Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 288 Bewertungen 367833x gelesen 10221x "Hilfreich" 9169x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 29.10.2017 2017-10-29| Aktualisiert am
29.10.2017
Besucht am 18.05.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt... mehr lesen
4.5 stars -
"Klare Handschrift - gute Leistung" DerBorgfelderDer traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt
Geschrieben am 13.10.2017 2017-10-13| Aktualisiert am
14.10.2017
Besucht am 04.08.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Nach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château im ehemaligen Umspannwerk auf dem Hallmarkt erwähnt. Und in der Tat könnte die wuchtige Architektur
auch als Schloss oder besser Trutzburg durchgehen. Der Standort ist gut gewählt. Nach vorne ein kleiner Platz mit dem Drachenbrunnen. Und von der Terrasse hat man einen weiten Blick über den langen Marktplatz mit seinen fein renovierten Gründerzeitfassaden. Trotz stürmischer Böen habe ich hier lange verweilt und fasziniert die wechselnden Lichtverhältnisse von der Abendsonne bis zum Vollmond genossen
Das Außenmobiliar unter den großen Sonnenschirmen mit Brauerei-Werbung ist eher einfach, Alutische mit Holzimitat, auch die Stühle sind aus dunklem Metallrohr mit grobem Kunststoff-Flechtgewebe. Das gar dünne Sitzkissen konnte ich mit einem beherzten Griff zum Nachbarstuhl verdoppeln. Immerhin liegt reelle Tischwäsche auf und das Besteck ist solide. Die sparsame Deko tat als Sicherung der Tischdecke gute Dienste
Drinnen geht es hochwertiger zu.
Der Raum ist dreigeteilt. Für Gruppen gibt es eine Empore. Der vordere Bereich ist für den Mittagstisch gedacht.
Auf dem dunklen glatten Fußboden stehen (nur jetzt am Abend?) blanke Holztische, auch lange Tafeln. Davor in Details unterschiedliche, helle Holzstühle. Hier soll unkompliziert geschmaust werden.
Hinter mächtigen neo-romanischen Steinbögen
liegt der Gourmetbereich. Auf dem Parkett dunkles Holzmobiliar, die Tische weiß eingedeckt. Bunte Blümchen setzen einen angenehmen Farbakzent. Interessant anzusehen die lange Bank aus Holzlatten unter einem großen Spiegel. Das passt gut zum hellen Mauerwerk und schafft doch eigene Akzente
In allen Bereichen bis hin zu den Toiletten
ist moderne Kunst sparsam, aber effektvoll eingesetzt. Das gilt auch und besonders für die Lampen. Frau Mahn, die Mutter des Küchenchefs klärte mich auf, dass die Innenraumgestaltung in enger Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule Burg Giebichenstein erfolgte, deren meist zugereiste Professoren ebenso wie solche der Universität einen Teil der Stammkundschaft ausmachten. Auch Touristen würden häufig kommen, insofern begrüße man das neu eröffnete Hotel vis-a-vis des Platzes sehr. Den Einheimischen fiele es schon schwerer, hier einzukehren, was etwas mit der Wirtschaftskraft zu tun habe. Nachdem man jahrelang den Mittagstisch mit Suppe und Dessert angeboten habe, gebe es seit letztem Jahr zum unveränderten Preis nur noch das Hauptgericht. Sofort sei der Besuch um über ein Viertel zurück gegangen. Man könne auch nicht mehr das Menü auf der Homepage veröffentlichen. Wettbewerber hätten gleichlautende Gerichte mit einfacheren Produkten billiger angeboten, worauf sich Gäste bei Mahns beschwerten.
Es scheint nicht einfach zu sein für hochwertige Gastronomie in Halle (Saale).
Wobei das nach der Leistung dieses Abends für mich völlig unverständlich ist.
Neben Frau Mahn umsorgt mich ein junger Mann, der sicher zum pfiffigsten gehört, das mir seit langem unter gekommen ist. Authentisch freundlich, offen, interessiert, aufmerksam, flink, vor allem mit- und vordenkend, was die Zufriedenheit des Gastes betrifft. Zudem schon mit einigem Produktwissen und den Anforderungen an gehobenen Service vertraut, auch wenn das zweite Gedeck nicht ausgehoben wird. Dafür war die Weinberatung engagiert und mit Überlegung. Umso erstaunlicher, dass der junge Mann bisher nicht vom Fach ist, sondern wunderbar angelernt. Und wie erfreulich und überaus passend, dass er gerade sein Studium abbricht, um Restaurantfachmann zu werden. Nach einem Bericht der Regionalzeitung im Netz offenbar nicht der Erste. Famose Leistung, vielen Dank dafür!
Alexander Mahn, setzt einen Schwerpunkt auf Kobe-Beef, das auch als einziges Menue des Hauses angeboten wird. Mir stand der Sinn nach Kreativerem und ich wählte daher à la carte. Kein Problem, die Größe der Gänge wurde angepasst. Zudem verlässt man sich nicht nur auf die heimischen Erzeuger und auch nicht auf (wenige) bekannte Winzer wie Proschwitz, Tesch oder Pfaffmann. Statt Urlaub machen Mahns Einkaufsreisen, von denen sie Produkte und Weine mitbringen. Die letzte Tour ging in die Provence, wie schön.
Beim Stöbern durch die Karte ließ ich mir den empfohlenen leichten Rieslingsekt von der Unstrut schmecken. Derweil grüßte die Küche mit einem feinem Probierlöffel
Gebeizter Hirschschinken mit Rotweinzwiebeln. Wunderbar austariert, erst die Zwiebeln mit Biss und Rotweinaroma, gegen die der Schinken aber natürlich gut bestehen kann. Erst fast mild, setzt sich zuletzt Salz und Wildgeschmack intensiv durch. Nicht alltäglich, mit Nachdenken kreiert und exakt ausgeführt, so soll es sein.
Ich startete mit einer angenehm cremigen Entenleber, die - neu für mich - mit sehr dunkler Valrhona-Schokolade geschichtet war
Die leicht salzige, feine Bitternote gefiel mir erst gut, trat aber nach und nach zu sehr in der Vordergrund. Da taten die Variationen der reifen Aprikosen vom Markt in Apt mit ihrer süßen Frucht gut. Trotzdem blieb bei dieser an sich klugen Komposition eine leichte Unausgewogenheit.
Klassische Begleitung durch den unklassifizierten Sauternes 2011 von Eschenauer, der mir etwas zu spitz im Abgang war.
Weiter ging’s mit einem Kracher, hinter dem man zumindest farblich eine Hommage an Italien vermuten könnte
In der ungemein fruchtigen Gazpacho von Walderdbeeren ein erfrischend säuerliches Basilikum-Zitronen-Sorbet. Dazu Raspel von wohl gefriergetrockneten Tomate, sehr intensiv. Stark. Als Bett für das Kräuter-Eis diente gezupftes Fleisch von der Schneekrabbe (Gepulte Krabbe = pulled crab? Macht Sinn...). Sollte das tatsächlich anstelle von Burrata etc. weiße Farbe bringen? Geschmacklich hatte es das feine (teure) Krustentier jedenfalls denkbar schwer.
Zum nächsten Gang gab es einen südfranzösischen Maccabeu blanc von der Domaine Grier ins Glas. Ein Wein, den ich erst zum zweiten- oder dritten Mal getrunken habe. Er hatte einen leichten, angenehmen Petrolton und eine gute Struktur, die er beim hausgebeizten Müritzhecht
auch brauchte. Begleitet wurde der eher selten angebotene Süßwasserräuber von verschiedenen Gurken, Dillöl, Schmand und Avocado. Das war einerseits wunderbar schmackig, andererseits aber viel feiner, als es sich anhört und überraschend saftig. Wenn ein klassisches regionales Gericht modern abgewandelt wird, hat der Koch bei mir schon viel gewonnen.
Auch hier leider ein kleiner Wermutstropfen. Eine Gurke war mit Chili eingelegt und die Schärfe vertrug sich nicht sonderlich mit dem Wein.
Der nächste Streich ein Tatar vom regionalen Rind, begleitet von einem 2016er Badener Grauburgunder von Walz. Leider gewolft statt geschnitten; das Mundgefühl mag ich nicht so gerne. Geschmacklich aber tadellos. Herausragend die gebackenen Chips einer lila Kartoffel, die wirklich einmal deutlich nach Erdapfel schmeckten. Mit marinierten Streifen von roher Kartoffel, diversen Nüssen, Pfifferlingen, einer zurückhaltenden Vinaigrette, Blüten und Kräutern, besonders der (leider etwas zu sparsam eingesetzten) Schafgarbe präsentierte sich hier ein Potpourri von Geschmackskombinationen, Texturen und Farben, das mich äußerst zufriedenstellte
Wenn das Auge mit isst, konnte ich mich schon fast satt sehen.
Was schade gewesen wäre, denn mit dem nächsten Gang legte die Küche noch einen drauf
Und das fast ganz vegetarisch! Auf Wildkräutern ein perfekt wachsweiches Eigelb
in Panko ausgebacken. Dazu Brösel, die in ausgelassenem Fett des Kobefleisches super knusprig gebraten wurden. Als tolle Ergänzung erwies sich schwarzer Knoblauch. Schmackig wäre die Untertreibung des Jahres.
Nach soviel Umami tat etwas Erfrischung in Form eines Zitronensorbets wirklich gut.
Als Fischgang Wels, der mir durch asiatische Zucht-„Qualitäten“ lange verleidet war. Bei der hier servierten heimischen Ware war nichts von Wässrigkeit zu spüren, erst recht kein Anflug von Moder. Im Gegenteil, der knusprig überbackene Süßwasserbewohner überzeugte mit perfekt saftigen Biss, der noch Struktur hatte. Angerichtet auf einem ganz famosen knackigen schwarzen Piemont-Reis und begleitet von Paprikaconcassée und Fenchel als Velouté und Ragout mit Schalotten
Das hat Spaß gemacht.
Da der vorgeschlagene Grüne Veltliner nicht zu meinen Lieblingsweinen gehört, wich ich auf einen französischen Viognier aus.
Jetzt blieb nur die Frage, ob die Küche dieses starke Niveau würde halten können. Aber ja!
Das zu dieser Stunde selbst mir zu üppig aufgeschnittene Kalbfleisch war nicht weniger als fantastico
Knapp rosa und voll Fleischsaft, der feine Geschmack überwältigend gut. Schöne Röstung und eine ganz dünne Fettschicht. Das Ganze mit einem eindeutigem Bärlauchrisotto, der - reine Geschmackssache - einen Tick zu fest war. Dazu tolle kleine Pfifferlingen, eine wunderbar passende Beurre blanc mit Walnuss und - als die derzeit scheinbar unvermeidliche „einfache“ Zutat - Radieschen. Davon abgesehen, stimmte hier geschmacklich einfach alles. Ebenso wie beim 2012er Nahariesling Krone von Tesch.
Auf ein Dessert verzichtete ich zu Gunsten eines Graham‘s Port 20 years, der solo gedacht war. Aber Frau Mahn ließ es sich nicht nehmen, mir noch ein paar Mitbringsel aus Apt zu servieren
Und auch durch die Unterlage im Brotkorb grüßte die Provence ein letztes Mal an diesem Abend
Fazit:
Ganz hervorragend die handwerkliche Leistung der Küche. Umso bemerkenswerter, da Alexander Mahn am Abend nicht selbst mit am Herd stand. Die Ausführung war 100% gelungen und, dass ich mal nichts zu meckern habe, ist eher selten. Dabei ist mir auch sehr bewusst, wieviel Können, Konzentration und Akribie ein mehrgängiges Menü braucht. Gerade, wenn keine große Brigade der Sterneküche am Werk ist. Chapeau!
Meine wenige kritischen Anmerkungen bezogen sich daher ja auch auf einige Produkte oder Zusammenstellungen oder Kombinationen, die nicht ganz funktionierten. Aber das ist bei einem immer noch recht jungen Chef erst recht verzeihlich. Da wird ausprobiert und manchmal führt ein Weg in die Irre. Aber die Richtung stimmt - und wie!
Was bleibt nachzutragen?
Speisen 49€. Weine 18€.
Verrückte Welt.
Nach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château... mehr lesen
Mahn's Château
Mahn's Château€-€€€Restaurant034520369860Oleariusstrasse 4a, 06108 Halle an der Saale
4.5 stars -
"Uneingeschränkt empfehlenswert - unbedingt unterstützenswert!" DerBorgfelderNach meiner Premiere in Rostock war ich nun auch das erste Mal in Halle (Saale), hier aber bei sonnigem, wenn auch windigem Wetter. Im Altstadtkern stehen mehr Bausünden als erwartet, aber das 5-Türme-Panorama von Rotem Turm und Marktkirche ist schon pittoresk. Und vom Westportal sind es nur wenige Schritte zum ausgewählten Ort der abendlichen Gaumenfreuden.
