Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 367833x gelesen 10221x "Hilfreich" 9169x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 26.06.2017 2017-06-26| Aktualisiert am
16.09.2017
Besucht am 08.06.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 148 EUR
Nämlich in Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!
Essen ist Leben und zum Aufregendsten bei beidem gehört es, Neues kennen zu lernen.
So war ich freudig gespannt, als ich im Hamburger Nobelhotel Vier Jahreszeiten die Stufen zu dem vor sieben Monaten eröffneten Nikkei Nine herunter tapste. Eine Empfehlung von Henner Fischer, dem langjährigen Küchenchef des Bremer Topaz, mit dem ich die Begeisterung für's Fernöstliche teile.
Nikkei bezeichnet, so hab ich das verstanden, im weitesten Sinne Japaner und Japanisches außerhalb ihrer fernöstlichen Inseln. Und im Besonderen die Bereicherung der heimatlichen Küche mit südamerikanischen, speziell peruanischen Einflüssen. Die große japanische Community im Andenstaat ist selbst hierzulande in den Blick geraten, als dort ein Nikkei Präsident wurde.
Die Zahl Neun symbolisiert wohl wirtschaftlichen Erfolg und Glück und am Besten sollten sich neun Menschen um einen Tisch versammeln. Das mit dem Erfolg scheint am Neuen Jungfernstieg schon mal zu klappen, das Netz schäumt über vor beeindruckten Kritiken und manche Berühmtheit soll auch schon gesichtet worden sein.
Von mir jedenfalls nicht, was natürlich daran gelegen haben könnte, dass ich am Sonnabend nur einen Platz in der ersten Reservierungszeit (am Telefon hübsch denglisch "erstes seating" genannt) ab 18.00 Uhr ergattern konnte. So war ich auch noch eine halbe Stunde später einer der ersten Gäste, konnte daher recht ungeniert in Verhandlungen um einen angenehmen Tisch einsteigen. Zuvor war ich persönlich vom Check-in (mit schönem Wasserfall) abgeholt und um die Bar weiter hinunter in den großen (104 Plätze!), lang gezogenen Gastraum geführt worden, an den sich die für Gäste "umgehbare" Küche anschließt. Der erste Tisch wurde mir noch als "mitten im Geschehen" angepriesen, weiter muss man nichts wissen... Allerdings zeigte sich dann schon der sehr gute, auf den Gast fokussierte Service des Hauses. Auch mehrfach wechselnde Sitzwünsche des komplizierten Borgfelders wurden mit den Reservierungen abgeglichen und so ermöglicht, dass ich schließlich in einer der "private dining"-Nischen platziert wurde, die sowohl Ruhe, als auch einen Blick auf Bar und ankommende Gäste beinhalten. Danke sehr!
Statt des 1920er-Shanghai-Ambiente des ehemaligen Doc Cheng's dominiert nun die volle Dröhnung des metallenen Zeitgeschmacks aus Gold, Kupfer und Bronze, kombiniert mit warmen Hölzern von Cognac bis Schwarz und als DIE Loungefarbe schlechthin ein tiefes Violett. Nicht er-, sondern warm beleuchtet von fast unzähligen Lampen, Lichtinstallationen und illuminierten Kunstobjekten. Auch sonst viel aktuelle Kunst mit asiatischen Bezügen. Ein Kokon, zurück in die Zeiten, in denen Aufbruch Befreiung verhieß und nicht Unsicherheit. Im "2. Seating" legt der DJ Loungemusik auf zum Abtauchen und Wohlfühlen. Die frühen Gäste hören eingängigen Deep House vom Band. Stimmig. Unbedingt auf der Homepage unter Location die Galerie besichtigen.
Wie würde der Service hier sein? Japanisch zurückhaltend oder südamerikanisch emotional? Warm und entspannt wie das Ambiente oder eher norddeutsch-kühl wie die Szene?
Die Begrüßung war jedenfalls noch etwas - nun, nennen wir es hanseatisch. "Hochnäsig" wird außerhalb von Hamburg ja für etwas Negatives gehalten.
Davon war den Rest des Abends überhaupt nichts mehr zu spüren. Die Menschen im Nikkei sind ohne jede Frage ein Aushängeschild! Geführt vom souveränen Gastgeber Matthias Förster, der sich vorstellte und mehrmals an den Tisch kam, agierten alle Bedienungen gut geschult, höflich, aber entspannt. Meine kleinen Extra-Wünsche wurden gleichbleibend freundlich erfüllt, z.B. mehrfache oshibori, die heißen feuchten Tücher zur Erfrischung und Reinigung, hier mit Jasminduft. Besonderes Lob für S., die mich überwiegend umsorgte. Seit langer, sehr langer Zeit hatte ich nicht mehr einen so persönlich netten, ungekünstelten, dabei fachlich einwandfreien Service. Wir hatten im Wortsinn einen gemeinsamen Abend, freuten uns über gelungene Teller und sprachen über kleinere Schwächen. Ich durfte sogar ein Foto machen, um es meiner nicht minder wunderbaren Kollegin gleichen Namens zu schicken. Am Ende des Abends stand gar ein Lob als "ganz besonders guter Gast" - Hört, hört! Ich gebe das Kompliment gern zurück und zwar an die gesamte Crew und den Restaurantleiter. Auf der Homepage unter dem Punkt Team sind alle zu "besichtigen"; manch junger Dame sieht man die Freude über die Jasminblüten im Haar nicht wirklich an...
Dabei begann der Abend sogar mit einem Missverständnis. Das Prinzip der Nikkei cuisine und die Karte wurden erklärt, auch Tagesangebote und Abweichungen angekündigt. Für den Erstbesucher wurde das omakase-Menü empfohlen, also nach der Wahl des Küchenchefs. Verfügbar mit 4 oder 6 Gängen, aber im "ersten Seating" sei doch die kleinere Variante sinnvoller. Na, das hab ich vielleicht gerne! Erst den Gästen die Essenszeiten vorschreiben und dann einer Hälfte nicht das volle Programm bieten? Und darauf noch nicht mal bei der Reservierung hinweisen! Erschrocken folgte der Rückzieher: Nein, nein. Zeitlich passe auch die größere Variante. Die Gänge kämen dann nur in schnellerer Abfolge. Nun gut.
Natürlich entschied ich mich bei einem schön gekühlten Taylor's White Port (9€, hm) für die längere Reise (89€, mehr als ok) und wählte noch otoro, den fetten Thunfischbauch (11€, preiswert) dazu. Und den frisch von der Wurzel geriebenen Wasabi (10€, üblich, wenn überhaupt erhältlich), der etwas wässriger ist und eine mildere Schärfe hat.
Die weiße Brigade legte dann gleich ein Tempo vor, das mich befürchten ließ, schon deutlich vor Ablauf meiner Reservierungszeit aus dem Laden gehetzt zu werden. Ein paar Worte an Herrn Förster beendeten die Jagd und am Ende durfte ich noch "überziehen".
Als Amuse schickte die Küche ein Türmchen Thuntartar,
das u. a. mit Shiso und Queller recht würzig angemacht. Ein Deckel von Daikon und Yuzu-Gel. Etwas erwartbar, aber ansprechend gemacht.
Inzwischen war ich auf japanisches Iki-Bier umgeschwenkt, das Auszüge von Yuzu und grünem Tee enthält und schon sehr kalt in ein tiefgekühltes Glas eingeschenkt wurde. Der süffige, nur leicht bittere Geschmack mit dem Abgang nach der Zitrusfrucht traf voll meinen Geschmack. Der Preis von 9€ eher nicht.
Der Wasserservice (Leitungswasser aus kleiner Karaffe) klappte vorzüglich.
Der erste Gang war ein zwischen Sashimi und Ceviche stehendes Tiradito und damit typisch für die Nikkei Cuisine.
Um die aufgeschnittene rohe Flunder war eine Sauce auf der Grundlage von Ume-Pflaume, Orange und Yuzu drapiert. Auf den Abschnitten lagen konfuzianisch in Reih und Glied Passepierre-Algen, angenehm mild-pikante Chili und angeröstete kleine Reispops. Das ergänzte sich alles sehr schön, nichts dominierte. Gelungen.
Es folgte der zusätzlich gewünschte fette Thunfischbauch.
Zwei gute, kompakt geschnittene Stücke, an denen nichts auszusetzen war. Ich meine jedoch, vergleichbare Qualitäten auch in Düsseldorf schon mehrfach erhalten zu haben. Was ja nicht gegen das Nikkei spricht; es ist halt eine Frage der (durchaus auch geschürten) Erwartungshaltung. Dazu der frische Wasabi und die Haussauce, für die Sake mit Mirin lange eingekocht und dann wieder mit fertiger Sojasauce verlängert wird. Sehr ausgewogen, feine, süße Würze. Der nicht verbrauchte Meerrettich wurde für spätere Teller wieder in die Küche gebracht. Sehr aufmerksam. Ich durfte anscheinend noch mit einem Sushi-Gang rechnen.
Es ging weiter mit Tempura einer ganzen "soft-shell"-Krabbe.
Die papierne Haut und das sehr weiche Fleisch mag sicher nicht jeder. Der Geschmack ist aber sehr fein. Dazu gehobelte, marinierte Streifen vom Daikon-Rettich und eine Sojasauce, diesmal pikant mit Koriander, Chili als südamerikanischem Bestandteil und erneut Yuzu. Das war vom Produkt, der Sauce und vor allem handwerklich die bislang beste Leistung.
Den nächsten Gang hätte ich à la carte auf jeden Fall gewählt. Bauch vom (Apfel-)Schwein asiatisch
kann ich nicht widerstehen. (Zuletzt grandios vietnamesisch in The Slanted Door.)
Es war das Highlight des Abends. Sehr fett, sehr intensiv, sehr knusprig. Mit einer Sesam-Glace überzogen. Süffiger geht nimmer. Diesmal hatte die Haussauce mit mehr Mirin statt Schärfe eine süßere Note, die natürlich formidabel zum Schwein passte. Die Palmherzen waren (mit Thymian?) gedünstet, aber noch mit dieser an Apfel erinnernden, knirschenden Konsistenz. Und erneut die Daikonstreifen. Als ich das beim Ausheben in Bezug auf die "Chef's Choice" bemäkeln wollte, fiel mir der Ober ins Wort. Am Pass habe er noch mit bekommen, dass der Chef "sich auf die Finger gebissen habe", weil die Beilage nicht gewechselt wurde. Wie schön, wenn sich Küche und Gast einig sind;-))
Der Hauptgang kam nach einer angenehmen Pause, die ich für einen Besuch in den tadellosen Waschräumen nutzte. Zur Abwechslung angenehm hell, für mich etwas zu plakative Kunst (halbnackte Frauen in japanischem Umfeld) und eben neu und schick. Das gefällt.
S. hatte mir verraten, dass es Lamm geben würde und wir einigten uns auf eine südafrikanische Cuvée von Shiraz und Cabernet Sauvignon. Warum das der aktuelle Lieblingswein des Sommeliers sein soll, erschloss sich mir nicht. Oder eventuell doch: Die Flasche 2013 Raoul's Constable House kostet im Netz etwa 10€. Da liegt es nahe, dass das 0,15l-Glas ebenfalls mit 10€ abgerechnet wurde. Faktor 5 oder je nach EK mehr, ist ja normal... Die Flaschenweine sind dagegen auch für den Normalgast kalkuliert und bieten einiges im Bereich von 30 bis 50 Euro.
Schnell zu den drei Lammkoteletts, die schön heiß vom Robatagrill an den Tisch kamen und Unterschiede aufwiesen. Das erste Exemplar war recht zart, aber kauen musste man schon. Die anderen beiden waren die besten Lammchops, an die ich mich erinnern kann. Himmlisch saftig und unglaublich weich, ohne die Struktur zu verlieren.
Geschmacklich idealtypisches Lamm. Ein außerordentlicher Genuss. Meine zukünftige Referenz.
Der Rest des Tellers stand dem Fleisch kaum bis gar nicht nach.
Ich hätte nie gedacht, dass mir ein gegrillter Kräuterseitling so gut schmecken kann. Das sehr große Exemplar war kräftig gegrillt und vorher rautenförmig eingeschnitten worden. Entweder nur aus optischen Gründen oder wie z. B. bei Tintenfisch zur Erzielung einer weicheren Textur. Weißer Spargel gegrillt und als gehobelte Streifen konnte ebenfalls überzeugen, weil die Bestandteile des Tellers nicht gemischt wurden. Jedenfalls nicht von mir. Da standen dann schon sehr japanisch die Geschmäcker klar nebeneinander. Gar nicht nippon-style, dass es so kräftige waren. Denn auch Südamerika grüßte einmal mehr mit einer phantastischen Sauce Romanesco auf der Grundlage von ají-panca-Chili. Durch die Verarbeitung von Sauerteig wurde daraus ein ausgestrichenes säuerlich-pikant-fruchtiges Püree, das das kräftige Fleisch wunderbar ergänzte. Der getrennt gereichte warme Reis mit Sesam
tadellos, nicht zu viel Säure.
Die folgenden nigiri sushi kündigten das nahende Ende des Menüs an.
Sehr hübsch und knusprig der frittierte Kopf der Süßwassergarnele ama-ebi. Kleiner Knabberspaß. Für den Schwanz galt ebenso wie für tai/Brasse, maguro/mageren Thunfisch, hamachi/Gelbschwanzmakrele, sake/Lachs: Good, but not outstanding. Wobei ich nicht missverstanden werden möchte: Sehr empfehlenswerte Sushi, Reis ebenso wie tane/Belag. Kein Vergleich mit den üblichen, guten Sushiläden (und meine nicht, nie, never-ever AYCE-Kaitenläden). Aber auch da wäre ich natürlich gern in Welten vorgestoßen, die nie zuvor ein Borgfelder geschmeckt hat.
Leider hatte die Küche vergessen, dass ich noch frischen Wasabi hatte. Das wurde mir zwar mit den Nigiri wieder serviert, war aber nutzlos, denn alle Stücke waren schon mit der "Normalware" exakt bestrichen. Auch, wenn ich es einen Tick schärfer mag, war eine Ergänzung kaum möglich, ohne die Balance zu zerstören. Das fand ich ärgerlich, eine Verschwendung von Geld, schlimmer noch eines guten Produkts. Sachlich ausgesprochen, wurde die Kritik angenommen (zudem notierte der ältere Schlemmer: S. auf's Reizendste zerknirscht.)
Eine sehr hübsche Neuentdeckung war allerdings der von meinem Gastgeber empfohlene sparkling sake. Schön gekühlt, zunächst angenehm fruchtig süß, dann mit einem herben Nachhall. Ob Perlwein oder Flaschengärung, weiß ich mangels Erfahrung nicht zu sagen, wegen der leichten Trübung hoffe ich mal auf Letzteres. Der Preis von 14€ für den Fingerhut von 0,1l hätte anderenorts ebenfalls dafür sprechen mögen.
Nun blieb noch das Dessert.
Auf einer mit Zitronengras deutlich aromatisierten, gut gemachten Crême brulée schmolz eine Eis-Nocke, deren Grundlage Pandan-Essenz war. Dazu Kleckse des Yuzu-Gels, die eine Säuerlichkeit einbrachten und ein Blatt Gewürzschokolade. Für die Dessertliebhaber bestimmt eine exotische Freude, mir war es zusammen genommen etwas zu parfümiert.
Die zunächst angebotene Zweigelt Auslese sagte mir gar nicht zu. Der Rheingau Riesling mit viel Restsüße schon sehr viel mehr. Ging zudem auf's Haus, bei den Preisen der Offenen hier ein Segen.
Die herzliche Verabschiedung hatte ich schon erwähnt. Die freundliche Aufforderung, das Nikkei beim großen Kurzreise-Berater zu bewerten, musste ich gleichwohl empört zurück weisen.
Ein paar Fragen bleiben:
Empfehlung?
Ja, klar. Eine sehr interessante Küche, die derzeit hot-shit ist, sich aber (hoffentlich) in Hamburg lange halten wird. Zudem ein polarisierendes Ambiente, das man gesehen habe "muss".
Zu wenig Südamerika?
Nein. Nikkei bleibt japanisch. Die spanisch/mexikanisch/peruanischen Anleihen waren unauffällig, aber sehr wirkungsvoll. Eine echte Alternative zur Puristik des klaren Geschmacks.
Auf Augenhöhe mit den besten Japanern in Deutschland, gar in London?
