"Die Post is(s)t unser Geschmack"
Geschrieben am 09.06.2021 2021-06-09 | Aktualisiert am 09.06.2021
"Die Genussbox aus dem Bergischen genossen im Münsterland"
Geschrieben am 07.03.2021 2021-03-07 | Aktualisiert am 07.03.2021
"Genussbox zum Abholen: einfach anzurichten und trotzdem schmackhaft und mit Pfiff"
Geschrieben am 27.02.2021 2021-02-27 | Aktualisiert am 27.02.2021
"Noch 2020 soll das Haus den Besitzer wechseln"
Geschrieben am 22.10.2020 2020-10-22
Es muss wohl mehr als ein Jahr her sein, dass wir hier vor Ort eingekehrt sind. Die Brüder Wilbrand haben aber in den Schließzeiten nicht geruht. Das Hotel wurde „überholt“, es gab Abholmenüs und es besteht ein Projekt für ein weiteres Gasthaus der Familie in Odenthal: Wirtshaus Herzogenhof. Die Eröffnung soll bald steigen.
Als die ersten Biergärten nun im Rheinisch Bergischen Kreis öffneten, kam die Nachricht aus Odenthal, dass sich das für sie nicht rechnet mit nur Außengastronomie. Doch ein paar Tage später sanken die „Zahlen“ weiter und es wurde ein Besuch in Aussicht gestellt.
Da habe ich mich doch mal gemeldet und um einen Tisch angefragt. Die Antwort kam zügig. Ja, es geht; doch nur mit Test. Die letzte Information besagte dann, es geht auch ohne – nur noch das Übliche: Maske, Haushalte, Personenzahl. Aber wir haben auch noch sicherheitshalber einen „Bürgertest“ gemacht.
Wir sind nun einfach nur noch völlig gespannt: auf das Essen, auf die Getränke und eben auf das Ambiente und die Emotionen. Auf das ganze Paket eben! Wie werden wir uns fühlen?
Ambiente
Vor dem Eingang stand ein Schild, dass die Gäste hier warten sollten. Ein Mitarbeiter holt eine Gruppe ab und prüft, ob man reserviert hat und die Bescheinigungen vorliegen. Am Platz trägt man sich in eine Liste mit diversen Daten ein (für Leute mit Handy auch per App).
Die bekannten Servicekräfte begrüßten uns freundlich und weitere junge Damen und Herren kümmerten sich ebenfalls zusätzlich um die Gäste.
Die Tische waren weit auseinander aufgestellt. Wir saßen an einem Eckplatz und fühlten uns dort recht wohl.
Sauberkeit
Natürlich war alles perfekt gepflegt und hübsch angerichtet.
Sanitär
Die Anlagen sind ebenerdig zu erreichen und gut ausgestattet. Der Vorraum ist künstlerisch gestaltet.
Service
Es war eben recht angenehm, sich um nichts kümmern zu müssen. Einfach nur gemütlich sitzen, sich über das Essen und die Getränke auszutauschen und über wichtige und besonders auch unwichtige Dinge reden.
Die Mitarbeiterinnen waren aufmerksam, emphatisch und einfach immer zur Stelle, wenn es nötig war (Essen bringen, Besteck legen, abräumen, Getränke nachschenken etc.).
Die Zeit verfliegt und plötzlich sind wir die letzten Gäste im Lokal. Also flugs bezahlt und gut gelaunt nach Hause aufbrechen.
Die Karte(n)
Degustationsmenü (9 Gänge komplett € 129)
Die Gänge konnten auch einzeln bestellt werden (dafür steht der Betrag in der Klammer; Gerichte ohne diesen Hinweis waren Grüße, die zusätzlich serviert wurden und zum Menü gehörten). Aber die früheren Mittagsangebote gab es nicht mehr.
Wir wählten zweimal das ganze Menü und einmal vier Gänge aus der Liste.
Zum Aperitif:
Tatar vom Rind mit Crème fraîche | gepickelter Kohlrabi | Belper Knolle
Sülze vom Kalbstafelspitz mit Kräutermayonaise und Wasabi-Hippe
Die Hörnchen mit Tatar waren uns bekannt. Sie waren ein herrlicher Einstieg in die heutige „Genießer-Orgie“. Aber nach vielen Monaten darf es doch auch mittags etwas mehr sein.
Die Ummantelung brachte etwas Crunch. Das Fleisch war fein gewürzt, saftig und weich. Das Gemüse und der Käse brachten weitere Aromen.