Sternerestaurants sind ja in ganz Sachsen-Anhalt Fehlanzeige und auch sonst halten sich die einschlägigen Führer mit Empfehlungen stark zurück. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wird aber MahnS Château
Geschrieben am 27.09.2017 2017-09-27| Aktualisiert am
12.10.2017
Besucht am 30.08.2017Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 850 EUR
dachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts des Eingangs nur noch ein weiterer Tisch besetzt. (Von einem jungen Pärchen, das sich ganz offensichtlich auch ein Menü gönnte - wie schön, wenn Gourmets nachwachsen!). Im etwas schlichteren, gleichwohl stilvollen in schwarz gestalteten Bistrobereich war etwas mehr los. Hier lockten zunächst noch die geöffneten bodentiefen Fenster, aber letztlich war es doch zu kühl für einen quasi Außenplatz. Deswegen konnte ich auch die schöne, etwas verwunschene Terrasse mit Blick auf die reformierte Kirche nur kurz in Augenschein nehmen, geführt von Carsten, der mich mit Stammgastbonus selbstständig durch die stilsicher renovierten, teilweise rustikalen Räume und Gewölbe führte.
Alles in allem ein wundervoller, mit viel Geschmack eingerichteter Ort
hinter den mächtigen Sandsteinmauern in der sehenswerten Bentheimer Altstadt. Modern und doch ungemein einladend. Gegenüber dem schönen Altbau betreibt das Gastronomenpaar als weiteres Standbein einen kontinuierlich ausgebauten Weinhandel, wie mir sehr gute Kunden glaubhaft versicherten.
Da die Erinnerungen über die Uhrzeit etwas divergierten, hatte ich zuvor schon ein wenig länger dem Treiben auf dem Burgplatz zugeschaut. Die ganze Stadt war ob meines Besuches tief im Westen festlich geschmückt. Wie mag Carsten das hinbekommen haben? Und dem örtlichen Festkomitee als Grund für die rot-gelbe Wimpel-, Kranz- und Fahnenorgie auch noch das nur alle 5 Jahre stattfindende Schützenfest zu verkaufen. Dieser Teufelskerl!
War es doch überhaupt ein Zeugnis tiefer Herzensgüte, dem Bremer Strohwitwer gastronomisches Asyl in der Grafschaft an der niederländischen Grenze zu gewähren. Und damit gar keine Verlustgefühle aufkommen können, auch noch gleich eine wundervolle weibliche Begleitung in Person der nettesten Gattin (eigene stets ausgenommen) zu organisieren. Die in unserem Dreigestirn am Ende des Abends auch noch die Aufgaben Fahrerin (für den Gemahl) bzw. Stütze (für den Gast beim Fußmarsch zum Hotel) übernahm. Danke! Dass bei der angeregten Unterhaltung das eine oder andere Detail der vollständigen Ansage überhört oder später wieder vergessen wurde, ist hoffentlich zu verschmerzen.
Nach fröhlicher Begrüßung, Hausführung und Menüwahl (sieben Gänge für 139€, deren sechs für 10 Euro weniger) starteten die Rheiner Gourmetritter mangels heimischen Winzersekts mit einem Cava für 8,5€ das Glas. Ich wählte wie so oft weißen Vermouth, der für freundliche 5,5€ so schön wie lange nicht mehr im Martiniglas mit Eis und Zitronenschale serviert wurde
Der Dreiviertel-Liter Vilsa wird hier mit 6,9€ berechnet.
Bei den Weinen wusste ich ja, dass ich auf Carstens große Riesling-Begeisterung zählen kann.
Um die Vorfreude darauf noch etwas zu verlängern, sollte es zum Meeresgetier etwas Weißes aus dem Burgund sein. Der 2012er Chardonnay von François Mikulski war schwuppdiwupp geleert, da ja auch die Dame am Tisch im strafrechtlich unbedenklichen Rahmen mitnippte. Wir orderten einfach eine zweite Flasche.
Zu Geflügel und Schwein passte dann der 2015er Brauneberger Juffer Sonnenuhr Riesling vorzüglich, ein Großes Gewächs von Fritz Haag. Die Geschmäcker sind verschieden, für mich geht fast nichts über Mosel-Rieslinge (höchstens die von der Saar;-)).
Und zum Rind mal was Rotes, warum auch nicht? Der Alter Ego 2008, Zweitwein des Château Palmer, war trotz mustergültiger Dekantierung immer noch ein schlanker Jüngling, also wie gemacht für unsere Dreierbande.
Aber schon bald deckte sich der Tisch auch mit weniger flüchtigen Leckereien:
Drei selbst gebackene Brote
erfreuten mit knuspriger Kruste. Mischbrot einmal ohne Aromat, einmal mit Tomate und als mein Favorit leichtes Foccacia mit Thymian. Dazu griechisches Olivenöl und Butter
deren tomatige Variante mit gefriergetrockneten intensiven Raspeln begeisterte. Ebenso wie die aufgeschlagene Natur-Variante streichzart.
Weiter mit Snacks und Fingerfood:
- Caprese, hier als Mozzarellakugel eingehüllt in Tomatengelee mit Basilikumöl und etwas Balsamico
Schöne Version des Klassikers.
Dann drei Variationen einer Kombi, die ich etwas despektierlich "Protein mit Kohlenhydrat" nennen möchte:
Seeteufel-Ceviche auf Reiscracker.
Rindertatar auf weichem Mini-Bun.
Geflügelcurry in knusprigem Pumpernickel.
Ganz unterschiedliche Texturen und Geschmäcker, die jeweils dem Hauptdarsteller den Vorrang einräumten. Prima Start!
Als Küchengruß etwas Nordisches:
Fjordforelle auf Kartoffelmousseline mit Safranschaum. Begleitet von Wurzelbrunoises mit Kümmelnote, ein passender, wenn auch von mir wenig geschätzter Geschmack. Schließlich ein Wachtelei, das etwas flüssiger den Löffel wahrlich perfekt gemacht hätte. Aber es darf ja noch Luft nach oben bleiben.
Und los ging's im Menü mit
Hamachi Gurke Wasabi Soja
Als erstes fiel die schöne, frische Optik ins Auge.
Die Gelbschwanzmakrele wurde zum einen als leicht geflämmter Block gereicht, sehr japanisch. Ob es mehr Röstaromen hätten sein dürfen, darüber gingen die Meinungen am Tisch auseinander. Weiter als rohe flache Schnitte, die aufgerollt und mit einer frischen Crême fraiche gefüllt waren. Und schließlich als Tatar, das quasi die Unterlage für die meisten Gurken-Texturen und das cremige Wasabi-Eis darstellte. Kraft steuerte eine mit Sojasauce gefärbte Paste ähnlich einer Rouille bei und Crunch kam von zwei (abermals!) wunderbar knusprigen Cakes
Dazu eine zwar erwartbare, aber sehr passende deutliche Dillnote. Dem separat stehenden Quader aus den Kernen konnte ich die angekündigte Marinade leider nicht anschmecken; das war etwas simpel. Aber ansonsten war das ein stimmiger, gut austarierter Gang zum Einstieg, der gute Laune machte.
Als nächstes schickte die Küche
Rote Garnele Avocado Fenchel Passionsfrucht
Das Krustentier hat mich voll überzeugt, nicht nur wegen des erneut knusprigen Toppings. Die Passionsfruchtcreme steuerte genau die richtige Menge von sehr fruchtiger Säure bei. Und das vielleicht ganz leicht sahnige Tatar in einer Rolle von Avocadoscheiben
war genau das Küchenhandwerk, das ich auf diesem Niveau erwarte. Ich bin da eher klassisch unterwegs. Deshalb waren mir die Fenchelstreifen auch zu "einfach". Der Versuch, regionale Komponenten zum Zwecke der "Erdung" zu verwenden, trifft vielleicht den Zeitgeist, aber nicht meinem Geschmack (i.w.S).
Wir blieben kulinarisch weiter auf dem Wasser:
Seezunge Bison-Parmesan Guanciale Puffreis
Als wir noch überlegten, ob es denn solche mächtigen, gar nicht mehr platte Seezungen überhaupt geben könne, klärte uns Frau Duesmann schon auf: Zwei sehr saftige, bemerkenswert wohlschmeckende Filets waren leicht mehliert vorsichtig gebraten und dann aufeinander geschichtet serviert worden. Der keineswegs alles erschlagende Parmesan von Bisonmilch umschmeichelte den Edelfisch, der sich sogar mit etwas roter Bete gut vertrug. Die Krönung nicht nur im Wortsinn bestand aus Pinienkerne mit leichtem Röstaroma, dem erst bei wenigen Körnern schlappmachenden Puffreis und einer sehr dünnen, super-crunchy Scheibe des luftgetrockneten italienischen Specks. Allseitige Begeisterung!
Aber was um Himmels Willen war der kleine helle Bollen an der Spitze des Genießertürmchens? Auch etwas Gepufftes? Ausgebackener Hefeteig? Wir wissen es nicht mehr - Community hilf!
Den Wechsel zum Fleisch mussten Carsten und ich zunächst zu zweit bewältigen. Also nur für die Herren am Tisch:
Perlhuhn Nussbutter Lauch Kohlrabi
Die Brust war tadellos, aber nicht so toll wie der mit gerupftem intensivem Keulenfleisch gefüllte, ganz fluffige Raviolo!
Mit Nussbutter und einer Mousseline (Kartoffel/Kohlrabi/Lauch?) ein sehr schmackiges Vergnügen. Die Lauchsauce war unglaublich grün, aber geschmacklich zu eindimensional und undefiniert "gemüsig", dazu imho etwas übersalzen. Die kleinen Quader Kohlrabi sollen mariniert gewesen sein, aber für mich wieder zu simpel. Die kleinen Lauchringe dagegen knackig frisch und somit ein Gewinn.
Auf hohem Niveau ein Teller, der zwar völlig ohne Mängel, aber eben auch ohne Höhepunkt blieb. Der Verzicht durch die Genießerin am Tisch jedenfalls kein schwerer Fehler.
Ihr Wiedereinstieg gerade bei
Duroc-Schwein Karotte Kohl Senf
war schon fast ein Geniestreich. Auch ohne Berücksichtigung des berühmten Bentheimer Borstenviehs war das geschmorte Stück vermutlich aus der Backe sehr saftig, ohne zu weich zu sein. Für mich das Paradies die krossen Stücke der Haut, die separat zubereitet waren und das Fleisch wahrlich toppten.
Auch die Karottencrême sensationell, endlich mal nicht süßer Babybrei, sondern spicy u.a. von Ingwer. Darauf ein Block gelierte Jus mit Senfsaat, umami-Heaven.
Die Jus selbst intensiv reduziert, ohne zu salzig zu werden!
Und schließlich eine kleine Kohlroulade mit Gemüsefüllung
sehr stimmig, innen à point gegart, außen sogar noch angebraten.
Bester Teller des Abends für mich!
Letztes Hauptgericht dann
US-Beef Mais Cerealien Pfifferlinge
Das Fleisch aus Nebraska, es könnte Flanksteak gewesen sein, war ein Genuss. Ebenso die süße, geschmorte Zwiebel und die intensive Soße.
Die ebenfalls süßen, teils glatten, teils leicht stückigen Varianten einer Maiscreme haben mir mit ihrer geschmacklichen Eindeutigkeit ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht gezaubert. Auch die kleinen Pfifferlinge waren fein. Mit dem wohl eingekochten Emmer folgte Lars Keiling zwar dem Trend zu Ur-Getreidesorten, es schmeckte aber doch überwiegend so, wie eingeweichte Körner halt so schmecken
Der Hang zur Einfachheit auch hier für mich zumindest kein Mehrwert.
Das Pre-Dessert konnte mit gelber Wurzel, Tomate, Mandel und vermutlich Mozzarella fruchtige und süß-säuerliche Noten erfrischend vereinen
Die Korianderkresse, die ich hartnäckig für Estragon hielt, steuerte eine mir sehr angenehme leichte Parfümiertheit bei. Die ist aber nicht jedermanns Sache.
Danach trennten sich kulinarisch die Wege, eine Tischseite lechzte nach Süßkram
(und kann es sich figürlich auch leisten), während ich zum Abschluss mal wieder bei Affineur Waldmann naschte
Tomme de Savoy und natürlich Fourme d'Ambert sind besonders in Erinnerung geblieben, dazu schwarze Walnüsse und zweierlei Fruchtmus
Die kleinen dunklen Beeren hatten es mir angetan, aber zu diesem Zeitpunkt konnte ich Details nur noch eingeschränkt abspeichern. Vielleicht Berberitzen? Das Früchtebrot blieb im üblichen, guten Rahmen, das Nussbrot war dagegen etwas trocken
Der sehr schöner Maury 2002 als viel zu selten angebotene Alternative zum Banyuls kostete wie auch die weißen Dessertweine 8€.