Nicht für mich, noch nicht und ich glaube auch nicht, dass sich daran grundlegend etwas ändern wird. Da wird natürlich auf Wirtschaftlichkeit geachtet und die unbedingte Qualität etwas der Show geopfert. Schon (auch) für eine bestimmte Klientel. Von meinem POV leistet sich die Küche bei allem Können (gutes Handwerk, groß die Komposition und Abwechslung der Saucen!) zudem Nachlässigkeiten. Neben den schon beschriebenen durchaus auch solche im kreativen Bereich. Beispiel: Wann ist Yuzu zur einzigen asiatischen Zitrusfrucht geworden? Vom Amuse bis zum Dessert, keine Bergamotte, keine Calamansi, keine Buddha's Hand (wenn schon Show). Das ist schade, aber auch auszumerzen.
Daher folgt auf jeden Fall ein zweiter Besuch; bis auf Sonntag wird täglich sogar ein Lunch angeboten. Das lohnt doch mal eine Stippvisite, wenn man sich z.B. aus der Pfalz o. a. alljährlich gen Norden aufmacht!
Nämlich in Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!
Essen ist Leben und zum Aufregendsten bei beidem gehört es, Neues kennen zu lernen.
So war ich freudig gespannt, als ich im Hamburger Nobelhotel Vier Jahreszeiten die Stufen zu dem vor sieben Monaten eröffneten Nikkei Nine herunter tapste. Eine Empfehlung von Henner Fischer, dem langjährigen Küchenchef des Bremer Topaz, mit dem ich die Begeisterung für's Fernöstliche teile.
Nikkei bezeichnet, so hab ich das verstanden, im weitesten Sinne Japaner und Japanisches außerhalb ihrer fernöstlichen... mehr lesen
Nikkei Nine · Hotel Vier Jahreszeiten
Nikkei Nine · Hotel Vier Jahreszeiten€-€€€Restaurant040 34940Neuer Jungfernstieg 9 - 14, 20354 Hamburg
4.5 stars -
"Sieh, das Gute liegt so nah!" DerBorgfelderNämlich in Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!
Essen ist Leben und zum Aufregendsten bei beidem gehört es, Neues kennen zu lernen.
So war ich freudig gespannt, als ich im Hamburger Nobelhotel Vier Jahreszeiten die Stufen zu dem vor sieben Monaten eröffneten Nikkei Nine herunter tapste. Eine Empfehlung von Henner Fischer, dem langjährigen Küchenchef des Bremer Topaz, mit dem ich die Begeisterung für's Fernöstliche teile.
Nikkei bezeichnet, so hab ich das verstanden, im weitesten Sinne Japaner und Japanisches außerhalb ihrer fernöstlichen
Geschrieben am 22.06.2017 2017-06-22| Aktualisiert am
05.11.2017
Besucht am 08.06.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 148 EUR
Nach dem wunderbaren Zufallsfund Weinhaus Uhle wären weitere Restauranttests im Nordosten eigentlich nicht mehr nötig gewesen. Allerdings - Quartettspieler und Briefmarkensammlerinnen werden wissen, was ich meine - bleibt doch eine Leerstelle, ein Phantomschmerz, wenn "die Liste" nicht vollständig erledigt ist.
So lehnte ich bei meiner folgenden Übernachtung im Uhle die geschäftstüchtige Frage nach einer Tischreservierung im Hause ab und machte mich auf den Weg ins Cheval Blanc, der dritten Empfehlung des Guide Michelin für Schwerin. Für Schwerin? Das zweifelnde Gemurmel des Taxifahrers, er glaube zu wissen, wo das sei, hätte mich stutzig machen müssen.
Tatsächlich im ca. 30 km entfernten Kuhlen-Wendorf gelegen, dauerte die einfache Fahrt eine gute halbe Stunde und schlug mit über 40€ zu Buche. Navi-Irrweg zur Pferdekoppel inklusive. Und zurück musste ich ja auch.
Also besser mit dem eigenen Wagen anfahren oder gleich im sehr schön renovierten Schlosshotel übernachten, für ein paar Runden auf dem nahe gelegenen Golfplatz oder wie wohl die meisten Gäste für Reiterferien de luxe in der Pferdesportarena. Das ganze Gelände atmet Geld und Geschmack, und die Beschäftigten fahren possierlich in Golf-Carts umher.
Das Restaurant ist in einem Nebengebäude "situiert" und innen ganz im englischen Landhausstil gehalten. Es dominieren ein dunkles Rot und warme Hölzer
Pferdebilder und Reitutensilien allüberall. Gut eingefügt sind moderne Akzente wie der schöne Kamin und das namensgebende weiße Pferd in unterschiedlichen künstlerischen Ausführungen. Wobei hier aufgrund der frankophilen Weinbegeisterung des Inhabers eher das berühmte Château im Bordelais Pate bei der Benennung stand.
Letzteres erzählte mir die Gastgeberin Birgit Brandmayr, die trotz Kreuzbandriss den Service professionell und resolut im Griff hatte. Zwar hielt sie Garten und Birnbaum nicht strenge verwahrt, doch etwas englische Landlady kam schon durch. Dabei immer mit einem Charme, denn sie sei eben eine "österreichische Batriotin", was gleich auch den zweiten Schwerpunkt der Weinkarte erklärte.
Die Betreuung in der ersten halben Stunde hatte noch eine Kollegin übernommen, nicht weniger freundlich und sachkundig, wobei die Weinberatung klar Domäne der Chefin ist. Die Begrüßung war sehr herzlich, was sich später durch eine Verwechslung mit einem Stammgast erklärte, dessen Anreise für den Tag angekündigt war. Der erschien dann aber doch nicht, so dass ich mich ab 21:00 Uhr über die ungeteilte Aufmerksamkeit des Teams erfreuen durfte. Zu Beginn des Abends war noch ein Paar zu Gast, was aber natürlich für die Wirtschaftlichkeit auch nicht ausreicht. Ein 5-Sterne-Resort in der "Pampa" muss vermutlich trotzdem ein Gourmetrestaurant vorhalten. Wobei man auf dieses Attribut schon verzichtet habe, um die Hemmschwelle für externe Gäste zu senken, wie Küchenchef Marco Röhrs berichtete. Der unkomplizierte Hesse kam zweimal für einen Plauderei an den Tisch.
Für mich war ein großer runder Ecktisch eingedeckt, an dem ich mich etwas verloren gefühlt hätte. Ich wechselte daher an den kleinen Zweier mit Fensterblick
und stellte mir bei einem Campari (zusammen mit einer Flasche Selters 13,40€) aus der edel daher kommenden Karte
ein recht klassisches Menü zusammen:
Gänseleber auf kandierten Rhabarber mit Tahitivanille und Bergpfefferjus
Bärlauchsüppchen mit Langustino (auf Wunsch statt Bio-Garnele)
zusätzlich eingeschoben: Hausgemachte Tagliatelle Pfifferlinge Spargel Parmesan
Steinbutt mit Kalbsbries und Beurre blanc
Rücken und Hüfte vom Lamm Artischocken und Bohnenkerne Olivenjus
Mousse von Urkarotte Nusscrumble Sauerrahmsorbet
Für ein 5-Gangmenü werden mit (!) Weinbegleitung 124€ aufgerufen, die zusätzliche Pasta (+Wein) und die eingetauschte Qualität bei der Suppeneinlage wurden zusammen nur mit zusätzlichen 11€ berechnet. Das ist außergewöhnlich gutes PLV, auch die Portionen waren reichlich, wie bislang stets im Land der Seen und Wälder.
Der Abend startete leicht, aber lecker
Es gab ein selbst gebackenes Ciabatta, mit krachender Kruste und luftiger Krume. Ein leichter Hefeteiggeruch war zu erschnuppern. Mit griechischem Olivenöl wurden Meersalz natur, mit Olive, mit Chili und - mein Favorit - mit Rose und Hibiskus
gereicht.
Als Appetithappen ein Krabbentartar, das ungewohnt puristisch, vulgo trocken daher kam. Auch geschmacklich kein Kracher, ein Hauch Salz hätte den Geschmack gehoben. Mit dem gerösteten Cashewkern auf Sauerrahm zusammen war es dann stimmig
Solide, (noch) nicht mehr.
Die gebratene Gänseleber des ersten Menügangs war exzellent
Leichte Röstaromen, minimaler Crunch außen, Cremigkeit innen. Der erbetene Sauternes war mangels Ankunft der Lordschlüsselbewahrerin noch im Keller eingeschlossen, so dass ich mich mit einer Beerenauslese 2013 vom Neusiedlersee (Kracher) tröstete.
Die Begleitung Rhabarber ließ mich nur so semi-begeistert zurück. Mit sauer hab ich es ja nicht so. Hier waren einige Stücke zudem noch recht fest. Und die Vanille war zu sparsam eingesetzt, um die Säure einzubinden. Einige Stücke der ausgekratzten Schote wurden zur Verschönerung eingesetzt. Diese Verwendung wurde mir auch klar, nachdem ich elendig lange darauf herum gekaut hatte. Ich bin ja der Meinung, dass das, was auf dem Teller liegt, von Offenkundigkeiten einmal abgesehen, auch zu essen sein sollte. Und wenn nicht, der Gast darauf hingewiesen wird. Hinterher ein lahmes "Das war wohl nur als Deko gedacht..." hilft jedenfalls nicht mehr. Ein Fauxpas, schade. Ein Teller mit Licht und Schatten.
Der Bärlauch für die am Tisch angegossene Suppe kam aus des Nachbarn Garten
Ich denke mal, er war informiert. Zunächst etwas salzig, war es mit der im Teller "wartenden" Crême fraiche ein perfekter (Spät-)Frühlingsgruß mit klarem Charakter. Sollte er auch, denn der Schwanz vom Kaisergranat war von sehr guter Qualität und konnte sich durchaus behaupten. Erst recht das Tartar, das mit Safran aromatisiert auf dem Tellerrand lockte. Die kleinen Croutons überzeugten mit sehr feinem Knusper.
Das war ein durch und durch gelungener "einfacher" Teller, der durch gute Produkte und klar heraus gearbeitet Geschmäcker überzeugte, ohne Nuancen zu vernachlässigen. Ebenso gut der begleitende junge Sauvignon Blanc von Glatzer aus Niederösterreich, der mit vielen gelben Früchten ganz gefällig Nase und Gaumen erfreute.
Zu den eingeschobenen Nudeln rann etwas Deutsches durch die Kehle, in diesem Fall ein Weißburgunder von der Nahe (Anheuser, 2013).
Das war ein Wohlfühl-Teller
Schmackig! - würde der Grob-Poet aus Dorsten ausrufen, vermute ich mal. Perfekt gegarte Hartweizennudeln in einer vom Parmesan vollmundigen Sauce mit einer angenehm groben Textur. "Ein Maul von Geschmack", wenn ich mal wieder einen Bremer Genussfreund zitieren darf, der nach wie vor seine Bewertungen auf einem großen Allerweltsportal "verschwendet"... Auch die begleitenden Pfifferlinge waren sehr schöne, aromatische Exemplare. Dazu kleine Tomatenwürfel, nicht gehäutet. Aber wo war der versprochene Spargel? Ein zufällig vorbei eilender Koch konnte keine befriedigende Auskunft geben, was - im Nachhinein betrachtet - vielleicht auch an einer Sprachbarriere lag. Ich verstand jedenfalls, dass der Chef entschieden hätte, den Frühlingsboten nicht mehr zu verwenden, Hm, das wäre der zweite Fehltritt gewesen, denn stillschweigende Änderungen mag ich nicht. Aber schon warf sich der Chef an meinen Tisch und erklärte sehr sympathisch, dass gekochte Abschnitte durch das Sieb gestrichen, die gerade so gelobte "schmackige" Sauce bereichert hätten. Danke, Maître! Das war eine durchaus elegante Idee, wenn sie bei Parmesan und Pfifferlingen auch etwas unterging. Wobei ich vielleicht aufmerksamer hätte hinschmecken können.
Zum folgenden Fisch gab es einen 2013er Chardonnay vom Johanneshof Reinisch aus der niederösterreichischen Thermenregion. Überraschend filigran.
Was erst recht für die Kreation auf dem Teller galt. Der Ostseebutt reicht nicht ganz an die Qualität seiner bretonischen Verwandten heran. Etwas dünner, etwas fester und eben auch eine Spur trockener, wenn man nur das Fleisch alleine beurteilt. Das ist kein Manko, so ist das Produkt eben. Und schon die aufgelegte dünne Scheibe Lardo sorgte für Süffigkeit. Darauf kleine Stücke filetierter Grapefruit. Überzogen mit einer Beurre blanc und von Minze gekrönt.
Wann ist der Auftritt eines Seiltänzers am besten? Wenn man den Atem anhält und glaubt Jetzt! Jetzt fällt er! Tut er aber nicht und man ist nur noch begeistert. So ein Teller war das. Zuerst dominierte die Zitrusfrucht. Und gerade, als ich erwartete, dass im nächsten Moment die Säure unangenehm spitz werden müsse, entfalteten sich alle anderen Komponenten in ihrer perfekten Komposition und umfassten die Frucht. Herrlich. Auch das glacierte Kalbsbries war von bester Qualität und steuerte süße, nussige Nuancen zu diesem wunderbaren norddeutschen Surf'n'Turf bei.
Für diesen Teller hatte die Fahrt schon mal gelohnt.
Da ich am Anfang etwas unsicher war, hatte ich vorsorglich gefragt, ob eine Erfrischung vor dem Hauptgang gereicht würde. "Selbstverständlich, Herr Kommerzialrat!", sagte natürlich niemand, aber meine Frage wurde doch freundlich bejaht.
So freute ich mich denn über das Brombeersorbet mit einer einzelnen vollmundigen Himbeere
Andere hätten darüber eher gelangweilt am Tisch Notizen gemacht (Ups...) oder sich im Gegenteil gefragt: Vollbringt diese Wirtschaft Wunder? (Naja.) Ich jedenfalls war gern Gast im Haus und gab fein Obacht! Denn das Sorbet schwamm nicht in teurem Schaumwein und war doch wertvoll umspült: Danziger Goldwasser weckte Lebensgeister und den müden Gaumen! Bravo, eine herrlich unkonventionelle und funktionierende Idee!
Vor dem Hauptgang wurde dem Syrah von Pravis aus Südtirol (also irgendwie auch noch Österreich - im großen historischen Blick) etwas Zeit im Dekanter gegeben.
Das Lammfleisch war ohne Fehl und Tadel
Das Rückenstück rosa und zart, die Hüfte wachsweich und saftig, mit Nusscrumble getoppt. Die Kalamata-Oliven in der Jus kamen angenehm durch. Gut. Noch besser haben mir die etwas neben den ausgetretenen Pfaden zubereiteten "üblichen Verdächtigen" geschmeckt. Paprika concassée, Bohnen als große grüne Kerne, angenehm weich, aber nicht mehlig. Eher selten servierte gestückelte Artischockenböden, ebenfalls exakt gegart und als kleine Überraschung Kräutergnocchi vom Koriandergrün! Bei diesem (überwiegend) mediterranen Teller passte die geschmolzene Kirschtomate her-vor-ra-gend. Bin ein großer Fan.
Ein wohlbekannter Teller für (Lamm-)Fleischliebhabende, aber mit etwas Twist bei den Beilagen, die oft (z.B. in den gehobenen Häusern der sogenannten gutbürgerlichen Küche) vernachlässigt werden.
Gespannt wartete ich nun doch auf das Dessert. Und erhielt leider von Frau Brandmayr eine Absage aus der Küche überbracht. Sehr charmant und zugewandt zwar das Fehlen der Urkarotte als wichtigsten Bestandteil erklärt. Alternativen von der Karte wurden angeboten, versprachen mir allerdings keine neuen Dessert-Erlebnisse. Ein wenig enttäuscht disponierte ich auf die letztlich wohl temperierten, geschmacksstarken französischen Rohmilchkäse mit einer (mittelmäßigen) Tawny Port-Begleitung um. Der zuvor aus dem Keller befreite Sauternes trat den Rückweg an, es sollte halt nicht sein. Dazu Baguette und ein gut zugekauftes Früchtebrot. Überzeugend die Senfzubereitungen mit Aprikose, gelber Feige und auch blauer Feige
Die frischen Früchte auf dem Brett waren ok bis aromatisch aber Herr Röhrs, der am Tisch die Käse erläuterte, hielt dann doch noch einen letzten kleinen Kick für mich bereit: Walnüsse waren in der Pfanne mit Rosmarin aromatisiert und dann nur mit Staubzucker hauchdünn karamellisiert worden
Extremst lecker, das Zeuch...
Für die Wartezeit auf's Taxi, das auf dem Heimweg erst Hase und dann Fuchs (via Stoßstange) beinah gute Nacht gesagt hätte, gab es noch ein paar anständige Pralinées
und ein Pläuschchen über die Schwierigkeiten, ausreichend Gäste für dieses schöne Restaurant zu begeistern. Ich denke, die Küche hätte noch mehr drauf, als sie zeigen durfte; es geht wohl auch um die Erwartungshaltung der eher konservativen Besucher.
