts. Kühl, schön mürbe und trotzdem noch leicht saftig. Das passte sehr gut zu den vier sehr, sehr dicken Stangen (ich schätze, deutlich über 25mm - nach dem Schälen). Die Dicke ließ die Stangen etwas zu fest aus dem Kochwasser kommen und ging ein wenig zu Lasten des Geschmacks. Der war gut, aber auch nicht überragend. Es war aber auch nicht der erste Spargel,der Saison, die zudem ja noch jung ist. Die kleinen Kartoffeln waren gut gegart und geschmacklich ebenfalls o.k. Dazu noch eine ebenfalls selbst gemachte grüne Sauce, aus der der Kerbel etwas heraus schmeckte und so wäre es ein wunderbares Spargelgericht gewesen. Leider blieb der Koch seinem Hang zum Bombast treu (aus der Küche ertönte derweil etwas wie Rammstein in englisch). Über die grüne Sauce wurde nochmals Bärlauchpesto gegeben, das war eindeutig zu viel an kräftigem Geschmack für den Spargel. Ebenso, wie an Dekor. Lauchringe die Menge, grün und weiß, glatte Petersilie und drei Kirschtomaten. Letztere nicht reflexhaft, weil ja jedes Tellergericht in Deutschland entsprechend zu verzieren ist, sondern durchaus gewollt, da sie heiß und etwas geschmolzen waren. Die Säure passte nun überhaupt nicht zum Gericht.
Zuviel gewollt und damit ein gutes Gericht verschlimmbessert.
Es war der vorletzte Abend vor drei Tagen Schließzeit ab 1. Mai. Vielleicht hat das zu einem Alles-muss-raus-Effekt geführt. Dachte ich und bin die nächste Woche gleich nochmal hin. Immerhin statt der halbtoten Tulpen nun frische Kamille. In den Lautsprechern und auf dem Teller erneut Immer-feste-druff! Der Spargelsalat mit Entenbrust von einem Matterhorn der schon bekannten Blattsalate begleitet. Auf den Maultaschen geschmelzte Zwiebeln, Petersilie und reichlich Schnittlauch. Da ich nicht nochmals den vorgesehenen Blattsalat als Beilage wollte, fragte ich nach einer kleinen Portion Wurzelgemüse, der Beilage eines Tagesgerichts. Kein Problem, auch den Linsensalat, eine weitere Beilage könne ich probieren. Aber gern! Dass beides mit großer Kelle auf die armen Maultaschen gehäuft wurde, hatte ich nicht erwartet. Schön ist anders. Insgesamt fielen die Gerichte etwas gegenüber dem ersten Besuch ab. Der Spargelsalat aus dünnen, in einer leicht pikanten Vinaigrette marinierten Abschnitten. Gerade die rechte Bissfestigkeit. Die geräucherte Entenbrust zu dieser Art Spargel nicht zu kräftig, schön rosa und zart. Salat wie bekannt.
Die hausgemachten Maultaschen mit klassischer gekräuterter Kalbsbrät-Füllung waren sehr flau. Allerdings schön locker. Der Teig nur an einer Stelle etwas dick geraten. Auch die Zwiebeln blieben nicht nur farblich blass. Weich schon, aber weder Süße noch Röstaromen. Muss das in Schwaben so? Handwerklich aber gut gemacht. Die Wurzeln waren eher mein Fall. Bestehend aus Kohlrabi, Karotten und (leider) auch Sellerie waren sie jeweils auf den Punkt gegart und geschmacklich überzeugend.
Ein positiver Effekt war, dass ich auf Nachfrage doch die "Weinkarte" des Hauses erhielt, eine leere Flasche, die anstelle eines Etiketts eine Banderole mit den handgeschriebenen Angeboten. Muss du halt finden, Gast! Wer nicht fragt, bleibt dumm...
