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Am vergangenen Montag hatte meine Frau Geburtstag, gleichzeitig durften wir am gleichen Tag einen runden Hochzeitstag begehen, was wir mit einem Abendessen in einem saarländischen Sternetempel ein bisschen feiern wollten. Schon ab Mitte Juni hatte ich mich um einen entsprechenden Termin bemüht; bei einem Sternekollegen von Silio Del Fabro wurde ich insgesamt viermal abschlägig beschieden. Wobei mich die sowohl im Internet wie auch telefonisch von mir vergeblich vorgetragenen Wünsche fatal an die frühen Windhundrennen um Impftermine erinnert hat. Ich bin zwar meistens gut- und langmütig, aber irgendwann ist Schluß mit lustig; zu diesem Sternekoch wollten wir, vor allem meine Frau, keinesfalls mehr. Plötzlich stand "Esplanade" zu Diskussion; in der zweiten Augustwoche griff ich zum Hörer und hatte eine sehr freundliche junge Dame am anderen Ende der Leitung. Ich schilderte kurz die Hintergründe unseres Besuchswunsches, wußte aber auch, dass das "Esplanade" Montag bzw. Dienstag und somit auch am 06.09., dem eigentlichen "Feiertag", Ruhetag hat. Worauf die hilfsbereite Dame "in Anbetracht der Dringlichkeit" mir spontan den gestrigen Mittwoch anbot, um meine Mailadresse bat und nicht mal fünf Minuten später hatte ich die Reservierungsbestätigung in Händen. So funktioniert echter Service! Das nahm uns schon ziemlich für das "Esplanade" ein und nichts von unserem Entschluß sollten wir bereuen.
Pünktlich um 18:30 Uhr traf ich per pedes vor dem "Esplanade", einem unter Denkmalsschutz stehenden Gebäude direkt neben dem Max-Ophüls-Platz im Nauwieser Viertel ein. Wer die Gegend kennt weiß wie schwierig sich dort die Parkplatzsuche gestalten kann. Mme. Simba war mit dem Auto noch am Suchen, während ich die heiligen Hallen betrat. Lange bevor Herr Del Fabro hier begann den Kochlöffel zu schwingen waren wir einmal zum Essen in diesem Haus; Küche und Service von damals hatte ich in recht unguter Erinnerung und wir hatten es deshalb bei einem einzigen Besuch auch belassen. Das Restaurant war damals vom Eingang aus rechts; nun ist es auf der linken Seite, wo früher ein kleiner Laden gewesen war, in dem man Feinkost und hochpreisigen Nippeskram erwerben konnte. Bevor ich gleich zu den Bereichen "Essen" und Service" mit Lobpreisen und Glorifizieren anhebe seien ein paar kritische Sätze zum Ambiente als solchem erlaubt. Dass der Raum klein ist und gerade mal Platz für 24 Gäste (gestern waren es mit uns 22) bietet lässt sich nicht ändern. Aber die Raumausstattung gefällt mir nicht: sehr dunkle Tapeten, eine noch dunklere Decke und ein Teppichboden, aus meiner Sicht in der Farbe Taubengrau mit einem Schuß Mauve. Teppichboden schluckt zwar ein bisschen vom Trittschall, aber ich hätte mir lieber einen hellen Raum mit hellen Tapeten, hellen Stores und einer hellen Decke sowie Parkett oder italienischen Bodenfliesen gewünscht. Dass die schlichten Tische hier ohne weiße Damasttischdecke eingedeckt sind stört mich nicht; auf meinem Stuhl habe ich dreieinhalb Stunden gesessen und bin anschliessend ohne Rückenschmerzen oder Sitzbeschwerden aufgestanden. Ganz schlecht ist dass sich an der Toilettensituation nichts geändert hat; die Nassräume liegen auch weiterhin in den Katakomben und sind für Gäste mit Gehbehinderungen oder Rollifahrer nicht erreichbar, denn der vorhandene Fahrstuhl führt nicht nach unten sondern nur nach oben in den Hotelbereich. Als ich Maître Pourchère danach fragte, warum hier nichts getan wird, verwies er auf die strengen Auflagen des Landeskonservators:"Schon das Setzen einer Steckdose oder das Aufhängen einer Lampe glich und gleicht einem Drahtseilakt; wir dürfen hier wirklich so gut wie nichts machen". Doch nun zum vielen überaus Positiven des Abends.