Trotzdem gerne wieder! Dann aber mit Übernachtung im Schloss.
Nach dem wunderbaren Zufallsfund Weinhaus Uhle wären weitere Restauranttests im Nordosten eigentlich nicht mehr nötig gewesen. Allerdings - Quartettspieler und Briefmarkensammlerinnen werden wissen, was ich meine - bleibt doch eine Leerstelle, ein Phantomschmerz, wenn "die Liste" nicht vollständig erledigt ist.
So lehnte ich bei meiner folgenden Übernachtung im Uhle die geschäftstüchtige Frage nach einer Tischreservierung im Hause ab und machte mich auf den Weg ins Cheval Blanc, der dritten Empfehlung des Guide Michelin für Schwerin. Für Schwerin? Das zweifelnde Gemurmel... mehr lesen
Cheval Blanc im Schlosshotel Wendorf
Cheval Blanc im Schlosshotel Wendorf€-€€€Restaurant, Cafe, Hotel0384863366-0Hauptstrasse 9, 19412 Wendorf
4.5 stars -
"Schweriner (?) Epilog: Einsame Eleganz" DerBorgfelderNach dem wunderbaren Zufallsfund Weinhaus Uhle wären weitere Restauranttests im Nordosten eigentlich nicht mehr nötig gewesen. Allerdings - Quartettspieler und Briefmarkensammlerinnen werden wissen, was ich meine - bleibt doch eine Leerstelle, ein Phantomschmerz, wenn "die Liste" nicht vollständig erledigt ist.
So lehnte ich bei meiner folgenden Übernachtung im Uhle die geschäftstüchtige Frage nach einer Tischreservierung im Hause ab und machte mich auf den Weg ins Cheval Blanc, der dritten Empfehlung des Guide Michelin für Schwerin. Für Schwerin? Das zweifelnde Gemurmel
Geschrieben am 17.06.2017 2017-06-17| Aktualisiert am
12.07.2017
Besucht am 26.04.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 185 EUR
Zeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann aber Schluss mit der jahreszeitlichen Lyrik, denn Frühling hieß ja noch nicht, dass in Mecklenburg die Saison begonnen hätte. Und so scheiterte mein Versuch, mit dem Cheval Blanc der dritten Michelin-Empfehlung für Schwerin nachzukommen, selbst Ende April noch krachend an den Schließzeiten des dazu gehörigen Schlosshotels.
Missmutig stapfte ich also durch die schöne Altstadt zwischen Dom und Schloss und hielt nach Alternativen Ausschau. Nichts, was über das gutbürgerliche/mediterrane Allerweltsangebot hinausgegangen wäre. Schon war ich fast bereit, der russischen Suppenküche eine Chance zu geben, als mir im Augenwinkel ein wunderschön renoviertes Gründerzeit-Palais mit elegantem, indirekt beleuchtetem Schriftzug auffiel. Bald stand ich vor einigen schmalen Stufen die bedeckt von einem vörnehmen roten Teppich zwischen zwei Buchsbäumchen zu einer geschlossenen Holztür hinauf führten. Nur eine kleiner Schaukasten, sonst keine weitere Hinweise auf eine Restauration, fast wie ein englischer Club. Aber die Karte - oha, da traut sich jemand was! Wenige Schritte weiter klärte sich auch der zurückhaltende Eingang: An der Ecke öffnet sich das moderne, sehr einladende Weinbistro des Hauses, mit einer Theke, in der Antipasti und Rohmilchkäse höchst appetitanregend präsentiert sind. Hier ist sowohl räumlich als auch kulinarisch der Eingang in die Welt des Uhle, das nach langen Jahren des Verfalls und Monaten der Renovierung erst Ende 2016 mit einem 4-Sterne-Hotel wieder eröffnet wurde. Was aus meiner Sicht auch der einzige Grund ist, dass das Restaurant noch nicht in den Gastro-Führern für dieses Jahr empfohlen wird. Inzwischen habe ich auch übernachtet und kann das privat geführte Haus der Eheleute Frymark nur wärmstens empfehlen!
Aber der Reihe nach: Der Bistro-Chef nahm freundlich und schnell meine Tisch-Reservierung für das Gourmet-Restaurant entgegen und als ich im Herausgehen andere Gäste von den Köstlichkeiten des Bremer Ratskellers schwärmen hörte, nahm ich das als letztes gutes Omen für den Abend.
2 Stunden und einen kleinen Wellness-Stop bei der vermutlich geschwätzigsten Friseurin der Welt später, trat ich frohen Mutes dann doch neugierig durch die geheimnisvolle Tür ein. Ein langer Flur empfing mich, mit einem dicken roten Teppich und hoher dunkler Eichenvertäfelung, zu zwei Flügeltüren führend, hinter denen es verheißungsvoll golden schimmerte. Um gedanklich in der etwas skurrilen Welt jenseits des Kanals zu bleiben: Sollte das mein rabbit's hole sein und würde mich dahinter ein kulinarisches wonderland erwarten?
Nun, nach dem Durchschreiten eines kleinen Rezeptionsbereichs öffnete sich jedenfalls ein beeindruckender Raum. Ein großer Saal mit hoher Tonnendecke, daran einzelne Kassettenfresken mit Szenen rund um den Wein. Auch in den schönen Fenster mit farbigen Gläsern, in den Stuckverzierungen, an den Kandelabern - überall wird bezeugt, dass hier einst die größte Weinhandlung des Großherzogtums residierte. Schön, dass das schwere Pathos der Gründerzeit durch heiteren Rokokostil aufgelockert wird, dunkles Holz trifft auf lindgrüne Decke, Rundbögen auf barockes Gestühl. Die klassische Musik passte sehr gut in das Ambiente. Später gab's recht laut West Side Story auf die Ohren. Auch nicht schlecht, seh und hör ich im Juli open-air auf dem Domplatz in Magdeburg... Außerdem waren wir da nur noch zu viert, die zwei Köche, die Gastgeberin und ich, passte zur lockeren Stimmung!
Die Tischabstände waren angenehm, was bei Gewölben nur nichts hilft - das Gespräch aus der entferntesten Nische konnte ich ohne jede Mühe verstehen. Das Restaurant war ausreserviert, mir blieb nur der Tisch zwischen Küche und Ausgang. Leider war vom Service auch eine Gesellschaft im Bistro zu versorgen. Die erste Hälfte des Abends ging es zu, wie im sprichwörtlichen Taubenschlag. Aber voll ist eben voll. Immerhin wurde auf meinen Wunsch so umgedeckt, dass ich mich im Saal umsehen konnte. Auch sonst wurde ich zunächst von einer jungen Dame freundlich empfangen und schon recht professionell erstversorgt. Sie nahm mir die Garderobe ab und hetzte nicht mit dem Aperitif, machte aber dafür Vorschläge. Die Karten wurden geöffnet überreicht. Schon gut. Die Feinheiten werden sicher mit der Zeit kommen. Das Interesse, noch besser zu werden, ist klar erkennbar, zumal die Chefin kollegial steuert. Nach der Bestellung übernahm dann Frau Frymark meinen Tisch höchstpersönlich, dazu später mehr.
Den Wermut von Belsazar hatte ich schon im Berliner Weinhaus Habel kennen gelernt. Hier wählte ich die Rosé-Variante, die mit Tonic professionell gemixt und mit 6€ preislich angenehm offeriert wurde. Zunehmend vorfreudig stöberte ich durch die Karte und entschied mich mit kleineren Abweichungen für das Degustationsmenüs, dessen 6 Gänge mit 105€ sehr günstig kalkuliert waren.
Die einzelnen Gänge:
(Amuse gueule)
Foie gras und Hefe?
Crépinette! von Perlhuhn und Taubenbrust
Wurzeln und Knollen in Texturen mit Ziegenkäse
Medaillon von der Lotte mit gelbem Staub?
Wiesenkalb mit Anna Kartoffel zwei Punkt eins?
Pommerscher Krummstiel?
Ambitioniert! Unbekannt! Spannend!
Auch die Weinbegleitung war mit 59€ kundenfreundlich kalkuliert. Ich wurde zudem höchst großzügig bedacht. Wenn das Standard ist, müsste man um die Wirtschaftlichkeit fürchten.
Zunächst kam gutes Brot, einmal mit Oliven und Oregano sowie eigentlich untypisch am Beginn des Abends schon ein Früchtebrot. Beide, auch die Fruchtvariante waren angenehm knusprig und wurden von Butter, Himalayasalz, Basilikumpesto und einem Tomatenchutney begleitet, das eine kräftige Rosmarinnote und richtigen Chiliwumms hatte. Alle Achtung, gleich mal eigene Handachrift, nur weiter so!
Das erste Amuse ein echter Frühlingshingucker: Bäckchen vom Müritzzander mit seinem Kaviar als eher seltener, regionaler Begleiter von hiesigem Spargel (Folie und/oder Heizung machen es möglich.) Der Fisch saftig, durch den Kaviar etwas salzig, der Spargel für Ende April schon ok und mit gutem Biss. Mit Bedacht serviert: Warm auf warmem Teller. Mir fehlt zwischen Gemüse und Fisch höchsten ein Verbinder. Aber das ist - ich greife vor - wie überhaupt an diesem Abend, eine Kritik der Marke "Was zur Sterneküche fehlt".
Es folgt ein weiterer Gruß. Rosa Roastbeef von Weidelamm mit Blumenkohl en texture und einer reduzierten Jus. Hier war ein Verbinder der eher seltenen Kombi Lamm und leichte Bitternote vorhanden und ich noch überzeugter von der Leistung. Zusätzlichen Trüffel hätte es nicht gebraucht und daher haben meine Geschmacksknospen auch jegliche Wahrnehmung verweigert.
Zum ersten Gang wurde ganz nach meinem altmodischen Geschmack ein Sauternes gereicht.
Der junge Château Rieussec 2010 war erst etwas eindimensional, entwickelte sich aber im Glas schon passabel.
Die Gänseleber war leicht, cremig, nicht schmierig. Kakaostaub sorgte gelungen für eine Bitternote, eine Traubenreduktion für Süße. Die geheimnisvolle Hefe war im Eis verarbeitet worden und am Gaumen klar zu erkennen. Gewürzchips und Blüten rundeten ab.
Sehr ansprechend die Kreation: Aus der Scheibe war seitlich eine kleinere ausgestanzt worden, so dass sich Voll- und Halbmond zeigten. Eine runde Sache...
Der nächste Gang begann mit einem Rosé aus der Provence, Château Roubine.
Was auf dem Teller folgte, war ein Hammer. Einer der handwerklich besten Gänge dieses Jahres bis heute.
Eine Perlhuhnrolle, gefüllt mit Taubenbrust und einer Farce von der Taubenkeule. Gegart in einem Schweinenetz (frz. crépine), daher Crépinette. Hohe Küchenkunst! Das Fleisch saftig und voller Geschmack, beide Geflügel konnten nebeneinander und miteinander bestehen. Schon beim Einsetzen verwöhnte der Duft von Tonkabohne aus dem Soßenspiegel. Dazu der himmlische Knusper von der Hühnerhaut. Der Couscous mit Gewürzen und Kräutern ging in die orientalische Richtung. Weiße Rübchen gehobelt und im Stück sollten für Regionalität sorgen. Dieser Ansatz zeigte sich noch auf anderen Tellern und es gibt Argumente dafür und dagegen. In der Ausführung waren die Blöcke doch zu groß geraten und daher für mich etwas zu plump. Das geht eleganter. Trotzdem werde ich mich lange an diese exquisite Roulade erinnern. Apropos exquisit: Die Taube war als effilée angekündigt und meine rudimentären Französisch-Kenntnisse ließen mich völlig im Stich. Nun bin ich schlauer, effilieren bezeichnet das Entfernen des Darms ohne Aufschneiden des Tieres und soll u.a. eine hohe Bakterienfreiheit sicherstellen. Der Saftigkeit dürfte es auch zugute kommen. Kannte ich bisher nur von großen Fischen, die im Ganzen gebacken werden. Ich habe zu wenige Tauben gegessen, um einen Unterschied zu bemerken, zumal in dieser speziellen Zubereitung. Ich nehme es als besonderen Qualitätsanspruch der Küche und das Ergebnis war ja grandios.
Allerdings kann ich jetzt Frau Frymark besser verstehen, die auf meine später am Abend gestellte Frage, ob ein Stern das Ziel sei, leicht zweifelnd erwiderte, dass die Herrn in der Küche es gerne hätten. Der Wareneinsatz dürfte schmerzlich sein...
Nun ging es vegetarisch weiter. Aber erneut sehr erfreulich. Den Ziegenkäse gab es einmal frittiert und einmal als Rolle geflämmt in einem Mantel aus Tomatengelee. Gut ausgedacht, noch besser ausgeführt. Weitere geschmacklich überzeugende Texturen der Urtomate. Bis hierhin auch sehr gut. Schließlich Fenchel als durchaus feine Crême und eine sous vide gegarte, aber erneut viel zu große Scheibe. Der Gast ist nicht der bessere Koch, jedenfalls versuche ich danach einzukehren. Aber z. B. ein gebackenes dünnes Segel hätte mich sehr gefreut. So war es wieder aus der zu groben Abteilung.
Toll dazu der 2013er Chardonnay Löwengang von Alois Lageder aus Südtirol.
Und erst recht der folgende Moselriesling. Piesporter Goldtröpfchen, Jahrgang 2005 aus dem Hause von Kesselstatt. Von diesem VDP-Weingut sind für echte Aficionados sehr viele Flaschen auf der Karte, teilweise etliche Jahrgänge nur von einer Lage. Es mag hier wirtschaftliche Verbindungen zur Familie Reh geben. Den Rieslingfreund freut es jedenfalls.
So, wie mich auch der saftige Seeteufel mit (gelber) Curry-Panko-Kruste erfreute, getopt von einem Schaum (der erste, variatio delectat!) von Brunnenkresse (wohl mehr als farbliche Ergänzung gedacht). Das Sanddorn-Risotto war ein perfekter Begleiter zum Fisch und gleichermaßen zum Curry. Sehr schlau ausgedacht, so etwas freut mich ungemein. Da sah ich dann über den ein wenig festen Reis gern hinweg. Den regionalen Part (nicht nur geschmacklich überflüssig, es gab doch schon Brunnenkresse) spielte hier rote Beete, immerhin in Brunoise und daher feiner dosiert.
Ich hatte wie meist gebeten, die Gänge ohne Pause abzurufen. Wegen der Gesellschaft zog es sich nun doch etwas hin. Meine Gastgeberin löste das ebenso charmant, wie geschäftstüchtig und bot mir eine Führung durch das Haus an. So konnte ich die klare skandinavische Linie des Hotels mit Einbindung ansehnlicher älterer Ausstattung ebenso in Augenschein nehmen, wie ein weiteres Prachtstück. Der Rittersaal im 1. Stock ist für große Feiern und Empfänge gedacht und wie alles hier 1a renoviert. Die ganze eichene Kaiserherrlichkeit ist schon pompös, aber Malle ist bekanntlich nur einmal im Jahr...
Ich meldete mich dann innerlich vom Generalstab ab (An den Wänden aufgehängt. In Öl.) und wurde am Platz zwar nicht mit einer neuen Serviette, aber einer Erfrischung in Form eines leicht bittrigen Kumquatsorbets mit Minze und Blüten vom Hornveilchen empfangen. Well done.
Das folgende Kalb wurde als wunderbar mürbes Filet (fast noch saignant), mit Holunderlack und Pistazie gepimpt sowie in Form eines sehr intensiven Bäckchens mit nicht übermäßig hohem Collagenanteil angeboten. Zweimal Fleisch, zweimal Wein! Zum Kurzgebratenen einen Riesling aus der Pfalz, Wachenheimer Böhlig 2011 "Premier Cru" von Bürklin-Wolf, der für meinen Geschmack nicht so richtig gut funktionierte. Umso besser der 2007er Ahr-Spätburgunder von Spezialist Nelles zum Geschmorten. So weit, so sehr gut. Heimlicher Star waren für mich die Pommes Anna, die hier so fein und knusprig wie milles feuilles und herrlich gebräunt daher kamen. Kartoffeln in Vollendung! Einige Pilze (Enoki oder Birkenpilz) waren putzig geschichtet und die Abteilung regional war durch angenehm gegarte, schmackhafte, wohl glasierte gelbe Rüben vertreten. Etwas konventioneller in der Anlage (aber Holunderlack!), indes perfekt ausgeführt.