Was überhaupt für den Service als solchen gilt. Ein sehr freundlicher Mann, sicher einer der drei Gesellschafter. Nur halt seeeeehr zurückhaltend. Auf Nachfrage alles gerne, kein Problem, siehe z. B. die Beilagen. Auch ein noch nicht auf der "Karte" verzeichnete Wein wurde angeboten. Den eigentlich nur als Piccolo verfügbaren Sekt bekomme ich auch offen als 0,1l. Nach der Zufriedenheit wurde auch gefragt, aber ansonsten: Nur schnell weg vom Gast, bloß nicht stören. Vielleicht rührt die Unsicherheit, dass er nicht vom Fach ist? Irgendwann bat ich um Feuer, damit ich die Kerze selbst entzünden konnte... Hat er aber verstanden.
Sehr sauber war's. Die Toiletten können den Altbau nicht verleugnen, waren aber nicht nur sauber, sondern rein und auch noch am späteren Abend von frischem Duft. Sehr angenehm.
Das PLV ist gut. Die Maultaschen kommen regelmäßig auf 10,9€, der Spargel mit Kalbfleisch war preismäßig die Spitze mit 17,9€. Suppe zu 5,5€ und Salat mit Entenbrust für 6,9€ günstig. Der noch nicht auf der Karte verzeichnete Grauburgunder entpuppte sich als ein Ortswein von Gutzler aus Rheinhessen für 5,6€ das 0,2l Glas und war o.k., mehr aber nicht. Das kleine Glas Sekt kam auf 3,5€ und das 0,5l "Kloster"Bier auf 3,3€. Überhaupt nicht überzogen, das war angenehm.
Ich schwanke, ob ich eine Empfehlung aussprechen soll. In einer Gruppe mit guter Laune kann es bestimmt recht witzig sein. Ambitionierte Hobbyköche werden nicht überrascht. Andere erhalten gute Hausmannskost aus frischen Zutaten. Wie bei Mutti halt...
An der Gneisenaustraße kurz vor dem Kreuzberger Südstern befindet sich nicht nur das von Hanseat gelobte Thalasso - das aufgrund einer sich für den nächsten Morgen verbietenden Knobi-Fahne ausschied - sondern nur einige Häuser weiter auch dieses eigenwillige kleine Restaurant. Bis vor einem Jahr befand sich das Lokal seit 2009 in der Großbeetenstraße, wie eine Art Grabstein im Lokal ahnen lässt. Bei TA wird von Kult gejubelt, aber das ist in Berlin ja jeder zweite Laden, scheint's. Das Ambiente ist... mehr lesen
Mutti Kreuzberg
Mutti Kreuzberg€-€€€Restaurant03023905496Gneisenaustr. 67, 10961 Berlin
3.5 stars -
"Blitzsaubere Hausmannskost, in der Tat. Aber ist das schon Kult?" DerBorgfelderAn der Gneisenaustraße kurz vor dem Kreuzberger Südstern befindet sich nicht nur das von Hanseat gelobte Thalasso - das aufgrund einer sich für den nächsten Morgen verbietenden Knobi-Fahne ausschied - sondern nur einige Häuser weiter auch dieses eigenwillige kleine Restaurant. Bis vor einem Jahr befand sich das Lokal seit 2009 in der Großbeetenstraße, wie eine Art Grabstein im Lokal ahnen lässt. Bei TA wird von Kult gejubelt, aber das ist in Berlin ja jeder zweite Laden, scheint's. Das Ambiente ist
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Also, schnell den Hipster-Check:
1. Trägt der Koch Vollbart und ist schwer tätowiert? Check!
2. Gibt es wie zufällig Hinweise auf schwer angesagte Locations bevorzugt aus Williamsburg oder Notting Hill, aber mindestens PrenzlBerg? Check!
3. Werden "weltbeste" o. ä. Produkte angepriesen, die dann völlig enttäuschend kulinarisch verwendet werden? Check!
4. Verfügt der Laden über das ultimative Kochgerät, wahlweise direkt aus NASA-Entwicklung oder schamanischer Tradition? Check!
5. Stehen mindestens 10 Gin-, 15 Rum- und 20 Whisk(e)y-Sorten auf der Karte? Check! Check!! Check!!!
Oje.
Rückwärts wieder raus oder Augen zu und durch?
Für den Bremer Gastro-Chronisten gilt natürlich: Buten und binnen - Wagen und...Winnen!
