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Der Weg des Gastes führt durch ein recht leer wirkendes Foyer, in dem die (am Neumarkt) käuflich zu erwerbenden Bronzen junger Frauen in manierierten Posen für mich eher unpassend wirkten.
Wenn überhaupt Nackte, dann hier doch bitte barock…
Hinter der Glastüre geht es zunächst durch die Austern- und Sushibar, in der es mit gedämpftem Licht und Bistrogestühl legerer zugeht. Am Pass vorbei und um die Ecke öffnet sich erst ein kleinerer Raum mit an Hieroglyphen anmutenden Wandmalereien, dann ein sehr großer Gastraum, in dem die grob behauenen Wände aus Felsquadern überraschen. Fußboden und Türstürze aus Marmor bilden den edlen Konterpart. An den Wänden mehr zusammengesucht als zusammengefundene Kunst.
Ich sag mal: Ungewöhnliche, nicht unbedingt stimmige Innenraumgestaltung, aber das kann ja auch interessant sein.
Die hoher Decken waren gestaffelt abgehängt, trotzdem war der Geräuschpegel schon recht hoch, denn an diesem Dienstagabend im Februar war das Kastenmeiers bis auf den letzten Platz gefüllt. Bei einem kleinen Rundgang waren diverse Sprachen und deutsche Dialekte zu hören, aber wenig sächsisch. Ich hatte den Eindruck, dass hier fast nur Geschäftsleute und gutsituierte Touristen einkehren, entsprechend sind die Preise, allerdings auch die teure Weinkarte mit etlichen Raritäten. Die Whisk(e)y-Spezialitäten vom Wagen wurden ebenso frequentiert, wie die am Tisch frisch zubereiteten Crêpes Suzette.
Für mich blieb nur ein ungeliebter, schon recht abgestoßener Hochtisch in der Ecke des ersten Raumes, immerhin mit einer dick gepolsterten, Cappuccino-farben bezogenen Bank - aber ohne Reservierung kann man sich ja nicht beschweren. Außerdem hatte der Platz auch Vorteile; zwar ein ständiges Kommen und Gehen vom und zum Pass, aber so hatte ich jederzeit Zugriff auf meine junge Servicedame, die wie ihre vielen Kollegen vielleicht nicht vom Fach war, aber auf jeden Fall gut angelernt. Ansprache, Aufmerksamkeit, Ansagen: Alles professionell ohne echte Herzlichkeit, halt auf geschäftliche Besucher eingestellt. Das überzählige Gedeck wurde sogleich ausgehoben. Als sie meine Nachfragen fachlich nicht beantworten konnte, bat sie souverän den Restaurantleiter an meinen Tisch, der auch danach auffällig oft nach meiner Zufriedenheit fragte…
Da wenige Tage zuvor die Fastenzeit angebrochen war, blieb es für mich bei Crodino Soda (6,5€). Später stieg ich auf Radeberger Alkoholfrei um. 4,9€ für ein 0,33l Bier, das Hanseat1957 Konzernpils nennen würde…
Für den ersten Hunger vorweg zweierlei Brot, ein Tessiner Pane maggiore (ging so) und mediterranes Baguette (furchtbar zäh). Echt überrascht war ich darüber, dass Zwiebelsalz (sehr lecker), Schnittlauch-Frischkäse (auch lecker) und Butter (Butter) scheinbar in einer Porzellan-Dreierschale offeriert wurden, die sich indes als schnödes Plastik (Korrektur: schnöde Plaste) herausstellte! Essig und Öl können selbstredend käuflich erworben werden.
Als Gruß schickte die Küche eine gebackene Garnele auf Süßkartoffel-Püree. Kalt, aber immerhin knusprig. Erst sehr süß, aber mit der Zeit setzte sich das Krustentier durch. Bißchen zu früh vorbereitete Massenware, aber wie soll es bei vollen Haus anders gehen. Ein zweites Exemplar, das an der Hand einer anderen Servicekraft versehentlich(?) an meinen Tisch schwamm, war zusätzlich mit Majo bekleckst. Nicht alles ist schlecht.