Es wurde ein Pre-Dessert gereicht. Rhabarber mit Kefircreme war recht sauer, was aber durch Honig und Minze noch gut eingefangen wurde. Neu war für mich Kerbel als weitere Zutat, was mit dem Rhabarber toll harmoniert hat. Die Kleckserei mit Gel ist aus der Mode gekommen, hier sieht man auch, warum. Mit kräftig sauren Noten habe ich so meine Schwierigkeiten, was sich insbesondere der super sympathische Schwabe Benjamin Biedlingmaier in Dresden (Caroussel) immer anhören muss. Dafür hat's mir hier ganz gut geschmeckt.
Zum Dessert gab es nochmal die volle Sonne ins Glas. Als bekennender Süßweinfetischist labte ich mich an der 2007er Juffer Sonnenuhr Spätlese, nicht vom Hausweingut von K., sondern von Fritz Haag. Als Dreingabe einen Eisapfel von Jörg Geiger, eine echte Alternative für die nächste Fastenzeit.
Warum Apfel? Weil sich der ominöse Pommersche Krummstiel als alte Rügener Sorte entpuppte. Sowohl zu hellem Mousse verarbeitet und mit einer roten Gelee-Schicht (vermutlich aus der Schale) wieder in die ursprüngliche Form gebracht. Als auch als Eis, das mit (leider etwas wenig) altem Balsamico formidabel begleitet wurde. Und schließlich ein Kompott, das mit Buchweizensand gut harmonierte. Hier fehlte etwas die Finesse anderer Gänge, das Handwerk war aber wieder von erster Güte.
Ein Kaffee verbot sich zu später Stunde. Aber den P.X. von Xímenes-Spinola hatte ich ja schon beim Hereinkommen gesehen. Das Gläschen rundete den Abend perfekt ab, wenngleich mit 15,5€ doch stramm bepreist. Man bedauerte, dass Petit fours noch nicht verfügbar seien. Um dann weiße Trüffel mit Wasabi und mit Lakritz zu "improvisieren", obendrein Makadamia in Salzkaramell. Wow!
Es hätte dieses abschließenden Kicks nicht bedurft, um zu merken: Hier konnten mit Holger Mootz und Ronny Bell zwei Könner wieder in Richtung Ostsee gelotst werden, die schon gemeinsam in den Märkischen Stuben Gäste und Kritik überzeugten. Und jetzt als gleichberechtigte Chefs eine Küche verantworten, die ebenso professionell wie kreativ ist, was bei den Neuerungen gegenüber nicht eben aufgeschlossenen Mecklenburgern besondere Überzeugungskraft verlangt. Beide scheuten sich auch nicht, an den Tisch zu kommen und in die Diskussion über den Sinn des Regionalen in dieser klassisch angelegten Küche zu gehen. Und den kritischen Bremer weit nach Mitternacht zur Verabschiedung noch in die Küche zu lassen, passte perfekt zum freundlichen Team des Uhle und zu diesem so wunderbaren Abend.
Für das schöne Schwerin heißt es von mir (und für mich) endlich:
Kommen! Probieren! Genießen!
Zeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann... mehr lesen
4.5 stars -
"Schweriner Erzählungen III: Endlich Erstklassiges!" DerBorgfelderZeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann
Mal etwas Kurzes, um die Ausführungen der Erstkritik einzuordnen. Zu dieser mein dortiger Kommentar mit ergänzenden Angaben zum KONZEPT, das hier - Richtig! - groß geschrieben wird.
Ich war am Abend des soft-openings da und bisher zweimal mittags.
Ambiente: Im Wesentlichen wurde das Innere der ehemaligen Pressebar beibehalten, insb. Mobiliar und Aufteilung. Presseartefakte und Lagerverkauf sind ersetzt durch state-of-the-art-Gastrostyle: Warmes glänzendes Metall und dazu passende Lampen. Hier hängen vielleicht 20 von den langen Glaskolben/Röhren mit imitiertem Glühdraht prominent von der hohen Decke.
Personal: Stadtbekannt aus vielen gehobenen Läden mit Chic. Professionell und freundlich. Gut geschult. Man kennt, schätzt und scherzt (mit) sich.
Die bisher verkosteten Speisen rechtfertigen den wiederholten Besuch, auch gegen erste Widerstände anderer Schlemmer, die z. B. die kleine Mittagskarte bemängeln. In der Tat, auch hier 5 Gerichte im Angebot, aber, oh Wunder, nicht für 5,5€ oder ein Vielfaches davon, sondern um die 10€. Das ist trotzdem ein sagenhaftes PLV oder wohl eher ein Lockangebot für die teure Abendkarte. Beispiel von heute: Pastete mit Schweinebauch und (TK-)Erbsenpürree. Was so langweilig klingt, war eine sehr gute Leistung: Schöner, teils etwas blasser, aber überwiegend gebräunter Blätterteig. Reichhaltige, saftige Füllung, deren kräftige, überraschende Würzung (u.a. Rosmarin und Zitronengras!) das Können verrät. Das Erbspüree zur Trauer von Hanseat nicht aus getrockneten Hülsenfrüchten (Grund auf Nachfrage: Die gräuliche Farbe), frischer eindeutiger Geschmack. Dazu Feldsalat (keine Rauke!!!) und Kirschtomaten, gute Ware.
Eine junge, kreative, ambitionierte Küchenmannschaft mit Ausbildung in renommierten Häusern.
Die Küche lässt mich neugierig bleiben. Durchgestylte Konzepte haben allerdings in den letzten zwei Jahren zuhauf eröffnet. Bleibt abzuwarten, ob das Charles eine hinreichende Fan-base findet...
Mal etwas Kurzes, um die Ausführungen der Erstkritik einzuordnen. Zu dieser mein dortiger Kommentar mit ergänzenden Angaben zum KONZEPT, das hier - Richtig! - groß geschrieben wird.
Ich war am Abend des soft-openings da und bisher zweimal mittags.
Ambiente: Im Wesentlichen wurde das Innere der ehemaligen Pressebar beibehalten, insb. Mobiliar und Aufteilung. Presseartefakte und Lagerverkauf sind ersetzt durch state-of-the-art-Gastrostyle: Warmes glänzendes Metall und dazu passende Lampen. Hier hängen vielleicht 20 von den langen Glaskolben/Röhren mit imitiertem Glühdraht prominent von der hohen Decke.
Personal:... mehr lesen
4.0 stars -
"Neues Konzept. Kreative Küche. Durchgeplant." DerBorgfelderMal etwas Kurzes, um die Ausführungen der Erstkritik einzuordnen. Zu dieser mein dortiger Kommentar mit ergänzenden Angaben zum KONZEPT, das hier - Richtig! - groß geschrieben wird.
Ich war am Abend des soft-openings da und bisher zweimal mittags.
Ambiente: Im Wesentlichen wurde das Innere der ehemaligen Pressebar beibehalten, insb. Mobiliar und Aufteilung. Presseartefakte und Lagerverkauf sind ersetzt durch state-of-the-art-Gastrostyle: Warmes glänzendes Metall und dazu passende Lampen. Hier hängen vielleicht 20 von den langen Glaskolben/Röhren mit imitiertem Glühdraht prominent von der hohen Decke.
Personal:
Geschrieben am 06.06.2017 2017-06-06| Aktualisiert am
06.06.2017
Besucht am 09.02.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 93 EUR
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof, nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof am Pfaffenteich sehr schön gelegen, hat es immerhin in den Guide Michelin gebracht, wenn auch eher der Wintergarten gelobt, als die Küche besungen wird. Und auch der Feinschmecker zählt die ambitionierte regionale Küche mit einem "F" schon zu den "Besten für alle Tage".
Das mag hinkommen, wenn die Betonung auf dem zweiten Teil des Prädikats liegt.
Bei meinem Besuch mühten sich Service und Küche redlich, mit zum Teil auch anständigen Ergebnissen, aber doch unter dem eigenen Anspruch und erst recht unter dem einer Michelin-Empfehlung. Was zunächst einmal daran lag, dass ein Menüwechsel bevorstand und gleich mehrere Gerichte aus der an sich erfreulich übersichtlichen Karte nicht angeboten werden konnten. Zudem waren einige Weine ausgetrunken. Leider erfuhr ich das jedesmal erst nach getroffener (Ersatz-)Auswahl, etwas nervig. Das war allerdings auch die einzige Schwäche der weiblichen Fachkraft, die die insgesamt 7 Gäste an diesem Abend alleine gut betreuen konnte. Keine Besonderheiten, sie war präsent und freundlich und versuchte, trotz der Lücken der Karte meine Wünsche zu erfüllen. Solide.
Auch der Gastraum gefiel mir mit seiner gelungenen Mischung aus Altem (Eichenbüffet) und Neuen (Lichtkonzept). Nur die silberne Deko erinnerte noch stark an Weihnachten. Ich hatte einen schönen Tisch am Fenster. Das "Reserviert"-Herz aus Schiefer war ein hübsches Detail. Die künstlichen Schneeglöckchen sind nicht so meins. Die silbernen Salz- und Pfefferstreuer schon eher. Auf den Tischen zwei weiße Decken, die Hochlehner davor sogar mit weißen Hussen überzogen. Ein vollständiges Gedeck und gefaltete, gestärkte Servietten vervollständigten den leicht festlichen Eindruck, die altrosa gestrichenen Wände wirkten dagegen freundlich. Einladende leise Musik, Swing und Couplets der 20er bis 40er. Ja, hier kann man sich wohlfühlen; lediglich das in der Ecke stehende Frühstücks-Equipment erinnerte an die morgendliche Verwendung des Raums.
Bei einem gekühlten, zu spritigen weißen Port für sehr preiswerte 3,5€ vertiefte ich mich in die zwischen zwei orangenen Holzdeckeln gebundene Karte, die ebenso vom Logo des Hauses geziert wird, wie die Weingläser. Die corporate identity ist auch im übrigen Haus konsequent freundlich und für mich gelungen umgesetzt. Es bleibt aber ein Altbau, da knarrt und klemmt es eben (In meinem Fall übrigens die ganze Nacht die schlagende Fahnenleine vor dem Fenster.). Das ist Geschmacksache.
Nach dem angedeuteten Hin und Her stand schließlich die Bestellung:
Crême brulée von der Entenleber und Entenbrust mit Zwetschgen
Wild-Kraftbouillon mit Waldpilzen
Gebackenes Kassler auf Beeten
Welsfilet in Sesam gebraten
Rehrücken mit Quittenkompott
Käseauswahl
Die dafür in Rechnung gestellten 68€ ergeben ein sehr gutes PLV.
Aus der Küche kamen zunächst ein paar Scheiben Stangenbrot mit Körnern. Frisch zwar, aber völlig belanglose (Industrie?)Ware. Das war nach den vielen Fehlanzeigen gleich der nächste Hinweis, dass der Abend nicht zu den glücklichsten gehören würde. Die begleitende Oliven-Gemüse-Tapenade war mild, aber gefällig.
Als weiterer Appetithappen wurde ein Stück Galiamelone mit Serranoschinken serviert. Das war schon eher gelungen, weil beide Teile kräftig schmeckten und harmonierten; der hier eigentlich passende Balsamico verschlechterte das Ganze allerdings wieder durch zu aggressive Säure. Schade, ein Qualitätsproblem. Und die (blasse) Kirschtomate wurde mal wieder als geschmacklich sinnfreie Ergänzung missbraucht (@Peter3: Wenn du mit liest, herzlichen Gruß und: Du hattest ja so Recht!).
Der erste Gang mit Licht und Schatten. Die Entenbrust reichlich, rosa gebraten, nicht zu fett. Ihre Begleiter fein: Angeschmorte Zwetschgen mit deutlicher Note nach Nelke, das unter dem Fleisch versteckte Apfel-Birnen-Chutney brachte schöne säuerliche Frucht mit und Orangensenf angenehme Schärfe. Krasses Gegenteil die überflämmte Leberterrine, die kaum an Ente erinnerte, aber vor allem furchtbar mehlig bis sandig daher kam. Die kalte, harte, zu dicke Zuckerkruste konnte nichts retten, es sei denn die platte Süße sollte alles zudecken.
Fehlte was? Nein! Die Kirschtomate lag im ordentlichen, kleinen Beilagensalat...
Weiter ging's mit einer sehr heißen Wildbouillon, die mich mit dem ersten Löffel durstig machte. Ob es an dem reichlichen Salz lag oder vielleicht doch an einer Verwendung von Geschmacksverstärker? Auch die Pilze rissen nichts, Konsistenz wie Gummi und kein Geschmack. Wie gut, dass neben den Julienne als Einlage wenigstens die Kirschtomaten (!!!) für Wiedersehensfreude sorgten... Über den kulinarischen Sinn der Kombi Wild/Pilze mit Tomate grübelte ich gar nicht mehr, sondern hoffte nur noch, dass die Küche nicht auf diesem desaströsen Niveau verweilen möge, das überdies à la carte mit 12,9€ auch wahnwitzig überteuert gewesen wäre.
Ich nehm's vorweg, der nächste Teller war der Beste des Abends und auch die weiteren Gänge waren dann passabel.
Als Zwischengericht schmeckten mir die gut parierten Kasslerwürfel, die in einem leichten, Tempura ähnlichem Teig knusprig ausgebacken waren. Das war handwerklich gut gemacht und passte mit der Rustikalität gut zu den gehobelten gelben und roten Beten. Mozzarella, Rauke, Frisée und ja sicher, auch hier die unvermeidlichen kleinen roten Racker bildeten ein angenehm säuerliches Potpourri. Nur: Wie gern hätte ich statt Rauke und Tomate mal regionalen Löwenzahn und Sauerampfer... Sehr gut das Kräuter-Meerrettich-Dressing, ein schlau ausgedachter, pikanter Begleiter zum Kassler, wie zum Gemüse.
Nachdem Seeteufel und Flussbarsch ja "aus" waren, schwenkte ich beim Fischgang notgedrungen auf Welsfilet um. Das weiche Fleisch ist mir meist zu fade und bei den Bildern aus vietnamesischen Zuchttümpeln dreht sich mir der Magen um. Aber die Bedienung schwor Eide auf die regionale Herkunft und die Kruste von schwarzem und weißem Sesam sorgte für nussige Aromen. Das Kartoffel-Kohlrabi-Ragout war geschmacklich wahrnehmbar und vom Garpunkt angenehm. Die Chips von Pastinake und roter Bete hatten Crunch und mit etwas Kerbelpesto hielt auch dieser Gang eine positive kulinarische Überraschung bereit.
Erfreulich auch die unangekündigten Erfrischung in Form eines Cassis-Sorbets mit knusprigem Segel. Mit dem angegossenen Prosecco wurde hier das Thema Kir Royal gut umgesetzt.
Der Fleischgang war überzeugend. Rosa gegarter, zarter Rehrücken mit einem Topping von überwiegend Walnüssen und einer leichten Sauce. Dazu als winterliche Beilagen Pastinake, gebutterter Rosenkohl und flowery sprouts, die Gemüse-Senkrechtstarter der letzten Saison. Das Quittenkompott schmeckte mir etwas zu stark nach Nelke, war aber nicht alltäglich. Nur die ansonsten gute Kartoffelnocke hatte beim Ausbacken zu viel Fett gezogen.
Der Chef (?) kam an den Tisch und erläuterte für Mecklenburg regelrecht gesprächig den Teller. Das war sympathisch.
Zum Käse gab's leider nur das Industriebrot vom Anfang. Comté, Reblochon, Munster, Ziegenfrischkäse und Camembert waren nicht weltbewegend, aber mehr, als ich erwartet hatte und recht ansprechend präsentiert.
In den Tiefen der Bar wurde als Begleitung ein Likörwein der Württemberger Genossenschaft Dürrenzimmern gefunden, der mit viel dunkler Frucht und soviel Süße aufwartete, dass ich mit einem zweiten Gläschen den Abend beschloss. Was ich wohl nicht getan hätte, wenn ich den Preis von 10,9€ gewusst hätte. Das ist überzogen und passt so gar nicht in das sonstige Preisgefüge.
Fazit:
Vielleicht war es wirklich nur ein schlechter Tag. Wogegen die teilweise alltägliche Produktqualität spricht. Bei Fisch und Fleisch konnte man ahnen, was der Küche die am Beginn genannten Empfehlungen eingebracht hatte, ohne, dass selbst diese Teller die Erwähnung aktuell erzwungen hätten. Da scheint mir eher das relative Niveau vor Ort bewertet worden zu sein. Bislang konnte man sich im Niederländischen Hof wohl getrost auf den Lorbeeren des "1. Haus am Platze" ausruhen. Aber wehe, es erhebt sich ein Konkurrent mit wirklichem kulinarischen Anspruch! (Bericht folgt...)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof,... mehr lesen
3.5 stars -
"Schweriner Erzählungen I: Etwas enttäuschend." DerBorgfelderLeider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof,
Geschrieben am 21.04.2017 2017-04-21| Aktualisiert am
21.04.2017
Besucht am 14.01.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte allerdings den Sonn-Abend für einen ausgedehnten Test der Küche nutzen. Zumal im Januar die schöne große Loggia des Kulturbahnhofs natürlich nicht geöffnet ist.
