"Highend-Hausmannskost vom „kulinarischen Komplizen“ aus Kapellen-Drusweiler"
Geschrieben am 01.01.2017 2017-01-01
"Für eine Vereinsgaststätte viel zu teuer!"
Geschrieben am 03.09.2015 2015-09-03
"Ambitionierte Frischeküche mit regionalem Einschlag etwas abseits ausgetretener Südpfälzer Touristenpfade"
Geschrieben am 16.01.2015 2015-01-16
Auf dem Weg dorthin führt die Landstraße am besagten Örtchen Kapellen-Drusweiler vorbei. Allein wegen Marc Wendel, dem jungen Mann am Herd, lohnt es sich, dort auch einmal den Blinker zu setzen und abzubiegen. Der kocht seit ein paar Jahren im elterlichen Betrieb, der „Kapeller Hopfestubb“, die sich in einem schmucken Fachwerkhaus im Ortskern befindet. Der Name ist ein wenig irreführend, da der Schwerpunkt eindeutig auf dem Ausschank der selbstgekelterten Rebensäfte des eigenen Weinguts liegt, aber auch ein frisch gezapftes Bellheimer Bier gibt es hier zu erstehen.
In meiner Rezension auf GastroGuide von vor zwei Jahren (eine meiner allerersten…) bin ich ausführlich auf die äußeren „Umstände“ der „Hopfestubb“ (Ambiente, Betriebsstruktur, Chefkoch Wendel’s Werdegang sowie sein Engagement als „kulinarischer Komplize“ und die Übernachtungsmöglichkeiten im zugehörigen Gästehaus etc.) eingegangen, weshalb ich bei Interesse auf jene verweise. Nur so viel sei gesagt: an der gemütlich familiären Atmosphäre und der Herzlichkeit der Gastgeber hat sich rein gar nichts geändert und deshalb fühlten wir uns auch beim letzten Besuch wieder verdammt wohl in der „Hopfestubb“ mit den guten hauseigenen Weinen.
Der Hunger nach dem Schwimmen ist bei mir immer ein besonders großer. Umso größer wird er, wenn zwischen den Tagen die einschlägig bekannten, regelmäßig angesteuerten Etablissements geschlossen haben und man förmlich im abendlichen Pfälzer „Gastronebel“ stochert bzw. durch diesen fährt.
Zu „Reuter’s Holzappel“ ins benachbarte Pleisweiler-Oberhofen kann man sich die Anfahrt sparen, da läuft ohne Reservierung überhaupt nichts. Und in die „Touri-Gasse“ von Gleiszellen zieht mich schon lange nichts mehr. Mal wieder zum Bergzaberner Griechen „Athos“? – „Muss auch nicht unbedingt sein.“ Oder ins „Walram“? – „Da stehen mir zu viele Nobelkarossen davor!“ Die „Reblaus“ hatte auch dicht und beim Kurt in der „Brunnestubb“ (Rumpsteak-Geheimadresse in Gleishorbach) brannte ebenfalls kein Licht.
Doch dann der kulinarische Einfall zum Ausklang des Jahres. Die Kapeller Hopfestubb lag ja förmlich auf dem Heimweg. Und selbst wenn dort auch alles restlos belegt wäre, gäbe es ja noch den „Fritz Walter“ in Niederhorbach. Ein durchaus kalkulierbares Restrisiko blieb zwar, aber notfalls wären wir auch mit einem Platz an der Theke zufrieden. Das „Tresen-Relikt“ aus seligen Weinstuben-Tagen, als die Familie Wendel noch schoppenweise die gutseigenen Kreszenzen ausschenkte, liegt zwar etwas unkommod direkt am Eingang, dafür hat man von dort einen guten Blick in Marc Wendels Wirkungsstätte und kann sich mit dem am Ausschank tätigen Seniorchef über den kommenden Jahrgang unterhalten. Unserer Sache sicher, betraten wir optimistisch die Gaststube.
