Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Das Fes BBQ läuft abends mit „Zwei-Taktmotor“, heißt die Tische werden in einem bestimmten zeitlichen Rahmen zweimal besetzt. Die frühen Vögel können von 17 bis 19.45 Uhr ihren Mezz(e)kapaden frönen, während der gemeine Spätgriller von 20 bis 23 Uhr das orientalische BBQ genießen kann. Wir wählten das frühe Zeitfenster, schließlich hatte ich an diesem Abend noch ein spontanes Date mit einem bekannten Gastroguide’ler, der beruflich in der Hauptstadt zu tun hatte.
Das Wetter spielte mit, so dass wir es uns draußen an einem der langen Holztische mit integriertem Tischgrill bequem machen durften.
Die Terrasse vorm Haus
Turkish-Tischgrill-Experience
Das heißt, so bequem es eben ging, denn der Sitzkomfort ist auf Kreuzberger Terrassen ein knappes Gut, wie ich während der Klassenfahrt mehrfach feststellen durfte.
Eine freundliche junge Dame begrüßte uns herzlich und erklärte kurz, was es mit den angebotenen Set-Menüs und der optionalen Auswahl an Mezze auf sich hatte. Wir fühlten uns hier wesentlich besser beraten als zwei Tage zuvor bei Osmans Töchtern und lasen mit Interesse, was uns im Fes BBQ kulinarisch erwarten würde.
Die 18 verschiedenen Mezze-Teller werden hier nicht vorweg gereicht, sondern begleiten die jeweiligen Grillgerichte, unter denen sich Köstliches vom Lamm (Koteletts, Filet oder aus der Keule), Rind (Black Angus) und Hähnchen (Brustfilet und Schenkel) tummelte. Wir einigten uns schnell auf die Bestellung eines Set-Menüs. Es nannte sich „Iki Kumru“ (72 Euro) und war eigentlich für zwei Personen gedacht. Drei würden aber auch davon satt werden, so die Ansage unserer Servicekraft.
Darin enthalten waren noch drei frei wählbare Mezze, ein grüner Salat („Toros“), eine Süßspeise zum Teilen, zwei Kaltgetränke sowie ein türkischer Tee („Cay“) und ein Mokka. Das Herzstück des Menüs war eine gemischte Grillplatte von 500 Gramm Rohgewicht. Darauf befanden sich Stücke vom Angus Rind, Lammfilet, Hähnchenbrust und Hähnchenschenkelfleisch. Lamm und Hähnchen waren bereits vormariniert. Das fein marmorierte Rindfleisch kam gänzlich ohne Marinade aus. Aber mit der in einem kleinen Keramikbecher dazu gereichten, hausgemachten Gewürzmischung ließ sich auch dieses wunderbar verfeinern.
Unsere Vegetarierin am Tisch durfte ihren Hunger natürlich fleischlos stillen. Sie wählte noch einen zusätzlichen Toros-Salat (9 Euro) und suchte sich aus dem Mezze-Programm drei verschiedene Teller aus. Dieses kulinarische Unterfangen nannte sich „Tadina Bakacakti“ und war für gerade mal 15 Euro zu haben. Angesichts des bald darauf Gebotenen hatte ihre Mezze-Auswahl ein geradezu sensationelles Preis-Genuss-Verhältnis vorzuweisen.
Irgendjemand am Tisch – vielleicht auch ich – bestellte noch zusätzlich ein paar „Citir Manti“ (6 Euro). Das waren kleine, knusprig gebackene türkische Tortellini, die auf einer mit frischer Glattpetersilie und diversen anderen Kräutern verfeinerten Joghurtsauce thronten.
Citir Manti
Wohlgehopftes bestimmte unsere Getränkewahl. Aus der kleinen, aber feinen Flaschenbierkollektion entschied ich mich für ein Noam - Bavarian Berlin Lager (0,33l für 4,50 Euro).
