"Auf ‘ne Wurst mit Tim Mälzer"
Geschrieben am 17.01.2020 2020-01-17 | Aktualisiert am 21.01.2020
"Essen bei der griechischen Nachbarin: gut Gegrilltes mit der schnellen Beilage"
Geschrieben am 15.01.2020 2020-01-15 | Aktualisiert am 17.01.2020
"Vietnam und Thai - als Hausmannskost und ohne Schnick-Schnack"
Geschrieben am 13.01.2020 2020-01-13
So erlauben gängige Software wie der Atlassian Toolstack oder Kollaborations-Werkzeuge wie MS Teams oder Skype die Zusammenarbeit mit internationalen Projektteilnehmern auf sehr einfache Art und Weise am Laptop, nur die Zeitverschiebung ist ein regelmäßiger limitierender Faktor in Sachen Live-Konferenzen.
Aber wenn in einem global agierenden Konzern bedeutende strategische Veränderungen in der Digitalmarschroute anstehen, kann es durchaus Sinn machen, diese und ihre fortlaufenden Iterationen in regelmäßigen Planungs-Konferenzen zu überprüfen, weitere Schritte zu planen und sich ganz altmodisch „offline“ mit den jeweiligen Stakeholdern auszutauschen.
Und so erreichte mich schon im Oktober die mit typisch schweizerischer Liebenswürdigkeit vorgetragene Order, doch bitte zum „IT Summit“ im Januar nach Zürich zu kommen und „Grüezi“ zu sagen.
Dem kam ich natürlich sehr gerne nach, ich bin gerne in der Schweiz und die Flugzeiten darf man wohl getrost als komfortabel bezeichnen. Dank der visionären Baustellen- und Verkehrsplanung in und um Solingen herum, benötigte ich jedoch für die paar Kilometer zum Flughafen zunächst fast genauso lange wie hernach für 450 Kilometer nach Zürich in der Luft.
Nach dem ich das Vehikel im Parkhaus untergestellt, den Koffer beim Check-In auf seine Reise gebracht und die Sicherheitskontrolle hinter mir gelassen hatte, war nun endlich Zeit für ein wenig Entspannung.
Da ich vergessen hatte, den abendlichen Schlummertrunk in meinem Reisegepäck zu bedenken, konsultierte ich zunächst den Duty-Free Shop meines Vertrauens und endetet mit einem reinsortigen Shiraz, der seine Aufgabe später sehr zur Zufriedenheit erfüllte.
Die tiefschwarze 15%-Fliegerbombe sorgte nämlich nach zwei Gläsern für eine dermaßen entspannte Bettschwere, dass ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten trotz laufendem Fernseher und eingeschaltetem Licht über beiden Nachttischen fast eingenickt wäre.
Bedenke ich, was man gemeinhin über die mimosenhaften Weinvorlieben eines hier sehr präsenten Herrn aus Bremen weiß, dürfte ihn alleine das Bouquet dieses Tropfens für eine halbe Stunde niederstrecken.
Der Flughafen Düsseldorf scheint sich bei TV-Köchen aus unternehmerischer Perspektive großer Beliebtheit zu erfreuen, während Tim Mälzers Jugendfreund Jamie Oliver sich in Terminal C breit gemacht hat, betreibt Mälzer in Terminal A eine Niederlassung seines „Hausmann’s“ – das Nagelstudio-Apostroph (danke lieber Oparazzo für diesen schönen Begriff!) verzeihe ich heute aufgrund der „internäschional Lokäschion“ ausnahmsweise.
Anfang letzten Jahres geriet das Hausmann’s in die Schlagzeilen, als die Filiale in der Düsseldorfer Altstadt nach nur vier Jahren schließen musste, Tim Mälzer und sein Geschäftspartner Patrick Rüther hatten nach eigener Aussage in dieser Zeit an diesem Standort stets Verluste gemacht, weil sie die Kostenstrukturen nicht in den Griff bekamen und schließlich die Reißleine ziehen mussten.
Ob dies für Herrn Rüther als Mitinhaber der Hamburger „tellerrand consulting“ (Claim: „kreation.strategie.leidenschaft“), einer Gastronomie Beratungsfirma, unbedingt eine gute Eigenwerbung war, bleibt dahingestellt.
Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung, dass es das Restaurant hier am Flughafen gibt und stolperte erst darüber, als ich den Duty-Free-Shop mit meiner Flasche Borgi-Kryptonit verließ.
Schon die Take-Away Angebote wie kreative Sandwiches (eine Pulled-Chicken Variante sah sehr verlockend aus) machten mich neugierig, die offene Küche verströmte sehr dezente aber dennoch äußerst appetitanregende Düfte, die Karte las sich für Flughafen-Maßstäbe durchaus ansprechend und halbwegs akzeptabel bepreist: Schnell war ein ruhiges Plätzchen im hinteren Bereich gefunden.
Dort ist es ruhig und entspannt, vom Trubel der „Terminal-Mainstreet“ bekommt man nichts mit, man blickt auf das Flugfeld, spielt mit dem Handy und geht seinen Gedanken nach.
Wenige Momente später wurde ich ausnehmend höflich von einem gepflegten Herrn um die Fünfzig in Hausmann’s Uniform begrüßt und mein Getränkewunsch erfragt.
Die wohltemperierte Cola kam in einer stets gerne gesehenen 0,2l Gastroflasche, das blitzblanke Glas leider ohne Eis und Zitrone, was zum Flughafenpreis von 3.50€ mehr als eine schöne Geste gewesen wäre. Dazu legte man das Besteck vor, Messer und Gabel in einer äußerst hochwertigen schweren Zellstoff-Serviette, eingefasst von einer hübschen Banderole mit dem Restaurant Logo – nett!
