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Es ist früher Nachmittag, als wir das „Spielweg“ betreten, das für die nächsten zwei Tage unser Zuhause sein wird, die Terrasse vor dem Hotel ist gut besucht und auch innen tummeln sich noch zahlreiche Gäste, darunter einige Wanderer. Da unser Zimmer noch nicht fertig ist, gibt uns Kristin Fuchs eine kurze Führung durch das Stammhaus. Da ahnen wir noch gar nicht, in wie vielen Gasträumen die Küche ihrer Schwester Viktoria serviert wird. Dazu gehören auch die legendären Tomi Ungerer-Stuben, in denen viele Originale des berühmten Zeichners zu sehen sind, der ein langjähriger Freund des Hauses war.
Außenansicht
Terrasse
Tomi Ungerer Stuben
Um die Zeit bis zum Bezug des Zimmers ein wenig zu überbrücken, entscheiden wir uns für eine erste kleine Mahlzeit. Das ist hier überhaupt kein Problem, denn auch nachmittags wird hier neben Kaffee und Kuchen eine reduzierte Karte angeboten.
Im „Spielweg“ hat Viki Fuchs 2017 die Küchenleitung von ihrem Vater Karl-Josef übernommen, der dem „Spielweg“ seit den Achtziger Jahren bereits zu erheblichem Renommee verholfen hatte. Von ihm hat Viki auch die Leidenschaft für Wildgerichte übernommen. Aber auch die für gute Wurstwaren und Käse, der seit vielen Jahren im Haus selbst hergestellt wird.
Einen ersten Eindruck von diesen Kernkompetenzen kann man sich am besten bei einer Vesperplatte verschaffen, die neben Schwarzwälder Schinken (what else?) noch Schwartenmagen und fabelhafte Pastete von Reh und Wildschwein sowie ausgezeichneten Münster und Bergkäse aus der eigenen Käserei enthält. Schwarzwald – wir sind da!
"Wildes" Vesperbrett
Aber auch der Caesar Salad mit krossem Speck und optional dazu bestellten Garnelen zeigt, dass hier sehr sorgfältig gekocht wird. Ich habe jedenfalls schon Caesar-Exemplare gehabt, die mit dem Original nicht mehr viel zu tun hatten. Dieser hier schon.
Caesar Salad mit krossem Speck, Sauerteigbrotchips und gehobeltem Parmesan mit gebratenen Garnelen
Abends haben Gäste wahrlich die Qual der Wahl. Neben diversen Menüs („Fuchsteufelwildes Menü“, ein täglich wechselndes „Sommermenü“, „Spielwegmenü“) gibt es ein umfangreiches Angebot an à la Carte-Gerichten, darunter auch eine große Anzahl an vegetarischen Gerichten.
Für uns soll es zum einen das „Sommermenü“ und das „Fuchsteufelswilde Menü“ sein, in dem sich Viki Fuchs‘ Vorliebe für asiatische Küche wiederfindet. Dass hier jeder so bestellt, wie er mag, ist im Übrigen überhaupt kein Problem. Darin erinnert es uns, auch in dem breiten Spektrum der Gerichte, an das „Haus Stemberg“. Und damit ist auch ziemlich klar der Maßstab an Gästeorientierung beschrieben.
Als Gruß gibt es eine Speckmousse mit Fenchelsalat und Schnittlauchcreme. Das ist gleichzeitig rustikal und fein.
Amuse Bouche: Speckmousse mit Fenchelsalat
Asiatisch steigt mein Mann in sein Menü mit einem Lachstatar, das mit Ponzu und Sesam abgeschmeckt ist. Der Salat dazu ist zwar relativ klassisch angemacht, aber mit der gebratenen Avocado ist das insgesamt ein schöner, frischer Einstieg.
Handgeschnittenes "Asia"-Lachstatar mit Ponzu, gebratener Avocado, Limetten-Mayonnaise und Koriander
Wie sich der Schwarzwald und Italien aufs Trefflichste fusionieren lassen, kann ich mit meiner Vorspeise erleben. Ersetze Kalb- durch Rehfleisch und schon wird aus dem Vitello Tonnato ein „Rehtello“. Mit einer ordentlichen Portion Kapern versehen, wird dies schon durch das Wildfleisch eine würzigere Version. Ein sorgfältig angemachter Salat komplettiert diesen gelungenen Auftakt.
