"Urgemütlich, deftig, preiswert - bei diesem Winzer lässt es sich gut schlemmen!"
Geschrieben am 09.12.2018 2018-12-09
"Vorfreude ist doch die schönste Freude!"
Geschrieben am 08.10.2018 2018-10-08 | Aktualisiert am 09.10.2018
"Ein Fest für Carnivoren Kulinariker – jedoch gibt`s Abzüge in der B- u. K Note oder Küchenchef Manthey lässt sich seine Arbeit gut und teuer bezahlen"
Geschrieben am 06.10.2018 2018-10-06 | Aktualisiert am 21.07.2019
"Pfälzische Küche & Griechische Spezialitäten vom Holzkohle Grill - Inh. Carin Grammatelis begrüßt alle Gäste mit Handschlag"
Geschrieben am 07.09.2018 2018-09-07 | Aktualisiert am 07.09.2018
"Die Zwoggelsbrück begrüßt mit neuem Konzept „mit kleinen Portiönchen versucht man künftige Gäste vor dem Lokal zu lassen“ oder: kreative und optisch herausragend inszenierte Küche – allerdings muss man(n) den Fisch und das Fleisch mit der Lupe suchen –"
Geschrieben am 26.06.2018 2018-06-26 | Aktualisiert am 24.08.2018
"Leckere Pizza für alle"
Geschrieben am 15.01.2018 2018-01-15
Schon von außen heißt einem die wohlig beleuchtete Gaststube aufs herzlichste willkommen. Noch schnell ein Blick in den Schaukasten mit den Speiseangeboten und dann an paar Meter an rustikalen Fassböden vorbei ins Innere des behaglich eingerichteten Weinlokals. Das Interieur hat sich seit meinem letzten Besuch im Sommer vor zwei Jahren nicht verändert. Der alte Kachelofen, das viele dunkle Holz an Decke und Wänden, die massiven Holzstühle mit ausgesägtem Loch (in Herz- oder Weinglasform) in der Rückenlehne und die holzverkleidete Sitznische gehören noch genauso zum Inventar wie Chefkoch Stefan Braun. Nach wie vor setzt dieser bei der Ausgestaltung des Raumes weniger auf Weinstubenfolklore, sondern auf schlichte Eleganz, was dem Innenleben des „Winzers“ gut steht. Der gute Wolfram S. hätte zu Lebzeiten wohl von solider Bürgerlichkeit ohne Schwäche fürs Modernistische gesprochen.
Früher führte Stefan Braun zusammen mit seiner Frau Helga die „Brezel“ im Zentrum von Neustadt und machte sich schon zu dieser Zeit mit ideenreicher Frischeküche einen Namen. Seit September 2009 betreibt er den Gimmeldinger Winzer und auch hier bleibt er seinem Stil treu. Neben ehrlicher Regionalkost, wie sie pfalzübergreifend in vielen Weinstuben serviert wird, bietet Braun herzhaft Gutbürgerliches, nicht selten mit elsässischen Akzenten. Von seiner Liebe zum Nachbarn zeugen Quiche, Schnecken, Baeckeoffe und Woigugelhupf.
Seine Frau Helga vermissten wir an jenem Novemberabend. Statt ihrer wurde der Service von zwei jungen Mädchen geschmissen. Beide redlich bemüht, um ihre Sache möglichst gut zu machen. Was sie an Professionalität vermissen ließen, machten sie mit jugendlichem Charme locker wett und so fühlten wir uns von den jederzeit freundlich agierenden Mädels gut umsorgt, wenngleich es auch manchmal etwas dauerte, bis wir eine der beiden zu Gesicht bekamen.
Wir waren recht früh dran und wurden zu unserem Tisch am Ende des Gastraums geführt. Von dort beobachtete ich, wie sich dieser nach und nach füllte. Als wir zweieinhalb Stunden später den Winzer wieder verließen, waren noch nahezu alle Tische (manche auch mit größeren Gruppen) belegt.