Maître Jerôme Pourchère ist sowohl als Restaurantleiter wie auch als Sommelier ein absolutes Juwel wie man im Gastrobereich nur ganz selten eines findet; er betrachtet seine Aufgabe, den Eindruck hatten wir sofort, nicht als Beruf sondern als Berufung,übt alles mit großer Leidenschaft aus und hat diese Leidenschaft offenbar auch auf sein dreiköpfiges Team, zwei Damen und einen Herrn, übertragen. Nicht im schwarzweißen Servicegewand sondern in dezenter Strassenkleidung sind die vier Herrschaften unterwegs; äusserst kompetent, unaufgeregt, sehr freundlich und flott. Eine Tischaufteilung gibt es nicht, alle vier kümmern sich um alles was ansteht und absolut nichts entgeht ihren Augen. So gut sind wir schon lange nicht mehr bedient, ja geradezu umsorgt worden; unaufdringlich aber jede Sekunde auf Ballhöhe.. Dafür kann es im Bereich "Service" nur fünf Sterne geben und nichts anderes! Sei noch angemerkt, dass ich Beim Betreten des Restaurants wurde ich sehr diskret nach Impfausweis bzw. aktueller Negativtestbescheinigung gefragt; als ich Anstalten machte, das Impfpapier zu zücken, meinte die junge Dame am Empfang:" Nein, lassen Sie, ich glaube Ihnen auch so". Als ich an unseren Tisch, einen sehr schönen am bodentiefen Fenster, geleitet wurde und dort bei einem Glas Wasser auf meine Frau wartete, wurde mir der Nachverfolgungszettel zum Ausfüllen gebracht; ich habe ihn natürlich ausgefüllt, obwohl man meine wichtigen Eckdaten seit der Reservierung ja alle schon hatte ;.))).
Ehe ich nun zum Bereich "Essen" komme vorab eine kleine Anmerkung in eigener Sache. Gerade wenn es um die Rezensionen in Zusammenhang mit sehr guten Restaurants geht staune ich immer wieder, wenn besonders die zahlreichen Grüße aus der Küche oder die Petit Fours in ihrer ganzen Vielfalt und bis in letzte Einzelheiten aufgeführt werden. Wie machen die Autoren/innen das? Lassen sie beim Annoncieren am Tisch ihr Smartphone mitlaufen und machen Tonaufnahmen zwecks späterer Verwendung? Schreiben sie jede Einzelheit akribisch in ihr kleines Notizbüchlein oder lassen sie sich die entsprechende Daten vom Service aufschreiben? Ich persönlich habe da eher etwas Mut zur Lücke; was ich mir nicht gemerkt habe, kommt nicht!
Im Vorfeld unseres Besuches hatten wir uns im Internet hinsichtlich der Speise- und der Weinkarte des "Esplanade" schlau gemacht; darüber dass wir das "Menu Signature" auswählen würden und über die volle Distanz von acht Gängen (EUR 149,00) gehen würden war klar; ebenso klar war, dass wir die Weinbegleitung für EUR 99,00 nicht nehmen würden. Wenn ich Weine durcheinander trinke wird mir übel und ich bekomme ausserdem heftiges Sodbrennen. Allerdings hatte ich bereits einen Wein ausgesucht; abgesichts des recht fischlastigen Menus wurde es ein Riesling von der Nahe, nämlich ein 2017er auf Schiefer ausgebauter aus dem Hause Schäfer-Fröhlich (EUR 49,00). AlsStarter bestellte meine Frau einen Ramazotti für EUR 7,00 ("ihren" Averna gibt es im "Esplanade" nicht) und ich zwei Karlsberg Urpils (0,3l EUR 4,20); ausserdem hatten wir Vöslauer Wasser (0,75l EUR 7,90) und später für meinen Schatz noch einen alkoholfreien Priseco (0,1l EUR 7,90) von der Fa. Geiger aus Schwäbisch Hall, der ihr sehr gefiel; wir werden versuchen ihn im Internet zu bestellen.
Silvio Del Fabro kocht, so ist es der Homepage zu entnehmen, "eine modern interpretierte klassisch-französische Haute-Cuisine mit mediterranen und japanischen Einflüssen". Also frisch ans Werk!
Bevor es mit dem eigentlichen Menu losging kam eine Vielfalt von Grüßen aus der Küche; mir noch erinnerlich sind vor allem die unbeschreiblich gute Gillardeau-Auster mit Holunderblütenessig und Minze, der Blutwurststrudel mit Apfelgel, das Törtchen mit Kalbsfarcenfüllung und das Gurkensüppchen mit ForellenkaviarJeder einzelne Küchengruß, auch die hier nicht genannten sprich von mir vergessenen, waren geschmacklich ausgesprochen gut und handwerklich vom Aufbau her allererste Sahne. Bei der Bestellung der Menus hatte ich Maître Pourchère gegenüber erwähnt, dass ich aus Überzeugung weder Froschschenkel noch Gänsestopfleber esse und deshalb entweder auf den ersten Gang "Millefeuille von der Gänseleber mit Apfel und Cidregelee" ganz verzichte würde, aber auch nichts dagegen hätte , wenn mir ein Alternativgang serviert würde. Er schlug mir aus dem "Menu Découverte" den ersten Gang, die "Geflämmte Makrele mit Blumenkohl in verschiedenen Texturen und Petersilienöl" vor; noch ein Fischgang, aber seis drum. Ich