Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Das verlangte, wie in der Vergangenheit schon mit viel Erfolg praktiziert, nach gutem Essen zwecks kulinarischer Medikation der gelegentlich melancholischen Zwischentöne dieses Tages.
Das ich diesen gerne verdränge, zeigte auch schon der Umstand, daß ich mich am Wochenende noch für jenen Mittwoch mit meinem lieben Weindealer zu einem kleinen, fischlastigen Gelage bei Schälte verabredet hatte.
Guter Fisch und schöner Weißwein erschienen mir dann aber für einen Tag, an dem ich immer gerne ein kleines Menü verschlungen habe, in Gedanken etwas schmalbrüstig, auch wenn das Restaurant sehr zu empfehlen ist.
So war schnell etwas Alternatives gefunden, daß ich schon lange auf meiner To-do-Liste hatte, das „Pungshaus“ in Hilden.
Ein Haus mit gutem Ruf und einer stets abwechslungsreichen Karte einer Tonart, die mir sehr gefällt: alles mit Anspruch und guten Zutaten, keine Überverarbeitung als reiner Selbstzweck, sowie der Verzicht auf aufgesetzt-bemühte Fusion-Versuche.
Gegen 19 Uhr war das Restaurant an diesem Mittwochabend recht gut besucht, die vorherige telefonische Reservierung machte angesichts der kleinen, 300 Jahre alten Fachwerk-Heimstatt mehr als Sinn.
Auch der ebenfalls kleine Parkplatz neben dem Haus war schon prall gefüllt und ich musste meinen Opel Blitz in eine Seitenstraße bugsieren, wo sich allerdings schnell etwas fand.
Beim Eintreten werden Menschen jenseits der 1,90m instinktiv den Kopf einziehen, ja, die Bergischen Ureinwohner hatten schon etwas von den Hobbits könnte man meinen, wenn man sich die Deckenhöhe der alten Hüssken anschaut.
An diesem Abend gemischtes und gepflegtes Publikum, Geschäftliches neben Privatem und Familiärem aus allen Altersklassen 30+.
Es ist wirklich gemütlich und detailverliebt, die Beleuchtung stimmungsvoll und das ein oder andere nostalgische Deko-Element mit Geschmack gewählt - Flohmarkt-Atmosphäre, wie sie schnell gerne in diesen Häusern entsteht, kommt nicht auf.
Der freundlichen Begrüßung eines Mitgliedes der Küchencrew folgte die Zuweisung unseres Tisches durch eine herzliche, leicht burschikose Dame mittleren Alters in Freizeitkleidung, ein heimeliges Eckchen hatte man für uns drei vorgesehen.
Diese gewisse Enge muss man mögen, gerade wenn es voll ist sollte man einen Hang zur Geselligkeit haben, man sitzt den Nachbarn zwar nicht auf dem Schoß, aber diese Häuser und der Denkmalschutz fordern eben ihren Tribut.
Das Pungshaus fiel auch bei der Tour de Menu immer wieder positiv auf und im Internet las ich noch etwas über das allerorten hymnisch rezensierte Löffel-Menü mit 18 kleinen Gerichten in 6 Gängen.
Leider hatte ich wohl das Enddatum dieser Aktion überlesen, das fünfgängige Überraschungsmenü schien allerdings eine gute Alternative zu sein, der Service in Form der Vertretung der Service-Chefin (diese hat mittwochs wohl ihren freien Tag) war erfolgreich bemüht um die Beantwortung meiner Fragen zu den Gängen.
Da ein Stopfleber-Parfait enthalten war und ich dieses aus ethischen Gründen ablehne, fragte ich nach einer Alternative, die sie gerne erfragte, nicht ohne jedoch freudig mitzuteilen, daß sie dies aus den gleichen Gründen nicht mehr esse - auch über den eigentlich guten Geschmack von Foie Gras waren wir uns einig.
Einigkeit herrschte auch alsbald am Tisch, das Menü sprach die verlässlich verfressenen Herren an, Madame wählte à la carte. Wir sichteten kurz die Weinkarte, Thomas gab die ein oder andere Plattitüde zum Besten, kurze Frotzeleien meinerseits seine Kompetenz betreffend konterte er mit der Tatsache, daß Horst Lichter vorige Woche im Rahmen von Dreharbeiten umständehalber die Toilette seines Ladens aufsuchen musste und diesen ausdrücklich lobte- aha, na dann, gekauft hat er aber trotzdem nix… :-)
Zwischenzeitlich kam eine erste Flasche Duessel Aqua medium (0,75l zu 6,50€) und war gut temperiert, einen Kühler brachte man gleich mit, wird ja ohne Nachfrage immer seltener, selbst in Häusern mit vermeintlichem Anspruch.
Die Weinberatung kann man eher „Empfehlung von Gutgehendem“ benennen, da war inhaltlich leider nicht viel zu holen, da zeigte sich das Haaner Fritz Essensart doch etwas bewanderter, um mal einen Vergleich in unserer Ecke zu ziehen.
