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Auch blickt er gerne über den kulinarischen Horizont seiner gutbürgerlichen Regionalküche hinaus und lässt sowohl mediterrane, als auch asiatische Akzente in seine Gerichte einfließen. Wie familiär es hier zugeht, spürt man gleich beim Eintritt in die gemütliche Gaststube. Hier hat Marcs Mutter Manuela das Sagen, denn sie leitet den Service in der Hopfestubb mit ganz viel Herz und einer gehörigen Portion Pfälzer Charme.
Ein durch und durch sympathischer Familienbetrieb, der „nebenbei“ ein Gästehaus mit Apartments und Doppelzimmern unterhält und dazu noch ein kleines Weingut betreibt. Woher die liebenswürdige Gastgeberfamilie Wendel die Zeit und Energie aufbringt, all das so erfolgreich unter einen Hut zu bringen, frage ich mich bei jedem Besuch.
Im August vergangenen Jahres kam es dort auf der sonnigen Terrasse zu einer ungewohnten, bis dato einmaligen Zusammenkunft. Meine Schwiegereltern aus Bremen waren für ein paar Tage zu Besuch in der Pfalz. Zeitgleich hatte ein auf diesem Portal nicht unbekannter Garmischurlauber samt Anhang auf der Rückreise einen Stopp in der Pfalz eingelegt.
Da ich nicht unwesentlich an der Wahl ihrer Unterkunft beteiligt war – sie residierten ganz feudal bei der Familie Wendel im Gästehaus – schlug ich vor, den letzten Abend ihres Kurztrips bei handfester Heimatküche in der Hopfestubb zu verbringen. Dagegen hatten auch meine Schwiegereltern nichts einzuwenden, war ihnen dieses gepflegte Gasthaus vom letzten Besuch noch in bester Erinnerung geblieben.
Guter Wein und noch besseres Essen in so unmittelbarer Nähe. Da war der angehende Teilzeitpfälzer aus dem Bergischen natürlich sofort dabei und reservierte einen großen Tisch auf der Wendel’schen Sommerterrasse. Selten war sein Fußweg zum Ort des Genusses kürzer. Hemmungsloser Alkoholkonsum schien vorprogrammiert.
Die Augustsonne strahlte mit Vehemenz auf die idyllisch gelegene Veranda, die sich im hinteren Teil des Anwesens befindet. Nach der wie immer sehr herzlichen Begrüßung durch die Hausherrin Manuela Wendel, durchquerten wir die beiden Gasträume und trafen auf ein gut gelauntes Pärchen, das sich tiefenentschleunigt – die sedierende Wirkung von Apéro und Brunnengeplätscher hatte anscheinend schon eingesetzt – auf den mit bequemen Sitzpolstern ausgestatteten Terrassenstühlen räkelte.
Wo treffen sich Bremer und Solinger am liebsten? Natürlich in Pfälzer Weinlanden – wo denn sonst? Dem geselligen Miteinander stand von da an nichts mehr im Wege und im lockeren Plausch genossen wir die gelöste Abendstimmung im Kreise unserer Familie und Freunde. Die zweiköpfige Reisegruppe aus der Klingenstadt bekämpfte sogleich mit Hugo und Hefeweizen ihren ersten Durst.
Da musste ich quasi mit einer zitronigen Sommerschorle (Riesling mit Lemon, Eiswürfel und Limette für 5 Euro den Schoppen) nachziehen. Meine Frau griff auf ihren beliebten „Traubenbitzler“ (0,25l für 4 Euro), einen alkoholfreien Traubensaftcocktail mit geeisten Weintrauben, zurück. Mineralwasser der Marke Bellaris (0,75l für 5 Euro) und diverse Gerstensäfte aus dem Hause Bellheimer bevölkerten ebenfalls unseren Tisch.
Wie immer gab es als kleinen Appetizer ein Stück ofenwarme Quiche.
Mini-Zwiebelkuchen zum Amuse
Diesmal in Form eines angenehm duftenden Mini-Zwiebelkuchens, der lediglich von ein paar Spritzern Balsamico-Reduktion begleitet auf dem Amuseteller landete. Dieser wird in der Pfalz traditionell zum Neuen Wein genossen. Aber auch ohne diesen schmeckte das mit Speck und etwas Kümmel verfeinerte Küchlein ganz formidabel. Ein deftiger Auftakt, der unseren Appetit anregte, ohne dabei unseren Hunger allzu arg einzubremsen.
Mein Kollege aus NRW hatte Lust auf gebratene Crevetten.
Gebratene Garnelen wie sie der Macster mag
Diese standen zwar so nicht in der Speisenkarte, wurden aber wunschgemäß in mediterraner Zubereitung mit etwas Chili, Knoblauch und Thymian geliefert. Der erfahrene Solinger Gastronaut genoss die fünf saftigen, von ihren Schalen befreiten Krebstiere zusammen mit dem hausgebackenen Olivenbrot und machte dabei einen rundum zufriedenen Eindruck.
Nicht minder südeuropäisch war mir an diesem Abend zumute. Als Empfehlung hatte Marc Wendel mal wieder seine geniale Gazpacho (6,50 Euro) als kühlende Sommersuppe auf die Saisonkarte gesetzt.
