"Als einzig überlebendes Restaurant in Liegau trotzt die Pechhütte allen Widrigkeiten-mit Stolz und zu Recht"
Geschrieben am 21.09.2016 2016-09-21 | Aktualisiert am 21.09.2016
"Ein Restaurant? Eher nicht-aber eine richtig gute gutbürgerliche Gaststätte im Herzen von Radeberg"
Geschrieben am 20.09.2016 2016-09-20 | Aktualisiert am 21.09.2016
Geburtstag meiner Liebsten. Die 3 ist verschwunden, hinter der vier steht nun auch keine Null mehr. Naja, man muss die Feste ebend feiern wie sie kommen. Da unsere Kinder mal wieder mit ihrer Theatergruppe unterwegs waren, der Rest der Verwandtschaft auch keine Zeit hatte, entschloss ich mich kurzerhand, meine Frau auszuführen, damit sie wenigstens etwas mitbekommt das Geburtstag ist. Da die Pechhütte schon lange auf unserer Agenda stand, fuhren wir auf gut Glück nach Liegau-Augustusbad. Heute ist Liegau ein Ortsteil der Stadt Radeberg, zu DDR-Zeiten und auch in den zeitigen 90ér Jahren war Liegau das Goldstaubviertel. Hier wohnten Professoren, Doktoren und Direktoren. Also alles was Rang und Namen hatte in der Wirtschaft. Dementsprechend gab es in Liegau-Augustusbad auch gehobene Gastronomie. Von den ehemaligen Restaurants der „Silberdiele“ und der „Forellenschänke“ ist nicht viel geblieben. Die Silberdiele steht seit 2012 leer und der Ortschaftsrat versucht diese erneut zu vermieten, die Forellenschänke ist mittlerweile verkauft und wird zum Wohnhaus umgebaut.
Pechhütten-Werbung
Die „Pechhütte“ ist die einzige überlebende Gaststätte im Dorf und ist beliebt wie eh und je. Am Wochenende hier einen Platz zu ergattern grenzt fast schon an einen Glücksfall.
Die „Pechhütte“ liegt an der Durchfahrtsstraße von Radeberg nach Langebrück/Dresden-Klotzsche und ist nicht zu verfehlen. Ein großzügiger Parkplatz steht auf dem Gelände zur Verfügung. Eine Platzreservierung im vorhinein ist sinnvoll, wir hatten Glück, und konnten einen Platz im Wintergarten ergattern. Der Biergarten war voll besetzt, der Wintergarten füllte sich auch. Nur der Gastraum blieb bei diesem Wetter leer.
Ambiente:
Die „Pechhütte“ ist in den letzten Jahren umfassend restauriert wurden, 2015 kam auf die Terrasse noch ein großzügiger, heller Wintergarten. Sie Seitenwände(Scheiben) des Wintergartens ließen sich komplett aufschieben, sodass man den Eindruck hatte, man sitzt auf einer überdachten Derrasse.
Wintergarten
Die Inneneinrichtung im Wintergarten ist an ein Gartenrestaurant angelehnt und gemütlich, aber auch im Gastraum ist die Inneneinrichtung hell, modern und wohnlich. Hier kann man bei Bier und Wein Stunden mit klönen verbringen. Der Biergarten ist ausgestattet mit rustikalen, schweren Holzmöbeln, große Bäume spenden ausreichend Schatten.
Bedienung:
Eine junge Dame bediente im Biergarten, als auch uns im Wintergarten. Sie war freundlich, konnte beraten und hat auch Kritik(dazu später mehr) souverän eingesteckt und die Sichtweise des Restaurants erörtert. Bei Wünschen war sie schnell am Platz, konnte die Zutaten der angebotenen Speisen benennen und hatte trotzdem auch noch Zeit für einen kleinen Plausch. Sie scheint wie für diesen Job geboren, mit Eifer und Freude bedient sie die Gäste.
Das Essen:
Eine angenehm überschaubare Karte mit drei Süppchen, Salaten und kleinen Leckereien aber auch ausreichend Hauptgerichten steht zur Ansicht. Mehrere Seiten mit Weinen verschiedenster Winzer, Longtrinks und Apperetivs runden alles ab. Zusätzlich gibt es saisional unterschiedliche Tageskarten. Die Hauptgerichte waren für mich teilweise gewöhnungsbedürftig, da ich herzhaft und süß überhaupt nicht mag. So gibt es Steaks überbacken mit Feigen und Gorgonzolakäse, oder mit Äpfeln und Pfefferrahmsoße. Aber es gibt auch die klassische Roulade oder diverse Fischgerichte.
An Getränke orderten wir ein großes Radeberger Pilsner für 3,20 € sowie eine trockene Weißweinschorle für 3,70 €.