Selbstverständlich wurden wir mit süßen Kleinigkeiten
u. a. dunklem Trüffel, Choco-Crossie-Eis
und fruchtigem Mus "rausgeschmissen".
Der begleitende Kaffee stand mit 3,5€ auf der Rechnung.
Den dazu angebotenen Grappa oder sonstige Brände verschmähten wir tapfer. Da ich am nächsten Morgen schon vor 07:00 Uhr wieder auf dem Weg aus den Grenzlanden sein wollte, hätten sonst evtl. Zweifel an meiner hundertprozentigen Leistungsfähigkeit bestanden.
Satt und überaus glücklich verließen wir schließlich diese gastliche Stätte. Auf dem Heimweg bereiteten wir eventuelle Anwohner fürsorglich schon mal auf die Stimmung beim kommenden Schützenfest vor.
Fazit:
Schrecklicher Gedanke, wenn ich den Abend alleine in Bremen geblieben wäre. Vermutlich hätte ich nur gut gegessen und teuer getrunken.
So aber war es der beste Besuch des Jahres in einem Sternerestaurant.
Was nicht nur am zugewandten Service lag und natürlich an der kreativen, handwerklich fast völlig fehlerlosen Küche des Keilings, die ich nach den vielen, gar nicht lückenlos dokumentierten "durchwachsenen" Erlebnissen endlich einmal uneingeschränkt genießen konnte.
Sondern vor allem an der warmherzigen, unterhaltsamen, witzigen Begleitung, die ich ohne Gastroguide niemals kennengelernt hätte.
Und daher auf das Keilings, auf meine wunderbaren Mitgenießer und besonders auf unser kleines Portal: HOCH! HOCH! HOCH!
dachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts... mehr lesen
Keilings
Keilings€-€€€Restaurant, Sternerestaurant05922776633Wilhelmstraße 9A, 48455 Bad Bentheim
5.0 stars -
"Bei Mutter Teresa und Marilyn Monroe zu Gast," DerBorgfelderdachte ich jedenfalls nach Carstens bisherigen Beschreibungen von Gina Duesmann, die als Restaurantleitung und Sommeliere zusammen mit ihrem Partner und Chefkoch Lars Keiling das gleichnamige Sternerestaurant in Bad Bentheim betreibt. Tatsächlich stellte sich Frau Duesmann als freundliche, ungemein fachkundige und großzügige Gastgeberin heraus, die uns mit unauffälliger Hilfe einer weiteren Kraft mustergültig versorgte. Auch für konstruktiv-kritische und angenehme Gespräche über Speis und Trank und Kritiker(un)wesen fand sich Zeit, war doch im ganz in Gold und warmem Holz gehaltenen Sternebereich rechts
Geschrieben am 18.09.2017 2017-09-18| Aktualisiert am
22.09.2017
Besucht am 30.06.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 427 EUR
Nach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine Regenfront herauf. Also schnellstens mit der Bergbahn zum Schloss, denn die Schlossweinstube von Holger Scharff führt seit längerem die örtliche Restaurant-Rangliste an.
Leider hatten wir einen schlechten Tag erwischt.
Service und Küche mühten sich nach Kräften, aber "stets bemüht" ist ja bekanntlich nicht die allerbeste Bewertung.
Dabei litt insbesondere die Crew in schwarz am krankheitsbedingten Ausfall des Sommeliers, so dass im ausreservierten Restaurant Mandy Habighorst allein mit zwei zum Teil noch sehr unbeleckten Azubis den Service stemmen musste. Ansagen kamen spärlich, Nachfragen nur gelegentlich. Später half in einem Feuerwehreinsatz Timo Wentzel mit, der nach gerade beendeten Weiterbildung an der renommierten Hotelfachschule demnächst die Restaurantleitung übernehmen soll. Da hatten wir aber auch schon mal eine Dreiviertelstunde auf einen Gang gewartet. Immerhin wurde jetzt die Stimmung entspannter und dem Gast zugewandter. Zuvor merkte man den Stress doch deutlich, ohne dass es zu wirklichen Ausfällen oder Fehlern gekommen wäre.
Die recht direkte Ansprache ("Die Weinkarte bin ich!") ist im Übrigen verständlich, kommt das Paar doch aus Bremerhaven, da weht schon mal ein rauer Wind...
Nicht in der Bewertung, aber doch sehr positiv zu erwähnen, ist das von vier Studierenden der Hotelfachschule initiierte Projekt "Hand in Hand". Spitzen- und Sterneköche lassen sich von den Heimatküchen geflüchteter Menschen inspirieren und kochen mit diesen zusammen in ihren Restaurants. Herr Wentzel schenkte uns am Ende des Tages ein Exemplar des daraus entstandenen, aufwändig gestalteten Kochbuchs, in dem freundlicherweise das gesamte Team der Schlossweinstube spontan unterschrieben hatte
Ein sehr netter, versöhnlicher Ausklang des Abends. Vielen Dank dafür!
Für die weiße Brigade zeichnete wohl Sous-Chef Stephan Haupt verantwortlich, der sich zu späterer Stunde für ein offenes Gespräch an unseren Tisch setzte. Zusammen mit dem Bemühen, nach schwierigem Start noch die Kurve im Sinne des Gastes zu bekommen, führt dies noch zu (wohlwollenden) 3,5 Sternen beim Service.
Bei der Tischwahl zeigte sich Frau Habighorst flexibel, wenn auch nicht begeistert. Der ursprünglich vorgesehene Platz befand sich im zweiten, etwas höher gelegenen Raum mit schönem Kachelofen. Hier waren mehrere Tische für eine Familiengesellschaft zusammen geschoben worden. Dadurch entstand ein ungemütliches "Loch" im Raum. Statt durch kleine Tische zu "füllen" wurde unser Tisch in die Ecke hinter die Gesellschaft gedrängt.
Der angekündigte Blick auf Stadt und Fluss scheiterte zudem am dichten Laub vor dem eh nur kleinen Fenster. Nach etwas Insistieren konnten wir dann trotz Ausreservierung in den Hauptraum umziehen. Wie sagt der Volksmund: Frühes Erscheinen sichert die besten Plätze!
Bei zwei Gläsern Pommery Rosé, einmal mit selbst angesetztem Sirup aus Oxalis-Klee zum interessant bittrigen Cocktail gepimpt (angenehme 10,5/13€), wählten wir aus dem nicht-vegetarischen Menü jeweils die Variante mit 7 Gängen zu 135€, dazu die Weinbegleitung für preiswerte 59€. Das "ordinäre" San Pellegrino schlug mit 8€, Kaffee und Espresso mit 4€ bzw. 3,5€ kräftig zu Buche.
Die zum Auftakt gereichten, ungewöhnlich unauffälligen Brotsorten
(immer ein schlechtes Zeichen) wurden von Fleur de sel, Chilisalz, Olivenöl und einer interessanten Basilikum-Limonen-Butter begleitet.
Die drei Aperós waren von unterschiedlicher Güte: Ein frischer Quark wurde mit intensivem Lammschinken serviert
litt aber darunter, dass das Knäckebrot als Träger jedenfalls bei meinem Happen schon etwas schlapp machte. Eine halbe Ofenkartoffel war mit Fichtennadelschaum (Lebt denn der alte...?) und rohem Champignon gefüllt
und hatte ein gewöhnungsbedürftig saures Geschmacksbild. Allein das ironisch à la Imbiss in Alufolie servierte Backhendl
war als panierter ausgebackener Quader einer Farce kreativ und geschmacklich überzeugend.
Als Amuse ein Stück recht saftige Hähnchenbrust mit einer eher diffusen Sauce an Alb-Linsencreme und roter Bete
Bieder.
Gänseleber Schweinebauch Pflaume - Schwarzwaldmiso
Die cremige Terrine war tadellos und funktionierte gut mit den roten Süßweinen. Alles andere war schwach, sehr schwach. Der glasierte Schweinebauch entpuppte sich als eine aufgerollte Aufschnittscheibe; saftig, aber nur ganz leicht süßlich, da habe ich dieses Jahr - ganz unabhängig von unserer Diskussion über die Wertigkeit dieses Stückes - viel klügere und besser ausgeführte Variationen erlebt. Ein Haselnuss-Chip war nicht crispy, sondern zäh, für mich in dieser Liga ein absolutes No-go. Tiefpunkt waren die Pflaumenscheiben, kaum Geschmack, schon gar nicht nicht nach der angekündigten (Schwarzwald?)-Miso und auch unnatürlich hart. Der Vergleich mit unreifer Supermarktware, wie man sie manchmal auf Hotelbuffets findet, drängte sich rein faktisch auf.
Ins Glas gab es als süße Begleitung wahlweise einen argentinischen Torrents oder Sweet Purple von Oliver Zeter. Beides gefiel.
Bayerische Garnele Pfirsich - Wasabikraut
Ein Lichtblick! Das Krustentier kam als (derzeit ja ungemein hoch im Kurs stehende) Ceviche. Wie immer beim kalt Gegarten von interessanter, eben ungewohnter Textur. Der Geschmack war nicht durch zu viel Säure beeinträchtigt und die süß-fruchtigen Aromen des marinierten Pfirsichs wie die kräuterig-scharfen Akzente (Chili, Senfsaat) gaben ein harmonisches Gesamtbild. Auch das Auge ruhte wohlgefällig auf dem Arrangement. Sehr schöner Teller.
Und wunderbar passend der Sauvignon Blanc von Oliver Zeter aus der Pfalz.
Gebratener Seidentofu mit zweierlei Tomate und Maiskuchen
Den vegetarischen Gang tauschte ich aus dem zweiten, insgesamt fleischlosen Menü ein. Während mein Sohn die vorgesehenen La-Ratte-Kartoffeln mit würzigem Bergkäse sichtlich genoss, erlebte ich den Reinfall (mindestens) des Abends. Die Tofuscheibe war teilweise bis zur ungenießbaren Bitterkeit verbrannt, keine Ahnung warum so ein Teller zum Gast geht. Einen Ersatz musste ich zudem ablehnen, hatte das Sojaprodukt keineswegs die glatte, an panna cotta erinnernde Konsistenz von Seidentofu, sondern die weiche Bröckeligkeit eines festen Tofus.
Der in Backpapier servierte Maiskuchen
war dagegen von sehr feiner Konsistenz und hatte eine schöne, an Karamell erinnernde Farbe. Nur leider war er so staubtrocken, wie Polenta überhaupt denkbar ist. Absolut kein Genuss. Beim späteren Fleischgang waren identische Beilagen vorgesehen, ich verzichtete dankend auf einen weiteren Versuch.
Irgendetwas muss in den 45 Minuten Wartezeit auf diesen Gang in der Küche furchtbar schief gelaufen sein.
Dementsprechend hab ich mir zum Pfälzer (?) Grauburgunder nichts weiter gemerkt. Er hat aber ganz und gar nicht wehgetan, wie überhaupt die Weinbegleitung sehr passend, qualitativ hochwertig und daran gemessen günstig war.
Die drei folgenden Gänge zeigten dagegen die Küche dann deutlich verbessert.
Taube Artischocke Speck - Estragon
Das Fleisch hervorragend weich (seit dem Elements weiß ich das zu schätzen), hier kam die Glasierung anders als beim Schweinebauch auch geschmacklich voll zum Tragen. Die Artischocken teils mit Kartoffeln kombiniert waren ein ungewöhnlicher, aber sehr interessanter Begleiter, mir gefiel z.B. die mit Creme gefüllte und mit Chips verschlossene Rolle sehr gut. Aber auch die Stücke, die à la barigoule geschmort wurden, was uns einen fantastisch "molligen" Fonds bescherte. Der Speck hier elegant als Schaum eingesetzt. Estragon setzte Geschmacksspitzen auf dieses sehr süd-französische Gericht.
Nicht nur regional passend der Rosé vom Château Miraval, der meinen Geschmack wirklich voll traf.
Fluss Zander Ebereschen - Weizengras
Ein guter Teller, ohne Höhen und Tiefen. Der Fisch war sanft gegart und saftig, nur leichte Röstaromen. Weizengras als Grießnocke, Saat (? Ich hab's für Buchweizen gehalten.) und Puder gaben mir nicht viel. Die Hippe mit Tatar schon mehr. Eberesche und gebratener Lauch steuerten nicht zu viel Säure und eine leichte Bitterkeit bei und etwas Schärfe war auch im Spiel. Aber wo war der Fluss?
