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Anlässlich der aktuell stattfindenden (11.09.2014 bis 05.10.2014) ‘‘Tour de menue gusto‘‘ in und im Umkreis der verbotenen Stadt, besuchten wir das Fritz Essensart in Haan. Die Reservierung verlief problemlos online und wurde umgehend bestätigt. Entgegen der Verfahrungen des von mir höchst geschätzten, anglophilen Herrn S. aus SG lotste uns ein Winzigweich-Gerät, sogar offline, in Rekordzeit zum Restaurant.
Zu Umfeld und Lage wurde bereits umfassend gelästert, daher spare ich mir weitere Ausführungen. Die Terrasse ist sehr geschützt, daran kann sich so mancher Laden aus dem Landeshauptdorf durchaus ein Beispiel nehmen. Das Ambiente ist wie so oft Geschmackssache, für uns sind die bequemen Stühle genau das, was der Arzt verschreiben würde, so er es denn zu Lasten der Versicherung dürfte... Innen dominiert weiß mit etwas zeitgenössischer Kunst an den Wänden. Die Abstände am Tisch und zu den übrigen Gästen sind komfortabel, trotzdem kostet es nicht unerhebliche Anstrengungen die hochwichtigen Mitteilungen extrovertierter 'Bestager' vom Nebentisch (á la; „Letztes Mal in Cannes war 's aber besser...), stoisch auszublenden.
Diese unbedeutenden Störgeräusche werden durch die ungezwungene Freundlichkeit des Service (Nikoleta & Carl-Fredrik Borg nebst einer Servicekraft) mehr als wettgemacht. Schon die Begrüßung bei unserem Eintreffen war herzlich und der gesamte Ablauf wirkte natürlich. Um es vorweg zu nehmen, so einen guten, kompetenten Service hatten wir in der Vergangenheit eher selten. Hier muss der Name wohl als Programm gesehen werden: Wir sind die Borg, Widerstand ist zwecklos! ...und bei der Qualität auch nicht nötig. (Sehr frei nach Tng und Voyager)
Der Tisch war nett eingedeckt, mit Broschüren zur Tour, dem nötigen Werkzeug zum Start (das Menue-Besteck wurde nach dem amuse komplettiert), einem Teelicht und frischen Blümchen in schlichter Vase. Schnell kam die Frage nach den Getränken und wir orderten eine Flasche stillen Wassers, einen alkoholfreien Aperitif (Madame durfte fahren und ich musste trinken...), einen Gin-Tonic und später einmal die Weinbegleitung zum Menue. Unmittelbar darauf folgte selbstgebackenes Brot, fleur de sel, Olivenöl und eine milde Aprikosenbutter sowie als erstes (!) amuse gueule eine scharfe Maiscrèmesuppe.
| Les amuse gueules |
1. Scharfes Maiscrèmesüppchen, sehr aromatisch und eher pikant als scharf (Ingwer?, Currypaste?) eine sehr gute Vorbereitung für
2. Auf der Haut gebratenes Rotbarbenfilet und Thunfischcrème mit Couscous. Sehr schön glasig gegarte Barbe mit krossem Hautstück, kräftige Crème und milder Couscous unterstützt durch nussige Daikonkresse, zusammen sehr gelungen.
| Die Suppe/Vorspeise |
Eigentlich eher ein Ensemble aus Artischockenschaumsüppchen mit Trüffelöl, Artischockensalat und Entenconfit-Praline. Sehr ansprechend im Weckglas mit Deckel präsentiert. Auf dem Deckel der Salat mit Praline, sodass beim Einsetzen der Suppe und abheben des Deckels, das Trüffelaroma ungebremst bis in die Nebenhöhlen schießt. Das nenne ich mal Wellness. Genial, das Öl über die Suppe zu geben, damit der feine Artischockengeschmack des sämigen Süppchens nicht erschlagen wird, chapeau. Dazu der fast wie Rohkost anmutende Salat und eine ebenso aromatische Enten-Rillettes-Krokette. Alle Komponenten geschmacklich, wie im Spiel der Texturen aufeinander abgestimmt. Ein toller Beginn und damit scheint klar, dass die Küche dem Service in nichts nachsteht.