Der angebotene Chardonnay von Martin Pasler schien mir aber zu den ersten beiden Gängen wirklich eine gute Wahl zu sein und so war auch diese Entscheidung schnell gefallen.
| Amuse |
Ein kleiner Gruß vom Haus, Gazpacho im Glas mit frischem, aromatischem Brot!
Nun, die habe ich Jahre nicht gegessen, weil ich bei kalten Suppen in der Regel nicht gerade Gefühle einer heißen kulinarischen Liebe hervorbringe.
Das war auch heute so, auch wenn es eine gut abgeschmeckte und handwerklich tadellos zubereitete Gazpacho war, deren leichte Säure und kräftige Pfeffernote mir gut gefiel.
Noch ganz leicht stückig, etwas frische Kresse obenauf, Madame und Thomas waren sehr happy, ich war eher verhalten begeistert aber wie gesagt, eher ein persönliches Problem als eines des Gerichtes.
Um mir meine Begeisterungsfähigkeit zu erleichtern, bat ich beim Servieren um den Chardonnay, den man mir und Thomas dann auch umgehend servierte. Der offene Wein vom Neusiedlersee war eine gute Wahl, reiche sortentypische Noten, ein intensives Gelbgrün im Glas, das Glas zu 6,50€ war für mein Empfinden angemessen bepreist.
| Vorspeise |
Roastbeef vom Kalbstafelspitz mit Preiselbeeren Chutney - Menü
Martin Pasler, Chardonnay 2013, Burgenland / Neusiedlersee , Österreich – 0,2l 6,50€
Meine Foie Gras Vertretung wusste mich schon optisch mehr zu begeistern als das Süppchen im Glas, eine wirklich schöne Anrichtung.
Das Fleisch war butterzart und saftig, man konnte den würzigen Sud schmecken und zusammen mit dem Chutney und einem Schluck des säurebetonten Chardonnays kann man durchaus von einem kleinen Hochgenuss sprechen.
Das Ganze wurde noch gekrönt mit einer wirklich phänomenalen Vinaigrette (mit einem schönen Weinessig) am Salat, dessen Bestandteile (u.a. Radieschen und feine Möhren-Raspel) sich zusammen mit dieser zu einem herausragenden Geschmacksbild vereinten.
Große Worte zu einem kleinen Salat? Ja, aber es war einfach köstlich!
| Suppen |
Oxtail Clair mit Maultaschen – 8 €
Auberginencremesuppe mit Shrimps - Menü
Im Rahmen des Pungshaus Menüs gab es für Mr. Wein und mich die Cremesuppe mit Shrimps, der Service annoncierte diese als Flusskrebse, das tat aber dem recht guten Geschmack keinen Abbruch.
Recht dezent abgeschmeckt, ein Hauch Curry war zu vernehmen, wir waren uns aber beide einig, die „Aubergine“ aus eigener Zungeskraft nicht hätten herausschmecken können.
Die Shrimps waren von guter Qualität, angenehm fester Konsistenz und das leichte Meeres-Aroma fügte sich gut in die Rezeptur.
Trotzdem eine eher durchschnittliche, unspektakuläre Suppe, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Die von Madame georderte Oxtail Clair wusste mich da schon mehr zu begeistern, eine wunderbare, kräftige klare Ochsenschwanzsuppe nach alter Art.
Ob da Madeira, Sherry oder Port mit am Werk waren kann ich nach nur einem Löffel nach drei Tagen nicht mehr sagen, einer der drei war aber vertreten und ich war verhalten neidisch auf den Teller zu meiner linken.
| Fischgang |
Seehecht auf Passepierre-Algen - Menü
Optisch ein sehr schöner Gang, die kräftigen Farben des Quellers, der kross gebratene, glasige Fisch, alles auf einem Spiegel einer offenkundig mit Sepia-Tinte gefärbten, leicht geschäumten Sauce.
Aber nicht nur das Visuelle konnte überzeugen, die Salicornes waren mit feinen Tomatenwürfeln, Schalotten und etwas Knoblauch in der Pfanne bereitet auch eine Freude für den Gaumen, der frische, salzige Geschmack des Quellers war eine bewährte Kombination zum recht naturbelassenem Fisch.
Der Seehecht war von perfektem Gargrad und die Haut sah nicht nur kross aus, sie war es auch, gerade so, wie man es zu Hause nur mit sehr viel Übung und einem Hauch Glück hinbekommt.
Allenfalls etwas ratlos zurück ließ mich das recht neutrale schwarze Schaumsößchen, auch mit intensivem „Solo-Probieren“ konnte ich nicht wirklich bestimmen, was hierin geschmacksgebendes enthalten sein könnte.
Kann aber auch der guten Portion Salz in den Salicornes und dem herrlichen Aroma des Fisches geschuldet sein, ich denke gerade letzteres wollte man nicht übertünchen.