Bei diesem angenehmen Gericht konnte der Moselriesling von Molitor also die Hauptrolle übernehmen.
Nebraska Flank Steak Tomate (Mais: Not again, my friend!) - Schafgarbe
Das Fleisch kam trotz der Gegenteiliges andeutenden, bemühten Schreibweise in nur einem, schmalen Stück und hat meine Vorurteile gegen den eher langfaserigen Schnitt völlig zerschmettert. Große Klasse, Struktur und Zartheit im idealen Verhältnis
Zudem mit leichtem Rauch versehen. Man erinnert sich an den Duft am Lagerfeuer mit Old Shatterhand, back in the old times... Maiskuchen würden wir alten Karl-May-Leser natürlich eher in den Pueblos von Texas und New Mexico vermuten, aber zum Thema Neue Welt hätten sie in der Tat gepasst! Wie auch die Beilagen im Übrigen. Wobei ich die zweierlei Tomaten nicht wirklich mit dem Rindfleisch zusammen bringen konnte. Die Schafgarbe mit dem Raucharoma schon eher.
Beim Wein hat sich Herr Wentzel dann wahrlich nicht lumpen lassen und mit einem Mersault 2008 einen weißen Kraftprotz ausgepackt. Der entschädigte schon für einiges, speziell nach der zweiten Runde...
Käse
Zum Abschluss Käse von Affineur Waltmann mit einem Jahrgangsport-Port 2003 von Ferreira. Natürlich beste Produkte auf dem Teller, aber auch nicht gerade ein kreativer Geniestreich der Küche. Fairerweise sei aber berichtet, dass die selbst gemachten Chutneys und die schwarzen Nüsse schon überzeugten. Das Früchtebrot ragte dagegen nicht aus dem Mittelmaß heraus - und so schloss sich der Bogen zum Beginn unseres fast vierstündigen Mahls, das neben vielen sonnigen Abschnitten doch überraschend viele trübe Momente hatte.
Für die Küchenleistung daher im Mittel 3 Sterne. Beim PLV dürfen die Schwächen nicht erneut bewertet werden, daher angesichts der Produkte etwas besser, aber auch keineswegs günstig.
Zur Nachbesprechung zogen wir dann zu Fuß den Berg hinunter in die Altstadt. Irgendwann in dieser Nacht hatten sich die Wolken endgültig verzogen, denn ich sah in früher Stunde ein helles Licht...
Nach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine... mehr lesen
3.5 stars -
"Dunkle Wolken über dem Schloss" DerBorgfelderNach einer verhauenen Klausur hatte ich das väterliche Gefühl, den Herrn Studenten mental stärken zu müssen. Außerdem galt es, Vorkehrungen für den zu erwartenden großelterlichen Besuch zu treffen. Also Kurztrip für eine Nacht ins feine Neckarstädtchen. Nachdem die körperliche Ertüchtigung mit Aufstieg zum und Gang über den Philosophenweg erledigt war, sollten die Grundlagen für eine lange Nacht in den studentischen Lokalitäten der Unteren Straße gelegt werden (Fachgespräche!).
Die Alte Brücke lag noch im Sonnenschein, aber den Neckar zog drohend eine
Ich sag's ja, läuft in der Fichtestraße: Ilona Scholl ist bei der Berliner-Meisterköche-Wahl zur Gastgeberin 2017 gekürt worden. Völlig zu Recht!
https://www.berlin-partner.de/hauptstadt-marketing/berlin-partner-veranstaltungen/berliner-meisterkoeche/
Restaurant Tulus Lotrek
Restaurant Tulus Lotrek€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03041956687Fichtestraße 24, 10967 Berlin
stars -
"Berliner Gastgeberin 2017" DerBorgfelderIch sag's ja, läuft in der Fichtestraße: Ilona Scholl ist bei der Berliner-Meisterköche-Wahl zur Gastgeberin 2017 gekürt worden. Völlig zu Recht!
https://www.berlin-partner.de/hauptstadt-marketing/berlin-partner-veranstaltungen/berliner-meisterkoeche/
Geschrieben am 18.08.2017 2017-08-18| Aktualisiert am
14.01.2021
Besucht am 12.07.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 87 EUR
Es gibt Momente, die ihre Magie haben.
Der Augenblick, als ich hier fast auf den Tag ein Jahr nach seinem Tod Wolfram Siebecks Klassiker über die besten Bistros von Paris aus einem wilden Stapel antiquarischer Kochbücher zog und mich der Gedanke überfiel: Ja, hier hätte er gerne gesessen, der große Geschichtenerzähler unter den Kritikern!
Sei es der schöne Fliesenboden, das schmiedeeiserne Geländer um die Galerie, die vielen Accessoires, das fröhliche Stimmengewirr der gemischten Gästeschar, der flitzende Service, die kleine, aber passende Weinauswahl oder natürlich die vermeintlich einfachen, aber so vorzüglich ausgeführten Gerichte:
Alles, wirklich alles, was ein Bistro ausmacht, ist hier auf fast wunderbare Weise versammelt!
Und wie in jeder magischen Geschichte gibt es den einen Menschen, der alles zusammenhält, diese Welt gar erschaffen hat, sich durch ihre zahllose Fährnisse kämpft und es doch gar nicht anders haben will. Das ist Frank Reinshagen, Inhaber, Chefkoch und an diesem Abend - bei voll besetztem Laden - auch noch einzige Servicekraft des albert & emile. (Einen echten und berührenden Text darf lesen, wer auf die Homepage geht, sich kurz an den sakura erfreut und über einen Klick auf den Kochlöffel zum Unterpunkt Philosophie gelangt. Und keine Angst: Von den Marketing-Hülsen aus Berlin-Mitte etc.. ist das soweit entfernt, wie die Lebensmittelindustrie von sauberen, gesunden Produkten...)
Im Laufschritt ging es für ihn an die Tische und die Treppe hinauf und hinunter. Von der nicht nur im Netz sehr zweischneidig bewerteten Servicekraft (Arbeitstier mit dem Charme einer HO-Verkäuferin) habe man sich zumindest bis zur Weihnachtszeit getrennt. Also musste der Chef selbst und für eine Gruppe auch die zweite Köchin ran. Da bekamen die Stammgäste, die eher ungelegen herein schneiten, schon mal die Weinflaschen mit Korkenzieher auf den Tisch gestellt. Aber das tat der Stimmung keinen Abbruch - im Gegenteil!
Und wie trist hatte der Abend doch begonnen, als der geplante Stadtbummel bei meinem Premierenbesuch in Rostock dem grauen, regnerischen "Sommer" zum Opfer gefallen war. So wie auch das ursprünglich geplante, ausgedehnte Abend-Menü im besternten Butt in Warnemünde der nicht abzulehnenden, geschäftlichen Mittagseinladung in die Hamburger Brasserie Flum (Empfehlung!) am selben Tage.
Nachdem sich das hoteleigene Weinbistro als mäßig heraus gestellt hatte (vor allem bei den Qualitäten; bei den Preisen eigentlich weniger), machte ich mich auf gut Glück ins a&e auf, das in einem behutsam renovierten Lagerhaus aus dem 16. oder 17. Jahrhundert residiert.
Schon beim Eintritt sah ich, dass es knapp werden würde und in der Tat war kein Platz mehr frei. Außer einem kleinem Not-Tisch vor der Theke, der der Dekoration oder dem Abstellen von Speisen dient oder vielleicht noch einer kurzen Wartezeit, bis ein reservierter Tisch eingedeckt ist. Aber für einen ganzen Abend? Ich zögerte sichtlich - und hörte zum ersten Mal wie der Chef eigentümlich leise, fragend, fast zu sich selbst sprach: "Oben kommt wohl nicht in Frage... eigentlich heute nicht vorgesehen... nicht eingedeckt... Sie können ja mal schauen..."
Was hatte ich zu verlieren? Über die hölzerne Wendeltreppe gelangte ich in ein Stapelgeschoß, einer sehr breiten Galerie vergleichbar, zu dem in vergangene Jahrhunderten die Waren durch eine große Deckenaussparung in der Mitte des Hauses emporgezogen wurden.
Die höheren Geschosse sind inzwischen durch eine komplett eingezogene Decke von innen nicht mehr erreichbar, auch die Wendeltreppe endet abrupt.
Rund um das schöne Galerie-Geländer stehen verschiedene einfache Tische mit unterschiedlichen Holzstühlen. Von Bistro bis Wohnküche, einfach, rustikal, passend zu den groben Holzbohlen des Bodens und den gelben Ziegeln der Wände mit vielen Fotografien. Es war offensichtlich, dass auf der Galerie keine Gäste erwartet wurden. Die Garderobe der kleinen Mannschaft hing hier, auch ihre Fahrräder standen an der Seite. Im großen Schrank wird wohl die Tischwäsche gelagert, eine Decke lag auf dem Bügelbrett, der Haufen daneben wartete noch auf das Eisen. Ich probierte mehrere Plätze und entschied mich aufgrund der Lichtverhältnisse schließlich für einen Vierertisch am Fenster, was auch der genehmen Frischluftzufuhr zugute kam. Selbst ist der Gast! Außerdem lachte mich die rot-weiß karierte Tischdecke so französisch-kokett an...
Eine Karte gibt es nicht. Später sah ich unten die Tafel mit einer Tagesempfehlung. Der Chef machte einfach Vorschläge und schätzte die Reaktion ab. Je nach Gesichtsausdruck wurden sofort Alternativen hervor gezaubert, manchmal auch nur ein leises "Ich überleg mal..." So kam ich in den Genuss eines Überraschungsmenüs, ganz nach meiner Stimmungslage. (Die dafür abgerechneten 39€ sind gar nicht mehr zu bewerten. Und doch ähnlich in Halle (Saale) zu finden oder in Aue, wenn ich die Notizen bei Tisch richtig verstanden habe.)
Wenn man sich darauf einlassen kann, ein sehr faszinierendes Wechselspiel zwischen Koch und Genießer.
Der leise Jazz passte hervorragend zu diesem libertären Ansatz. Auch die bewusst schlichten Gläser, Geschirr und Besteck.
Als Aperitif fragte ich nach einem Pastis, aber mit einem "...Was besseres...vielleicht mal probieren..." gab es einen gekühlten Pommeau de Normandie, ein mit Calvados aufgespriteten Apfelsaft. Für mich Neuland, zwischen süß und bitter changierend, leichte Säure, viel Frucht. So sehr nach meinem Geschmack, dass ich den nicht unerheblichen Rest der Flasche auch als Digestif genoss (12€ für 3-4 Gläser).
Das Menü begleiteten zunächst ein fruchtiger Crêmant de Loire (6€) aus dem schön beschlagenden Weißweinglas. Danach überzeugte mich die zunächst eingeschenkte weiße Naturwein-Cuvée von der Domaine Mosse im Anjou leider nicht. Sofort kam ein klassisch zupackender Sancerre der Domaine Tabordet als Ersatz. Keine Überweine, aber mit Verstand gewählte solide Qualitäten (je 7€, großzügig ein- und nachgeschenkt).
Als Wasser Rheinsberger Preußenquelle, mit 4,5€ für den halben Liter das einzige "teure" Produkt.
Zum Start gab es ein zu dieser Abendstunde überraschend knuspriges Baguette, dazu Fleur de sel und Olivenöl mit Lavendelblüten.
Es folgten zwei kleine frische Teller:
Einmal ein fruchtiger Salat aus Tomaten, Kumquat, Melone und Johannisbeeren mit Kräutern (Petersilie, Schnittlauch, Basilikum), Schalottenwürfeln und Senfkörnern.
Dieser säuerlich-fruchtigen Geschmacksbombe stand ein Teller mit frisch gekochten, knackigen grünen Bohnen zur Seite, denen ausgebackene Knoblauchscheiben, Bohnenkraut und frischer Zitronenabrieb eine kräftige Abrundung gaben.
So einfach - so perfekt. So muss Sommer auf den Teller!
Als Zwischengang ein genialer Streich: Auf dem hölzernen Schneidebrett wurde mir eine hausgeräucherte Mettwurst angeboten, die Schnittfläche noch mit Fett "versiegelt".
Dazu ein scharfes Messer und dann nach Appetit ran an die recht magere Wurst. Aber nichts geschieht hier ohne Raffinesse. Als Begleiter zur würzigen Wurst eine ebenso opulente wie rustikale Mischung von Artischocke, Pfifferlingen, Malvenkapern, frischen Erbsen, schwarzen Oliven und Kräutern. Dazu eine Peperoni. Da grüßte das ländliche Frankreich! Dieser Salat stand in seiner "einfachen" Größe keinem Teller der Sterneküche nach.