Frau Wendel hatte gerade eine aus mehreren Tischen bestehende Tafel einer kurz vorher verköstigten und bereits verschwundenen Gruppe abgeräumt. Alle anderen Tische waren belegt. Im hinteren Bereich, dem durch einen Durchgang erreichbaren „Wintergarten“, brannte kein Licht. Aber der wird wohl eher bei größeren Feiern und Gesellschaften gebraucht. Auch an einer großen Tafel kann man es sich zu zweit gemütlich machen, dachten wir uns und nahmen Platz. Der Gastraum gewinnt durch seine raumteilend wirkende Trennwand etwas mehr an Atmosphäre. Wir saßen direkt dahinter, was uns etwas von der lautstarken Pfälzer Geselligkeit abschirmte. Das war uns nach der langen Heimreise aus Bremen und dem abendlichen „Ausschwimmen“ nicht unrecht.
Nach den Eskapaden im hohen Norden (ein bekannter Schreiberling dieses Portals war ebenfalls beteiligt, Anm.) trat ich, was den Alkohol betraf, etwas kürzer an diesem Abend. Da kam der alkoholfreie „Traubenbitzler“ (0,25l für 3,80 Euro) zum Aperitif gerade recht. Dahinter verbarg sich eine weiße Traubensaftschorle, die mit Limette und geeisten Weintrauben zum leckeren Cocktail avancierte. Eiswürfel waren gestern, geeiste Weintrauben müssen da rein! Meine Begleitung begnügte sich mit einem halbtrockenen weißen Secco (0,1 l für 2,80 Euro) aus Gewürztraminer, Kerner und Co. Der stammte selbstverständlich auch aus dem Hause Wendel. Zum Durstlöschen orderten wir noch eine Flasche „Bellaris“ (0,75l für 4,10 Euro), dem guten Bellheimer Mineralwasser.
Mir war nicht entgangen, dass Marc Wendel beim diesjährigen Apfelwettbewerb „So schmeckt die Südpfalz 2016“, einer Initiative südpfälzer Tourismusvereine, beim Publikum besonders gut ankam und mit seinem Apfelmenü den zweiten Platz belegte. Grüße und Glückwünsche in Richtung Küche folgten und wurden mit einem kleinen Schälchen Couscous-Salat zum Amuse erwidert.
Doch vorher studierten wir die Speisenkarte, deren regionale Ausrichtung Marc Wendels Herangehensweise treffend widerspiegelte. Da wundert es nicht, dass der überwiegende Teil der Hauptlieferanten aus der unmittelbaren Umgebung kommt. Zum Beispiel das Fleisch von der Metzgerei Kieffer aus Bad Bergzabern oder das Mehl aus der nahegelegenen Bischoff-Mühle bei Appenhofen. „Herxemer Grumbeere“ (Kartoffeln aus dem wunderschönen Herxheim in der Südpfalz, Anm.), Gemüse aus Hochstadt, Bier und Mineralwasser aus Bellheim sowie Essig vom Venninger Doktorenhof zeugen vom bewussten Regionalitätsdenken der Inhaber.
An den Standardgerichten, wie beispielsweise Rumpsteak in verschiedenen Varianten, norwegisches Lachssteak an Zitronengrasschaum oder Schweinemedaillons an pikanter Pfeffersauce wird nach wie vor nicht gerüttelt. Diese befinden sich saisonunabhängig immer auf der Karte. Auch der Pfälzer Saumagen, die gebratene Blut- und Leberwurst sowie Marc Wendels hausgemachte Pasta (Tagliatelle, Spaghetti und Saumagen-Ravioli) sind gesetzte Klassiker, die es ebenfalls immer zu bestellen gibt. Der mediterranen Pfalz wird in der Herz-und-Seele-Küche des Chefkochs besondere kulinarische Beachtung geschenkt. Davon künden „Alltime-Favourites“, wie etwa das Rindfleisch-Mozzarella-Carpaccio (12,50 Euro) oder die Salatschüssel mit gebratenen Riesencrevetten (13,30 Euro). Doch auch der nicht besonders hungrige „Schafskäse-Rösti-Wurstsalat-Esser“ kommt hier auf seine Kosten.
