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Beim bisherigen Vorbeifahren war mir nie ganz ersichtlich, ob das Lokal offen hat oder nicht. Eine grosse Dunkelheit wabert über dem Erdgeschoss. Auch beim Betreten habe ich intuitiv nach dem Lichtschalter gesucht. Schwarz und metallenes Anthrazit sind hier die vorherrschenden Farbtöne – kombiniert mit einem dunklen Laminat im Tropenholzimitat und einigen farblich abgesetzten Kachelfliesen. Dazu freiliegender Beton in geschickter Trompe-l’œil-Optik und eine Menge offenliegendes Metall und Gitter an der Decke – ob mit oder ohne Funktion, ist hier schon fast egal…
Wie aus dem Nichts heraus werde ich schon vom Service begrüsst, der mir freundlicherweise einen Tisch am Fenster anbietet. Hier sieht man auch ohne Taschenlampe. Sofort sympathisch sind mir die Stühle mit einem mehrfach geleimten Bugholzunterbau (aus Teak?) und mattschwarzen Sitzschalen. Urbequem, sehr reduziert und eher im skandinavischen Stile. Minimalistisch-stylish auch der Rest, bis hin zu schwarzen Servietten, schwarzen Strohhalmen, einer roten Blüte auf jedem Tisch. Dieses Lokal könnte überall auf der Welt sein, ob in New York, Saigon oder Abu Dhabi. Auf Böblingen käme man eher weniger.
Der Service verhält sich professionell zurückhaltend bis wertschätzend. Nichts geschieht in Eile, jeder Handgriff sitzt. Ob auch die Speisen diesem Gesamteindruck entsprechen werden? Die Homepage verrät: „Anami verkörpert den Geist der in Deutschland aufgewachsenen Asiaten, mit Einflüssen verschiedenster Kulturen mit denen wir in unserer Kindheit aufgewachsen sind.“ Der restliche Text wirkt ein bisschen, als ob er von „Google Translate“ übersetzt worden wäre. Naja, das gibt der eigenen Fantasie einfach mehr Raum.
Die – natürlich komplett in Schwarz gehaltene – Speisekarte weist ein grosses Angebot an Sushi und Sashimi auf, nebst interessant klingenden Fisch- und Fleischgerichte, die ziemlich crossover daherkommen. Dazu zwei vegetarische und zwei Kindergerichte (inwieweit Kinder tatsächlich schon auf Teriyaki – Sauce stehen, müsste man mal austesten). Ausserdem gibt es wöchentlich wechselnde Mittagsgerichte für 8,80 Euro, die auch in der örtlichen Tagespresse annonciert werden. Für meine eher kurz bemessene Mittagspause also gerade recht. Spontan macht mich an: Toro-Toro: Thunfisch gebraten, mit Sellerie, Zwiebeln und Sojasauce, serviert mit Reis und Salat. Ob Toro-Toro tatsächlich ein real existierendes Gericht ist oder nur ein Fantasiebegriff, müsste ich mal recherchieren. Vermutlich letzteres. Ist einfach auszusprechen und hält den Gast vom peinlichen Radebrechen ab.
Mein Essen steht in weniger als 10 Minuten auf dem Tisch und ist optisch schon mal hübsch anzuschauen. In einer handwerklich ansprechend glasierten Schale in blauen Schattierungen (asiatischer Einfluss?) sind gebratene Thunfischstreifen, Reis und knackige Blattsalate nebeneinander arrangiert (europäische Art). Wird mit einem Löffel serviert – dem Gast steht es jedoch frei, wahlweise Messer und Gabel oder Stäbchen zu benutzen. Ich probiere ungeniert alles mal durch. Der trockene, kurz marinierte Thunfisch ist von bester Qualität und erinnert vage an Kalbfleisch. Über allem liegt als Topping eine knackige Mischung von hellem und dunklem Sesam. Wer mutig alles – samt Blattsalate - durcheinandermischt, erhält einen würzigen Mix unterschiedlicher Aromen, Texturen und Temperaturen. Interessant und so noch nie gegessen. Die Portion ist nicht allzu gross und hinterlässt garantiert kein unangenehmes Völlegefühl. Obwohl ich nur eine halbe Stunde im Lokal gesessen habe, verlasse ich das Haus in wohliger Tiefenentspannung. Vielleicht komme ich schon nächste Woche wieder?