Obwohl man die wohl auch könnte, wenn man (noch) wollte:
Als Fischgang Filet einer Müritz-Maräne, als Roulade gefüllt mit Lorbeer, Schalotten, vielleicht etwas Dörrobst, jedenfalls erhielt der zarte, sehr saftig gebratene Fisch eine süßliche Note, die perfekt mit der leichten Bitterkeit der ausgebackenen Kürbisblüte kontrastiere.
Allein, hier waren ungewöhnlich wenig Komponenten und Geschmacksrichtungen kombiniert. Was mir auf Rückfrage auch von Herrn Reinshagen bestätigt wurde, aber die eigentlich vorgesehene Kapern und frittierte Petersilie seien dem Stress des für zwei Personen übervollen Lokals zum Opfer gefallen. Ob bewusst oder vergessen, blieb offen; ich tippe auf Letzteres. Hier müsste es Abzug geben, denn was der Chef annimmt, muss er auch leisten können. Aber wie ungerecht wäre das denn? Waren die Ergebnisse doch auch so top, die Wartezeiten bei wohl 25 Gästen und nur zwei Personen, die Küche uns Service gewuppt haben, völlig angemessen! Und bei der eigentlich notwendigen Begrenzung der Gästezahl hätte ich ja nie dieses Kleinod erleben dürfen! Welch furchtbarer Gedanke.
Auch der Fleischgang ganz vorzüglich: Ein großes Stück Tafelspitz.
Mürbe, zerfallend und aus einer Bouillon, die so intensiv nach Rindfleisch schmeckte, dass ich mich nicht zurückhalten konnte, das kleine Kännchen auf wenig feine Art zu leeren. Zu diesem Zeitpunkt war ich aber auch schon wieder alleine im Obergeschoss. Als Beilage Wurzelgemüse und Salzkartoffeln, die auch danach schmeckten, was sie waren. Das ist ja schon eine positive Feststellung. Sehr gut wieder die selbst gemachte Remoulade und Meerrettich-Sauce.
Inzwischen war die Nacht herein gebrochen und auch das Erdgeschoss hatte sich weitgehend geleert. Eine zufriedene Mattigkeit bei Crew und Gast - warum den Chef nun noch zu Klettertouren zwingen? Ich wechselte nach unten an einen Tisch nahe der Theke und bat nur noch um etwas Käse. Auch hier wurde das Angebot regionaler Händler einfach auf einem Brett präsentiert. Wir diskutierten die Reifegrade und ich nahm mir nach Gusto Sorten und Menge (abgerechnet wurden 12€). Dazu Trauben, Feigen- und Quittenhonig sowie ein vorzügliches, zugekauftes Früchtebrot mit schön rescher Kruste.
Zwischendurch brachte die Leiterin des örtlichen Institut Français Gewürze aus der Heimat vorbei. Wie alles, auch dies stimmig.
Ein kurzer Besuch des WC ließ mich zwar sehr authentische Details entdecken
doch insgesamt war es hier doch etwas zu französisch-einfach. Zusammen mit dem gar nicht permanent staubfrei zu haltenden, überbordenden Interieur muss es bei aller Begeisterung doch Abzüge geben.
Als ich wiederkam, hatte Herr Reinshagen mir statt des Siebeck eine kleine Nachtlektüre an den Platz gelegt
Und so beschrieb ein anderer die Magie des Abends auf das Beste:
Es gibt Momente, die ihre Magie haben.
Der Augenblick, als ich hier fast auf den Tag ein Jahr nach seinem Tod Wolfram Siebecks Klassiker über die besten Bistros von Paris aus einem wilden Stapel antiquarischer Kochbücher zog und mich der Gedanke überfiel: Ja, hier hätte er gerne gesessen, der große Geschichtenerzähler unter den Kritikern!
Sei es der schöne Fliesenboden, das schmiedeeiserne Geländer um die Galerie, die vielen Accessoires, das fröhliche Stimmengewirr der gemischten Gästeschar, der flitzende Service, die kleine, aber passende... mehr lesen
Restaurant Albert & Emile
Restaurant Albert & Emile€-€€€Restaurant, Brasserie03814934373Altschmiedestraße 28, 18055 Rostock
5.0 stars -
"Märchenhafte Bistroküche mit Pfiff" DerBorgfelderEs gibt Momente, die ihre Magie haben.
Der Augenblick, als ich hier fast auf den Tag ein Jahr nach seinem Tod Wolfram Siebecks Klassiker über die besten Bistros von Paris aus einem wilden Stapel antiquarischer Kochbücher zog und mich der Gedanke überfiel: Ja, hier hätte er gerne gesessen, der große Geschichtenerzähler unter den Kritikern!
Sei es der schöne Fliesenboden, das schmiedeeiserne Geländer um die Galerie, die vielen Accessoires, das fröhliche Stimmengewirr der gemischten Gästeschar, der flitzende Service, die kleine, aber passende
Geschrieben am 02.08.2017 2017-08-02| Aktualisiert am
05.08.2017
Besucht am 22.03.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 190 EUR
Bis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden musste, hatte ich auch noch nicht. Immerhin wird der Betrieb während der Eigenverwaltung bisher aufrecht erhalten, hoffen wir also das Beste.
Die Anreise per Taxi vom Hauptbahnhof bis ins Villenviertel Weißer Hirsch dauerte reichlich 20 Minuten und wie gewohnt hatte leichter Regen eingesetzt. Das schön renovierte Eckhaus aus der Kaiserzeit beherbergt im Hochparterre Kochschule und Deli, beide am Abend natürlich geschlossen und dunkel sowie die Weinbar, in der ich allerdings auch kaum Gäste ausmachen konnte. Immerhin begrüßte mich recht bald eine charmante junge Dame mit Namen und begleitete mich vom beeindruckenden Entrée des Hauses in die Bel Etage. Im hintersten Winkel plauderte zunächst noch leise ein Pärchen, ansonsten war der Raum menschenleer. Auffällig die schokobraunen Wände mit zurückhaltendem Bildschmuck. Auf dem dunkleren Holzparkett standen bequeme weiße Holzstühle mit Armlehnen und kräftig lilafarbenen Bezügen
Die ebenfalls weiß lackierten Tische waren sparsam eingedeckt. Dazu klang unerklärlich dumpf eine sphärische Gitarre aus dem Lautsprecher. Kein Raum, den man als bald einziger Gast spontan mit Gemütlichkeit, mit einem entspannten Ankommen und Zurücklehnen verbunden hätte. Zwar auch nicht mit Kühle, dagegen wirkten die Farben, die bürgerliche Architektur des mehrfach optisch unterteilten Raumes und der Blick auf den kleinen Platz vor dem Haus. Aber ohne Menschen spürte ich stark die Künstlichkeit der Gestaltung, wie in einem teuren Möbelhaus oder einem Hochglanzmagazin für Innenarchitektur. Sehr ästhetisch, schon. Aber ich denke, dass sich seit der Eröffnung vor 10 Jahren der Publikumsgeschmack gedreht hat, wieder zurück zum Vertrauten, Heimeligen, Sicherheit Gebenden. Vielleicht nicht umsonst waren die Ledersessel im Elements weitgehend besetzt gewesen.
Umso wichtiger natürlich das Personal. Gastgeberin Tina Buchmann, die später den Service übernahm, war freundlich, plauderte auch ein wenig und versah ihren Dienst ohne Fehl und Tadel. Sommelier Shazad Talukder dagegen agierte am Beginn des Abends zwar mit professioneller Höflichkeit, aber deutlich reservierter und war auch über meinen Wunsch nach nicht-alkoholischen Getränken eher enttäuscht. Manches musste ich erfragen oder gar selbst vorschlagen. Ambition sieht anders aus. Aber wer weiß schon, was das Team zu diesem Zeitpunkt vom drei Wochen später gestellten Insolvenzantrag wusste oder ahnte. Ich will auch gerne zugeben, dass es nach dem überaus herzlichen Charme von Ilona Scholl im Tulus Lotrek jeder Service schwer gehabt hätte... Jedenfalls konnte ich meine edle Einsamkeit zu den esoterischen Klängen weidlich ausleben. Hier hätte ich die angebotene Lektüre annehmen sollen. Hatte ich aber nicht und so konnte ich mich den Leistungen der Küche widmen. Der schwäbische Hansdampf Stefan Herrmann war nicht im Haus. In der Küche schwang Marcus Langer das Zepter, der auch kurz an den Tisch kam.
Noch vor den Karten wurde ich mit dreierlei vom Chicorée begrüßt:
Auf dem Probierlöffel gehacktes und confiertes rotes Blatt gemeinsam mit Kumquat, als ebenfalls confierte Frucht, gefüllt mit Gel und mit einem Chip als Deckel
Etwas unausgewogen, weil ja auch die Zwergorange Bitterkeit mitbringt, zudem war der Chip sehr hart geraten.
In einem weißen Chicorée war eine Misomayo angerichtet und einige gelbe Krümel, auf Nachfrage fermentierter Pfeffer
Das war nichts. Die Zichorie wässrig und die Kugeln klebten unangenehm an den Zähnen fest. Wenn das die Normalausführung ist, verstehe ich den Sinn nicht.
Schließlich Süppchen und Schaum von Chicorée und Parmesan
War geschmacklich recht nichts sagend, aber wenigstens fehlerfrei ausgeführt.
Für die Menüauswahl hatte ich mir einen "gemüsigen" Alkoholfreien gewünscht. Natürlich hatte ich an die schöne Mischung im tulus lotrek gedacht. Hier blieben Gurke, Minze, Zitrone und Minze aufgefüllt mit viel Soda recht blass. Aber auf Zuruf ist ein guter alkoholfreier Cocktail, zudem nicht die übliche fruchtige Variante, eben gar nicht so leicht. Daher keine Kritik, aber eben auch kein Pluspunkt.
Auf dem Menüplan "mit" (Fleisch/Fisch) standen
KALB
BRETONISCHE MAKRELE
KÖNIGSKRABBE
(Kein SKREI - Ende März muss doch mal Schluss sein mit Winter-Kabeljau), dafür
VULKANSPARGEL
OCHSENMAULSALAT
MIÉRAL TAUBE
ROHMILCHKÄSE
7 Gänge für 149€. Kein Schnäppchen. Dafür die Getränke günstig. Aperitif 2,5€, Weizenbier (alk.frei) 3,5€, Prisecco von Jörg Geiger 15€/0,375l, aber nur eine von zwei Flaschen berechnet. Leitungswasser for free.
Zunächst grüßte die Küche nochmals:
Zum einen mit gepufftem Buchweizen, Olivenölperlen und Avocadocreme. Serviert auf einem knusprigen Stück Knäckebrot, das als Wippe über einen kleinen Salat gelegt war
Hübsch fürs Auge. Aber nicht am Gaumen: Was süffig klingt, hatte eine undefinierbare, überlagernde Säure. Das Brot war halt ein Knäckebrot, geschmackliche Extravaganzen Fehlanzeige. Mehr schöner Schein als harmonisches Sein.
Da war das Duett von Petersilie schon deutlich gelungener. Öl und Gel vom grünen Blatt, Crême von der Wurzel
Mit etwas knusprig Unerkanntem und anderem kleinen Beiwerk in einer halben Hippe elegant serviert, war ich schon überzeugt. Hier wäre nur noch ein wenig Salz ebenso ein Gewinn gewesen und etwas Säure, denn die angekündigte Fingerlime waren völlig untergetaucht.
Auch die inzwischen mit einer angenehm streichfähigen, eindeutigen Nussbutter auf warmem Schiefer gereichte Brotauswahl
war nicht über Kritik erhaben. Die kleinen Baguettestangen hatten einen zu schweren Teig, der zudem stramm gesalzen war. Viel besser das grobporig-luftige, intensive Kümmelbrot. So geht's. Dass ich Kümmel nicht mag, hatte zwar etwas von "Tragik", war aber beileibe nicht Fehler des Hauses.
Zum ersten Gang gab es einen Prisecco von unreifem Apfel und Eichblättern. Die angenehme Säure hatte wohl durch das Eichenlaub (ohne Schwerter) einen leichten Barrique-Anklang. Interessant, was alles geht!
Mit dem Kalbstartar ließ die Küche endlich den Motor aufheulen. Das genau angemachte handgeschnitte Fleisch versteckte sich optisch fast unter einer ganzen Reihe von sehr guten Tellergenossen
von denen der Perigordtrüffel (eingelegt gehobelt und als Crême) nicht wie im Caroussel unangenehm hervorstach. Mehrere Beten und sehr kreativ mal Pistazie (Nuss, Crême, Sand) funktionierten und kleine Würfel der roten Knolle in einer Gelperle waren auch handwerklich erste Sahne. Eine tolle Überraschung waren zudem Chips von der Kälberhaut. So sollte es weiter gehen!