Auf einem handgeschmiedetem Löffel befand sich die Halbkugel von der köstlichen Tafelspitzsülze. Die Mayonaise brachte frische Noten und die gerollte Hippe etwas Biss.
Es waren zwei köstliche „Fingergerichte): Mund auf, hinein und schmecken.
Mehrere Brotsorten wurden in einem Holzkasten serviert. Dazu gab es eine Pilz- und eine Salzbutter. Wir haben die Scheiben pur und mit Aufstrich probiert und waren recht angetan. Später tat das Brot auch noch gute Dienste, um Saucenreste vom Teller aufzunehmen. Es wurde auch Brot nachgefüllt.
Gruß aus der Küche:
Thunfisch ? roter Paprika ? Rosa Pfeffer ? schwarzer Knoblauch
Creme-Süppchen mit Zitronengrasaroma
Der Fisch war fein mariniert und hatte durch Creme und Gewürze weitere Zutaten, um mit jeder Löffelspitze neue Kombinationen zu erschmecken. Der Rosa Pfeffer und der fermentierte Knoblauch war gut zu spüren und angenehm im Mund.
Die Süppchen aus der Post kommen immer bei uns gut an. Auch diese Variante mit Zitronengras passte in die Reihe.
Pavé von der Entenleber - Joghurt ? Rhabarber ? Brioche (23 Euro)
Der Würfel zur Entenleber hatte vier Schichten, die sich harmonisch ergänzen: Würze, Süße, Cremigkeit. Einige frische Blättchen von Kräutern, kleine Rhabarberstückchen, durchsichtige und weiße Plättchen mit Spitze und reichlich Sauce aus Rhabarber begleiteten die Hauptkomponente. Die frischen fruchtigen Noten überwogen dabei.
Die Joghurtpaste wurde in einer separaten Schüssel gereicht – das luftige Gebäck lag daneben auf dem Tellerchen.
Filet vom weißen Heilbutt - grüne Linsen ? Blumenkohl ? Vadouvanaufguss ? Basmatireis (27 Euro)
Der Heilbutt war sanft gegart und butterweich, die Lamellen hielten noch zusammen. Das Linsengemüse bildete das Bett. Der Reis war zu einer cremigen Paste verarbeitet worden. Ein Hummerstückchen lag oben auf dem Filet und darüber hatte man noch etwas Kaviar positioniert. Die hauchdünne Platte vom Blumenkohl stand neben dem Fisch und zusätzlich war noch eine knackig-poröse Hippe schloss das Bild wie eine Klammer ab. Ein Schaum und der Sud enthielten die indische Gewürzmischung.
Das war schon recht großes Kino in unseren Augen und damit ein Höhepunkt im Menü.
Grüner Spargel mit Kalbsbries - Zwiebelmarmelade ? Misohollandaise ? Sauerteigcrème
(27 Euro)
Das Briesstück war paniert und knusprig ausgebraten. Eine grüne Spargelstange war im Ganzen bissfest gegart und eine weiße Spargelstange zu einer „Spaghetti-Form“ kleingeschnitten worden. Die asiatische Hollandaise bildete eine Sauce zum Spargel. Knusprige hauchdünne Brotscheibchen lagen am Spargel. Aufrecht. Die Marmelade und die Creme waren etwas abseits des Spargels zum Tellerrand hin positioniert.
Stör von der Fischzucht Hahn in Wipperfürth ? Café-Kombusud ? Kichererbse ? Buchweizen
Das Störstück war kompakt und hatte leichten Biss. Das Fleisch zeigte seine eigenwilligen Aromen recht deutlich. Darüber waren schwarze Algen und eine cremige Masse aus Seeigel-Fleisch aufgetragen. Die oberste Schicht bildete dann eine Art Cracker aus Buchweizen. Die Kichererbse war zu einer Humusmasse mit vielerlei Gewürzen verarbeitet worden. Der Untergrund des Tellers war mit einer Sauce bedeckt. Dabei hadelte es sich um eine Kombination aufs Kaffee und Kombucha. Diese Kombination vervollständigte den insgesamt recht vielschichtige ungewöhnliche Zusammenstellung.
Wir waren sehr überrascht von der Aromenbreite und haben haben längere Zeit aufgewendet, die Zutaten zu erschmecken.
Es war für uns auf jeden Fall der auffälligste Gang im Menü.