Für die kleine Terrasse mit recht ansprechendem Außenmobiliar schien mir der Abend schon zu kühl. So trat ich ein. Der erste Raum wird von der gut ausgestatteten Theke mit aktueller farbiger Beleuchtung dominiert. Es ist recht düster und die kleinen Tische scheinen sich zu "ducken". Nicht sehr einladend. Zwei junge Damen in schwarzen Schürzen und ebensolchen Polos mit dem Logo des Lokals begrüßen mich. Eine entspricht dem Äußeren nach dem Klischee der studentischen Bedienung. Schwarze Röhrenjeans und Chucks, wilde dunkle Haare mit Dreads. Diverse Bänder ums Handgelenk und natürlich tätowierte Sterne. Die Kollegin ist von norddeutscher Natur, mit blonden Haaren und gesunder Gesichtsfarbe. Sie begleitete mich in einen großen hellen Raum. Ich war der erste Gast des Abends und erhielt daher wie erwartet den schlechtesten Tisch angeboten. Inzwischen störrisch (und an das Licht für die Fotos denkend) bat ich um einen Vierertisch am Fenster. Die Kellnerin zögerte, man könne die Belegung noch schlecht einschätzen. Nachvollziehbar. Ich versprach, ggf. an einen kleineren Tisch zu wechseln und unterschätzte dabei das Interesse an diesem Abend unter der Woche. Zum Glück musste niemand abgewiesen werden. (Hinweis für Süddeutsche: Der Gedanke, dass fremde Leute zu einem einzelnen Gast an den Tisch gesetzt werden, ist nahezu absurd.) Beim Verlassen bemerke ich, dass auch der Thekenraum und die Terrasse voll belegt sind. Kein Wunder, dass die beiden Servicekräfte ihre Arbeit teilweise im Laufschritt erledigen. Dabei meist aufmerksam und immer freundlich. Alle Achtung. Auch die ebenfalls nur zu zweit besetzte Küche schaffte es, keine ungebührlichen Wartezeiten aufkommen zu lassen.
Der Raum ist ungewöhnlich.
Fast quadratisch hat er eine große Höhe. Später schaue ich mir das Gebäude näher an. Es handelt sich um einen lang gestreckten Wohnblock, wohl der frühen 60er Jahre. Die kurze Seite steht an der Straße. Vielleicht war hier ein Gesellschaftsraum der Wohngemeinschaft. Der Innenarchitekt oder die Architektin hat sehr gute Arbeit geleistet. Weiße Wände, graubrauner Holzfußboden, helle Holztische. Die von mir wenig geschätzten Schlabberplastiksets in Flechtoptik und die dunklen Holzstühle mit roten Lederflächen setzen dunkle Akzente. Wenige Wandlampen, über die weiße Küchentücher geworfen sind (Hip, Hip). Einige aufgezogene Fotografien mit norddeutschen Küstenmotiven setzen das Thema Deych bzw. Strand um. Dazu passen wenige zurückhaltende maritime Accessoires auf den Fensterbänken. Vor den Fenstern einzelne rote Gerbera, auf den Tischen je eine kleine gelbe Rose, das sind die wenigen echten Farbtupfer im Raum. An einer Wand kaschiert eine übergroße schwarze Tafel die Raumhöhe. Geschrieben steht daran noch nichts. Doch die aktuelle Homepage preist Fleisch bzw. Fang des Tages "von der Wandtafel" an; es ist also im Werden. (Übrigens droht die HP auch, dass man demnächst etwas über "unseren Koch Tobi" und dessen "Philosophie" erfährt...) Gegenüber hängen als echte Hingucker drei große, wirklich große Besteckteile an der Wand. Und von der Decke schweben zwei große Schneeflocken, die mit warmem Licht wunderschöne Schattenspiele an die Wände zaubern. Obwohl der Raum so hell ist, wirkt er überhaupt nicht kalt. Ein großer Tisch in der Mitte ist für eine Gruppe auch mit Weingläsern eingedeckt. Das Besteck ist solide Gastroware. Ansonsten stehen auf den Sets nur umgedrehte Wassergläser, naja, nicht ganz die feine Art. Außerdem findet sich auf den Tischen in einem weißen Porzellanständer eine elegante Kerze, die von der Kellnerin auch gleich entzündet wurde, nachdem ich Platz genommen hatte. Ich empfand das Ambiente als völlig stimmig und habe mich als Einzelgast sehr wohl gefühlt. Die 5 Sterne werden durch ein Detail verhindert, das mich mal wieder sprachlos machte. Setzen sich die Wirte eigentlich nie gemütlich auf ihre Stühle? Die hinteren Stuhlbeine sind hochgezogen und bilden den Rahmen der Rückenlehne. Die Streben sind aber nach hinten gesetzt, so dass man (d. h. ich) daran gar nicht lehnt, sondern an den Kanten des Rahmens. Auf die Dauer ist das Folter. Wer denkt sich sowas aus?