habe die Entscheidung nicht bereut, auch mein Schatz war voll des Lobes über die Gänseleber. Suum cuique! Als zweiter Gang kam ein "Offener Raviolo vom gebeizten Eigelb mit Speck und Kerbelschaum". Ganz großes Kino und ab sofort bedauerte ich, gewisse Benimmregeln einhalten zu müssen, denn nur allzu gerne hätte ich jeden geleerten bzw. noch zu leerenden Teller blitzeblank abgeleckt! Die wunderbaren Schäume und Saucen wurden getrennt gebracht, zuerst kamen die Teller mit dem entsprechenden Gang darauf und dann kam eine Servicekraft mit einem Kännchen und goß am Tisch das Gericht an. Eine tolle Idee! Auf den Raviolo folgten ein Stück "Confierte Forelle mit Edamame und Nussbutter"; ganz prächtig! Hatten wir gedacht, es ginge nicht mehr besser, sollte uns die "Tranche vom bretonischen Steinbutt mit Champignon und Schnittlauch sowie Schnittlauch-Sahnesauce" vom Gegenteil überzeugen. Holy Moly, war das ein Genuss. Einziger Fleischgang des Menus war "Suprême von der Maispoularde mit Pomme Dauphine, Trüffel und Sauce Albufera"; so ganz ungeschoren in Sachen Gänseleber kam ich nicht davon, denn die Sauce war nicht nur mit Butter sondern auch mit etwas Gänseleberfarce montiert worden.Na ja; war dann eben so und auf dem beim "Surême" üblichen herausstehenden Hühnerknochen hatte man verzichtet. Wir haben ihn nicht vermisst ;-)). Auf das Hinkel folgten "Les Fromages d´Ici & d´Ailleurs". Während beim Sternekoch Mr.Schneider von der "Auberge St.Walfried" ein großer Käsewagen von Tisch zu Tisch gerollt wird, behilft man sich im "Esplanade" mit einem Beistelltisch. Darauf werden die Käse-Schätze nebst Tellern ausgebreitet und der Gast darf, nachdem ihm zu den einzelnen Käsen alles Wissenswerte erzählt worden ist, seine Wünsche äussern. Die abgeschnittenen bzw. abgekratzten Proben werden im Kreis auf dem Teller des Gastes ausgelegt und im Uhrzeigersinn kommt man beginnend bei "mild" zu den sich steigernden Schärfegraden. Die drei Käse von "Ici" sprich von hier kommen aus einer kleinen saarländische Käserei (den Namen habe ich vergessen) und die Produkte von "d´Ailleurs" werden, wen wunderts, vom hinlänglich bekannten Maître Affineur Waltmann aus Erlangen, bezogen. Meine Käsefavoriten waren bei dem Weichkäsen der geräucherte und der gepfefferrte und bei den härteren Vertretern ein Käse namens "Le Colonel"; der Name kommt daher weil er der Form nach den Epauletten französischer Stabsoffiziere gleicht. Der Blauschimmelkäse war mir persönlich erheblich zu "heavy"! Im Anschluß an den Käsegang folgte "Zweierlei Champagner, Yuzugel/Krokant". Hatte man gedacht es würden einem zwei Champagnergläser vorgesetzt, sah man sich getäuscht; es kam ein Glas, in dem auf einen Ball Champagnereis ein Champagnersorbet gesetzt war. Ob jetzt der Yuzugel der obere oder der untere Part war, kann ich, mit Sekt bzw. Champagner ohnehin fremdelnd, nicht sagen; geschmeckt hat dieser Gang aber schon. Der achte und lertzte Gang war das "Délice von der Johannisbeere mit Cassisholz, Valhrona Schokolöade und Holunder"; diesen Gang hätte es für mich nicht gebraucht, meine Frau hat ihn mit großer Andacht verzehrt.
Nicht unerwähnt bleiben sollten die Petit Fours; mir noch erinnerlich sind Cannelés, Pralinés, Waldfrucht-Gelees und Marshmellows aus tropischen Früchten. Insgesamt ware es aber noch einige mehr.
Fazit: Bestellt man sich das achtgängige Menu "Signature" kommt man mit den zur Verfügung stehenden dreieinhalb Stunden gerade so hin; zögerliche Esser, die jeden Bissen fünf- und sechsmal im Mund umdrehen, müssen sich ran halten, denn das "Esplanade" schliesst seine Pforten um 22:00 Uhr! Wir waren um 21:45 Uhr fertig; nach dem Bezahlen habe ich mit Maître Pourchère an der Tür noch unterhalten und dabei mit Lob nicht gespart. Sternekoch Silio Del Fabro hat für uns ein kulinarisches Feuerwerk at its best abgebrannt und selbstverständlich hat der ganz excellente Service unser Wohlbehagen noch erhöht, keine Frage. Wir haben während der Zeit unseres Aufenthalts immer wieder innerlich geschnurrt wie unsere drei eigenen Pelzträger Deshalb werden wir auch wiederkommen.
P.S. Als wir gerade gehen wollten bat uns Maître Pourchère noch kurz zu warten, begab sich in die Küche und kam mit einem Karton, den er uns mit den Worten "Hier habe ich noch eine kleine Geburtstagsüberraschung für Ihre Frau; hat unser Pâtissier extra für sie gemacht." überreichte. Darin befand sich eine Torte; mein Schatz hat sich riesig darüber gefreut . So geht Kundenpflege ;-))