Über das Gebäude selbst könnte seitenlang berichtet werden, hier nur soviel: 1856 auf dem Höhepunkt der Rheinromantik nahe von Rolandsbogen und des rechtsrheinisch aufragenden Drachenfels in (sehr spätem) Spätklassizismus errichtet, ist es heute ein Teil des Arp-Museums des Landes Rheinland-Pfalz. Auch wer mit Dada im Speziellen und abstrakter Kunst im Allgemeinen wenig anfangen kann, sollte einen Besuch schon wegen des beeindruckenden Neubaus in den Felsen über dem Altbau und der teilweise spektakulären Übergänge und Ausblicke wagen.
In dem heute vom Restaurant genutzten zweiten Obergeschoss befanden sich die Warteräume der 1. und der 2. Klasse sowie dazwischen der schon damals für Feierlichkeiten vorgesehene langgezogene Festsaal. Durch die schiere Länge des Mittelteils mit den Fenstern zum Rhein war sofort klar, dass die noch mittags vorgenommene Reservierung überflüssig gewesen war. So konnte ich allerdings schon die eigenwilligen Glaskunstwerke im minimalistischen Treppenhaus ebenso bewundern, wie die beeindruckenden Kronleuchter im Saal und im hinteren Raum, der für Gesellschaften genutzt wird. An der Decke sind teilweise noch die ursprüngliche Fresken auf der ungewöhnlich unverputzten Decke erhalten. Sehr schönes Ambiente, mit etwas Fantasie sieht man sich in die Bälle der Sisi-Zeit zurück versetzt. (Die besten Fotos: http://arpmuseum.org/besuch/erlebnis/gastronomie.html)
Ganz anders dagegen der erste Raum: Bunt und voller Kunst, mal an und auf den Wänden, viele Stile werden zitiert u.a. klassische Moderne, Realismus, Romantik, mal in den Wänden mit bunten Glasfenstern und auch aus den Wänden mit farbigen Lichtkuben unterschiedlicher Größe. Auch die Theke ist offensichtlich ebenso Teil der kreativen Gestaltung, wie die Tische und beleuchteten Sitzbänke. Eine Nachfrage später beim Service klärt auf. Man befindet sich im begehbaren, namensgebenden Kunstwerk "Interieur No. 253" des Berliner Künstlers Anton Henning. Hier tafelt man in, um und von Kunst, das gefällt mir. (Viel Interessantes: http://arpmuseum.org/ausstellungen/dauerausstellungen/in-situ/anton-henning-bistro-interieur-no-253.html)
Den Sanitärbereich habe ich nicht besucht. Die Homepage verspricht auch hier augenzwinkernde Kunst. Im Restaurant alles gepflegt.
Dann mal sehen, was die Künstler in weiß und schwarz so drauf haben.
Der Vollbart des Inhabers und Gastgebers Nic Herbst ist schon mal ein Hingucker. (Beim ersten Link in Foto 1 auf dem roten Teppich und in Foto 5 in der Mitte erkennbar.) Sakko über dem offenen Hemd aus Oxford-Baumwolle, die gekürzte Chino lässt die knalligen Socken sehen, ein eigenes Œuvre d'hip. Und dementsprechend bei der Reservierung noch etwas sophisticated. Am Abend erkannte er aber schnell, worauf es ankam und sorgte dafür, dass seine junge Servicecrew meine Wünsche sehr ordentlich erfüllte. Am Ende des Abends ergab sich noch Gelegenheit für ein interessantes Gespräch. Ein Chef, der seinen Laden im Griff hat, ein Schwätzchen mit den Stammgästen führt, dabei stets die ganz in schwarz gekleidete Mannschaft im Blick, die trotzdem guter Laune zu sein scheint. Sehr angenehm.
Meistenteils wurde ich von einer jüngeren, aber absolut professionell agierenden Bedienung betreut, nichts zu tadeln. Allein, eine Herzlichkeit kommt nicht auf, eher ein etwas angespannter Tonfall. Wie so manches Mal weiß ich nicht, ob Natalja genervt ist oder ob es nur an dem etwas härteren osteuropäischen Akzent liegt.
Trotzdem eine gute Service-Leistung.
Ich erhielt einen guten Tisch im vorderen Teil des Festsaals an der Wand. Der Blick wird durch einige Installationen in mehrfachem Sinne interessant abgelenkt. Eingedeckt waren offensichtlich nur die reservierten Tische. Später stellte sich heraus, dass neben mir zwei Lokalpolitiker nebst Gattinnen Platz nehmen. Politiker, gleich welcher Hierarchiestufe, neigen nicht zu übermäßiger Schweigsamkeit. Man erfuhr einiges über die Charakterschwäche der Konkurrenz, wie der Parteifreunde. Ich hätte gern etwas weiter entfernt gesessen, genügend freie Tische waren ja vorhanden. Zugegeben sei aber, dass der Abstand bei normaler Lautstärke eigentlich ausreichend war. Der Service muss hier sowieso schon erhebliche Laufarbeit verrichten, denn die Küche befindet sich in einem neuen Trakt und ist mit dem Altbau über eine gläserne Brücke verbunden. Auch dort ein Werk von Anton Henning "HaaH", das mit seinen und Hans Arps Initialen spielt.
Das Holzmobiliar steht auf einem schönen Fischgrätparkett. Die Stühle haben leider keinerlei Auflage, auf die Dauer ganz schön hart. Interessant die Tische mit einer großen Einlage aus grünem Leder. Darüber ein weißer Papierläufer mit Hepp Exclusiv Besteck, Wein- und grünem Wasserglas, Stoffserviette, dazu eine einzelne Tulpe und Peugeot-Mühlen. Mal eine Abwechslung die Schwimmkerze im Glas.
Trotz des recht lauten, der hohen Decke geschuldeten Hintergrund-Geräuschpegels war der entspannte Smooth Jazz gut zu vernehmen.
Die Räumlichkeiten versetzten mich in eine festliche Stimmung, so dass eigentlich ein Gläschen Champagner die vorzunehmende Speisenauswahl hätte begleiten müssen. Alternativ war auch für Freunde und Freundinnen der gepflegten Flaschengärung ein Franciacorta Monte Rossa im Angebot, erwartungsgemäß aus dem Hause del Bosco.
Indes: Der Vorabend im Kreise der erweiterten Kollegenschaft war in angenehmster Art, Weise und Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen, also wollte ich nichts übertreiben und bat um einen alkoholfreien fruchtbetonten Cocktail. Gelegentlich sollen Vitamine ja nicht das Schlechteste sein. Diese Aufgabe hat der Barkeeper hervorragend gelöst und kredenzte eine Mischung von Mandarine, Orange, Melone und Minze in flüssiger Form. Aufgefüllt mit Soda und auf Eis serviert. Der Clou eine Kugel Mandarinensorbet. Erfrischend, fruchtig und nicht zu süß.
Ein kleines Fläschchen Gerolsteiner leistete dazu mit 3€ einen hübschen Deckungsbeitrag für Herrn Herbst.
Die geöffnet gereichte Karte wich in Nuancen von der Internetversion ab und enthielt zu meinem Erstaunen kein Menü. (Dafür sind jetzt deren drei auf der Homepage zu finden, einschließlich des Januar/Februar-Angebots...). Die Tagesempfehlung hatte ich schon einer handgeschriebenen Tafel im Treppenhaus entnommen und für mich ausgeschlossen. In der Karte bittet man die Gäste zum einen um Verständnis, dass nur EC- oder Maestro-Karten akzeptiert werden; die Marge scheint hier eng zu sein. Zum anderen, dass man nur eine Rechnung pro Tisch erstellen KÖNNE. Die Beherrschung der Grundrechenart Addition nimmt inzwischen in bedenklichem Ausmaße ab.
Das Rennen machten schließlich:
Gratinierte Austern
Hummervelouté mit Fenchelstrudel
Marinierte Räucherforelle
Bäckchen vom Ibericoschwein
Brie de Meaux
Zunächst wurde ein Schälchen schon gewürztes Olivenöl und ein paar an der Service-Insel im Raum frisch aufgeschnittene Scheiben Stangenweißbrot gebracht. Ich grübelte etwas, ob es sich hierbei wohl um die in der Karte mit 3€ vermerkte Leistung handelte, die mir ungefragt gebracht worden war. Oder um eine Karo-einfach-Version für lau. In der Rechnung fand sich die Position immerhin nicht.
Die Küche grüßte dann mit einem dunklen Kalbsbratling unter getrüffeltem Kartoffelschaum, etwas Crunchiges zierte den gar nicht mal kleinen Appetithappen
Kräftig und passend für die Jahreszeit, lediglich ein kleines Stück Sehne störte.
Die folgenden vollfleischigen Austern wurden hübsch in der Schale auf verschiedenen Algen serviert
und waren mit einem leichten Hollandaise-Schaum überzogen und kräftig gratiniert. Ein feiner Gang, bei dem die Zitronennote recht gelungen den jodigen Geschmack der Edelmuschel einband (14€).
Inzwischen wieder hinreichend gefestigt war die Begleitung durch ein Gläschen vom Maison Jean Velut für 10€ ein Muss.
Weiter ging's mit der Hummersuppe
für 11€, die aufgeschäumt am Tisch angegossen wurde und ein gutes Krustentieraroma lieferte. Für meinen Geschmack etwas zu salzig, aber mit einer feinen Anisnote. Sehr gelungen der im Ofen knusprig und dunkelbraun gebackene dünne Strudelteig, der auf den Punkt gegarte Fenchelstreifen enthielt. Sehr stimmig.
Als Fischgang (10€) Räucherforelle
als Mousse und mariniertes Filet, das mit einer recht süßen Apfelcreme, Apfelspalten und Salat von Frisée, Feldsalat und Rucola mit (harten) Croutons angerichtet war. Als Verbinder fand ich das Gewürzbrot schlau, es passte zu den fruchtig-süßen, wie auch zu den rauchigen Fisch-Aromen.
Vor dem Fleischgang erfolgte eine kleine Erfrischung des Gaumens mit einem Apfelsorbet
das mit Prosecco aufgegossen wurde. Das Gefrorene mit kleinen Stückchen Fruchtfleisch wohl von der australischen Omi Schmidt, die Apfelspalten der Deko sicher nicht.
Nämliche Scheiben fanden sich auch zum dritten Mal als Deko (das geht kreativer) bei den Schweinebäckchen
die zart, doch noch nicht zerfallend waren. Als passende Begleiter in der Pfanne glasierte Apfelstückchen, bissfeste Schalotten, die Süße vermissen ließen, weiter eine sahnige Topinamburcreme und eine reduzierte Jus. Frisée sollte vermutlich Frische und Farbe bringen und eine Menge von kleinen Chips den Crunch, ebenfalls von der hellen Knolle. Leider waren sie teilweise etwas weich geworden. Das war alles nicht schlecht. Aber weder für sich, noch als Gesamtheit wirklich begeisternd. Mir war der Teller auch etwas zu voll geknallt. Preislich mit 23€ dagegen fair.
Der Abschluss war nach meinem Geschmack. Statt Dessert ein gutes Stück Brie de Meaux
begleitet von einer hausgemachten Brioche mit Feigenstücken, teils noch knusprig, teils schon in Richtung Zwieback. Geschmacklich aber eine schöne Abwechslung zu den üblichen schweren dunklen Früchtebroten. Auch die rote Zwiebelmarmelade und die karamellisierten Walnüsse waren nicht zu verachten. Mit 8€ eher preiswert.
Als Rausschmeißer zu 6€ dann nur noch einen P.X. von Real Tesoro, der in der Nase sprittig war und am Gaumen zu wenig Frucht hatte, die den Schokoladenton sonst schön ergänzt.
Fazit: Das Ambiente hat mir noch besser gefallen, als die Küche. Diese ist aber durchaus niveauvoll und in Maßen kreativ. Die Produkte überzeugen, das Handwerk ist solide. Gemessen am Anspruch nichts wirklich zum Niederknieen, aber auch überhaupt keine Ausfälle. Insofern absolut zu empfehlen. Ich werde im nächsten Jahr gern wieder einkehren.
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte... mehr lesen
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum€-€€€Restaurant02228911111Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Speisen im Kunstwerk - tolles Ambiente und ambitioniertes Essen" DerBorgfelderBei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte
Geschrieben am 07.04.2017 2017-04-07| Aktualisiert am
07.04.2017
Besucht am 15.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 71 EUR
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen Eichen-Ständerwerk sind auf den Fensterbänken, auf Vorsprüngen und in einer Vitrine reichhaltig Kissen, Vasen, Kunst verteilt. Zwar ohne Kitsch, aber der Eindruck eines prall gefüllten Puppenhauses kommt schon auf. Die Lichterketten mögen noch von Weihnachten hängen, Mitte Januar kein Beinbruch. Kontakt mit den anderen Gästen bleibt so nicht aus, mit wenig Mühe konnte man wirklich jedes Gespräch im Raum mithören. Aber der Rheinländer gilt ja ohnehin als gesellig... Auf der Suche nach den Toiletten stand vermutlich schon jeder Erstbesucher plötzlich im winzigen Büro neben der auch nicht üppig dimensionierten Küche. Um dann freundlich-resolut nach draußen und ums Haus herum gebeten zu werden, wo sich in einem Anbau einfache, aber sehr saubere Örtlichkeiten befinden, die bei meinem Januarbesuch erfreulich beheizt waren. Das hat schon etwas von Gartenwirtschaft. Und in der Tat dürfte die Terrasse am Rhein hinter der weinumrankten Pergola inzwischen schon wieder Anziehungspunkt für das gemischte Publikum sein. Seit einigen Jahren befindet sich im Garten zudem ein recht ansehnlicher Wintergarten-Zeltbau, der nicht nur für größere Gesellschaften zur Verfügung steht. Auch im Januar zwangen einige Gäste, die im Restaurant keinen Platz mehr gefunden hatten, den Service zu recht weiten Wegen. Dem Vernehmen nach soll das feste Zelt allerdings bei erhöhtem Gästeaufkommen plus Sonneneinstrahlung schnell in den Sauna-Modus schalten.
Für mich war noch ein Sitzplätzchen im Innenraum frei. Auf den schwarzen Holztischen, die mit wuchtigen Beinen auf den großen roten Kneipenfliesen stehen, liegen nur kleine weiße Stoffsets. Darauf einmal klassisch eingedeckt, auch eine kunstvoll gefaltete Stoffserviette findet sich. Dazu weiße Kerze im (Zinn?)Blechhalter und Salzstreuer. Alles durchaus hochwertig, aber man sieht dem Interieur die jahrelange intensive Nutzung doch inzwischen mehr als deutlich an. Das schwere Besteck ist arg zerkratzt, die einfachen, aber dünn gepolsterten Bistrostühle ebenso angeschlagen, wie die auf Wunsch gebrachte, aber nicht benötigte Peugeot-Pfeffermühle. Am auffälligsten ist die Abnutzung an manchen Tischplatten. Großflächig ist der Lack abgeplatzt. Recht große Wachsrückstände, zugegeben hinter einem Ständer, fielen mir negativ ins Auge. Zudem haben sich ein paar Spinnweben in der Vielzahl der Accessoires halten können. Eine Grundrenovierung sollte nicht mehr allzu lange aufgeschoben werden.
Sehr angenehm der ruhige, höfliche und aufmerksame Service, den Frau Zozin mit einer Kollegin versieht. Freundlich, aber nicht anbiedernd. Kompetent, aber nicht bevormundend. Flott, aber nicht hektisch. Ich bekomme auch hier eine Ausgabe des Feinschmeckers zum Zeitvertreib, wobei die Wartezeiten angenehm waren. Alle Wünsche wurden wenn möglich erfüllt, ansonsten Alternativen vorgeschlagen. Die Nachfragen erfolgen aufmerksam. Man wird als Gast behandelt, weder als sofortiger Freund des Hauses, noch als gefühlter Störenfried.
In diesem Punkt ist das: "Alles wie immer!" ein Kompliment, nämlich für eine erneut tadellose Leistung.
Was genauso für die Küche gilt.