Die Beschaffenheit der Speisenkarte hätte gar nicht „oldschooler“ ausfallen können, steckten doch die bedruckten Listen in wenig kultiviert wirkenden Klarsichthüllen. Die Zweckmäßigkeit heiligte eben die Mittel. Gleich auf Seite 1 lockte ein übersichtliches Aperitifangebot mit Sherry, Campari, Ricard und Co zu Preisen, die den Appetit nicht verdarben. Das Glas Riesling Sekt vom Weingut August Ziegler aus Maikammer war für erfreuliche 4,50 Euro zu haben. Das Bier stammte von der 1846 in Ludwigshafen-Oggersheim gegründeten Privatbrauerei Gebr. Mayer. Ein Familienbetrieb, der sich heute „Mayer’s Brauwerk“ nennt und als mittlerweile in der fünften Generation geführter Hort handwerklich hergestellter Hopfenkaltschalen die älteste Braustätte der Pfalz darstellt.
Selbstverständlich stand bei der Getränkeauswahl das umfangreiche Weinangebot im Vordergrund. Wir sind schließlich hier in Gimmeldingen, wo so wohlklingende Großlagen wie Meerspinne und Mandelgarten zum Stolz der Mittelhaardt gehören. Stolleis, Ziegler, Steigelmann – dem Kenner durchaus bekannte Namen, deren Kreszenzen auch viertelweise für um die 5 Euro offen ausgeschenkt wurden.
Gegen den Durst behalf man sich mit einer Flasche Mineralwasser für zurückhaltende 2,90 Euro. Mayer‘s Kellerbier kam frisch vom Fass, also warum nicht mal antesten? Bier in Gimmeldingen – klang irgendwie antizyklisch, schmeckte aber richtig gut. Die 0,3l-Abfüllung stand später mit 3,80 Euro auf der Rechnung. Soweit galten unsere durstigen Seelen als gesättigt, aber auch die hungrigen sollten mit Gutem gefüllt werden.
Wir wollten uns ja nicht nur den Mund „amüsieren“, sondern hatten von der Wanderung richtig Hunger mitgebracht. Gleich bei der ersten Seite mit den Tagesempfehlungen (jeweils vier Vor- und Hauptspeisen plus ein Deesert) blieb ich hängen. Bauerngans, Grünkohlknödel, Wildschweinsaumagen und Elsässer Baeckeoffe versprachen deftige Winterkost. Doch auch das Standardrepertoire klang appetitanregend. Knusprig gebackene, pikante Pulled-Pork-Kroketten, Saumagencarpaccio, französische Zwiebelsuppe und jede Menge auf Sauerkraut gebettete Pfalz-Classics (Flääschknepp, Broodworscht, Saumaache unn nadierlich Läwwerkneedel) waren zu zivilen Preisen erhältlich.
Für gutbürgerlich gesinnte Carnivoren standen Wiener Schnitzel, argentinisches Rumpsteak, Winzersteak vom Schweinenacken und Schweinerückensteak mit Spätzle und Pfefferrahmsauce bereit. Mit 17,90 Euro markierte der entweder von Kräuterbutter oder Röstzwiebeln begleitete Fleischhappen aus Südamerika (inkl. Bratkartoffeln) die preisliche Obergrenze. Selbst das in der Butterpfanne gebratene Kalbsschnitzel kam mit Pommes frites und Salat nicht über lobenswerte 17,50 Euro hinaus.
Auf Nachfrage hin wurde die wahre Identität der „Rahmsuppe des Tages“ (5 Euro) geklärt. Um das feine Kartoffelcrèmesüppchen mit Einlage kam ich nicht herum. Aber auf den Feldsalat mit Kracherle und ausgelassenem Speck, Kirschtomaten und Wachtelei (7,90 Euro) wollte ich auch nicht verzichten. Also habe ich ganz locker nach Art und Weise meines Bremer Mentors zwei Vorspeisen bestellt. Man gönnt sich ja sonst nicht gerade viel. Meine nicht ganz so gierige Begleitung begnügte sich mit dem hausgebeizten Lachs an Kräutersauce und bunten Blattsalaten (11,50 Euro) vorweg.
Der in einem anderen Forum als „Elsassinator“ gefürchtete Schreiber dieser Zeilen outet sich hier mal als getreuer Verehrer der herzhaften bürgerlich-elsässischen Rustikalküche. Genau wie beim Pfälzer Pendant wird auch bei ihr getreu dem Motto „Im Einfachen liegt die Raffinesse“ aufgetischt. Schön, dass sich Küchenchef Stefan Braun dies zu Eigen macht und mit einigen typischen Spezialitäten aus der Nachbarregion aufwartet. So ein Elsässer Baeckeoffe, der stundenlang in einer traditionellen Steingutterrine gegart wird, ist schon eine besonders köstliche Deftigkeit, die einem in der Pfalz nicht so oft serviert wird.
