"Philipp Soldan - Sterne Restaurant in neuem Gewand"
Geschrieben am 08.05.2015 2015-05-08 | Aktualisiert am 08.05.2015
wg. Umbau bis Ende März geschlossen
Bis Ende März geschlossen: Aufgrund umfassender Bauarbeiten, mit denen wir das Philipp Soldan neu gestalten, ist das Gourmetrestaurant zurzeit geschlossen. Die anderen Restaurants und das Hotel sind geöffnet.
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Wellness Wochenende mit meiner lieben Frau im Relais & Chateau Hotel Sonne Frankenberg, einem Ort an dem man sich regelmäßig von Ein- bis Auschecken von Kopf bis Fuß Leib und Seele verwöhnen lassen kann. Einer der Höhepunkte eines jeden Aufenthaltes dort war für mich stets der Besuch des Sterne Restaurants Philip Soldan, dass bei meinem letzten Besuch im Januar diesen Jahres wegen Umbau und Neuausrichtung geschlossen hatte. Ich war also diesmal besonders gespannt.
Nach entspannenden Massagen und Saunagängen schritten wir beide also gegen 20.00 hinab in die Tiefen des Fachwerkensembles und wurden von dem neuen Maitre und Sommelier Timo Neidhardt begrüßt und an unseren Tisch geleitet. Dabei hatten wir schon Gelegenheit die Neuerungen des Ambientes zu goutieren. Gewichen ist der spektakuläre Gourmettempel mit großen runden Tischen, edlen Möbeln, Geschirr und Bestecken, die einen Besuch des Philipp Soldan schon bei Betreten zu etwas besonderen machen. Wir haben jetzt einen langgezogenen Raum, mit einer Wand von Weinregalen hinter Glas und einer offenen Küche am Fußende. Dazu zwei Reihen mit kleinen Bistrotischchen. Der kleine Sitzabstand macht intime Gespräche nur schwer möglich. Das Lokal war im Laufe des Abends nahezu vollbesetzt.
Etwas ernüchtert nahmen wir Platz, bejahten die Fragen Herrn Neidhardts nach einem Aperitif mit Champagner und widmeten uns dem Fixed Menu.
Zunächst kam lauwarmes Wasser, das ungekühlt auf einem Nebentisch abgestellt und in Designgläser eingeschenkt wurde. Es folgten zwei Gläser Louis Roederer, die deutlich zu warm waren. Der Sommelier verteidigte sich – die wären doch gekühlt auf 6°C. Waren sie definitiv nicht. Er nahm die Gläser dennoch zurück und stellte die Flasche auf Eis!
Uns erreichte ein kleine Platte mit diversen Amuses zum Aperitif – aber der Aperitif war ja noch nicht da. Naja, sie schmeckten dennoch sehr gut. Dann kam ein Brot mit verschiedenen Brotsorten. „Menubegleitetnd“ hieß es – bedeutet das, dass man keins mehr nachbekommt? Egal. Wir haben es sowieso nicht aufgegessen, obwohl einige Sorten recht gut waren. Kurze Zeit später schenkte uns Herr Neidhardt – auf seinen Vorschlag hin – schon einmal etwas Champagner ein, der war mittlerweile vielleicht bei 12°C, später folgte ein weiterer winziger Schluck. Mit viel Glück wurde so die 0,1l Marke erreicht.