Da ich am Vorabend geschlemmt hatte, wählte ich aus der zwar recht hübschen, aber auch schon ramponierten, geöffnet gereichten Pappkarte bei einem mustergültig gekühlten White Port von Dows (4€) nur einen gewohnt einfachen Lunch:
Carpaccio vom warmen Tafelspitz mit Rapunzeln in Kartoffelvinaigrette (13,5€)
Rieslingsuppe mit Fischen und Kräutern (9,5€)
Gebratene Kalbsnierennüsschen in Thymiansauce mit Fettucine (16,5€)
Während ich den internationalen Evergreens der 50-er bis 70-er Jahre gern und den Unterhaltungen an den Nebentischen eher gezwungen lauschte, wurden Butter und reichlich krosses Baguette gereicht. Dann kam auch schon der formidable badische Grauburgunder von Dr. Heger, Ihringer Winklerberg 1. Lage, der perfekt für mich in der halben Flasche (18,5€) angeboten wurde. Selbst das nach dem ersten Einschenken in der Flasche verbleibende Schlückchen wurde mustergültig im Kühler deponiert und aufmerksam nachgeschenkt.
Die Flasche Aqua panna mit 4,9€ freundlich bepreist.
Der erste Gang war eine Wucht:
Der in der Tat noch warme Tafelspitz war wunderbar mürbe und von kräftigem Rindfleischgeschmack.
Darüber eine Tomaten-Schalotten-Vinaigrette mit fruchtiger Säure und Kräutern. Der Feldsalat hatte ein nur dezent säuerlich-pikantes Dressing mit Senf, dem zerdrückte Kartoffel eine sehr angenehme Sämigkeit verliehen.
Die Rieslingrahmsuppe
mit viel Sahne, der Wein schmeckte dagegen nur dezent durch. Dafür gefiel die mutige Würze und erneut eine schöne Kräuterbouquet-Note. Die kleinen Würfel von Lachs, Barsch und Dorade(!) waren reichlich und saftig. Auch sehr gut.
Beim Hauptgericht
hat als erstes die exzellente Thymiansauce überzeugt, die die Nierchen wirklich perfekt begleitete. Die etwas rustikal geschnittenen Nierenteilchen waren angebraten und schmeckten auch dadurch kräftig. Einige Stücke waren durch, das bekam ihnen nicht. Der überwiegende Teil noch rosa, was eine (für Innereien-Freunde und -Freundinnen) herrliche Konsistenz sicherte. Die Nudeln waren mir zu weich. Vielleicht ein Zugeständnis an den Geschmack der Stammgäste, wer weiß? Auf die vorgesehene Petersilien-Knoblauch-Butter musste ich im Interesse meiner künftigen Gesprächspartner verzichten.
Leider war der von mir statt Dessert erkorene P.X. Nectar von Gonzales Byass ausgetrunken. Deshalb nur ein verlängerter Espresso (2,9€) aus der Heimatstadt. Dazu gab es ein paar zugekaufte Kekse nebst Schokotäfelchen aufs Haus.
Ein rundum gelungener und sehr angenehmer Sonntagmittag im Bellevuechen, dem (etwas in die Jahre gekommenen) "Kleinod am Rhein". Beim nächsten Aufenthalt unter'm Rolandsbogen komme ich gerne wieder!
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen... mehr lesen
Bellevuechen
Bellevuechen€-€€€Restaurant022287909Bonner Straße 68, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Verlässliches Urgestein!" DerBorgfelderUrgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen
Besucht am 03.04.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 14 EUR
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis fünf Angebote, mindestens einmal vegetarisch und meist Fisch und/oder Fleisch, Pasta und Salat mit Pfiff. Dazu ein selbst gemachtes Dessert. Die Beschränkung ist Programm, man fokussiert sich klar auf die umliegenden Firmen und Behörden: Nur Montag bis Freitag, nur von ca. 07.30 bis ca. 17.30 Uhr. Morgens Cappuccino mit Croissant o.ä. mittags die kleine und stets frische Karte und über den Nachmittag allerlei zugekauftes, handwerklich hergestelltes Gebäck. Die Portionen der Tellergerichte sind nicht allzu groß, die Preise betragen in der Regel zwischen 8 und 12 Euro. Kleines Dessert und Kaffee liegen nur um die 1,5 bis 2€. Es geht flott zu. Das und die bemerkenswerte Qualität spricht sich rum: In der Stoßzeit - und das heißt spätestens ab 11:30 Uhr bis deutlich nach 14:00 Uhr ist ein freier Tisch ohne Vorbestellung Glückssache. Aber auch für das schnelle Meeting zwischendurch wird der informelle Rahmen gern genutzt, ganz zwanglos bis in Staatssekretärs- und Minister-Kreise (in unserer kleinen, fast nur noch an Geschichte reichen Stadtrepublik bekanntlich Staatsrätin und Senatorin geheißen). Ruhig mal die Ohren spitzen...
Über die Räume hatte ich mal zu Zeiten des Verschwundenen Portals berichtet; hat ja sicher noch jeder im Gedächtnis... Also: Die Lage ist Bombe auf halben Weg zwischen Bahnhof und Innenstadt. Haltestelle diverser Öffis in Sichtweite. Vom etwas unbequemen Alu-Außenmobiliar schweift der Blick in die eine Richtung auf den großen Galerie-Holländer mit Stiefmütterchen-Pflanzbild davor. In die andere auf das Art-déco-Juwel der ehemaligen Nordwolle-Zentrale, seit Jahrzehnten schon Sitz der Finanzbehörde - mancher schaut eher säuerlich hinüber. Und dazwischen mäandern die Wallanlagen auf das dekorativste. Bei meinem Besuch mit einem Traum von blühender japanischer Kirsche.
Die Räumlichkeiten liegen in der äußersten Spitze eines auf den zweiten Blick architektonisch gar nicht so uninteressanten 90-er Bürogebäudes. Folglich bilden die Räume ein Dreieck. Aber irgendwo müssen ja Küche, Bar und Toiletten hin. Hier nicht auf die kurze Gerade ans Ende gesetzt, sondern in die Mitte. Das ergibt eine seltsame Dreiteilung: Ein Teil in der Spitze mit Blick in den Park auf der einen und Sexshop (Bahnhofsviertel!) auf der anderen. Dann in der Mitte ein schmaler Gang mit kleinen Tischen am Fenster entlang. Hinten wieder etwas mehr Platz für einen Gruppentisch. Einige 4-6er Tische mit Stühlen und Bänken, sonst überwiegend 2er. An der Tür zwei Bistrotische mit Hochstühlen. Auch das Ambiente ist fast Bistro-klassisch: Dunkles Holz und weiße Wäsche, modernes hochwertiges Besteck. Wasser und Weinglas.
Allerdings keine Kellner mit Oberhemd, Fliege und Schürze. Stattdessen immer und ausschließlich weibliche Bedienung, meist in Zweierbesetzung Fachkraft-Angelernte. Aber nie anders als fix auf den Beinen und im Kopf, fleißig, aufmerksam und auf der Höhe des kleinen Angebots, auch in Bezug auf die wenigen französischen und deutschen Weine. Das muss wuppen und tut es auch. Die Freundlichkeit leidet nur manchmal bei hoher Auslastung, aber das ist ja auch nicht Bistro-untypisch und richtig geärgert habe ich noch nicht (was schon ein Kompliment ist). Gehetzt wird man nie und trotz voller Besetzung herrscht keine Hektik. Die Frage nach der Zufriedenheit erfolgt zum rechten Zeitpunkt und nach weiteren Wünschen wird sich auch erkundigt. Es gibt eine ordentliche Rechnung.
Gegessen habe ich auch:
Lauchquiche mit Dip und Salat.
Letzterer kam tadellos klein (!) gezupft (Warum so nicht überall?) und selbstverständlich ohne braune Stellen, mit einem nur fein-säuerlichen Dressing benetzt und nicht ertränkt. Eisbergsalat Fehlanzeige, stattdessen Frisée, Blutampfer, Radicchio und als Frühlingsgruß Kerbel! Dazu zwei geschmolzene ganze Kirschtomaten, noch leicht warm. Da gehören sie hin, da machen sie Sinn!
Der Mürbteig des kleinen herzhaften Backwerks außen knusprig und innen noch saftig, der junge Lauch mit einer angenehmer Bissfestigkeit und von gestockter, kräftig gewürzter Eiersahne umschmeichelt. Frisch aus dem Ofen. Dazu endlich mal wieder ein Dip mit viel (mind.) Crème fraiche, also schmackig-cremig und nicht Mörtelquark. Eine getrocknete und in Öl eingelegte Tomatenscheibe weckt schon Sommerahnungen an diesem Frühlingstag.
Prototypisch für die Küche: Einfache Gerichte blitzsauber ausgeführt und eben mit einem kleinen Kick.
Alkoholfastend dazu eine Rhabarberschorle, die als 0,2/0,4/0,5l-Variante ausdrücklich angeboten wurde. Das ist erwähnens- und lobenswert! Wenn nicht gleich ungefragt das größte Gebinde angeschleppt wird, muss man doch meist erst in Erfahrung bringen, was denn im jeweiligen Etablissement mit der leicht missverständlichen Frage "Groß oder Klein?" eigentlich heraus gefunden werden soll....
Nach einem abschließenden, natürlich in einer heißen Tasse servierten Espresso war ich nach 40 angenehmen Minuten höchst zufrieden für die Abenteuer des Nachmittags bereit.
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis... mehr lesen
Greta's Bistro
Greta's Bistro€-€€€Bistro, Cafe04213666890Contrescarpe 75 A, 28195 Bremen
4.0 stars -
"Sichere Bank für mittags - sehr gutes Bistro" DerBorgfelderMal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis
Geschrieben am 29.03.2017 2017-03-29| Aktualisiert am
20.09.2017
Besucht am 12.10.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 151 EUR
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz. Bei meinem Besuch im letzten Herbst war (mir) das noch nicht so klar.
Nicht nur die scheinbar überforderte Elektroanlage des Hauses verursachte einige Male irritierendes Flackern. Und nicht nur die sehr kleinen Lichtkegel der stylische Hängelampen führten zu einem deutlichen Wechsel von sehr hellen mit eher schattigen Bereichen auf dem Tisch. Fotografisch, aber auch sensorisch hat mich das etwas gefordert.
Wie übrigens auch der herbe Unterschied zwischen Sterne-Restaurant und angeschlossenem Hotel oder besser dem Gasthof. Ist dieser zwar sauber und vollständig eingerichtet, so doch arg in die Jahre gekommen. Das Angebot eher einfach (auch preislich, das schon), was leider auch für das Frühstück galt. Eine Abfuhr beim Wunsch nach einem Spiegelei hatte ich mir länger nicht mehr eingehandelt. Die beiden offensichtlich auf Montage befindlichen Herren im Gastraum waren allerdings zufrieden. Eine Übernachtung auf gutem Pensions-Niveau ist wahrlich kein Beinbruch, aber wissen muss man es halt, dass sich das Angebot nicht unbedingt an den Gästekreis der Sterne-Schlemmer richtet. Jedenfalls noch nicht, eine Modernisierung ist aber wohl geplant.
Die haben die Waschräume gerade hinter sich und zwar sehr gelungen. Sandsteinelemente, hochglanzpolierten Steinplatten, Tapeten und spiegelndes Glas in edlem Schwarz. Alles perfekt und hochwertig bis zu den ebenfalls schwarzen, flauschigen Handtücher. Selten so stylish ... öhm.
Auch das Restaurant gefiel mir durch eine gelungene Kombination aus alt und neu.
Für mich war eine halbrunde Ecknische reserviert, von der ich einen guten Blick durch das beeindruckende gemauerte Kreuzgewölbe mit den Sandsteinsäulen hatte, das bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.
Die medusenhaften modernen Lampen mit LED schaffen dazu ebenso einen modernen Gegensatz, wie die teilweise ausgeleuchteten Nischen mit zeitgenössischer Kunst. Insgesamt dominieren mit Bronze und Braun die aktuellen Wohlfühlfarben. Die Backsteine der Decke kontrastieren dazu angenehm rau. Der Raum wird durch eine große Barinsel unterteilt und eine kleine Bühne seitwärts weist auf die regelmäßigen musikalischen und gesellschaftlichen Events hin. Viel aus dem Gewölbe gemacht!
Vor den mit großzügigem Abstand gestellten Tischen warten hinreichend bequeme, lederbezogene Stühle und Bänke auf Besetzung. Auf den doppelten weißen Tischtüchern ist eher zurückhaltend mit einem Satz Besteck, Wasser- und Weinglas sowie Brotteller und -messer vorbereitet. Eine einfach gefaltete Leinenserviette komplettiert das Gedeck. Erfreulich wenig Schnickschnack auf dem wohl für vier Gäste vorgesehenen Tisch. Neben zwei undefinierbaren plumpen Kieseln im Glitzer-Look nur das obligatorische Grablicht. Die einzelne schmale Hängelampe schafft in der Tischmitte einen scharfen Lichtkreis. Am Rand, wo der halbwegs kultivierte Mensch gemeinhin sein Geschirr platziert, herrscht allenfalls trübes Halbdunkel (und schon ist man sogar für ein Teelicht dankbar). Selbst ohne Fotoambitionen hätte ich die Teller nach dem Servieren zunächst ins Licht geschoben, damit überhaupt erkennbar wird, was die Küche anbieten will. Später wurde vom Service gleich in die Tischmitte platziert. Nett, aber es zeigt das Dilemma des zweifelsohne so gewollten, höhlenartiges Lichtkonzepts
Die Musik war stimmig, Swing, smooth Jazz und sogar ein wenig Funk.
Immerhin, der Service war nahezu perfekt. Als Gastgeber fungierte Tanel Idil, der mich stets aufmerksam, freundlich, engagiert und fachkundig betreute. Höflich, aber nicht zu distanziert. Man kommt sofort ins interessante Gespräch. Auch zu den ausgeschenkten Weinen und deren Winzern hatte der nach eigenen Angaben Pälzer Bu (völlig unglaubwürdig, angesichts des guten Hochdeutsch...;-)) stets eine ausführliche Geschichte parat. Einer, der brennt - das überzeugt! Der Auszubildende des Hauses agierte ebenfalls schon gekonnt und höflich wie auch Chef Braumüller, der sich mit den Petits fours an den Tisch bemühte. Kritik wurde allerdings weitgehend schweigend aufgenommen, aber das kann ja auch ein Zeichen von Nachdenken sein.
Der Service hatte viel Zeit für mich, war am Abend doch nur noch ein lebenserfahrenes Paar anwesend, das mit dem Team gut bekannt oder verwandt schien und häufig direkt aus der Küche bedient wurde. Herr Idil führte den mauen Besuch auf das tags zuvor zu Ende gegangene örtliche Weinlesefestival zurück, von dem sich die Einwohnerschaft erst erholen müsse.
Nach diesen wenigen einleitenden Worten zurück zum eigentlich Grund meines Besuchs:
Bei einer Sektcuvée "Louis" (9€) aus Auxerrois, Schwarzriesling und Chardonnay, Lage Ruppertsberg von Andres&Mugler aus Maikammer
wählte ich das nur "tischweise erbetene" 5-Gang-Menü "Meilenstein" (aktuelle Gerichte, 120€) bestehend aus:
Gebeizte Forelle
Meeräsche
Bretonischer Hummer
Knusprige Blutwurst
(zusätzlich aus dem Klassiker-Menü "Grundstein", 15€)
Rehrücken
Weiße Schokolade
Ungewöhnlicherweise wurden auch die Küchengrüße schriftlich angekündigt:
Überzeugt hat unter den Amuses am meisten die Komposition aus zurückhaltendem Kalbstartar und deutlicher Crème vom Räucheraal.
Der Reis-Chip gefiel mit sehr feinem Crunch und die grünliche Lauchasche steuerte ungewohnt herbe Noten bei.
Das geräucherte Rindermark mit Pilzwürfeln war ebenfalls so recht nach meinem Geschmack.
Auch das heiß servierte Brot Sauerteigbrot aus Urgetreide
aus Urgetreide - u.a. Dinkel, Quinoa und Kümmel - konnte zusammen mit der gebrannten Nussbutter
gefallen.
Dagegen war der Sauerkrautmacaron in Form eines Bachkiesels aus mit Sepiatinte gefärbtem Tempurateig
- eigentlich eine schöne, kreative Hommage an die Forelle - adstringierend bis knapp vor die Ungenießbarkeit und vergällte so auch den Genuss des guten Fischs. Nicht mal die Kartoffelscheibe konnte die Säure einbinden.
Das feinstückige Garnelentartar am Lollistick
war geschmacklich präsent und von sehr angenehmer Knusprigkeit. Bei der begleitenden Tomatenessenz - mit dickem Trinkhalm aus dem Glasfläschchen - zog es sich wieder unangenehm zusammen. Wenigstens lenkte das etwas von den Schmerzen ab, die die viel zu heiße Suppe punktgenau am Gaumen verursacht hatte. Da mir ebendieses auch in Karlsruhe passierte, nehme ich mal an, dass es sich um eine Südwestspezialität, das sog "Verbrüherle" handelt...