"Rehtello Tonnato" - Vitello vom Rehnüssle mit zweierlei Kapern und kleinem Salat
Beim nächsten Gang setze ich aus, darf aber natürlich bei meinem Liebsten probieren und komme so in den Genuss ganz ausgezeichneter Wildschwein-Dim Sums. Der dünne Teig ist würzig und sehr kräftig gefüllt. Ohne Frage verständlich, warum diese Teigtaschen zu den Dauerbrennern auf der „Spielweg“-Karte gehören.
Viki's Wildschwein-Dim Sum gefüllt mit Knollengemüse, Zuckerschoten, Zitronengras, dazu Soja Sauce
Das folgende rote Thai-Curry mit knusprig gebratener Poulardenbrust hätte auch einem guten Thai-Restaurant alle Ehre gemacht. Der Curry ist prägnant, aber nicht zu scharf. Schließlich muss man hier auch etwas Rücksicht auf das traditionelle Schwarzwaldpublikum nehmen. Aber das Gericht ist gut.
Rotes Thai-Curry mit gebratener Poulardenbrust vom Hofgut Silva, Asia-Gemüse und Jasmin-Reis, frischem Koriander & Minze
Edel-rustikal und mit mediterranem Einschlag machen sich die geschmorten Kalbshaxenscheiben auf meinem Teller. Das Fleisch ist super zart geschmort, gebratene Gnocchi und Champignon-Mangold-Gemüse sowie eine üppige Menge knusprig ausgebackenen Salbeis verorten dieses Gericht eindeutig südlich der Alpen. Die separat servierte Thymian-Schmorsauce geht ohne Rest zurück in die Küche.
Geschmorte Kalbshaxenscheiben aus dem Ofen mit Champignon-Mangoldgemüse, Salbei aus Mamas Garten, Kräuter-Gnocchi und Thymianjus
Mittlerweile hat sich Dunkelheit über die idyllische Szene gelegt und es warten noch die Desserts auf uns.
Sowohl das saftige Aprikosen-Sablé mit ausgezeichnetem Mandeleis und Kompott von Aprikosen als auch die Crème Brûlée, die mit Passionsfruchtsorbet, Minz-Mango-Ragout und getrockneter Ananas einen ordentlichen exotischen Touch mitbekommen hat, können in ihrer handwerklich sauberen Ausführung überzeugen.
Aprikosen-Sablé mit Aprikosenkompott, Salzkaramell und weißem Mandeleis
Kokos Limetten-Creme Brûlée mit Mango-Minzragout und Passionsfruchtsorbet
Am nächsten Abend entscheiden wir uns für einen Tisch im Innern und lassen uns von zahlreichen Tomi Ungerer-Exponaten inspirieren. Wir wählen à la Carte und werden mit einem leckeren Rinderzungensalat begrüßt.
Amuse Bouche: Rinderzungensalat
Ich kann ja bekanntlich selten nein sagen, wenn Pulpo angeboten wird. Wenn dann, wie hier, auch noch in Kombination mit krossem Schweinebauch und weißen Bohnen, geht mein Herz vollends auf. Der Bohnensalat ist mit Staudensellerie und Kirschtomaten cremig angemacht und bildet das Fundament, auf dem der eigentliche Star thront. Der Schweinebauch ist gleichzeitig zart und extrem knusprig und auch der gegrillte Oktopus steht dem nicht nach. Ein köstlicher Gang!
Weißer Bohnensalat mit getrockneten Tomaten, gegrilltem Pulpo, krossem Schweinebauch, Ruccola, Balsamico und Pinienkernen
Dass Viki Fuchs auch die ganz klassische, feine Küche beherrscht, beweist sie mit einer handwerklich perfekten Gänseleberterrine mit einer schönen Schicht aus Quittengelee, die einen tollen Schmelz aufweist. Etwas schwarze Walnuss, ein mit Schokolade abgeschmeckter Fleur de Sel und eine Scheibe angeröstete Brioche komplettieren diesen Klassiker.