Kulinarisch interessanter sind da die saisonal wechselnden „besonderen Spezialitäten“, bei denen Marc Wendel aus seinem üblichen Hausmannskostduktus ausbricht und ein wenig mehr wagt. Diesmal standen getrüffelte Schwarzwurzelsuppe (5,80 Euro), hausgemachte Tagliatelle mit Trüffelschaum und frischem Herbsttrüffel (17,80 Euro), Lammcarrée an Rosmarinjus mit Ratatouille und Kartoffelgratin (26,80 Euro) und eine hausgemachte Rinderroulade, die mit Speck, Zwiebel und Senf gefüllt war und für 18,50 Euro mit Apfelrotkraut und Kartoffelklößen serviert wurde, auf der Empfehlungskarte. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber das Rouladen-Angebot klang einfach zu verlockend. Meinem Wunsch, das Rotkraut gegen Ratatouille-Gemüse einzutauschen, wurde freundlicherweise entsprochen. Dazu ein kleiner grüner Beilagensalat, der schlicht mit Essig und Öl angemacht war- sozusagen ein kleines Sonntagsessen einen Abend vor Silvester.
Meine Begleitung hatte Lust auf Salat. Sie entschied sich für die Salatschüssel „Marc“ (kein Kalauer, ehrlich nicht!), bei welcher sich zu den üblichen Rohkost- und Blattsalaten gebratene Schweinefiletscheiben gesellten. Für 11,20 Euro war das eine ansehnliche Portion, die da zusammen mit einem Körbchen voll hausgebackenem Olivenbrot serviert wurde. Die Tranchen vom Schweinefilet waren leicht gewürzt und noch schön saftig. Das Hausdressing hatte eine ausgeprägte Essignote und sorgte so für die nötige Würze. Im Sellerie-Salat tummelten sich ein paar Erdnüsse. In der Summe war das eine sehr gelungen angerichtete, reichhaltige Salatschüssel, die aufgrund ihrer Produktfrische und ihres Geschmacks zu überzeugen wusste.
Kurz darauf wurde mir die „Mutter aller gewickelten Rindfleischgerichte“ serviert. Die klassische Variante verschmähend, blieb das obligatorische Rotkraut in Marc Wendels Küche. In einem Extra-Schälchen wurde mir dazu noch leicht knackiges Ratatouille-Gemüse (Paprika, Auberginen, Zucchini etc.) gereicht. Die Extra-Wurst hatte sich gelohnt. Genauso muss Ratatouille. Sehr gut abgeschmeckt und mit dezenter Würze, die dem Gemüse noch genügend Raum zur aromatischen Entfaltung ließ, versehen stand die kleine Schüssel mit dem mediterran duftenden provenzalischem Gemüse vor mir. Auf dem Teller war die Rinderroulade in zwei Hälften geschnitten. Ein nicht zu knapp bemessener Saucenspiegel umspielte die beiden Fleischinseln. Zwei fluffige Kartoffelknödel, wie sie die beste Hausfrau nicht besser hinbekommen hätte, komplettierten die Highend-Hausmannskost des „kulinarischen Komplizen“ aus Kapellen-Drusweiler.
Frau Wendel fragte mich, ob mir die Sauce denn reichen würde und sie bot an, gerne noch ein wenig Nachschlag in der Saucière an den Tisch zu bringen. Ich fand die Proportionen jedoch absolut stimmig und verzichtete dankend. Allein der Geschmack und die Konsistenz der Roulade war ganz großes Gaumentheater. Da fehlte weder die Gurke (klassische Hausfrauenart) noch das hartgekochte Ei (wie sie meine Mutter immer macht). Das Fleisch war schön mürbe geschmort und erhielt durch den Speck zusätzliche Würze. Bei der Sauce wurde wohl einiges an hauseigenem Rotwein verkocht. Sie hatte eine wunderbare geschmackliche Tiefe und zusammen mit den Knödeln schmeckte das wie beim sonntäglichen Mutter-Genuss-Werk. Einfach und doch so lecker.
Ach, es war ein richtig netter Abend bei den Wendels und ich bin mir sicher, dass wir nach dem Besuch des Bergzaberner Schwimmbads mal wieder den Umweg über Kapellen-Drusweiler machen. Bei der leckeren Hausmannskost und den ehrlichen Gutsweinen ist die „Hopfestubb“ immer einen Besuch wert.