Der Gastraum war bei Beginn des Abends frei von tagesaktuellen Verschmutzungen; die kürzlich abgeschlossene Renovierung verhinderte Spuren in the long run. Die hinteren Gemächer habe ich nicht besucht.
Die junge blonde Dame brachte die Karte und - oh Wunder - zieht sich wieder zurück, um mich in Ruhe stöbern zu lassen. Mit der Bestellung des Aperitifs (kleines Leffe Bruyne für 2,2€) wird zweierlei Brot gebracht. Frisch aufgeschnitten an der Servicestation hatte es eine krosse Kruste und eine luftige Krume, gute Bäckerware. Das Brot wird mit einer (sparsamen) Pfütze eines Orangen-Olivenöls serviert. Die Provenienz kann auf Nachfrage nicht genannt werden, aber flugs wurde der kleine Artefakt-Kanister geholt und es entpuppte sich als katalanisch. Für meinen Wunsch nach Pfeffer und Salz musste ich später einmal etwas auf die Aufmerksamkeit der jungen "Studentin" warten. Sie lässt ihren Blicke durch den Raum wandern, nur nicht zu mir. Suboptimal. Dann genügt aber eine kurze Geste und zwei Peugeot-Mühlen (mit Mahlgradverstellung!) werden gereicht. Warum sich der Pfeffer in der roten und das Salz in der schwarzen befindet, muss man nicht verstehen. Anders dagegen die "norddeutsche" Kollegin. Obschon nicht mehr für mich zuständig, erkennt sie, dass ich nach Abräumen des 1. Gangs vor dem leeren Tisch saß und wohl gelangweilt aussah. Jedenfalls machte sie auf ihrem Weg aus der Küche stante pede kehrt und teilte in der Küche deutlich hörbar mit, dass es bei mir weiter gehen könne. Die Nachfragen erfolgten freundlich, Dessert und Kaffee wurden angeboten und auf die ordnungsgemäße Rechnung musste ich nicht warten. Freundlich interessiert frage ich meine "Studentin", ob denn die blonde Kollegin "vom Fach" sei. Nach einer kurzen peinlichen Pause, erhalte ich die Auskunft, dass es umgekehrt sei... Hüstel, so kann's gehen mit den Vorurteilen. Erklärt aber wenigstens das penetrante "Sehr gerne!" nach jedem Wunsch des Gastes. In der Summe der beiden Servicekräften war ich positiv überrascht und sehr zufrieden, 4,5 Sterne.