Ob wir denn Wein zum Essen wollten, war die Frage – wollten wir… keine Empfehlungen sondern der telefonbuchartige Weinkatalog wurde auf unserem Tisch abgeladen. Darauf hatte ich ja mal so richtig Lust... Meine liebe Frau gar nicht, so blieb die Wahl bei mir und ich entschied mich für einen 2006er Untertürkheimer Gips Riesling von Gerhard Aldinger, ein recht gehaltvoller Wein, der durchaus auch zu den Rinderfilets des 4. Ganges passen sollte. Mit der Frage, ob dieser Wein denn gekühlt vorrätig sei, bestellte ich ihn. Selbstverständlich - aber man würde ihn natürlich gerne auch auf Eis legen. Nach dem Probeschluck bat ich darum, mit der Sicherheit dass die Trinktemperatur irgendwann erreicht würde. Ansonsten schmeckte der Wein wie erwartet grandios. Die Frage, ob wir denn keinen Rotwein zum Hauptgang wollten, verneinten wir zunächst…
Dann ging es los. 1 Gang: Tartar (gem. Speiskarte: Tatar) vom Galloway Ochsen mit Löjrom Kaviar und Spitzkohl – eine ungewöhnliche Kombination, die einen wunderbaren Auftakt zu einer Gourmetreise wurde.
2. Gang: Flusskrebse mit Schildampfer an Buttermilch Hollandaise und konfierten Drillingen. Unser lieber Freund wird jetzt milde Lächeln – aber ich wusste bis dahin nicht was das ist. Es sind (für alle ahnungslosen Carb Vermeider) Kartoffeln. Die sahen sehr gut aus und schmeckten ebenso. Die Hollandaise war von angenehmer, durch die Buttermilch verstärkter, Säure.
3. Gang: Kross gebratene Makrele mit Speck, Austernsauce, Schmorgurken, Kasseler Kräuter (!) und grobem Senf. Sehr herzhafter Fisch durch die milden Schmorgurken wunderbar abgerundet. Ein wirkliches kulinarisches Highlight!
Dazwischen ein Sorbet als Palate Cleanser. Sehr erfrischend aber einen Tick zu süß für meinen Geschmack.
Ob wir denn wirklich keinen Rotwein zum Hauptgang wollten? Es gäbe ja auch halbe Flaschen oder offene Optionen, betätigte sich Herr Neidhardt vertrieblich. Na gut. Ich ließ mich zu einem Spätburgunder No.1, sehr kräftig und Barrique gereift, hinreißen. Der schmeckte natürlich ganz wunderbar… …und passte sehr gut zu dem wirklich grandiosen Zwischenstück vom Weidekalb an Morcheln und Löwenzahn. Das Fleisch war butterweich und sehr aromatisch! Die Morcheln waren vollmundig und würzig! Brillante Küchenleistung – wirklich sternewürdig!
Von seinem Verkaufserfolg animiert, bot uns Herr Neidhardt uns vor dem Dessert noch eine Käseplatte an. Das kam mir insofern entgegen als ich nun die Möglichkeit sah, die Süßspeisen aus dem Menu gegen leckeren Käse zu tauschen. Das war möglich und Herr Neidhardt nahm mich mit zum Käseboard um gemeinsam mit mir die Auswahl zu treffen. Grandiose Auswahl, wunderbar erläutert aus verschiedenen Herkunftsregionen und diversen Affineuren, u.a. Waltmann. Das war ganz wunderbar und ein großartiger Abschluss.
Ein großes Lob an den neuen Küchenchef, Herrn Erik Arnecke und seine Crew. Leider konnte ich ihm das nicht persönlich sagen, da er sich nicht in den Gastraum traute und das obwohl wir nach mehr als 4 Stunden die finalen Gäste waren. Naja…
Fazit: Die Gesamtbewertung fällt mir schwer, da sich das ganz große Glücksgefühl diesmal nicht einstellte. Das Ambiente ist mir etwas zu – ich will nicht sagen: gewöhnlich oder volkstümlich – aber nicht hochwertig genug. Im Prinzip kann man dies in jedem moderneren Lokal erleben. Das Philipp Soldan hebt sich hier nicht mehr ab. Schnitzer im Service und insbesondere die Kühlungsthematik verhindern die Höchstnote. Dennoch freue ich mich schon auf den nächsten Besuch in der Sonne in Frankenberg und natürlich auch im Philipp Soldan!