Die Karte bildet Diner-typisch auch das Tisch-Set, sie beinhaltet querbeet das, was Mälzer als moderne Hausmannskost mit Wohlfühlgarantie definiert: Fish’n’Chips finden sich neben Nürnberger Würstchen mit Sauerkraut, Burgern, Pasta, gegrilltem Hahn von der Rotisserie, gefüllten Ofenkartoffeln und Salaten.
Dass der gute Tim - mit dem ich vor einigen Jahren in einer Drehpause mal ein Bier getrunken habe und ihn als sehr sympathischen, bodenständigen Kumpeltyp erleben durfte - Bolognese-Soße seit seiner Kindheit abgöttisch liebt, erwähnt er ja quasi alle paar Minuten.
Auch, dass er seine Variante nicht mit Hack sondern aus nach langem Köcheln gezupften Rind-, Schwein- und Lamm-Fleisch zubereitet hat es dank seiner medialen Omnipräsenz schon des Öfteren informativ in diverse Kochsendungen geschafft.
Insofern empfand ich die apostroph-freie „Tims Bolognese“ verlockend, da ich aber nur begrenzte Zeit und nicht allzu großen Hunger hatte, außerdem von Pasta immer sehr schnell satt werde, widerstand ich dieser Verlockung heldenhaft und entschied für die sympathisch karg deklarierte „Currywurst mit Pommes“ zu in der Abteilung Airport geradezu zivil anmutenden 10,60€.
Nicht ganz zehn Minuten später rauschte mein teutonisches Fast-Food Urgestein heran und überzeugte neben einer ansprechenden Optik auch mit einer Lava-ähnlichen Temperatur der dicken, goldgelben Pommes Frites. Die kurze Zeit bis zum Servieren lässt rückschließen, dass sie doppelt frittiert wurden, wofür auch die Tatsache sprach, dass sie angenehm knusprig waren, was mir bei der dicken Variante ansonsten oft fehlt – triple-fried ist bei dieser Machart natürlich noch ein Stück besser.
Ein erstes Stück von der im Schnitt recht festen Wurst offenbarte eine rötliche Schnittfläche, ich erspähte einige Senfkörner, roch daran und da war diese typische Pökelnote, die mich direkt an den Schwenkgrill auf dem Weihnachtsmarkt denken ließ: Hurra, eine Krakauer!
Ich freue mich jetzt schon auf die Kommentare hierzu, aber für mich bleiben diese Würste in der Currywurst-Variante eine ewig schöne Kindheitserinnerung, nämlich an Skihütten in Österreich und Oberbayern.
Dort hat man die Würste damals immer frittiert, was der Wurstpelle immer ein Aussehen von im Wasser geschrumpelter Haut verlieh, was mich als 7-jährigen aber eher wenig abschreckte.
Freudig ein erster Happen, auch der Geschmack der gut gebratenen Wurst wusste zu überzeugen, das war keine Billigware sondern eine in jeder Hinsicht gehaltvolle wie ehrliche Angelegenheit.
Die Currysoße gefiel auch gut, schönes Spiel von Süße, Schärfe und etwas fruchtiger Säure, ein Hauch Ingwer war mit im Spiel, die Konsistenz genau zwischen Berliner Pampe und Ruhrpott Suppe.
Das Currypulver mild aber trotzdem aromatisch, eine typisch englische Mischung mit deutlich mehr Tiefe als das Placebo-Kurkuma das in vielen Kantinen und Imbissen zum Einsatz kommt.
Wer möchte bedient sich dazu gratis an Ketchup, Mayonnaise und Senf Tütchen von Heinz, die in gepflegten kleinen Zubern auf den Tischen bereit stehen.
Die Wurst selbst war ein Kaventsmann erster Güte, wer von diesem Teller nicht satt wird, hat ein schwarzes Loch im Magen, ich schaffte die Wurst nicht ganz und die Beilage knapp zur Hälfte, was aber sicher nicht dem Geschmack geschuldet ist.
Die Bezahlung mit „Apfel Bezahl“ konnte selbstredend bequem am Tisch erledigt werden, für den für ein solches Lokal auffallend höflichen und geschult wirkenden Service gab ich angemessenes Trinkgeld, ich habe mich wohl gefühlt bei meinem Aufenthalt.
Vielleicht war das ein gutes Omen für den kommenden, ruhigen Flug mit schönen Bergperspektiven in der Ferne:
Come on fly with me, we'll fly, we'll fly away
Fazit
Das war solide, ehrliche Kost mit guten Produkten, auch was an den Nebentischen verzehrt wurde sah durchaus ansprechend aus, 4 Sterne für eine durch und durch gelungene Currywurst-Vorstellung!
Der Service nah an der Perfektion, das Verhalten gegenüber dem Gast und das geschulte Auftreten stünden so manchem Restaurant außerhalb eines Flughafen Terminals sicher gut zu Gesicht: 4,5 Sterne.
Das Ambiente im hinteren Bereich sehr ansprechend, es ist gemütlich dekoriert und man macht das Beste aus den hohen Räumen des Terminals, zudem dort schön ruhig: 4 Sterne.
Die Sauberkeit ohne Tadel, alle Flächen ohne Makel, Tische wurden sofort abgeräumt und gesäubert: 5 Sterne
Das PLV an einem Flughafen kann eigentlich nie herausragend sein, das des „Hausmann’s“ sehe ich bei 4 Sternen, wie wir alle wissen ist es sehr einfach, am Flughafen weit mehr Geld für den letzten Schund auszugeben.
Ich freue mich schon jetzt auf die „legendäre“ Bolognese und werde hart mit ihr ins Gericht gehen! :-)