A Noam sauf i
Diese schon optisch viel hermachende Hommage an das bayrische Helle war als absolut süffiges Genussbier ein erfrischend milder Begleiter durch der orientalische Grillfältigkeit des Abends. Die anderen Kollegen labten sich hemmungslos am Hefe- bzw. Kristallweizen der Marke Schneider Weisse. Das vor Ort in Berlin gebraute BRLO-Pale-Ale wäre auch eine Option gegen den Durst gewesen, aber wir hatten eh vor, dem BRLO-Brauhaus am Gleisdreieck mit seinem hübsch angelegten Biergarten im Anschluss an unser Abendessen noch einen Besuch abzustatten.
Besonders einfallsreich fand ich die Beschreibungen der wenigen glas- bzw. flaschenweise ausgeschenkten türkischen Weine. Beim Isabey-Sauvignon Blanc wäre laut Karte der „Bauchtanz im Mund“ vorprogrammiert. Der türkische Shiraz sollte angeblich Spuren hinterlassen, „so wie die verflossene Liebe“. Und ob sich die rote Cuvée aus den Trauben Bogazkere und Öküzgözü wirklich „geishahaft ans Herz geschmiegt“ hätte, wäre bei kühleren Temperaturen durchaus einen Versuch wert gewesen.
Das rohe Fleisch war in vier kleine Hügel aufgeteilt.
Rind, Lamm und zwei Sorten vom Huhn
Es wurde auf einer kleinen Schiefertafel arrangiert und sah sehr appetitlich aus. Der Tischgrill kam schnell auf die benötigte Temperatur. Eine kleine Zange zum Wenden der Fleischstücke wurde ebenfalls mitgeliefert. Ich eröffnete flugs die Kreuzberger Karnivorenspiele und gab an diesem Abend gerne den Fleischwender aka Grillmaster „Fes“.
Die angenehmen „Begleiterscheinungen“ unseres türkischen Grillabends trafen übrigens zeitgleich mit dem fleischernen Rohmaterial ein. Sieben Mezze plus zwei Salate bevölkerten alsbald unseren dunkellackierten Holztisch, der allmählich Farbe annahm.
Farbenfrohe Mezze-Auswahl
Schon rein optisch machten die hübsch angerichteten, orientalischen Speisen eine ganze Menge her. Unter dem Namen „Pilaki“ schwammen weiße Riesenbohnen und Karotten in einer warmen, mit Kräutern gewürzten Tomatensauce.
Pilaki
„Icli-Köfte“ nannte man die halbierten Hackfleisch-Taschen in knuspriger Grießpanade. Und die waren genauso lecker, wie sie auf dem Bild aussehen.
Icli-Köfte
Die bereits erwähnten „Citir Manti“ lieferten sowohl Knusper als auch Frische. „Hayal-I Demir“ hieß der gebratene, mit etwas Knoblauch versehene Spinat, der mit leicht angerösteten Mandeln und einer Joghurthaube nicht nur die Vegetarierin am Tisch begeiserte.
Hayal-I Demir
Mit ihren als „Sushi Börek“ bezeichneten, knusprigen Röllchen hatte die überzeugte Fleischverzichterin voll ins Schwarze getroffen. Deren Kartoffel-Käse-Lauch-Füllung war von einem kross frittierten Filoteig umhüllt. Ein Knusperbeispiel par excellence und obendrein ein orientalisches Fingerfood, das richtig Spaß machte. Hier passte übrigens die Verfeinerung mit ein paar Spritzern süß-säuerlicher Balsamico-Reduktion ganz ausgezeichnet.
Sushi Börek
Beim „Toros-Salat“ wetteiferten Kirschtomaten und Granatapfelkerne um das kräftigste Rot in der Schale. Frühlingszwiebel und Minze landeten erfrischend-würzige Wirkungstreffer am Gaumen. Kurz in der Pfanne geschwenkter Sesam ergänzte das mit einem leicht süßlichen Essig-Öl-Dressing versehene Blattwerk mit dezent nussigen Noten, was einen in jeder Hinsicht gelungenen Salatteller ergab.
