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"Ganz schön abgefahren"
Geschrieben am 24.06.2016 2016-06-24 | Aktualisiert am 24.06.2016
"Neues Mauritius in Freiburg"
Geschrieben am 31.05.2016 2016-05-31 | Aktualisiert am 31.05.2016
"Unscheinbares Äußeres mit ausgezeichneter Küchenleistung"
Geschrieben am 13.03.2016 2016-03-13 | Aktualisiert am 13.03.2016
So ergab sich eine Gelegenheit, anlässlich einer Literaturrecherche im Staatsarchiv Freiburg und im erzbischöflichen Archiv die Wirtschaft im Wiehre-Bahnhof, Freiburg-Wiehre kennen zu lernen. Die Wiehre – das Wort stammt vom Wehr, mit dem die Dreisam gestaut wurde um trockene Bodenflächen zu erreichen. Schon im Jahr 1008 wurde das Gebiet „Wiehre“ so bezeichnet.. Auf diesen Flächen entstand das Dorf Adelshausen und ein Frauenkloster – die aber bei vielen Kriegsereignissen immer geplündert und vernichtet wurden. Das Frauenkloster wurde daher in die südliche Vorstadt Freiburgs verlegt. Als Freiburg wuchs, wurde 1825 das Gebiet eingemeindet. Und da in Freiburg Luft und Wasser gesund war, während im Ruhrgebiet die Cholera tobte, haben reiche Ruhrpöttler sich dort niedergelassen- So wurde die Wiehre ein großbürgerlicher Stadtteil im Süden Freiburgs, hat sogar den extra Bahnhof erhalten für die Höllentalbahn – die vom Hauptbahnhof Freiburg hoch in den Schwarzwald zum Titisee führt. Die Bahnlinie wurde im Rahmen der Verkehrsentwicklung an den Südrand verlegt und 1934 entstand der schlichte Bahnhof Wiehre als typischer Zweckbau.
Die Wirtschaft innen hat sich mit Jugendstilelementen offensichtlich sehr gut erhalten und wirkt ausgesprochen gepflegt. Das Mobiliar strahlt eine für Bahnhofswirtschaften ungewohnte Noblesse aus – alle Tische sind geschmackvoll eingedeckt, doch der Wirtsraum ist leer – heute ist nach langer kühler nasser Zeit plötzlich hochsommerliches Wetter und das Außenthermometer im Auto zeigt im Schatten lockere 42°. Also entschließe ich mich raus in den Außenbereich zu setzen- Vom freundlichen Service werde ich noch gefragt, was ich trinken möchte – ein bleifreies Radler – damit es bei der Hitze schneller mit dem Getränk geht. Der Biergarten mit ungefähr zehn Tischen und nochmal neun modernen Bänk/Tischplätzen entlang der Bahnsteige vor dem Bahnhofseingang wird von wenigen großen Sonnenschirmen beschattet, liegt sonst mittags voll in der Sonne.
An den mit einem Blumenstock, Besteck/Servietten-Glas geschmückten Gartentischen für vier Personen unter den großen Sonnenschirmen sind bei der Hitze kein Dutzend Gäste beim Mittagessen oder Trinken. Kaum habe ich an einem der Tische Platz genommen und schau mich um, kommt auch schon der schwarz mit ebensolchem Bistroschurz gekleidete Servicemann mit dem Radler (0,5 3,90)
und bringt mir die Mittagskarte. Das ist ein hellgrünes geschmackvoll dezentes Umblatt und eingelegt das Mittagstisch-Angebot – wie man es unten rechts unter Speisekarte auf der Webseite www.wiehre-bahnhof.com/speisekarte sieht. Drei Vorspeisen in Form von Salaten, Suppe, von 3,80 bis 9,80 , weiter sechs Hauptgänge zu 12,80 – Rindfleischsalat, Wiener Schnitzel, geschnetzelte Kalbsleber, Schweinemedaillons, Lachs und ein Risotto, zwei Nachspeisen- Mouse au Chocolate oder Panna Cotta zu 2,80. Sportive Preise selbst für Freiburg aber offensichtlich doch recht kalkuliert – der Vermieter/Verpächter dürfte sich nicht zurückgehalten haben, die Vorgänger hatten wohl Probleme und den Ruf der Wirtschaft in anderen Bewertungsportalen nicht gerade positiv vermehrt. Also bin ich gespannt.