Als Vorsuppe wählten wir gemeinsam je eine Zwiebelsuppe a´3,40 €, zur Hauptspeise sollte es bei meiner Frau der Tafelspitz vom Rind in Meerrettichsoße, dazu Bohnen im Speckmantel und Bouillonkartoffeln für 13,30 €. Ich wählte das Pechhüttenschnitzel, gefüllt mit Waldpilzkäse, Lauchzwiebeln und Lachsschinken auf Broccoli-Championgemüse, dazu Bratkartoffeln für 15,10 €.
Die Getränke kamen zügig an den Platz,
Weißweinschorle & Radeberger Pilsner
die Zwiebelsuppe ließ knapp eine halbe Stunde auf sich warten. Ok, auch hier wird wieder frisch gekocht. Als uns die Zwiebelsuppe erreichte wurden aber unsere Gesichter erst mal länger. Es war ein Bouillon, aufgekocht mit frischen Zwiebeln. An sich schmeckte sie nicht schlecht, die Zwiebeln noch bissfest, der Bouillon würzig.
Zwiebelsuppe
Aber wir hatten uns eigentlich so etwas wie eine französische Zwiebelsuppe vorgestellt, mit Croutins und Käse in der Suppe. Das ließen wir auch die Kellnerin wissen, dass hier wohl ein Missverständnis auch unsererseits vorliegt. Dabei erklärte sie uns, das jede Zwiebelsuppe, und sei es nur eine Tasse, immer frisch angesetzt wird, und hier der absolute Renner sei. Naja, jedes Dorf hat ebend so seines……
Unsere zwei Hauptspeisen erreichten uns eine knappe dreiviertel Stunde nach Bestellung. Also kei Essen aus der „Ping“, sondern allen Anschein nach frisch gekocht, und man hat Zeit zwischen Vorspeise und Hauptspeise für einen kleinen Plausch.
Der Tafelspitz vom Rind in Meerrettichsoße, dazu Bohnen im Speckmantel und Bouillonkartoffeln war fast zuviel für meine Frau, ich durfte helfen.
Tafelspitz vom Rind in Meerrettichsoße, dazu Bohnen im Speckmantel und Bouillonkartoffeln
Drei Scheiben zartes Rindfleisch, mit Meerrettichsoße und frisch geraspelten Meerrettich obenauf, nebenan drei Bund Bohnen, eingewickelt in knusprigen Speck, als Garnierung noch eine frische Erdbeere. Die Bouillonkartoffeln wurden in einer extra Schüssel gereicht. Die Kartoffeln waren angenehm weich gekocht, garniert mit Karottenraspeln in einem schmackhaften, würzigen Boillon. Meine Frau war zufrieden, mir hats auch geschmeckt.
Mein Pechhüttenschnitzel, gefüllt mit Waldpilzkäse, Lauchzwiebeln und Lachsschinken auf Broccoli-Championgemüse mit Bratkartoffeln bedeckte schon mal fast 2/3 meines Tellers.
Pechhüttenschnitzel, gefüllt mit Waldpilzkäse, Lauchzwiebeln und Lachsschinken auf Broccoli-Championgemüse, dazu Bratkartoffeln
Das Schnitzelfleisch zart und butterweich, die Füllung aus Waldpilzkäse, Lauchzwiebeln und Lachsschinken herzhaft würzig. Die Panade knusprig, an einer Stelle leider etwas zu „verknuspert“. Das Brokoli-Championgemüse war für meine Begriffe etwas zu weich gekocht, das kann aber auch daran liegen, dass das Gemüse so zwischen Schnitzel und Bratkartoffeln gepfercht war. Die Bratkartoffeln, versetzt mit Schinkenspeck und frischen Zwiebeln, waren gut gebraten, aber ich hätte sie mir mehr kross gewünscht. Die Menge war mehr als reichlich, kleine Mängel die aber verschmerzbar sind.
Sauberkeit:
Der Wintergarten, das Restaurant und die Toiletten waren sauber. Beim BBierglaswechsel wurden auch die „Pfützen“ vom Glas weggewischt. Im Gespräch mit der Kellnerin bekamen wir auch herraus, das nach Geschäftsschluss noch lange nicht Feierabend ist, sondern die Küche und die Theke erst noch zwei Stunden geputzt werden. Die Ordnung und Sauberkeit wurde vor kurzem auch so vom Hygieneamt bestätigt. Weiter so, da macht Essen Spaß!
Resultat:
Der Glanz ist ab in Liegau-Augustusbad. Die „Pechhütte“ stemmt sich erfolgreich dagegen. Es wurde viel in neues Inventar und die Ausstattung investiert, hofft man dass sich das die nächsten Jahre rechnet. Ein ehrliches Restaurant, mit Liebe geführt und mit guten Personal betrieben. Das Essen frisch gekocht, auch wenns nicht jedermanns Geschmack trifft. Das ist mutig, davor ziehe ich den Hut!