Und ging es auch.
Die gebeizte Makrele war auf der Hautseite leicht geflämmt, fleischig und traumhaft zart
Best ever. Ganz regional wurde dazu die bretonische Roskoffsauce angegossen. Ob das ergänzende Kräuteröl nun wirklich per Pipette dazu gegeben werden muss? Macht jedenfalls hübsche Punkte in die Sauce und gepasst hat es auch. Ebenso wie die erfrischende Spitze von Zitrone und schließlich die Süßkartoffel, die das Fett stimmig einband. Und auch hier noch eine Reihe weiterer Zutaten, die teils geschmacklich, teils mit ihrer Textur diesen opulenten Teller perfektionierten.
Das folgende Krebsfleisch war qualitativ tadellos
Die Stücke waren fest im Biss und ein Tatar mit Saiblingskaviar und Holunderblüten-Gel sehr ausgewogen mit feiner Frucht. Die am Tisch angereichte Holundervinaigrette konnte nichts daran ändern, dass ich mit den Radieschen und dem halben Eiszapfen wenig anfangen konnte. Zu nature, zu fest, irritierend die säuerliche Note zum nussigen Eismeerbewohner. Crême und Chip von dunklem Sauerteigbrot schmeckten besser, ließen mich aber ein wenig rätseln: Sollte das eine Variation eines Krabbenbrots sein? Nicht ganz das exzellente Niveau der beiden vorherigen Gänge.
Es folgte der eingetauschte vegetarische Gang. Kein Fehler!
Puntarelle kombiniert mit Variationen vom Champignon(!) und Mimolette. Das bestellte Weißbier passte hervorragend. Die leicht bitteren Spitzen und aufgeschnittenen Stangen waren mit einer Pilzcrême gefüllt. Zusätzlich kamen die Champignons auch roh, angebraten und als interessante Sülze auf den Teller. Wie häufig bei vegetarischen Komponenten musste man aufmerksam sein und wurde dann von den Nuancen überrascht. Von dem typisch orangen Käse gäbe es ausgestrichenen, gebackenen Bruch sowie eine recht flüssige, am Tisch aufgegossene Sauce, die alle Zutaten harmonisierte. Stimmiger Teller. Der Vulkanspargel hielt, was ich mir erhofft hatte.
Nur die Präsentation der Sülze gefiel mir gar nicht, die Assoziation eines Regenwurms war einfach übermächtig.
Als nächstes kam ein Klassiker aus der Heimat des Chefs in einem schönen neuen Gewand
Das Ochsenmaul wurde nicht blättrig, sondern stückig geschnitten serviert. Noch leicht warm mit Brunoises von Karotte und rosa Roskoff-Zwiebeln in einer Krone von Zwiebelabschnitten. Abgedeckt mit einem Tapiokachip, in dem Senfsaat eingebacken war. Zusätzlich wurde eine leichte Senfcrême und eine separate Senfpraline gereicht, jeweils mit kleinen Zwiebeln. Feine Säure, die dem zarten Fleisch Raum ließ und angenehme Schärfe. Die Zwiebeln süßlich, auf den Punkt gegart und zusätzlich angeröstet. Der Chip knusprig, ohne zu hart zu sein. Da stimmte alles.
Eine Erfrischung wurde nicht angeboten.
Nach einer kleinen Pause
ging es daher mit der Bresse-Taube aus dem Hause Miéral weiter, die in zwei Durchgängen erfreute.
Zur Taubenbrust
erhielt ich ein scharfes Messer
Fleisch wie Werkzeug um Längen besser als im Elements. Die (überwiegend) zarte Haut ließ sich problemlos schneiden, das Fleisch der zwei klassisch geschnittenen Tranchen war saftig und von angenehmer Textur. Couscous mit ganzen Kichererbsen, Lakritzsauce und Spitzkohl in verschiedenen Varianten schafften höchst interessante geschmackliche Kombinationen, auf die mit Granatapfel fruchtig-säuerliche Highlights gesetzt wurden. Die etwas klebrige Platte überzeugte am wenigsten, die kleine Kohlroulade mit Taubenfleischtatar am meisten.
Kümmel und eine rote Gewürzmischung, die eher an Curry als an Ras-el-hanout erinnerte, vervollständigten den gelungenen Ausflug in den Orient.
Als zweiter Teller ein süffiger Sud von der Taube
Ein Raviolo war mit Herz und Leber gefüllt.
Dazu Spitzkohl nach Art eines Sauerkrauts mit kleinen Fleischstückchen. Der Winter wurde standesgemäß verabschiedet!
Die Küche wartete dann noch mit einem ungewohnten Anblick auf, als ein Taubenbein im Ganzen
also von Schenkel bis Kralle auf den Teller kam. Wohl gebacken und lakritzig-süß lackiert jedenfalls ein Genuss für den Gaumen. Dazu ein Klecks Hummus.
Auch die Prisecco Kirsche-Paprika-Rote Bete von Geiger hat sehr gut gepasst.
Das war ein Fleischgang, der mir großen Spaß gemacht hat!
Zum Abschluss standen Rohmilchkäse aus Sachsen zur Auswahl. Regionalität ist löblich und sollte - mit Augenmaß - unterstützt werden. Daher nur die Feststellung, dass die Franzosen in Sachen Käse noch lange unerreicht bleiben werden (in der Breite, Ausnahmen bestätigen die Regel). Ich wählte fünf Sorten
drei von der Ziege, die übrigen aus Kuhmilch. Die kräftigen Exemplare gefielen, die milden drifteten in Belanglosigkeit ab.
Was auch deshalb auffiel, weil sowohl das Früchtebrot eine gute Qualität zeigte, als auch die Fruchtzubereitungen Brombeere/Whiskey/Birne und Rosmarin/Feige/Pekannuss.
Das war's denn. Auf süße Rausschmeißer musste ich verzichten.
Es war ein schwieriger Abend in Dresdens Nobelviertel.
Die Küche im bean&beluga kann was. Wirklich was, das war an einigen Gängen deutlich zu erkennen. Aber sicher auch mehr, als sie an diesem Abend auf anderen Tellern zeigte.
Obwohl lange letzter Gast, hielt mich wenig am Ort des Geschehens. Das Personal hatte mit sich selbst zu tun. Das Angebot, ein Taxi zu rufen, nahm ich gerne an. Auf Begleitung aus dem Obergeschoss zur Türe verzichtete ich. So konnte ich nochmals durch die gleichsam im Dornröschenschlaf liegenden Räume wandeln.
Hoffen wir, dass die Dornenhecke wirtschaftlicher Probleme durchschlagen wird und viele gut gelaunte Gäste die Villa wieder in ein Schloss rauschender Gourmetfeste verwandeln.
Bis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden... mehr lesen
3.5 stars -
"Drei Sterne über Dresden: Schwanengesang?" DerBorgfelderBis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden
Geschrieben am 20.07.2017 2017-07-20| Aktualisiert am
21.07.2017
Besucht am 18.07.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 189 EUR
"Nämlich Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!"
Ja, so schnell kann's gehen...
Durch eine Kurzkritik des klugen Julien Walther (www.troisetoiles.de) war ich auf das Izakaya im neu eröffneten Sir Nikolai Hotel in der Nähe der schlanken Katharinenkirche aufmerksam geworden. Ein Blick in die inzwischen auch zweisprachige Internet-Karte, die noch exakt den in weiches Leder gebundenen Exemplaren vor Ort entspricht, hatte mir zudem offenbart, dass hier keineswegs eine Kneipe mit mehr oder weniger großem Speisenangebot wartet. Sondern ein veritables, stylisches Restaurant, das nicht nur klassische japanische Sushi und Sashimi anbietet, sondern - ohne erkennbaren Hinweis, quasi "under cover" - Nikkei-Cuisine, also japanisch-südamerikanische Fusion.
Nikkei in Hamburg, da war doch was....
Nun, normalerweise bin ich stets für Abwechslung, jedenfalls bei meinen Restaurantbesuchen. Indes, ein kleiner Gedanke kämpfte sich aus dem Unbewussten hoch und aus dem Augenwinkel checkte ich die Karte:
Flunder-Tiradito, Softshellcrab-Tempura, Toro-Sashimi, Schweinebauch, Lamm-Chops vom Robata-Grill, Nigiri sowieso. Tatsächlich - vom Dessert abgesehen (das mittags eh dem nur kleinen Hunger zum Opfer fallen muss) könnte man das Menü aus dem Nikkei Nine komplett nachstellen. Einschließlich weißem Port, aromatisiertem Bier und Sparkling Sake. Sogar die südafrikanische Rotweincuvée hat der Großhändler auch hier platziert. (Nee, soweit geht die Verrücktheit dann doch nicht! 10€ für die 0,15l Pfütze übrigens auch hier der irreale Preis.)
Die Arbeitsbelastung gerade im Sommerloch, das Zugticket hin und zurück einiges preiswerter, als die einfache Taxifahrt von Schwerin nach Wendorf... Schon betrat ich das edel-modern gestylte Hotel, dem man die erst kürzlich erfolgte Eröffnung noch anmerkt: Kein Hinweis auf das Restaurant, auch die Top-Toiletten
sind nicht ganz leicht zu entdecken, das Personal muss sich noch finden und stimmt viel untereinander ab. Der Gast stört dabei nicht, aber mittags ist es ja eh meist etwas lebhafter, passte schon.
Ganz anders als im Nikkei sind die Räume heller, was einerseits an den bodentiefen Fenstern zum Nikolaifleet liegt, andererseits am komplett verglasten Innenhof (für die ausländische Kundschaft "courtyard" genannt). Daneben gibt es drei kleinere Bereiche: Eine Bar mit Hochstühlen auf der einen und wenigen Zweier- und Vierertischen auf der anderen Seite. Die niedrige Decke macht es ein wenig "lauschig". Es schließt sich optisch getrennt durch zwei Säulen eine lange Tafel an, die ja spätestens seit The Table auch in Hamburg en vogue ist. Hier ist die Decke höher und komplett verchromt.
Macht was her. Die Hängelampen sind sicher star-designt, aber nicht so meines. Schließlich hinter einer Wand einige Tische direkt vor der Showküche, hier ist es eher skandinavisch schlicht, auch wegen der pastellnen Farben und hellen Hölzer. Die Unterschiedlichkeit der Bereiche gefällt mir gut. Anders, als im Nikkei Nine, aber nicht schlechter. Ich entschied mich für den Innenhof, der komplett als Club/Bibliothek/Salon eingerichtet ist. Die Wohnzimmeratmosphäre
wird durch einen riesenhaften geknüpften Teppich auf dem schwarzen Steinfußboden verstärkt. Auf den mit blauem Samt bezogenen Clubsesseln saß ich höchst bequem. Der Kamin brannte natürlich nicht, dafür war wohl erstmals ein Dachsegment geöffnet. Das schuf neben dem eh schon tollem Licht auch wunderbare Luft. Leider auch einigen Dreck auf den darunter stehenden Tischen, der dem vielen Personal aber nicht aufgefallen war. Ich wählte vorsorglich doch einen Platz unter den noch geschlossenen Elementen, wer weiß schon, was sonst noch Gutes von oben kommt. Später wurden die Tische, auch meiner, mit einem feuchten Schwammtuch gewischt. Gewöhnungsbedürftig, vielleicht kommen die Krümelschienen noch. Auf jeden Fall ein Hingucker sind die Tischplatten aus schwerem Blech, vermutlich deswegen auch keine Decken oder Läufer. Eingedeckt in einer Mischung von japanisch und europäisch.
Die Mannschaft war zunächst etwas reserviert, aber freundlich, überwiegend aufmerksam und am Feedback interessiert. In und mit der Küche wird englisch gesprochen, wie überhaupt die Ausrichtung auch auf internationale Kundschaft deutlich ist. Am Mittag war das Publikum sehr gemischt von geschäftlichen Runden über Paare und Freundinnen bis hin zu mehreren einzelnen Schlemmern. Angenehm.
Es wird ein Lunchmenü angeboten. Meine Wahl stand aber ja schon vorher fest. Etwas schade fand ich, dass der Service mit mir nicht über die Portionsgrößen gesprochen hat. Den einen oder anderen der sechs Gänge hätte man sicher auch kleiner ausführen können.
Der White Port von Taylor (7,5€) war vorzüglich gekühlt. Als ich einen sehr kleinen Fremdkörper im Glas bemerkte, wurde unverzüglich ein neues serviert.