Das nach dem Backofen des örtlichen Bäckers („Bäckerofen“) benannte Gericht, bei dem die weibliche Landbevölkerung mit ihren mit Fleisch, Kartoffeln und Gemüse gefüllten Tonterrinen die Restwärme des Bäckerofens ausnutzten (so die Überlieferung), gehört mittlerweile zum kulinarischen Erbe des Elsass. Seine verschiedenen, mürbe gegarten Fleischsorten (Rind, Lamm, Schwein), die sättigenden Kartoffeln und der aromatische Sud aus Gemüse und trockenem Weißwein machen ihn zu einem ganz besonderen Leckerbissen, der an kalten Tagen das Herz erwärmt.
Ungeachtet der beiden Vorspeisen entschied ich mich für den Elsass-Eintopf, auch wenn ich schon im Vorfeld um seine Mächtigkeit wusste. Die hierfür verwendeten Zutaten und der Aufwand bei der Zubereitung rechtfertigten allein seinen Preis, der mir mit 18,90 Euro keineswegs zu hoch erschien. Meine Begleitung bestellte im Hinblick auf ihr Magenvolumen wesentlich vernünftiger. Wie vor zwei Jahren sollten es auch diesmal wieder die Käsespätzle mit Röstzwiebeln und gemischtem Salat (8,90 Euro) sein.
Die Küche grüßte mit frischem Kräuterquark, zu dem sich dunkles Bauernbrot und ein paar Radieschen gesellten und der uns die Wartezeit aufs Essen etwas verkürzte. Die mit einem schmackigen Hackklops als Einlage gereichte Kartoffelsuppe duftete leicht nach Majoran und zeugte von solidem Handwerk beim Abschmecken. Zeitgleich mit ihr traf der feinsäuerlich angemachte Feldsalat ein, bei dem die buttrigen Croutons und der würzige Speck für ein kraftvolles Geschmacksbild sorgten. Auch die Dame gegenüber lobte ihren Lachsteller, der liebevoll zusammengestellt war und mit Produktfrische überzeugte. Der hausgebeizte Protagonist brillierte im Zusammenspiel mit einer leichten Kräutersauce und der dezent würzigen Vinaigrette der Blattsalate. Daneben steuerten Schnittlauch und Dill frische Noten bei. Cocktailtomate und Wachtelei rundeten den Teller stimmig ab.
Schon leicht vorgesättigt warteten wir gespannt auf unsere beiden Hauptgänge. Der Baeckeoffe dampfte mir ganz stilecht aus einer kleinen Tonterrine entgegen. Kaum hatte ich diese ihres Deckels entledigt, nahm ich dessen unverwechselbaren Fleischduft war. Die Säure des Weißweins: präsent. Der Wohlgeruch des Gemüses (Zwiebeln, Karotten, Lauch): betörend. Darüber ein Teppich aus herrlich zarten Pfälzer Kartoffelscheiben. Gewiss keine leichte Kost, aber ein glücklich machender, beherzt gewürzter Mikrokosmos guter Zutaten, die anscheinend genügend Zeit hatten, ihr Aroma schonend zu entfalten. Besonders der aus Wein, Fleisch- und Gemüsesaft gewonnene Sud schmeckte umwerfend. Umamifaktor 100! Ihm war es wohl in erster Linie zu verdanken, dass ich den Inhalt der Terrine bis auf den letzten Krümel verputzte.
Die schlotzig-cremigen Käsepätzle, die sich meine Begleitung munden ließ, habe ich schon beim letzten Bericht lobend erwähnt. Von der Portionsgröße her stimmig und was die Käseausstattung betraf mächtig, so das Fazit der komplett gesättigten Dame am Tisch.
Die Frage nach einem Nachtisch erübrigte sich genauso wie die Frage, ob wir dem Winzer mal wieder einen Besuch abstatten. Na, klar! Denn hier in Gimmeldingens Ortskern sind die Preise reell und das, was auf den Teller kommt, frisch und schmackhaft zubereitet. Gut, so einen traumhaften Blick in die Rheinebene wie vom nicht weit entfernten Moro hat man hier nicht. Dafür wird man aber anständig bedient und muss sich nicht über das PLV ärgern.