Dazu ein ausgewogener Riesling von Bergdolt aus Neustadt-Duttweiler. Ich nehme mal an, vom Klostergut. Wer weiß schon als Außenstehender die familiären Verzweigungen der Winzerdynastien zu durchschauen.
Wegen des beruflichen Termins am nächsten Morgen setzte ich dann mit der Weinbegleitung bis zum Dessert aus.
Der erste Gang griff optisch die Erwartungshaltung an eine langjährige, nicht avantgardistische Sterneküche auf. Forelle, Schafsjoghurt, Gurke, Buchweizen
Kein Kessel, aber ein Teller Buntes in diversen Aggregatzuständen sollte Auge und Gaumen erfreuen. Die Präsentation ist erwähnenswert, weil es der einzige Teller blieb, der noch mit "Sternechichi" (aka Aufwand beim Anrichten) aufwartete. Hernach war doch vieles zeitgeistig geschichtet oder eher lieblos nebeneinander platziert.
Es versammelten sich also - erneut, hm - die wunderbar zarte, durch die Beize würzige Forelle mit ihrem Kaviar und als Begleiter Schafsmilchjoghurt und Gurke von Gel über Granité bis hin zu recht großen Stücken. Für den Crunch sorgte Buchweizen, der als gepoppt angekündigt war, mir aber nur geröstet schien. Leider war auch hier einiges schiefgegangen. Zum einen der Buchweizen, der so hart blieb, dass ich einzelne Körner aus Sorge um die Unversehrtheit des Kauapparates gar nicht zu zerkleinern wagte. Unangenehmer noch die wiederum viel zu starke Säure, hier in den Gurkenstücken. Irgendwann hatte ich dann heraus, welche zarte Scheibe abgeschnitten für ein harmonisches Gesamtbild sorgte. Da war der Teller aber auch schon durch die vorherigen, missglückten Experimente weitgehend geleert. Außerdem bin ich doch nicht das Versuchskaninchen der Küche.
Zu diesem Zeitpunkt befürchtete ich bereits einen kulinarisch eher unerfreulichen Abend.
Zum Glück konnte sich die Küche steigern, zum Teil deutlich.
Die rohe Meeräsche erfreute mich mit schon gleich mit ihrem Anklang an japanische Küche. Verstärkt wurde das durch die Verwendung ihres Rogens, diesmal in der Bottarga-Variante, als karasumi ist das ebenfalls eine japanische Delikatesse.
Dem kräftigen Fisch standen Tatar von Stangen- sowie gehobelte Scheiben und Crème von Knollensellerie gegenüber. Als "Verbinder" wurde à part ein confiertes Eidotter gereicht (ohne Foto).
Ich sach getz mal: Schmackiger Babybrei für Feinschmecker...
Gegen übliche Gewohnheiten kam nun (im Menü genauso vorgesehen) der dritte Meeresbewohner auf den Tisch (eine Suppe dagegen in beiden Vorschlägen Fehlanzeige).
Der bretonische Hummerschwanz in Nussbutter erschien in "Haufenoptik" Bretonischer Hummer an Grieben und Knödelrolle
und war etwas trocken. Nicht die erhoffte 1a-Qualität. Viel Spaß bereitete der mit Limone und Zitronengras endlich einmal elegant, weil fruchtig-säuerlich aromatisierte Spitzkohl. Aus der Heimat des Chefs grüßte eine Knödelrolle und die Grieben waren knusprig und vor allem nicht zu salzig. Ob allein daraus die über drei Tage eingekochte dickflüssige Jus entstand, kann ich nicht sagen. Umami - ick liebe dir! Überraschenderweise funktionierte diese Kombi von Surf'n'Turf ausgezeichnet.
die leider nur schwach zu schmecken war. Insofern war das Bett aus roh mariniertem Fenchel und insbesondere die klasse Apfel-Fenchel-Sauce mit Cayenne und Zimt viel interessanter. Und das, wo doch Fenchel und Zimt einst zu meinen kulinarischen no-gos gehör(t)en. Insgesamt respektabel, aber ich hatte mir besonders von der boudin noir wesentlich mehr versprochen.
Ein kleines Meisterwerk: Falscher Marshmallow von der Calamansi mit einem Camparigelee-Topping. Wow! Säure - Frucht - Bitterkeit. Wow!
So aufgeweckt, wandte ich mit dem Laguiolemesser dem Hauptgang zu, zweierlei vom Rehrücken Zweierlei vom Rehrücken mit Pfifferlingen und Ofenkartoffel
Kurz gebraten perfekt rosa, ein zarter feiner Wildtraum. Die geschmorten Teile leicht trocken, halt ein sehr mageres Stück. Die Sauce riss hier aber wirklich einiges raus, über 4 Tage reduziert (das mit dem Tage-Gedöns geht mir zwar etwas auf den Wecker. Jeder kann noch länger, so à la Mein Auto, mein Haus, meine Pferdepflegerin! Aber das Ergebnis ist immer zum Reinlegen. Hier mit Zimt, Anis und Schokolade noch auf ein höheres Level gebracht. Also Saucen kann er, der Herr Braumüller!). Auch die Beilagen waren wohlfeil und veredelt: Gerupfte Petersilie blanchiert und frittiert. Püree aus der Inneren der ausgekratzten Ofenkartoffel, Pulver aus ihrer Schale. Beides mit wuchtigem Rauchgeschmack. Und sehr kleine, sehr feine, doch leider sandige Pfifferlinge. Das sollte auf diesem Niveau vermeidbar sein, musste die Küche doch wohl kaum bei diesem Gästeansturm auf Overload gehen. Trotzdem ein sehr guter Gang und die Sauce extraordinär. Optisch auch ganz ok.
Mal eine der seltenen Gelegenheiten, bei der ich ein Dessert wählte, Käse war aber auch nicht im Angebot.
Vom weißen Pfirsich ein Sorbet und Geleeplättchen, die eine Rolle von weißer Schokolade ummantelten, eher fester Pudding, als Mousse. Chips von der weißen Verführerin und vom kräftigsten Mitspieler Cassis, der auch getupfte Creme beisteuerte. Schließlich noch Crumble von schwarzer Schokolade als leicht bittere Komponente. Wilder Prirsich, weiße Schokolade, Cassis
Alles in allem gut, aber für mich auch nicht mehr. Da ist noch Luft bei der Patisserie, was auch für die nach meiner Meinung recht simple Präsentation gilt. Gerade beim Dessert bin ich da eigentlich schon mal zu begeistern.
Am ehesten in diese Kategorie fiel hier die perfekt begleitende 2011 Weißburgunder Beerenauslese (7€) von Winzer Seeber, der laut Herrn Idil in der Region eher unter Wert gehandelt wird.
Der Abend schloss bei den Speisen mit einer Limonenmousse auf Mürbeteig und einer extra gereichten Caipicreme Limonenplätzchen und Caipi-Crême
die der sympathische Chef persönlich an die Tische brachte. Nicht ganz so toll, wie die Calamansi-Campari-Bombe, aber trotzdem ein netter Rausschmeißer.
Mein Wunsch nach etwas Süßem auch in flüssiger Form wurde mit einem T-R-O-P von Winning erfüllt, Pinot Noir auf 17,5% gespritzt, sehr freundlich auf Kosten des Hauses! Hat geschmeckt, aber die Leute, die den P-O-R-T machen, haben eben doch 300 Jahre Vorsprung...
Zwar voll, aber nicht vollends zufrieden, stieg ich die knarrende Treppe zu meinem großen und recht hellhörigen Zimmer hinauf. Der zurückliegenden Abend hatte für mich zu viel Wechsel zwischen Auf und Ab gehabt. Vielleicht waren das auch Startschwierigkeiten. Denn auch für erfahrene Köche ist aller Anfang auf unbekanntem Terrain schwer.
Und der Stern hat die Flackerphase ja schlussendlich gut überstanden.
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.... mehr lesen
Restaurant - Urgestein
Restaurant - Urgestein€-€€€Restaurant06321489060Rathausstraße 6a, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.0 stars -
"Von Sternenlicht und Schattenspielen" DerBorgfelderWechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.
Geschrieben am 16.03.2017 2017-03-16| Aktualisiert am
16.03.2017
Besucht am 03.03.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 224 EUR
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere Gruppen) an diesem Freitagabend keine Unzufriedenheit aufkommen ließ. Wie auch, denn Domme, im Service von seinem Vater unterstützt, hält heftig schwitzend alle bei Laune. Aber auch fachlich versiert wurde zu den Speisen Auskunft und zu den heimischen Weinen Beratung gegeben. Staunend und nur teilweise der Mundart folgen könnend, lauschte ich jedenfalls seinem Fachgespräch mit dem Grandseigneur der Pfälzer Rebensaftbeurteilung und - vernichtung, Gastrofreund MarcO74. Denn endlich hatten wir den lange geplanten Gegenbesuch in der Südpfalz verwirklicht und freuten uns auf die landestypischen Genüsse. Also dem Plateau de Fruits de Mer.
Gut, zugegeben, dass in der PGF französcher Spezial-Abend sein würde, wussten wir schon vorher. Und als die große Platte von uns vier ratzekahl geleert war, gab es keine Beschwerden hinsichtlich der fehlenden Regionalität. Im Gegenteil, die Stimmung war zusehend fröhlicher geworden, zumal alle von einer Platte aßen, mit allerlei Hilfsmitteln, aber meistens doch mit den (eigenen) Fingern. (Die Ihr hier eintretet, lasst alle Etikette fahren! Und genießt einen ungezwungenen Abend!)
An der angenehmen Atmosphäre sicherlich auch nicht völlig schuldlos die Getränke.
War der Start mit einem Chardonnay-Winzersekt (5€/0,1l) vom ortsansässigen Weingut Ralf Hundemer lediglich "ordentlich", konnte zu den Krustentieren schon der frische, aber harmonische, florale, mit einem Wort "lagenhafte" 2015er Weißburgunder überzeugen, eine trocken ausgebaute Spätlese von Mathias Kleinmann aus der Lage Birkweiler Mandelberg (27€). Pures Glück floss dann aber aus der Flasche 2013er Riesling GG aus der Lage Pechstein von Acham Magin aus Forst (45€). Schon klar, wer sich was gewünscht hatte... Verbeugung, lieber Marco!
Bevor das leckere Meeresgetier mit frischem französischen Baguette
und drei sauguden selbstgemachte Begleitern (Aioli, Cocktailsauce, Himbeeressig-Vinaigrette mit Schalotten) serviert wurde, hielten wir doch noch nach den üblichen Verdächtigen der Pfälzer Karte Ausschau und bekamen zumindest den hauseigenen, recht lockeren und mit reichlich Kräutern gepimpten Quark serviert. Dazu durchaus passend schöne frische Radieschenviertel (6€)
Ländlicher Genuss!
Mit der auf der Tafel offerierten Hummersuppe (5,5€) wollten wir kulinarisch schon auf den maritimen Hauptgang zusteuern. Doch das servierte Cremesüppchen erinnerte weder von der Farbe noch vom Duft an den König der Krustentiere. Auch die Einlage schien ungewöhnlich quadratisch. Die Probierlöffel später war uns klar, dass an die Küche versehentlich die Bestellung einer Käse-Lauch-Suppe weiter gegeben wurde. Nicht schlimm, hatten wir doch mit dem "Gemüsehummer" den running gag des Abends gefunden. Schade allerdings, dass die eilig nachgelieferte Hummersuppe kaum lauwarm und zudem auch nicht übermäßig geschmacksintensiv war. Vermutlich schon auf den Karkassen angesetzt, aber etwas Krebsbutter hätte doch noch geholfen. Das geht besser.
Die Stimmung stieg aber sofort wieder, als die übervolle Platte (aus 2 Portionen) mit den französischen Köstlichkeiten serviert wurde
Zwei (nicht zu) kleine Hummerhälften mit schon ausgelösten Scheren thronten in der Mitte, am Rande lockten sehr gute bretonische Austern aus Prat ar Coum auch die langjährigen Verweigerer (Am Ball bleiben! Der erste Schnaps schmeckt meist auch nicht...).
Von der Küste der Normandie Bouchot-Muscheln, an denen es außer der (fehlenden) Größe nichts auszusetzen gab.
Aus der Garnelenabteilung Langustinos, die mir leider zu weich waren. Dafür überraschten die Eismeercrevetten durch Knackigkeit und angenehmer Süße.
Am meisten Spaß hatten wir mit den Bulot-Meeresschnecken, die sich teilweise doch recht hartnäckig meinen ungelenken Versuchen verweigerten, sie mittels eines Zahnstochers aus den Gehäusen zu drehen. Immerhin passierte uns mit den "schlüpfrigen kleinen Scheißerchen" kein Missgeschick, obwohl wir doch zwei pretty women dabei hatten. Die sehr eigene Konsistenz gekochten Schneckenfleisches dämpfte bei einigen die Begeisterung für diese Spezialität recht deutlich. Ich fand es fein.
Der Hummer war von gutem kanadischen Durchschnitt, geschmacklich wie von der Saftigkeit, kannste nicht meckern. Was zu beweisen war. Denn, als gegen Ende des Abends Vater Theobald mit einer verräterisch dampfenden Stiege in die hinteren Räume verschwinden wollte, lüpfte MarcO mit Stammgastbonus einfach das Küchentuch. Die frisch dem heißen Bade entstiegenen Gesellen leuchteten so freundlich rot, dass mir spontan der Wechsel von einem Dessert zu einem weiteren Hummer nicht schwer fiel.
Für diesen kleinen Nachtisch gelangten ganze 20€ auf die Rechnung, da kannste ECHT nicht meckern.
Für das doppelte Plateau wurden insgesamt 90€ in Rechnung gestellt, ein sehr fairer Preis. Dafür haben wir weit entfernt von den Küsten der Grande Nation Meeres-Spezialitäten ordentlicher Qualität und in angemessener Menge geschmaust. Nicht mehr, aber allemal nicht weniger!
Natürlich wurde für die Pfälzer Genießer und die Fischköppe das eine oder andere zusätzlich auf die Platte geschmuggelt, wie uns der Domme verschwörerisch "verriet". Ein schlauer Wirt halt, durch und durch...
Für die Fans der süßen Fraktion noch eine Sauerrahm-Fruchtzubereitung nach Art eines Trifle (5,5€), eine Nocke cremiges, selbst gemachten Eis (rote Beere? Der gute Pfälzer Rebensaft ging scheinbar auf meine Konzentration...) für ganz kleine 2,5€ und NATÜRLICH mit großer Begeisterung der gute Herxheimer Schokokuss. Der Preis von 50 Cent lässt ebenso wenig Zweifel am PLV, wie die 3,5€ pro Flasche Wasser.
Zum rustikalen, aber modern aufgeräumten Interieur hat die spitze Zunge der Pfalz schon das Nötige geschrieben. Die Wandlampen und die Teelichter verbreiteten sehr warmes, fast goldenes Licht - pures Gift für die Fotos... Am oberen Ende der geschwungenen Holztreppe Raum für geschlossene Gesellschaften, halb Diele, halb Galerie. Das wäre mir zwar etwas zu offen, aber in der Gruppe ist das ja nicht so entscheidend. Eine Überraschung die Toiletten. Gar nicht im Stil des Landgasthofes, sondern viel edler dunkler Stein und hochwertige Armaturen. Schau an!
Ein denkwürdiger, wunderbar harmonischer Abend neigte sich dem Ende zu!
Wir bedauerten nur, dass wir die auf der üblichen Karte angebotene Elwetritsche nicht probieren konnten. Hier verbirgt sich dahinter eine mit Steinpilzen gefüllte Wachtel. Aber eigentlich (wer wüsste das nicht, nach eingehender Belehrung) ist das ja ein sehr autochthones Pfälzer Tierchen, ganz eng mit dem bairischen Wolpertinger verwandt, das sich besonders nach ausführlichen Weinproben zeigt. Schade, schade.
Und gebackenen Uhu gibt's auch erst wieder am 1. April...
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere... mehr lesen
4.5 stars -
""Gebackener Uhu geht immer..." DerBorgfelder...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere
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Essen ist Leben und zum Aufregendsten bei beidem gehört es, Neues kennen zu lernen.
So war ich freudig gespannt, als ich im Hamburger Nobelhotel Vier Jahreszeiten die Stufen zu dem vor sieben Monaten eröffneten Nikkei Nine herunter tapste. Eine Empfehlung von Henner Fischer, dem langjährigen Küchenchef des Bremer Topaz, mit dem ich die Begeisterung für's Fernöstliche teile.