Ein Amuse wurde nicht gereicht. Lag es an der Tageszeit oder der Kalkulation von Mittagsangeboten? Etwas unflexibel fand ich es schon, Pluspunkt für das Nikkei.
Die Flunder zu Beginn war - wie alle Produkte, die ich probierte - von sehr guter Qualität und für Weißfisch unerwartet dick geschnitten
Das war auch deshalb überraschend, weil die hauchdünnen usuzukuri-Schnitte auf der Karte ausdrücklich angeboten werden. Grund war sicherlich die üppig verwendete Huacaina-Sauce, deren Frischkäse mit gelbem Chili und reichlich Passionsfrucht daherkam. Das Milchprodukt milderte die Schärfe sehr erfolgreich, so dass das Gericht ausgewogen war. Persönlich gehören Passionsfrucht wie Granatapfel aufgrund der recht harten Kerne nicht zu meinen Favoriten. Wie "Head Chef Hamburg" Ben Provis im Nachgespräch anmerkte, wären dünnerer Fisch und weniger Sauce schon sinnvoll. Jedoch sollen internationale Vorlieben berücksichtigt werden und der westliche Gast bevorzuge eben "mehr". Leichte Vorteile beim Nikkei Nine. (24€)
Weiter ging's mit dem Extrawunsch fetter Thunfisch. Die Präsentation auf gestoßenem Eis war wunderschön
Vier dicke Schnitte aus dem mittleren Bauch, chu-toro. Leider war der noch fettere o-toro nicht verfügbar, aber die Qualität war exzellent, noch etwas glänzend. Interessant, dass keine Sojasauce gereicht wurde, die hausgemachte im Nikkei hatte mich sehr überzeugt. Stattdessen aber in Salz eingelegte Ingwerwurzel, die einen ähnlichen Effekt hatte. Vermutlich auch wegen der (für mich entbehrlichen) Garnitur mit Osietrakaviar schlug dieser Teller mit 34€ zu Buche. Aber das Preisniveau kannte ich ja vor dem Bestellen...
Dafür wurde die frische Wasabiwurzel am Tisch klassisch auf der Haihaut-Oroshi gerieben, ganz ohne Aufpreis (Nikkei 10€). Später bei den Nigiri mussten der Kellner nochmal ran und kam dabei doch etwas ins Schwitzen
Insgesamt ausgeglichen.
Die folgenden Weichschalenkrebse (18€) unterschieden sich deutlich vom Leidensgenossen an der Alster. Zwei größere Exemplare, dadurch war das Fleisch etwas fester, aber eben auch schon der Panzer verfestigter
Das würdevolle Essen mit den Stäbchen (der gehobenen Einmal-Kategorie) war nicht ganz einfach. Serviert auf Streifen von Gurke und reifer Mango
Die Frucht ein Selbstläufer zu Krustentieren, aber auch die Frische passte gut. Statt einer gebundenen eine klare Limettensauce, die mit der abplatzenden Panade sämiger wurde. Trotzdem weniger elegant, als bei der Konkurrenz.
Gespannt war ich nun auf den Schweinebauch
zu dem ich ein Bier auf Pflaumenbasis mit Meersalz (7,5€) süffelte. Vor vier Wochen war ja noch Yuzu und grüner Tee im Spiel. Beides eine sehr gute Ergänzung. Das Schwein konnte indes nicht mit dem fetten Traum von damals mithalten. Gegrillt und mit höherem Fleischanteil
waren die Stücke einerseits schön knusprig, aber an der einen oder anderen Stelle fest mit der Tendenz zu trocken. Nicht alle, aber manche. Sehr gelungen indes die Ingwer-Tosazu-Salsa mit frischem Limettenabrieb.
Auf hohem Niveau, aber deutlich konventioneller. Dafür mit 14€ günstig.
Nach einer kleinen Pause das Lamm aus dem Robata (32€)
Die drei Koteletts sehr gute Fleischqualität, Gargrade von teils medium, teils weniger. Sehr saftig
von der Qualität dem einen sehr guten im Nikkei ebenbürtig, aber nicht an die zwei phantastischen heran reichend.
Und geschmacklich? Keine Ahnung. Die Küche hatte dermaßen viel koreanische Gochujang-Marinade draufgeknallt, dass es erst sehr salzig wurde, dann scharf. Die Holländer sind keine Brasilianer - und Lamm ist keine Seezunge. Will sagen: Eigentlich ja gar nicht so geschmacksarmes Fleisch, hätte ich trotzdem blind nicht sofort Lamm unter der Sauce entdeckt. Hätte auch Kalb sein können oder Schwein... Schade. Unter der Salzigkeit litt auch die Idee, statt Reis eine Scheibe Süßkartoffel zu präsentieren, die in Sojasauce eingelegt worden war. Oder gewesen sein soll. Farblich merkte man davon nichts, geschmacklich war eh kein Durchkommen gegen Onkel Kims Rache. Da war ich enttäuscht, das gute Fleisch hätte eine aufmerksamere Würzung verdient gehabt. Wobei das nicht gegen die Idee spricht, sondern daran erinnern will, dass die Dosis das Gift macht.
Bei den abschließenden Nigiri
hatte ich mir aburi, also Geflämmtes verbeten. Der Authenzität der battle wegen, aber auch, um die Qualität von Flunder/hirame, magerer Thun/maguro, Brasse/tai und Lachs/shake roh besser beurteilen zu können. Alles 1a, die Bilder sprechen für sich. Der Preis von 20€ war sehr angemessen. Sojasauce glänzte auch hier durch Abwesenheit. Und auch hier gilt: Die Konkurrenz ist nur um Nuancen besser, aber dabei geht's eben auch meist in der japanischen Küche.
Gilt auch für den Sparkling Sake: Obwohl mit 32€ für 0,375l sogar etwas weniger teuer (andere Vokabeln verbieten sich), fehlte mir etwas herbe Frische, er schien mir zu süßlich geraten. Auch war dies hier Perlwein, bei meinem ersten war ich ja da nicht sicher. Aber das mag nun alles auch an meiner Tagesform gelegen haben, vielleicht war es sogar dieselbe Ware...
Jo, der winner is klar: Das Nikkei Nine präsentierte sich für mich ausgereifter, raffinierter. Das Izakaya muss sich - auf schon hohem Niveau! - erst finden, das gilt für den Service, aber auch noch für die Küche. Das Ambiente dagegen sehr angenehm. Die Preise gerade für die Vorspeisen sind nicht zu beanstanden.
Auf die Revanche darf man also gespannt sein!
"Nämlich Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!"
Ja, so schnell kann's gehen...
Durch eine Kurzkritik des klugen Julien Walther (www.troisetoiles.de) war ich auf das Izakaya im neu eröffneten Sir Nikolai Hotel in der Nähe der schlanken Katharinenkirche aufmerksam geworden. Ein Blick in die inzwischen auch zweisprachige Internet-Karte, die noch exakt den in weiches Leder gebundenen Exemplaren vor Ort entspricht, hatte mir zudem offenbart, dass hier keineswegs eine Kneipe mit mehr oder weniger großem Speisenangebot wartet. Sondern ein veritables, stylisches... mehr lesen
Izakaya · Asian Kitchen & Bar · Hotel Sir Nikolai
Izakaya · Asian Kitchen & Bar · Hotel Sir Nikolai€-€€€Restaurant040 29996669Katharinenstr. 29, 20457 Hamburg
4.0 stars -
"1 vs. 1 - krasses nikkei-battle!" DerBorgfelder"Nämlich Hamburg, wohin mich stündlich zwei Züge bringen können!"
Ja, so schnell kann's gehen...
Durch eine Kurzkritik des klugen Julien Walther (www.troisetoiles.de) war ich auf das Izakaya im neu eröffneten Sir Nikolai Hotel in der Nähe der schlanken Katharinenkirche aufmerksam geworden. Ein Blick in die inzwischen auch zweisprachige Internet-Karte, die noch exakt den in weiches Leder gebundenen Exemplaren vor Ort entspricht, hatte mir zudem offenbart, dass hier keineswegs eine Kneipe mit mehr oder weniger großem Speisenangebot wartet. Sondern ein veritables, stylisches
Geschrieben am 06.07.2017 2017-07-06| Aktualisiert am
07.07.2017
Besucht am 14.03.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 121 EUR
Es läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später Swing - summend, trällernd oder leise pfeifend durch ihr Lokal federt, dabei fachlich-inhaltlich alles kompetent im Griff hat: Das macht schon gute Laune, jemandem zuzuschauen, dem oder der die Arbeit Freude bereitet.
Dabei wollte ich an diesem Dienstagabend eigentlich bei den Innereien-Spezialisten in der Nachbarschaft vorbei schauen, fand deren Tür aber verschlossen vor. Ein Platz im tulus lotrek ergab sich aber auch ohne Reservierung problemlos. Von den gut 20 Stühlen im vorderen Raum des Altbaus wurden nach und nach vielleicht die Hälfte besetzt. Das hintere Zimmer war gar nicht belegt. Dazwischen befindet sich die deckenhohe, großzügig verspiegelte Bar aus dunklem Holz und ein kleinerer Wartebereich, bei dem mir Schaffelle auf dem Sessel auffielen. Eines davon konnte ich zu späterer Stunde sehr gut brauchen, denn das Mobiliar steht in auffallendem Kontrast zum schönen Stuck an der hohen Decke: Auf den groben Dielen stehen einfache Holz-Tische und -Stühle
Letztere ohne jedes Kissen. Und da ein solches oder eine Decke auch auf Nachfrage nicht zu erhalten war, wurde eben aus dem Schaf- ein Sitzfell gemacht.
Auf den Tischen
keine Decken, den Platten sieht man die jahrzehntelange Nutzung deutlich an. Einmal Besteck, Wasser- und Weinglas und eine ordentliche Serviette, that's it. Später wurde eine einfache Kerze entzündet, was für die Fotos nicht schlecht war, denn ansonsten viel indirektes Licht. Die Tische sind eng gestellt, bei größerem Andrang wird man schnell ins Gespräch kommen und ich denke, das ist auch gewollt. Hier soll unkompliziert genossen werden. An zwei Wänden große Goldrahmen, die statt Gemälden Schallschutznoppen "zeigen" - witzig oder ein (allerdings weitgehend fehlgeschlagener) Versuch, den erheblichen Lärmpegel zu zu dämpfen.
Das ganze Ambiente würde recht aufgeräumt, fast steril wirken, wenn nicht die Tapete an der Rückwand mit einem gemalten Wald, nein, einem heimischen Urwald aufwartet, sattes dunkles Grün, Braun und Schwarz und erst nach und nach erkennt man, was dass da zwischen dem Tannengrün Würste und Schwarz(!)wälder Schinken hervor lugen, eine rote Garnele blitzt auf und ein Oktopus-Arm schlängelt sich verführerisch um die Tannenzapfen. Das und vieles mehr macht Appetit auf all diese Köstlichkeiten und wurde von einer befreundeten Künstlerin exklusiv für's tulus gestaltet. Erzählte mir Frau Scholl netterweise, nachdem ich begeistert entdeckt hatte, dass auch ihr Kleid dasselbe Muster hatte. Vor der Wand stehend entdeckte man sie kaum mehr...
Von soviel Kreativität und Freundlichkeit "besoffen" fiel nicht mehr ins Gewicht, dass mein Besuch in die Zeit der Alkohol- und Dessertabstinenz fiel. Nur das Motto "Wir sorgen heute schon für den Kater von morgen!" war schwer umzusetzen.
Umso erfreulicher, dass der alkoholfreie Cocktail mit dem hübschen Namen "Last life in the Universe" (so sah er auch aus...)
für 9€ mit Gurke, Calpis und Aprikosenkefir eine wirklich säuerlich-frische Überraschung war und mit etwas Meerrettich ganz spät noch angenehm auf der Zunge prickelte. Die Flasche Bad Liebenwerder Mineralwasser für 6,2€ hätte ich günstiger erwartet.
Im Verlauf des Menüs gab es noch selbst gemachte Basilikum-Limetten-Limonade, Säfte von Rieslingtrauben und von Apfel mit Hibiskus und schließlich einen Spritz von Dornfeldertrauben, alle aus dem Hause von Nahmen. Freundlicherweise fanden nur zwei davon für je 4,2€ den Weg auf die Rechnung, zwei gingen auf's Haus!
Das gewählte menü beinhaltete wohl gemäß berliner rechtschreibung (ach, ach, ach...)
forelle
jakobsmuschel & seegras
avocado
auster
63 tage trocken gereiftes aubrac
uckermarker lamm.
Für den ausgefallenen nachtisch ergänzte ich kohlrabi aus dem vegetarischen angebot.