| Der Zwischen-/Fischgang |
Die Bio-Garnelen in Anapurnacurry-Butter gebraten mit Passionsfrucht, Spinat, rotem Mangold und Couscous-Perlen waren ebenfalls perfekt zubereitet, glasig gebratene Garnelen in einer fruchtig-aromatischen Begleitung, dazu noch etwas Sesamkrokant, sogar die milden Couscous-Perlen passten ausgezeichnet. Da noch Schalenreste am Krustengetier recht widerspenstig hafteten, hätte ich mir ein Erfrischungstuch gewünscht. Dessen Fehlen sollte aber der einzige Lapsus des heutigen Abends bleiben, also höchstens Abzüge in der B-Note.
| Das Sorbet |
Eine sehr gelungene Abgrenzung zwischen Fisch und Fleisch stellte das Allerlei von der Birne mit Vanille dar. Ein mit Vanille aromatisiertes Birnensorbet, intensives Birnenkompott und ein glasiger Birnenchip. Auch hier im Kleinen wieder das Spiel der Texturen und bestens aufeinander abgestimmter Aromen. Sowohl Vanille als auch Birne waren differenziert schmeckbar und das Kompott schien mit Birnenliqueur (Williams?) angereichert. Durch den fruchtigen Fischgang der richtige Brückenschlag zur Hauptspeise.
| Der Hauptgang |
Ursprünglich als Test für die Küchenleistung gedacht wurde der Hirschrücken im Haselnussmantel mit zweierlei Petersilienwurzel, Graupentaler und Holunderbeerenjus in medium-rare bestellt. Nach der bisherigen Vorstellung schien aber klar dass die Garstufe für die Küche keine Herausforderung darstellt. In der Tat kam der Hirsch im offenherzig klaffenden Mantel gleichmäßigst saignant gegart daher. Das war schon wesentlich besser als vom Lehrbuch gefordert, nicht der leiseste, erkennbare Rand, im Kern noch roh, trotzdem warm. Stimmig im Verein mit Petersilienwurzel-Püree und -Streifen. In bissfester Konsistenz dazu die Graupentaler, alles harmonisch durch eine intensive Holunderbeerenjus (schon eher Demi-Glace) verbunden.
| Das Dessert |
Zum Schluss auch die Variation von Espresso, Mandel und Schokolade ohne im Geringsten zu schwächeln. Die Komponenten nicht zu süß aber trotzdem kräftig genug um den erdigen Aromen des Hauptgangs Paroli zu bieten. Insbesondere das stracciatellaähnliche Eis passte ausgezeichnet.
Der Service war den ganzen Abend über präsent und aufmerksam, nachschenken geschah just in Time. Besonders hervorheben möchte ich, dass unsere Bitte um Nachservice der Holunderbeerenjus prompt umgesetzt wurde. Und zwar nicht dergestalt, dass die Bitte in der Küche vorgetragen wurde um diese später, je nach Zeit des Service umzusetzen. Nein, Frau Borg ging direkt in die Küche und kam mit einem Kännchen der Sauce sofort zurück. Genau so wünscht man sich 's, bisher ist diese Umsetzung, zumindest nach unserer Erfahrung, einzigartig.
Leider kriege ich die Weinbegleitung (vier Gewächse) nicht mehr zusammen, es hat aber alles jeweils ausgezeichnet gepasst und war richtig temperiert. Zusammenfassend ein wirklich runder Abend mit tollem Essen und entsprechendem Service. Daher auf jeden Fall Wiederholungspotential. Eventuell sind die Getränkepreise an der oberen Schmerzgrenze, im Vergleich zur verbotenen Stadt aber immer noch im Rahmen.