Die Mutter aller Smoothies
Da fiel mir die Vorspeisenwahl extrem leicht. Das Geheimnis seiner andalusischen Vitaminspritze hat mir der Küchenchef bis heute nicht verraten.
Vielleicht liegt es an ihrem geringen Gurkenanteil oder an seinem Händchen fürs richtige Abschmecken. Egal, seine Version der „Mutter aller Smoothies“ haute jedenfalls mächtig auf die Aromenpauke. Zu was banale Zutaten wie Paprika, Tomate, Zwiebeln, eingeweichtes Weißbrot und Knoblauch geschmacklich im Stande sein können, wenn man sie mit gutem Olivenöl und dem richtigen Essig verfeinert, beeindruckte mich mit jedem Löffel aufs Neue.
Meine Frau entschied sich - genau wie Madame Shaneymac - für die nach dem Hausherrn benannte Salatschüssel (13,90 Euro), bei der selbiger nicht mit der Dreingabe von gebratenem Schweinefilet sparte. Ich habe diese semi-vegetarische (wenn überhaupt!) Sportlerspeise hier auch schon ein paar Mal genossen und fand die Kombi aus frischem Grün, saftigem Schweinefleisch und schmackigem Essig-Öl-Dressing immer sehr köstlich. Gerade an warmen Tagen kann einem solch ein Salat als Hauptgang dienen. Die Damen waren mit ihrer Wahl vollkommen d’accord.
Die Herren der Schöpfung sowie meine Schwiegermutter gingen dagegen noch etwas fleischiger zu Werke. Während sich meine Schwiegereltern in kulinarischer Redundanz übten und das panierte Schweineschnitzel „Wiener Art“ – genau genommen waren es zwei auf dem Teller – orderten,
Oh Schwiegervater, ick hör dir schnitzeln!
bahnte sich bei meinem Verzehrverbündeten aus Solingen eine alte Jugendsünde ihren hochknoblierten Weg auf dessen Steakteller. War mir neu, dass man hier den jungen Knoblauch mit ein wenig Rumpsteak serviert bekommt, aber man lernt ja nie aus.
Knoblauch mit Steakunterlage
Außerdem stellt die Nostalgie einen nicht zu unterschätzenden Faktor beim Genießen dar. Und wenn dieses Knoblauchmonster seinen Vertilger tatsächlich an alte Steakhaustage erinnerte, so freut es mich umso mehr, dass er hier auf einer Pfälzer Terrasse sein juveniles Gaumengedächtnis wieder auffrischen durfte.
Das Knoblierwunder von Kapellen!
Apropos frisch: Gerüch(t)en zufolge soll die Heimfahrt am nächsten Tag bei offenem Verdeck zurückgelegt worden sein. In diesem Kontext mehr als verständlich.
Auch ich hatte es mit einem medium gebratenen Stück aus dem argentinischen Rinderrücken zu tun, ließ mir dieses aber mit frischen Pfifferlingen und einem stolzen Hügel Parmesanrisotto servieren.
Mein Rumpsteak mit frischen Pfifferlingen und Parmesan-Risotto
Die dafür abgerufenen 27,90 Euro fand ich äußerst fair, zumal der „Men’s Cut“ ordentliche 250 Gramm Rindfleisch im perfekten Gargrad auf den Teller brachte.
Bei Anschnitt: Rosa!
Gut, der regionale Aspekt kam beim Fleisch de facto zu kurz, aber erstens passte die Qualität und zweitens muss sich solch ein Steak ja auch für den Gastronomen irgendwie rechnen. Allzu dogmatisch sollte man da nicht (jedes Mal) rangehen. Sind ja schließlich nicht bei „Nobelbart und Putzig“…
Auch die sautierten Pfifferlinge gerieten so wie sie müssen. Sie waren von ausgezeichneter Beschaffenheit. Lediglich der mit würziger Parmesannote aufgetischte Risotto hätte durchaus schlonziger ausfallen dürfen – ja müssen.
Noch mal das Rumpsteak (diesmal in Lee-Lage zum Risotto-Hügel)
Dem italienischen Wohlfühlklassiker unter den Reisgerichten fehlte es schlicht und ergreifend an Cremigkeit. Gut, dass mit einer großzügig beigegossenen, gehaltvollen Regent-Jus die Süffigkeitsverhältnisse auf dem Teller wieder ins Gleichgewicht gebracht wurden.
Die auf Stammgastniveau bechernde Pfalzweindrossel aus der Metropolregion Rheinland gönnte sich zum süßen Abschluss noch eine Sorbet-Variation in den Geschmacksfarben Cassis, Ananas und Kokos. Leider musste ich auf den geeisten Schulterschluss mit dem Schlemmerspezi verzichten, da es an der Zeit war, die Kleine ins Bett zu bekommen.
Ja, die drei Tage und Abende mit der Solinger Genussfraktion gingen wirklich rasend schnell vorbei. Die Erinnerung daran tut gut und lässt mich auf ihr Comeback im Sommer hoffen. Die kulinarische Landkarte der Pfalz bzw. des Elsass (auch Baden sollte nicht unerwähnt bleiben) hat noch so viel zu bieten, da werden uns die gemeinsamen Genussmomente so schnell nicht ausgehen.