Schlussendlich 7 Gänge für schmale 98€. Respekt!
Der Abend ging fantastisch los, als ein idealtypisches Sauerteigbrot aufgetischt wurde: Schön aufgegangene Krume, feste, aber krosse Kruste und ein angenehm säuerlicher Duft. Dazu aufgeschlagene Rohmilchbutter und ein mildes Zwiebelchutney
So einfach, so lecker.
Als ersten Gruß ein sehr krosser Macaron, der mit Kalbsblut gefärbt und aromatisiert war. Darauf eine Buttercreme mit Apfelsenf, getoppt von eingelegter Senfsaat, die leider viel zu viel Salz bekommen hatte und damit die mutige Kombination etwas ins Rutschen brachte. Schade, denn schon dieses kleine Kunstwerk in japanisch-puristischer Aufführung
zeigte, mit welchem Anspruch hier gekocht wird.
Auch der folgende Gaumenkitzler war mehr als ambitioniert. Chalons-Entenbrust aus dem Wacholderrauch sehr rosa und mit Lavendellack bestrichen und etwas fleur de sel bestreut. Auf der einen Seite schmackige Möhrencreme, auf der anderen Seite eine Emulsion von erdiger roter Beete, die beide das Geflügelfett perfekt einbanden. Auch Lavendel und erst recht Wacholder waren präsent. Ein Gruß wie eine Fanfare, zudem eine Präsentation wie ein Paukenschlag
DAS musst du dich erstmal trauen!
Farbenfroh auch der Menü-Einstieg
Die gebeizte Eismeerforelle wurde von einem Feuerwerk kräftiger Aromen begleitet: Fruchtige Hibiskusbaisers, Haselnusspuder und -Mayo, süße Nashibirne, bittrige Shitakecreme, Vogelmiere, Wasabi-Öl. Das schmeckte mir nicht alles, hatte aber seine Berechtigung. Nur der scharfe Meerrettich war sehr ungleich verteilt, was erneut zu einer gewissen Unausgewogenheit führte, die aber anscheinend von der Küche zugunsten eines leichten young-turk-Irrsinns hingenommen wird.
Als Begleitung eine selbstgemachte Basilikum-Limetten-Limonade sehr stimmig.
Der Chef schob nun den zusätzlichen Veggie-Gang ein, den ich erst nach der Jakobsmuschel erwartet hatte.
Der Kohlrabi nach Art eines Tartuffo
gefüllt mit seinen Würfeln, schwarzen Walnüssen und gerösteter Rapssaat
Überstäubt mit Asche, vielleicht von Wacholder?
Angegossen eine Rieslingreduktion und Rapsöl. Und dann wieder Banzai!, es wurde massiv abgeflämmt, Stengel und Blätter schwarz und bitter.
Für mich der schwächste Gang. Der Kohlrabi selbst und auch die Füllung mit recht wenig Geschmack, die Riesling-Säure hatte keine Beziehung zum Rest. Vielleicht im vegetarischen Menü gut, hier im "fleischigen" Menü etwas überfordert und allenfalls passabel.
Konsequent der Rieslingtraubensaft.
Von ganz anderem Kaliber die mit Zitrone "kalt gekochte" Jakobsmuschel, die von Souschef Simon Dienemann an den Tisch gebracht wurde.
Serviert auf einer leicht süßlichen Crême von Topinambur und einer Dashi aus Muschelbärten, Kombu und Seegras. Als Topping Algen und Himbeersirup und als besonderer Kick wurde der getrocknete Corail der Muschel im Stil einer Bottarga darüber gerieben. Wow!
Die ausreichende Portion des Hauptparts aus Norwegen sorgte dafür, dass der nussige Geschmack der Muschel nicht in der Komposition unterging.
Weiter ging es auf kleinem Raum mit einem geschmacklich ungemein breiten Potpurri
Knuspriges Sandwich, vollreife Avocado, eingelegte Zucchini, Crême fraiche, milde grüne Chili, Limetten, Minze, Basilikum, Rosenblätter- und Puder. Dazu wurde separat ein Sud von und mit Butternusskürbis und angerösteten Kürbiskernen gereicht, der zu diesen ganzen vollmundigen Aromen ein angenehm kontrastierende Schärfe durch Jalapeños mitbrachte.
Das war - ich zitiere da tischnotizen (auch in berlin zur schule gegangen;-))) - ein durch und durch "molliger" Teller!
Ich schwelgte! Und wurde sogleich zur Ordnung gerufen: Die Gillardeau-Auster war zwar makellos. Und auch nicht wirklich puristisch mit Kräutermayo, lecker Austernkraut und Fichtensprossenschaum (wie Porno: Kennste einen...). Aber doch deutlich zurück genommener und vor allem für meine da etwas empfindlichen Geschmacksknospen zu sauer. Und was dem Borgfelder nicht schmeckt, wird auch nicht abgelichtet (oder vergessen zu fotografieren).
In einer angegossenen Miso mit viel Ingwer kam das dry-aged-Aubrac-Rind als kurzgebratenes feines "Rücken"stück, Knochenmark und Tatar in einer Rolle von gerösteter Nori-Alge. Das war angenehm knusprig und auch durch Schwarznessel frisch. Eine würzige Mayo und ein halbes Wachtelei sorgten wieder für "soul" in dieser Kreation mit vielen Anleihen aus Asien. Ein guter, stimmiger Gang, was leider vom Foto nicht behauptet werden kann
Den Abschluss bildete das zarte und saftige Schulterstück vom Uckermärker Lämmchen
Eine sehr untypische Konsistenz erinnerte mich an Gepökeltes, was aber nicht der Fall gewesen sein soll. Die extrem reduzierte Jus sorgte für Kraft und der Koriander daran wieder für einen flüchtigen Gedanken an Fernost. Ungewohnt als Beilage geschmorte Parisienne aus Charentais-Melone, gewälzt in Kaffeemalz. Schöne neue Variante der Kombi Lamm und Frucht. Gut gefallen hat mir auch das Topping mit viel geriebenem Mimolette. Das war noch einmal so richtiges Wohlfühlessen!
Auch deshalb vermisste ich weder das Dessert, noch sonst irgend etwas, nachdem ich natürlich wieder sehr nett in die Nacht entlassen worden war. Zutiefst zufrieden dachte ich auf meinem Heimweg: SO sollte das Gefühl nach jedem Restaurant-Besuch sein!
P.S. Die Angaben zum Bewirtungsaufwand sind auch recht nett formuliert...
Es läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später... mehr lesen
Restaurant Tulus Lotrek
Restaurant Tulus Lotrek€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03041956687Fichtestraße 24, 10967 Berlin
4.5 stars -
"Fröhliches Pfeifen im Schlemmer-Wald" DerBorgfelderEs läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später
Geschrieben am 02.07.2017 2017-07-02| Aktualisiert am
02.07.2017
Erinnerungen sind Erinnerungen sind Erinnerungen
Die Rückreise vom elterlichen Besuch beim Heidelberger Studenten wurde so geplant, dass noch Zeit für ein Mittagessen in Mannheim blieb. Kein großes Menü, sondern bewusst ein eher seltener Ausflug in die Indochina-Küche abseits von AYCE oder thailändischem Zierrat-Overkill.
Daueressers letzte Kritik ist fast zwei Jahre alt, aber augenscheinlich immer noch Referenz.
Ich kann mich auf einige Ergänzungen beschränken.
Am Samstag gegen 13:00 Uhr brummte der Laden einschließlich gelegentlichen Wartezeiten an der Tür. Trotz Nieselregen weilten sogar einige Gäste auf den Außenplätzen unter einem Geschossvorsprung.
Innen sitzt man auf eckigen hellen Holzhockern oder Bänken. Die Glücklicheren finden dort Kissen für den Rücken. Auch als Tische dienen eckige Holzbrücken. Definitiv nichts für lange, romantische Abende. Im Bremer Jackie Su komplettieren Sichtbeton, abgehängte Lüftungen und eine offene Wok-Küche das Streetfood-Ambiente. Da ist mir das satte Rot der Rückwand hier doch lieber. In der sowieso für die Gästezahl zu kleinen Toilette war eine von zwei Möglichkeiten defekt. Eine Momentaufnahme, aber eben auch dort Wartezeit. Außerdem schließt die Tür zum Gastraum nicht ordentlich, für die dort sitzenden Gäste eine Zumutung. Zumal der recht unangenehme Geruch ein deutliches Zuviel an Ursprünglichkeit ist.
Das Personal ist freundlich und fix, nicht mehr und nicht weniger. Das Tagesgericht ist aus, es war schon am Vorabend im Angebot. Trotzdem wird es ausführlich beschrieben. Das wär Ihr Prijs geweisen... Immerhin ein Alternativvorschlag, der mich aber nicht überzeugt. Ansonsten wenig Zeit oder Bereitschaft, auf Wünsche einzugehen. Ok, aber doch bitte nicht mit diesem Gäste-Bashing "Das ist im System nicht vorgesehen."
Zeitnah erfolgte auch die Frage, ob alles in Ordnung sei. Mir ist das deswegen wichtig, weil es bei vertauschten bzw. vergessenen Zutaten oder z. B. dem Wunsch nach einer Fischsauce etc. nicht dem Zufall überlassen bleiben soll, ob und wann ich jemanden vom Service "erwische". Frag nach bei Manowars...
So wählten wir aus den sehr hübsch gestylten Karten, die leider schon deutlich abgenutzt sind. Schade, das Innere dürfte sich eigentlich leicht austauschen lassen.
Die hausgemachten Limonaden, ich hatte Ingwer-Limetten-Soda, sind recht süß, aber durchaus exotisch und differenziert im Geschmack.
Die Vorspeisenplatte entspricht noch exakt der von Daueresser. Ich schließe mich seiner sehr positiven Bewertung vollumfänglich an und ergänze, dass auch die drei Saucen hausgemacht und geschmacklich überzeugend waren.
Auch der Glasnudelsalat mit warmen Streifen einer zarten, saftigen Hühnerbrust war gut. Koriandergrün, Chili, Erdnüsse, FrühZwie, Zitronengras, Thai-Basil, aromatische Kirschtomaten und sicher noch so einiges mehr ergaben ein nicht zu scharfes fruchtig-pikantes und trotzdem frisches Geschmacksbild.
Etwas gemischter der Eindruck vom Hauptgericht. Kräftig gewürzte und vermutlich zunächst separat im Wok rare gerührte Rindfleischstreifen wurden in Blätter eingeschlagen (Pakchoi? Die Stammgäste hier mögen bitte ergänzen.) und nochmal kurz auf einem Holzspieß gegrillt. Saftige, würzige Päckchen waren das Ergebnis. Die Unterlage von Ramen- oder Spaghettini-ähnlichen Nudeln mit Paprika und Sprößlingen fiel trotz erneut frischer Kräuter und Erdnüssen indes als lasch und allzu bekannt ab.
Alles in allem ein netter Mittagsbesuch, den man auch wiederholen könnte. Andererseits hat sich hier doch wohl etwas Routine oder gar ein Geht-doch-auch-so! eingeschlichen, das die Gäste dann irgendwann mit einem "Ach nee, lass mal woanders hin!" quittieren.
Erinnerungen sind Erinnerungen sind Erinnerungen
Die Rückreise vom elterlichen Besuch beim Heidelberger Studenten wurde so geplant, dass noch Zeit für ein Mittagessen in Mannheim blieb. Kein großes Menü, sondern bewusst ein eher seltener Ausflug in die Indochina-Küche abseits von AYCE oder thailändischem Zierrat-Overkill.
Daueressers letzte Kritik ist fast zwei Jahre alt, aber augenscheinlich immer noch Referenz.
Ich kann mich auf einige Ergänzungen beschränken.
Am Samstag gegen 13:00 Uhr brummte der Laden einschließlich gelegentlichen Wartezeiten an der Tür. Trotz Nieselregen weilten sogar einige Gäste... mehr lesen
4.0 stars -
"Same procedure..." DerBorgfelderErinnerungen sind Erinnerungen sind Erinnerungen
Die Rückreise vom elterlichen Besuch beim Heidelberger Studenten wurde so geplant, dass noch Zeit für ein Mittagessen in Mannheim blieb. Kein großes Menü, sondern bewusst ein eher seltener Ausflug in die Indochina-Küche abseits von AYCE oder thailändischem Zierrat-Overkill.
Daueressers letzte Kritik ist fast zwei Jahre alt, aber augenscheinlich immer noch Referenz.
Ich kann mich auf einige Ergänzungen beschränken.
Am Samstag gegen 13:00 Uhr brummte der Laden einschließlich gelegentlichen Wartezeiten an der Tür. Trotz Nieselregen weilten sogar einige Gäste
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Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.