Mein Menü startete mit 4 Austern von Monsieur Gillardeau.
Der Stückpreis von 8€ sagt alles über das Preisniveau. Allerdings relativiert - mathematisch Hochbegabte konnten es anhand des Fotos ahnen - durch eine Gratis-Ergänzung, weil ja eine Auster schlecht sein könnte! Irritierend, weil ohnehin sichergestellt sein sollte, den Gast nicht Gesundheitsgefahren auszusetzen? Oder mit Stil, weil man es eben doch nicht immer riechen kann? Ich halte es für einen Marketing-Gag, was nichts am wie stets angenehm süßen Aroma der Mollusken aus dem Becken von Oleron änderte. Als „Beihau“ eine sehr milde, durch Zucker dickflüssige Schalotten-Vinaigrette und leckeres Speckbrot. Dazu Zitrone im Säckchen.
Meine angedachte Sushibestellung scheiterte: Der in der Karte verzeichnete - im Einkauf sehr teure Thunfischbauch - entfiel „wegen Qualitäts-Problemen“.
Der von mir ersatzweise angefragte und (wenn gut gemacht) auch nicht billige Aal war gar nicht im Angebot, weil „der Chef den nicht mag“. Man wird alt wie ne baskische Kuh und kriegt die Kinnlade nicht zu.
Auf das Sushi-Standardprogramm hatte ich bei den hiesigen Preisen keine Lust, dann also die Vorspeisenvariation für 25,5€. Für die Leistung nicht mal überzogen.
Zwei kleine Stücke Baby-Kalmar waren zart und überzeugten mit leisen Röstnoten. Das vom Küchengruß bekannte Süßkartoffelmus hätte ich nicht gebraucht, aber es füllte optisch den Teller und war ja kein Fehler.
Nur vorsichtig gratinierte, kleine Jakobsmuscheln wurden vom Käse aromatisch nicht überdeckt und der begleitende knackige Spinat war richtig gut.
Eine festfleischige, gut gewürzte Garnele konnte sich positiv von der Schwarmgenossin des Amuse abheben.
Am besten schmeckte mir die Schnitte vom Thunfischrücken, den ich unter dem Begriff Sashimi nicht leicht angebraten erwartet hätte.
Der freundliche Gastgeber zitierte den japanischen Chef, dass dies auch ganz kurz Gebratenes meine. Erst mariniert oder paniert z.B. in Sesam führe zur Bezeichnung tataki = geklopft. Wieder was gelernt. Wenn’s stimmt. Das sehr feine, Kateifi-ähnliche Kartoffelstroh knusperte nett. Wakame-Salat rundete die Asienabteilung ab, Rucola mit Parmesan die mediterrane.
Als Hauptgericht gab es Steinbutt vom Grill (36,50€); mein häufiger Begleiter beglückwünschte mich zu der Wahl, die auch die seine gewesen wäre. Da haben bzw. hätten wir auch keinen Fehlgriff getan - ganz im Gegenteil. Eine dicke Tranche des gar nicht so platten Fisches, durchgebraten und saftig (Butt ist eine sichere Bank) mit kräftiger Röstung, gerade richtig, um das Aroma nicht zuzudecken.
Dazu wilder Brokkoli à point zudem aromatisch stark und eine recht säuerlich geratene, handwerklich saubere Beurre blanc.
Star des Tellers jedoch schwarzer Venere Reis, der ebenfalls genau den Biss hatte, den ich an Reis mag: Nicht mehr hart im Inneren, aber noch knackig. Dabei den typisch nussigen, leicht rauchigen Geschmack. Es war kein klassisches „laufendes“ Risotto, aber sehr cremig und mit etwas Frische durch Frühlingslauch. Woher die rosa Farbe kommt, war mir nicht klar. Färbt schwarzer Reis aus? Da ging kein einziges Korn zurück!
In Summe doch ganz zufrieden mit meiner Entscheidung für das Kastenmeiers bezahlte ich die sympathisch präsentierte, aber ohne Alkoholika recht üppige Rechnung (ohne Steuernummer)
und trollte mich zurück an den nächtlichen Neumarkt.