Toros-Salat
Auch die mit fruchtig-pikanter Tomatensauce übergossenen, in Spanien vom „Padron“ stammenden Pimientos, die auf den lustigen Namen „Kizarmis Süsbiber“ hörten, erfüllten ganz unprätentiös ihren kulinarischen Zweck.
Kizarmis Süsbiber
Das cremige, aus Kichererbsenpüree und Sesampaste zubereitete „Yesil Humus“ lief danke eines aromatischen Basilikum-Mandel-Pestos zu mundfüllender Hochform auf.
Da waren die Mezze noch nicht "gelesen" ;-)
Obwohl es bei der reichhaltigen Auswahl am Tisch keiner zusätzlichen Sättigungsbeilage bedurft hätte, lieferte man uns noch eine Schale mit zweifarbigem Reis, der die Mezze feinkörnig begleitete und die morgenländischen Aromen adäquat einband.
Zwei Farben Reis
Beim Fleisch bildeten die leicht marmorierten Angus-Happen die Spitze, dicht gefolgt vom butterzarten Lamm. Zusammen mit dem hauseigenen Grillgewürz genossen, wähnten sich die drei Fleischesser am Tisch im siebten Karnivorenhimmel.
On the grilling field...
Was für ein geniales BBQ-Erlebnis im Fes, an dessen Namen wir problemlos ein „t“ hätten dranhängen können.
Dass wir uns nach dieser Grillorgie die im Set-Menü inkludierte, süße Kalorienbombe namens „Irmik Helvasi“ teilten, lag nicht an deren Geschmack, sondern an unserem fortgeschrittenen Sättigungsgrad.
Irmik Helva
Das aus mehreren Schichten bestehende Küchlein aus Maisgrieß darf in der Türkei bei keinem festlichen Anlass fehlen. Besonders die zerkleinerten „Engelshaar“-Teigfäden machten das mit einer cremigen Vanilleeis-Auflage versehene Dessert zum gelungenen Schlussakkord in Süß.
Fazit:
Zu diesem gelungenen Konzept kann man Cem Tanriverdi, dem Inhaber des 2015 eröffneten Lokals, nur gratulieren. Für uns war der Abend im Fes BBQ das kulinarische Highlight der Berlinfahrt. Hier in direkter Nähe zum Südstern passte einfach alles. Der sympathisch und flott agierende Service, die angenehme Atmosphäre auf der Terrasse, die qualitativ hochwertigen Speisen und natürlich auch der eiskalte Raki, den man uns am Ende spendierte.
Verdauungsgeschenke gerne angenommen!
Ein Besuch der Toiletten bestätigte den gepflegten Eindruck, den auch der in zeitgemäßem Industrial-Shabby gehaltene Gastraum versprühte.
Ansicht Gastraum
Die Anleitung zum reuelosen Raki-Genuss auf der Tafel über dem Ausschankbereich fand ich dabei besonders interessant.
Blick zur Theke (für Raki-Rekruten)
Nachrede (und keine üble…):
Gut gelaunt und gesättigt machten wir uns dann auf in Richtung Gleisdreieck, wo wir doch tatsächlich noch einen der begehrten Tische im BRLO-Biergarten ergattern konnten. Hier frönten wir ungeniert und halbliterweise den handgecrafteten Bieren gemäß dem Motto: „Das erste Bier, das löscht den Durst. Ein zweites stimmt mich heiter. Nach dreien ist mir alles Wurscht. Drum sauf‘ ich einfach weiter!“
Ganz so lange konnte ich meinen Kollegen an jenem Abend bei der Beseitigung der Bierbestände des BRLO-BRWHOUSE nicht beistehen, da am Potsdamer Platz ein freundlicher Mann mit Hut aus dem hohen Norden wartete, um mit mir in der Frederick’s Bar bei parfümierten Cocktails (Patchouli…) und Santa Teresa 1796 den seltenen Plausch unter Freunden zu pflegen. Schöner kann ein Tag selbst in Berlin kaum enden…