Bergamotte-Zitronengranitée
Das kalte und erfrischende „Eis“ brachte die Geschmackssinne wieder auf „normal“. Wir waren bereit für den Hauptgang bzw. die Hauptgänge; denn wir wählten einmal Hirsch und zweimal Rind.
Bergischer Hirschrücken ? Grillmelone ? Senfkohl ? Pfifferlinge ? Holunderbeerjus | Walnusscrumble (44 Euro)
Das Fleisch war gut gegart und relativ zart. Die Grillmelone war saftig und erfrischend. Die Sauce passte ansprechend zum Fleisch und unterstützte den Wildcharakter. Durch den zusätzlichen einsatz kleine Pilze verstärkte sich der Eindruck. Das Gemüse hatte leichten Biss. Die Walnussstücke brachten etwas Krosses für den Mund.
In einem kleinen Glasgefäß befand sich zusätzlich ein Pfifferling-Sud; der war sehr aromatisch, aber auch stark salzig – nach meinem Empfinden sogar zu viel an Gewürz. Der Grundgeschmack war jedoch sehr pilzig,
Filet vom bergische Weiderind unter einer Kräuterkruste - Blutwurststrudel ?wilder Brokkoli ?Sellerie ?Trüffeljus (44 Euro)
Das Fleisch war saftig und rosig – ein Gedicht. Die Kruste verdiente auch den Namen, denn sie war kross. Der Strudel war aromatisch und kräftig, aber angenehm abgeschmeckt. Das Gemüse war genau richtig gegart. Die Sauce war perfekt in der Konsistenz und wickelte sich gerne ums Fleisch.
Käseauswahl vom Käsehaus Wingenfeld - Früchtebrot ? Feigensenf (19 Euro). Wir haben die Süßspeisen gewählt und den Käse ausgelassen bzw. übersprungen (im Menü bestand die Wahl).
Dessertvariation „Zur Post“ (19 Euro)
Physalis in Ruby-Schokolade, Mohnkuchenschnitte, Mandelparfait, gläserne Erdnuss, Birnensorbet, Passionsfruchttörtchen, Bayrische-Creme-Espuma, Eis am Stiel
Die ersten sechs Komponenten waren kreisförmig auf einem Teller angeordnet. Das Eis lag auf einer klaten Schieferplatte und der Pudding war in einem Glas.
Es handelte sich insgesamt um „Klassiker“ der Post-Küche. Und das war gut so. Beim „modernen“ Nachtisch wird oft Gemüse oder Obst „wild“ kombiniert. Das kann gelingen; aber wir waren meist davon etwas enttäuscht.
So hatten wir jedoch einen abwechslungsreichen und geschmackvollen Abschluss.
Zum Kaffee: Macaron ? Schokoladenbrownie? Pâte de fruit
Die Macarons waren gelungen, die Brownies schokloadig und saftig, die Geleewürfel geschmeidig und zuckrig.
Es war ein wunderschöner Nachmittag mit feinen Gerichten und Getränken.
Getränke
Campari Soda (0,2 l) – 6,50 €
Hausaperitif 80,1 l) – 10,50 €
Kännchen Tee (Minze lose) – 5,00 €
Espresso – 3,50
doppelter Espresso – 4,50 €
Taunusquelle medium (0,75 l) – 8,00 €
White Wedding Kaliber Adams (0,75 l) – 55,00 € - Rebsorten: Weißburgunder, Viognier, Chardonnay, Riesling
Krebs k rouge (0,1 l) – 8,00 € - Cuvee aus Merlot, Cabernet Sauvignon, Blaufränkisch
Die beiden Weine wurden uns empfohlen – und es war eine treffliche Wahl. Der Weißwein kam gekühlt an den Tisch und konnte sich im Glas etwas erwärmen und entfaltete bei der leichten „Erwärmung“ mehrfach neue Aromen.
Zu dunklem, gebratenem Fleisch war der würzig-weiche K Rouge ein idealer Partner.
Preis-Leistungs-Verhältnis
Die Getränkepreise haben sich nach meiner Einschätzung nicht oder kaum verändert, die Speisen-Entgelte sind wohl seit 2020 jedoch angezogen.
Fazit
5 – unbedingt wieder – aber nicht jeden Sonntag finanzierbar (für uns). Aber die Post war und bleibt für uns etwas Besonderes.
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
Datum des Besuchs: 06.06.2021 – Mittag – 3 Personen
Meine Genießer-Erlebnisse stehen auch bei http://kgsbus.beepworld.de/archiv.htm