Nikkei bezeichnet, so hab ich das verstanden, im weitesten Sinne Japaner und Japanisches außerhalb ihrer fernöstlichen Inseln. Und im Besonderen die Bereicherung der heimatlichen Küche mit südamerikanischen, speziell peruanischen Einflüssen. Die große japanische Community im Andenstaat ist selbst hierzulande in den Blick geraten, als dort ein Nikkei Präsident wurde.
Die Zahl Neun symbolisiert wohl wirtschaftlichen Erfolg und Glück und am Besten sollten sich neun Menschen um einen Tisch versammeln. Das mit dem Erfolg scheint am Neuen Jungfernstieg schon mal zu klappen, das Netz schäumt über vor beeindruckten Kritiken und manche Berühmtheit soll auch schon gesichtet worden sein.
Von mir jedenfalls nicht, was natürlich daran gelegen haben könnte, dass ich am Sonnabend nur einen Platz in der ersten Reservierungszeit (am Telefon hübsch denglisch "erstes seating" genannt) ab 18.00 Uhr ergattern konnte. So war ich auch noch eine halbe Stunde später einer der ersten Gäste, konnte daher recht ungeniert in Verhandlungen um einen angenehmen Tisch einsteigen. Zuvor war ich persönlich vom Check-in (mit schönem Wasserfall) abgeholt und um die Bar weiter hinunter in den großen (104 Plätze!), lang gezogenen Gastraum geführt worden, an den sich die für Gäste "umgehbare" Küche anschließt. Der erste Tisch wurde mir noch als "mitten im Geschehen" angepriesen, weiter muss man nichts wissen... Allerdings zeigte sich dann schon der sehr gute, auf den Gast fokussierte Service des Hauses. Auch mehrfach wechselnde Sitzwünsche des komplizierten Borgfelders wurden mit den Reservierungen abgeglichen und so ermöglicht, dass ich schließlich in einer der "private dining"-Nischen platziert wurde, die sowohl Ruhe, als auch einen Blick auf Bar und ankommende Gäste beinhalten. Danke sehr!
Statt des 1920er-Shanghai-Ambiente des ehemaligen Doc Cheng's dominiert nun die volle Dröhnung des metallenen Zeitgeschmacks aus Gold, Kupfer und Bronze, kombiniert mit warmen Hölzern von Cognac bis Schwarz und als DIE Loungefarbe schlechthin ein tiefes Violett. Nicht er-, sondern warm beleuchtet von fast unzähligen Lampen, Lichtinstallationen und illuminierten Kunstobjekten. Auch sonst viel aktuelle Kunst mit asiatischen Bezügen. Ein Kokon, zurück in die Zeiten, in denen Aufbruch Befreiung verhieß und nicht Unsicherheit. Im "2. Seating" legt der DJ Loungemusik auf zum Abtauchen und Wohlfühlen. Die frühen Gäste hören eingängigen Deep House vom Band. Stimmig. Unbedingt auf der Homepage unter Location die Galerie besichtigen.
Wie würde der Service hier sein? Japanisch zurückhaltend oder südamerikanisch emotional? Warm und entspannt wie das Ambiente oder eher norddeutsch-kühl wie die Szene?
Die Begrüßung war jedenfalls noch etwas - nun, nennen wir es hanseatisch. "Hochnäsig" wird außerhalb von Hamburg ja für etwas Negatives gehalten.
Davon war den Rest des Abends überhaupt nichts mehr zu spüren. Die Menschen im Nikkei sind ohne jede Frage ein Aushängeschild! Geführt vom souveränen Gastgeber Matthias Förster, der sich vorstellte und mehrmals an den Tisch kam, agierten alle Bedienungen gut geschult, höflich, aber entspannt. Meine kleinen Extra-Wünsche wurden gleichbleibend freundlich erfüllt, z.B. mehrfache oshibori, die heißen feuchten Tücher zur Erfrischung und Reinigung, hier mit Jasminduft. Besonderes Lob für S., die mich überwiegend umsorgte. Seit langer, sehr langer Zeit hatte ich nicht mehr einen so persönlich netten, ungekünstelten, dabei fachlich einwandfreien Service. Wir hatten im Wortsinn einen gemeinsamen Abend, freuten uns über gelungene Teller und sprachen über kleinere Schwächen. Ich durfte sogar ein Foto machen, um es meiner nicht minder wunderbaren Kollegin gleichen Namens zu schicken. Am Ende des Abends stand gar ein Lob als "ganz besonders guter Gast" - Hört, hört! Ich gebe das Kompliment gern zurück und zwar an die gesamte Crew und den Restaurantleiter. Auf der Homepage unter dem Punkt Team sind alle zu "besichtigen"; manch junger Dame sieht man die Freude über die Jasminblüten im Haar nicht wirklich an...
Dabei begann der Abend sogar mit einem Missverständnis. Das Prinzip der Nikkei cuisine und die Karte wurden erklärt, auch Tagesangebote und Abweichungen angekündigt. Für den Erstbesucher wurde das omakase-Menü empfohlen, also nach der Wahl des Küchenchefs. Verfügbar mit 4 oder 6 Gängen, aber im "ersten Seating" sei doch die kleinere Variante sinnvoller. Na, das hab ich vielleicht gerne! Erst den Gästen die Essenszeiten vorschreiben und dann einer Hälfte nicht das volle Programm bieten? Und darauf noch nicht mal bei der Reservierung hinweisen! Erschrocken folgte der Rückzieher: Nein, nein. Zeitlich passe auch die größere Variante. Die Gänge kämen dann nur in schnellerer Abfolge. Nun gut.
Natürlich entschied ich mich bei einem schön gekühlten Taylor's White Port (9€, hm) für die längere Reise (89€, mehr als ok) und wählte noch otoro, den fetten Thunfischbauch (11€, preiswert) dazu. Und den frisch von der Wurzel geriebenen Wasabi (10€, üblich, wenn überhaupt erhältlich), der etwas wässriger ist und eine mildere Schärfe hat.
Die weiße Brigade legte dann gleich ein Tempo vor, das mich befürchten ließ, schon deutlich vor Ablauf meiner Reservierungszeit aus dem Laden gehetzt zu werden. Ein paar Worte an Herrn Förster beendeten die Jagd und am Ende durfte ich noch "überziehen".
Als Amuse schickte die Küche ein Türmchen Thuntartar,
das u. a. mit Shiso und Queller recht würzig angemacht. Ein Deckel von Daikon und Yuzu-Gel. Etwas erwartbar, aber ansprechend gemacht.
Inzwischen war ich auf japanisches Iki-Bier umgeschwenkt, das Auszüge von Yuzu und grünem Tee enthält und schon sehr kalt in ein tiefgekühltes Glas eingeschenkt wurde. Der süffige, nur leicht bittere Geschmack mit dem Abgang nach der Zitrusfrucht traf voll meinen Geschmack. Der Preis von 9€ eher nicht.
Der Wasserservice (Leitungswasser aus kleiner Karaffe) klappte vorzüglich.
Der erste Gang war ein zwischen Sashimi und Ceviche stehendes Tiradito und damit typisch für die Nikkei Cuisine.
Um die aufgeschnittene rohe Flunder war eine Sauce auf der Grundlage von Ume-Pflaume, Orange und Yuzu drapiert. Auf den Abschnitten lagen konfuzianisch in Reih und Glied Passepierre-Algen, angenehm mild-pikante Chili und angeröstete kleine Reispops. Das ergänzte sich alles sehr schön, nichts dominierte. Gelungen.
Es folgte der zusätzlich gewünschte fette Thunfischbauch.
Zwei gute, kompakt geschnittene Stücke, an denen nichts auszusetzen war. Ich meine jedoch, vergleichbare Qualitäten auch in Düsseldorf schon mehrfach erhalten zu haben. Was ja nicht gegen das Nikkei spricht; es ist halt eine Frage der (durchaus auch geschürten) Erwartungshaltung. Dazu der frische Wasabi und die Haussauce, für die Sake mit Mirin lange eingekocht und dann wieder mit fertiger Sojasauce verlängert wird. Sehr ausgewogen, feine, süße Würze. Der nicht verbrauchte Meerrettich wurde für spätere Teller wieder in die Küche gebracht. Sehr aufmerksam. Ich durfte anscheinend noch mit einem Sushi-Gang rechnen.
Es ging weiter mit Tempura einer ganzen "soft-shell"-Krabbe.
Die papierne Haut und das sehr weiche Fleisch mag sicher nicht jeder. Der Geschmack ist aber sehr fein. Dazu gehobelte, marinierte Streifen vom Daikon-Rettich und eine Sojasauce, diesmal pikant mit Koriander, Chili als südamerikanischem Bestandteil und erneut Yuzu. Das war vom Produkt, der Sauce und vor allem handwerklich die bislang beste Leistung.
Den nächsten Gang hätte ich à la carte auf jeden Fall gewählt. Bauch vom (Apfel-)Schwein asiatisch
kann ich nicht widerstehen. (Zuletzt grandios vietnamesisch in The Slanted Door.)
Es war das Highlight des Abends. Sehr fett, sehr intensiv, sehr knusprig. Mit einer Sesam-Glace überzogen. Süffiger geht nimmer. Diesmal hatte die Haussauce mit mehr Mirin statt Schärfe eine süßere Note, die natürlich formidabel zum Schwein passte. Die Palmherzen waren (mit Thymian?) gedünstet, aber noch mit dieser an Apfel erinnernden, knirschenden Konsistenz. Und erneut die Daikonstreifen. Als ich das beim Ausheben in Bezug auf die "Chef's Choice" bemäkeln wollte, fiel mir der Ober ins Wort. Am Pass habe er noch mit bekommen, dass der Chef "sich auf die Finger gebissen habe", weil die Beilage nicht gewechselt wurde. Wie schön, wenn sich Küche und Gast einig sind;-))
Der Hauptgang kam nach einer angenehmen Pause, die ich für einen Besuch in den tadellosen Waschräumen nutzte. Zur Abwechslung angenehm hell, für mich etwas zu plakative Kunst (halbnackte Frauen in japanischem Umfeld) und eben neu und schick. Das gefällt.
S. hatte mir verraten, dass es Lamm geben würde und wir einigten uns auf eine südafrikanische Cuvée von Shiraz und Cabernet Sauvignon. Warum das der aktuelle Lieblingswein des Sommeliers sein soll, erschloss sich mir nicht. Oder eventuell doch: Die Flasche 2013 Raoul's Constable House kostet im Netz etwa 10€. Da liegt es nahe, dass das 0,15l-Glas ebenfalls mit 10€ abgerechnet wurde. Faktor 5 oder je nach EK mehr, ist ja normal... Die Flaschenweine sind dagegen auch für den Normalgast kalkuliert und bieten einiges im Bereich von 30 bis 50 Euro.
Schnell zu den drei Lammkoteletts, die schön heiß vom Robatagrill an den Tisch kamen und Unterschiede aufwiesen. Das erste Exemplar war recht zart, aber kauen musste man schon. Die anderen beiden waren die besten Lammchops, an die ich mich erinnern kann. Himmlisch saftig und unglaublich weich, ohne die Struktur zu verlieren.
Geschmacklich idealtypisches Lamm. Ein außerordentlicher Genuss. Meine zukünftige Referenz.
Der Rest des Tellers stand dem Fleisch kaum bis gar nicht nach.
Ich hätte nie gedacht, dass mir ein gegrillter Kräuterseitling so gut schmecken kann. Das sehr große Exemplar war kräftig gegrillt und vorher rautenförmig eingeschnitten worden. Entweder nur aus optischen Gründen oder wie z. B. bei Tintenfisch zur Erzielung einer weicheren Textur. Weißer Spargel gegrillt und als gehobelte Streifen konnte ebenfalls überzeugen, weil die Bestandteile des Tellers nicht gemischt wurden. Jedenfalls nicht von mir. Da standen dann schon sehr japanisch die Geschmäcker klar nebeneinander. Gar nicht nippon-style, dass es so kräftige waren. Denn auch Südamerika grüßte einmal mehr mit einer phantastischen Sauce Romanesco auf der Grundlage von ají-panca-Chili. Durch die Verarbeitung von Sauerteig wurde daraus ein ausgestrichenes säuerlich-pikant-fruchtiges Püree, das das kräftige Fleisch wunderbar ergänzte. Der getrennt gereichte warme Reis mit Sesam
tadellos, nicht zu viel Säure.
Die folgenden nigiri sushi kündigten das nahende Ende des Menüs an.
Sehr hübsch und knusprig der frittierte Kopf der Süßwassergarnele ama-ebi. Kleiner Knabberspaß. Für den Schwanz galt ebenso wie für tai/Brasse, maguro/mageren Thunfisch, hamachi/Gelbschwanzmakrele, sake/Lachs: Good, but not outstanding. Wobei ich nicht missverstanden werden möchte: Sehr empfehlenswerte Sushi, Reis ebenso wie tane/Belag. Kein Vergleich mit den üblichen, guten Sushiläden (und meine nicht, nie, never-ever AYCE-Kaitenläden). Aber auch da wäre ich natürlich gern in Welten vorgestoßen, die nie zuvor ein Borgfelder geschmeckt hat.
Leider hatte die Küche vergessen, dass ich noch frischen Wasabi hatte. Das wurde mir zwar mit den Nigiri wieder serviert, war aber nutzlos, denn alle Stücke waren schon mit der "Normalware" exakt bestrichen. Auch, wenn ich es einen Tick schärfer mag, war eine Ergänzung kaum möglich, ohne die Balance zu zerstören. Das fand ich ärgerlich, eine Verschwendung von Geld, schlimmer noch eines guten Produkts. Sachlich ausgesprochen, wurde die Kritik angenommen (zudem notierte der ältere Schlemmer: S. auf's Reizendste zerknirscht.)
Eine sehr hübsche Neuentdeckung war allerdings der von meinem Gastgeber empfohlene sparkling sake. Schön gekühlt, zunächst angenehm fruchtig süß, dann mit einem herben Nachhall. Ob Perlwein oder Flaschengärung, weiß ich mangels Erfahrung nicht zu sagen, wegen der leichten Trübung hoffe ich mal auf Letzteres. Der Preis von 14€ für den Fingerhut von 0,1l hätte anderenorts ebenfalls dafür sprechen mögen.
Nun blieb noch das Dessert.
Auf einer mit Zitronengras deutlich aromatisierten, gut gemachten Crême brulée schmolz eine Eis-Nocke, deren Grundlage Pandan-Essenz war. Dazu Kleckse des Yuzu-Gels, die eine Säuerlichkeit einbrachten und ein Blatt Gewürzschokolade. Für die Dessertliebhaber bestimmt eine exotische Freude, mir war es zusammen genommen etwas zu parfümiert.
Die zunächst angebotene Zweigelt Auslese sagte mir gar nicht zu. Der Rheingau Riesling mit viel Restsüße schon sehr viel mehr. Ging zudem auf's Haus, bei den Preisen der Offenen hier ein Segen.
Die herzliche Verabschiedung hatte ich schon erwähnt. Die freundliche Aufforderung, das Nikkei beim großen Kurzreise-Berater zu bewerten, musste ich gleichwohl empört zurück weisen.
Ein paar Fragen bleiben:
Empfehlung?
Ja, klar. Eine sehr interessante Küche, die derzeit hot-shit ist, sich aber (hoffentlich) in Hamburg lange halten wird. Zudem ein polarisierendes Ambiente, das man gesehen habe "muss".
Zu wenig Südamerika?
Nein. Nikkei bleibt japanisch. Die spanisch/mexikanisch/peruanischen Anleihen waren unauffällig, aber sehr wirkungsvoll. Eine echte Alternative zur Puristik des klaren Geschmacks.
Auf Augenhöhe mit den besten Japanern in Deutschland, gar in London?
Nicht für mich, noch nicht und ich glaube auch nicht, dass sich daran grundlegend etwas ändern wird. Da wird natürlich auf Wirtschaftlichkeit geachtet und die unbedingte Qualität etwas der Show geopfert. Schon (auch) für eine bestimmte Klientel. Von meinem POV leistet sich die Küche bei allem Können (gutes Handwerk, groß die Komposition und Abwechslung der Saucen!) zudem Nachlässigkeiten. Neben den schon beschriebenen durchaus auch solche im kreativen Bereich. Beispiel: Wann ist Yuzu zur einzigen asiatischen Zitrusfrucht geworden? Vom Amuse bis zum Dessert, keine Bergamotte, keine Calamansi, keine Buddha's Hand (wenn schon Show). Das ist schade, aber auch auszumerzen.
Daher folgt auf jeden Fall ein zweiter Besuch; bis auf Sonntag wird täglich sogar ein Lunch angeboten. Das lohnt doch mal eine Stippvisite, wenn man sich z.B. aus der Pfalz o. a. alljährlich gen Norden aufmacht!