Die locker gebundene Speisekarte hat einen festen Einband in grauer Holzoptik und macht kurz nach der Eröffnung noch einen soliden Eindruck. Inhaltlich herrscht kluge Beschränkung auf wenige Gerichte regionaler und leicht mediterraner Provenienz. Damit bleiben Ressourcen für aktuelle Angebote. Eine große Standardkarte in einem kleineren Laden ist sonst nur mit viel Convenience leistbar. Signature dishes gleich zwei: Das amerikanische Wagyu-Beef "voll Biss, Struktur und Geschmack", das daher zu einem Burger-Patty durchgedreht wird... Und weltbeste Spareribs vom Bellota Iberico, also von spanischen Eichelmastschweinen aus der Dehesa (gleich bei Wiki schauen, schöne Bilder). Natürlich das Superfleisch aus einem Tonofen nach jahrtausendealter japanischer Tradition... Schwein und speziell Rippchen hatte ich schon lange nicht mehr. Aber bitte die kleine Portion für 12,9€ (damals noch, Näheres beim PLV). Zuvor einen mediterranen Eichblattsalat mit Himbeerdressing und gebratenen Pfifferlingen für sportliche 10,9€. Aus der mit Verstand zusammen gestellten Weinkarte, die erfreulich viele offene Weine ab 0,1l-Gläschen anbietet, wähle ich zum Salat eine spanische Rosé-Cuvée von Baron de Ley in der Annahme vieler roter Früchte nicht nur am Gaumen. Auf der Rechnung standen dafür 2,6€. Zum Schwein gab es für 0,2€ weniger einen Merlot Ragazzo IGP. Beide Weine stellten sich als perfekt zu den Gerichten heraus. Da ich selten Rote bestelle, war ich erfreut, getroffen zu haben.
Der Salat wurde auf einem schönen Glasteller serviert und war eine Pracht. Bunt, frisch, sauber, nicht zu groß gezupft mit einer nicht zu säuerlichen fruchtigen Sauce und einigen Beeren. Die Pilze noch leicht warm, vorsichtig gebraten und voller Geschmack. Auch die Antipasti mit Basilikumpesto passten überraschend gut zu den anderen Zutaten. Weich, nicht zu sauer, die Artischocke nicht faserig. Schönes Öl, davon vielleicht etwas viel. Aber das war auch die einzige kleine Schwäche.
Keine Frage, ich war angefixt.
Die Rippchen kamen auf einem viereckigen weißen Teller. Sie wurden begleitet von erneutem Pesto (überflüssig), einer geschmolzenen Kirschtomate (belanglos), in Rotwein geschmorten Zwiebeln, die ausgezeichnet waren, mit gerade noch genügend Biss und fruchtig-würzig-süß schmeckend. Schließlich in einer kleinen Porzellanschale etwas Coleslaw, der schön knackig, aber nicht zu hart war und recht viel flüssig geratene Majonäse hatte. Alles Miniportionen, die eigentlichen Beilagen hätten dazu gekauft werden können. Wenn ich mich recht erinnere z.B. Fritten (Kartoffel oder Süßkartoffel) für 3,9€. Für mich nicht, ich wollte mich ganz den wunderbar gebräunten Schweinereien widmen. Die beiden Rippchen mit genügend Fleischanteil waren zart, aber nicht zerfallend. Sie hatten weichen, vollen Biss. Auch der kleine Fettanteil war hier der schon fast sprichwörtliche Geschmacksträger. Aber am besten war die zurückhaltend eingesetzte Marinade. Nur ein leichter würzig-süßer Hauch unterstrich den tatsächlich leicht nussiges Geschmack. Vielleicht nicht world's best, aber sehr, sehr gut.
Um es klar zu sagen: An diesem Essen gab es nichts zu kritisieren. Die kleinen Auffälligkeiten (das Pesto z. B. war in meinen Augen reine optische Spielerei) rechtfertigen nicht, hier keine Höchstpunktzahl zu vergeben, auch im Vergleich zum Schwarzen Schaf, wo es doch noch ein klein wenig geholpert hatte. Also 5 Sterne.
Auch das PLV ist unter Einbeziehung der Getränke nur knapp dahinter. Dabei lasse ich aber außer Acht, dass in der aktuellen Internetkarte die Iberico-Rippchen auf 19€ hochgeschossen sind. Für immerhin auch schon 15€ gibt's jetzt auch die Alternative aus hiesiger Zucht vom Viertel-Schlachter Safft. Da kam ich wohl gerade noch in der Preisfindungsphase, Glück gehabt...
Fazit: Interessantes Ambiente und am Herd ein Tobi! der richtig gut kochen kann. Und Produkte hat, deren Qualität er zur Geltung bringt. "Philosophie" hat das Deych nicht nötig, dafür ist es zu gut. Hingehen.