Eigentlich wäre ja bei der Schweinehitze ein großer Eisbecher als Mittag angesagt – aber ich weiß, was ich hier den Kollegen bei GG schuldig bin – und wenn ich schon mal hier in Wiehre bin – stelle ich mir ein Mittagsmenu zusammen. Ich werde mit der Karotten-Ingwer-Suppe 5,80 beginnen, dann überlege ich zwischen Wiener Schnitzel mit Butterspätzle oder der geschnetzelten Kalbsleber gebraten mit Brägele und den Nachtisch – mal sehen. Der Ober kommt an den Tisch, fragt nach meinen Wünschen. Ich frage, was Brägele sind, Bratkartoffeln – das wars, irgendwas hatte ich in Erinnerung, aber eher an Brötchen gedacht. Bratkartoffeln sind mir lieber als Spätzle – also oder ich die geschnetzelte Kalbsleber gebraten (es gäbe lt. Karte auch sauer) und davor bitte die Karotten-Ingwer-Suppe. Danke. Der Servicemann tritt ab, geht in den Bahnhof und kommt kurz darauf mit einem kleinen Schüsselchen Quark und einen Korb mit drei Brotsorten, je zwei Viertelscheiben Graubrot, französisches Kuchenartiges und wohl Roggenbrot als Amuse Gueule. Ein gutes Zeichen für den Anspruch, den sich das neue Wirtschaftsteam da stellt.
Nach angenehm kurzer Wartezeit – ich habe noch die Hälfte des Amuse Gueule vor mir stehen bringt der Service auf einer kleinen Porzellanplatte einen viereckigen Suppenbecher mit der hellgelben Karotten-Ingwer-Suppe mit Croutons und Schnittlauchdeko.. Die Suppe ist heiß – und hot, sie hat Wumms – Ingwer-Karotten-Suppe dürfte es wohl besser treffen. Für mich sehr recht, für kalte Tage ideal aber hier brennt das Feuer der Karibik. Gut gemacht, wenn auch, sag mal positiv formuliert extrem seniorenfreundliche Portionsgröße - für Menu okay.
Mit der Frage, ob es recht war, wird abserviert, der Service agiert freundlich, informativ auch an den anderen Tischen. So erfahre ich, nachdem ich hier bald 25 Minuten ohne Bahnbetrieb sitze, auf meine Frage, ob denn die Bahnlinie überhaupt in Betrieb sei, dass der Bahnhof an der Höllentalbahnstrecke liegt – und als wäre es bestellt, fahren ohne Ansagen kurz drauf gleich zwei Züge aus verschiedener Fahrtrichtung ein. Wieder kurze angenehme Wartezeit, dann kommt der Teller, recht groß, doch darauf recht übersichtlich aber schlicht angerichtet die geschnetzelte Kalbsleber unter Röstzwiebeln und Bratkartoffeln.
Die Bratkartoffeln sind für die Fans von Bratkartoffeln aus roh dünn gehobelten Kartoffeln – vermutlich war das Fett noch nicht auf voller Hitze, als die Kartoffeln in die Pfanne kamen – sie wirken etwas fettig, sind aber schmackhaft ohne im Mund zu fett zu schmecken. Die Leber ist in feine Streifen geschnitten. Klar vermeidet man so die Diskussion um rosa oder durchgebraten, weil nur Letzteres übrig bleibt, die Zwiebeln schön kross und warm. Das Gericht ist sehr schmackhaft zubereitet und ich würde es als Damenportion bezeichnen. Logisch, dass nun noch der Nachtisch mehr als Platz hat – heiß ist es ja eh schon. Auf meine beim Abservieren des Tellers gestellte Frage nach dem Nachtisch kommt die Antwort Panna Cotta oder Mousse au Chocolate – Rückfrage nach etwas mit Eis wird mit einem Hinweis auf die neben dem Servicepult (mit Zubehör fürs Tischeindecken, Besteck etc.) stehende Gefriertruhe aber ohne weitere Details bentwortet. So bleibe ich bei Panna Cotta. Die Küchenmannschaft, so sah ich bereits während des Hauptgangs hat sich draußen auf dem Bahnsteig zur Mittagszigarette platziert (finde ich als Nichtraucher nicht so schön, denn, was kein Raucher glaubt, man schmeckt als Nichtraucher, wenn ein Raucher selbst nah ausführlichem Händewaschen ein Gericht angefasst hat). Die gehen kurz nach meiner Bestellung wieder in die Küche – man hört durch den Pass fröhliches Gelächter, Wasserrauschen, Stimmen, das Team scheint Spaß an der Arbeit zu haben. Kurz drauf kommt in einem kleinen viereckigen Glas – das stilistisch zu der gesamten Linie des Geschirrs passt – die schmackhafte Panna Cotta mit einem Spiegel von Kirsch-/Waldbeerensauce einer kleinen Spitze von der Mitze und Kokosflocken obenauf.
Fazit: nach Küchenreise 4 – wenn es sich ergibt, gerne wieder. Das Preisniveau ist nicht gerade niedrig – aber wenn man einen Betrieb langfristig halten will auf Basis der gebotenen Qualität passend. Die Zubereitung der Speisen ist handwerklich ordentlich, es fehlt vielleicht noch der kleine Kick, etwas Besonderes daraus zu machen, nicht nur gut – die Wirtschaft Wiehre-Bahnhof zu einem Begriff werden zu lassen. Das Service-Team scheint gut, und auch die Küche dafür geeignet – Jungs, haut rein. Ansonsten droht die Gefahr in der Randlage doch auf Dauer unterzugehen. Es wäre schade.