Gänseleberterrine mit Schokoladen "fleur de sel", Quittengelee und Brioche
Das großzügig portionierte Ochsenbäckchen ist erwartungsgemäß butterzart geschmort, die Pappardelle selbstverständlich hausgemacht und sowohl Tomatensugo als auch der Schmorfond sind intensiv. Die reichliche Menge gebratenen, grünen Spargels hätte es eigentlich gar nicht mehr benötigt, denn auch so wäre das Gericht mit dem frittierten Salbei perfekt gewesen. Und ausreichend sowieso, aber dass hier niemand hungrig vom Tisch aufstehen soll, scheint auch ein Merkmal des Hauses zu sein.
Geschmortes Ochsenbäckle mit hausgemachten Pappardelle im Tomatensugo, gebratenem grünen Spargel und frittiertem Salbei
Nicht weniger großzügig bemessen sind auch die knusprig gebratenen Filets vom Wolfsbarsch mit Lauchgemüse. Originell dazu die mit Ratatouille gefüllten Maultaschen, auch der Bouillabaissesud gefällt mir gut. Von der köstlichen Safran-Mayonnaise auf dem Brotchip hätte ich mir durchaus mehr gewünscht, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Denn auch dieser Teller ist sehr gut.
Gegrillter Loup de Mer mit Lauchgemüse, kleinen Ratatouille-Maultaschen im Bouillabaisse Sud, dazu Brot-Chips, Safran Mayonnaise und Dill
Danach geht dann aber außer jeweils einer Kugel Eis nicht mehr viel. Erfreulicherweise kann man sich die auch mit einem passenden Obstbrand aufpimpen lassen. Und so gönnen wir uns zum Himbeer-Rote Bete-Sorbet einen guten Schuss Himbeergeist und zum Sauerrahmeis einen Williamsgeist. Beide Eissorten sind klasse.
Himbeer-Rote Bete-Sorbet mit Himbeergeist
Sauerrahmeis mit Williamsgeist
Gut, die beiden Mini-Guglhupfe rutschen auch noch irgendwie rein, aber dann ist wirklich Schluss.
Dass wir an diesem Abend für unsere Verhältnisse so schnell die Segel streichen müssen, hat auch mit dem Frühstück zu tun. Vermutlich ist dies auch normalerweise als Buffet schon fabelhaft, aber in diesen Zeiten hat man aus der Not eine Tugend gemacht und serviert ein Frühstück, das schlichtweg das mit Abstand Beste unseres Urlaubs ist. Aus einer umfangreichen Auswahl wählt man sich aus, worauf man Lust hat und bekommt dies dann in selten liebevoller Form auf einem Tablett serviert. Nur mit den Mengen sollte man sich nicht vertun. Kreuzt man einen Shrimpssalat an, bekommt man ein Weckglas mit mindestens 150g, wohl eher 200g Nettogewicht. Bei allem übrigen, Wurstsalat, Käse- oder Wurstauswahl, angemachter Käse ist es nicht anders. Alles ist frisch gemacht, alles ist köstlich und es wäre eine Schande, irgend etwas davon zurückgehen zu lassen, wohl wissend, dass es dann im Müll landen müsste. Also verrenken wir uns gepflegt den Magen und sind den ganzen Tag, bis in den Abend hinein, pappsatt. Am nächsten Morgen wissen wir es besser und zügeln uns. Na ja, ein bisschen zumindest.
Das „Spielweg“ ist mindestens Dreierlei: ein Ort fabelhaften Essens, an dem Wanderer und Feinschmecker gleichermaßen glücklich werden. An dem sich Schwarzwald und Asien begegnen, ohne einander fremd zu sein. An dem sich Altes und Neues treffen und wunderbar miteinander auskommen. Dann ist es ein Ort der Gastfreundschaft, an dem der Wunsch der Gäste Vorrang vor allem hat. Und nicht zuletzt ist es ein Ort der Frauen. Nicht, dass die männlichen Mitarbeiter hier nicht auch einen vorzüglichen Job machen würden, aber das „Spielweg“ hat den Generationenwechsel auf beeindruckende Art und Weise hinbekommen. Viki, Kristin und Sabine Fuchs führen das Hotel heute mit Sinn für Tradition und einer gehörigen Portion Elan und frischen Ideen. Auch die Eltern haben hier weiterhin ihren Platz und ihre Aufgaben. Ein Familienbetrieb eben. Und das merkt man schon, wenn man das „Spielweg“ zum ersten Mal betritt.
Bericht und mehr Bilder wie immer auf meinem Blog: http://tischnotizen.de/spielweg-muenstertal/