Ein schöner Gang, ein zweites halbes Gläschen vom Chardonnay funktionierte auch mit diesem noch vorzüglich, cheers, ein schöner Abend bislang!
| Hauptgerichte |
Markgräfler Filetteller mit Käsespätzle und Gemüsebouquet - 20,50 €
Milchferkel im Serrano-Mantel, Pfifferlinge, Wirsing, Kartoffelplätzchen – Menü
Martin Pasler, Zweigelt 2012, Burgenland / Neusiedlersee , Österreich – 0,2l 8,50€
So, lange nichts gegessen, Zeit für den Hauptgang! Dazu ein leichter Zweigelt vom gleichen Weingut, laut Plan eine gute Begleitung zum zarten Ferkel, die Weinberatung in dieser Hinsicht inhaltlich besser als zu Beginn.
Sieht man von einigen rustikalen Grill-Rezepten ab, tue ich mich oft schwer mit Fleisch im Schinken-Gewand, zu dominant ist meist die salzige Ummantelung und überdeckt den guten Eigengeschmack des „Inhaltes“.
So war es ein Stück weit auch hier, zumal die Beilagen geschmacklich eher dezent daherkamen und auch im Wirsing Speckwürfelchen zu finden waren.
Das Kartoffel-Plätzchen kann man sich im positiven Sinne wie einen dicken kleinen Kartoffel-Puffer vorstellen, der Teig wie bei Oma: Muskat, Pfeffer, Salz und eine lockere Konsistenz.
Dazu eine dunkle Zwiebel-Soße, deren Optik mehr Intensität vermuten lässt als sie geschmacklich zu transportieren vermochte, aber auch hier wieder der Hinweis auf den etwas dominanten Schinkenmantel des Fleisches.
Selbiges perfekt gegart, noch leicht rosa und saftig, Kochen kann man hier, keine Frage.
Das Gericht hat uns beiden gut geschmeckt, allerdings fehlte uns hier im Rahmen des Haus-Menüs ein wenig das Absetzungsmerkmal zur örtlichen gutbürgerlichen Konkurrenz, es war doch etwas langweilig und die Offerten von den Tagestafeln klangen größtenteils verheißungsvoller.
Der Zweigelt zu diesem Preis eine leichte Enttäuschung, da hatte der Chardonnay eindeutig mehr Charme. „Sehr flache Tanninstruktur…“ hörte ich fachkundig aber wenig begeistert von der anderen Tischkante, das hätte ich zwar so nicht beurteilen können, stimme aber selbstredend ein, diese Wahl war keine glückliche
.
Den „Markgräfler Teller“ von Madame empfand ich optisch zunächst wenig aristokratisch, die Tomatensoße auf dem Geflügel war dafür ebenso verantwortlich wie die grundsätzliche Arrangierung der Komponenten.
Ich probierte ein wenig von den Spätzle und war recht angetan, wenn diese einen halben Meter lange Fäden ziehen ist dies schon ein gutes Zeichen, kräftiger Bergkäse und ein hervorragender Geschmack ließen mich neidisch auf meinen Kartoffelpuffer schielen.
Madame war sehr zufrieden mit ihrem Gericht, das im Übrigen laut Karte zu den Dauerbrennern derselben gehört.
Der blonde Service-Dame erfragte zu jedem Gang die Zufriedenheit, auch die Wasser-Gläser wurden bei Lieferung einer neuen Flasche jeweils freundlich befüllt. Zwischenzeitlich wurde dies aber zu keiner Zeit mehr erledigt, auch wenn beim Servieren eines Ganges alle Gläser leer waren, das fand ich etwas schade, ein wirkliches Gefühl des diskreten „umsorgt sein“ kam nicht wirklich auf.
Hierzu kam die unangenehme Angewohnheit, die Rückmeldung eines JEDEN Tisches zu JEDEM Gang in die Küche zu BRÜLLEN, sodaß der ganze Laden bebte: "TISCH 3 MENÜ VORSPEISE SEEHR LECKER"...
Klingt kleinlich, nur wenn man dass gefühlte 40x am Abend in voller Lautstärke erlebt fragt man sich doch, ob da jemand das Thema "Feedback an die Küche" nicht etwas falsch verstanden hat, denn das geht auch etwas leiser...
| Dessert |
Dreierlei von der Pflaume – Menü
Da schon eine gewisse Sättigung eingetreten war freute ich dem Namen nach auf etwas Fruchtiges ohne überbordende Mächtigkeit, einen Kaiserschmarrn o.ä. ansonsten immer gerne gesehenes hätte ich nicht mehr wirklich genießen können.
So aber war die Kombination aus frischen Früchten, Pflaumeneis mit einem Hauch Chili, Eisterrine mit Marzipan sowie einer Plaumen-Mascarpone-Mousse eine relativ leichte, fruchtige Schlussnote deren einzelne Komponenten allesamt zu überzeugen wussten.
Besonders das Eis möchte ich hervorheben, das war erstklassig: intensive Frucht, nicht zu süß, nicht ein einzelner Eiskristall minderte die cremige Herrlichkeit.
Auch der nett drappierte Soßenspiegel aus dreierlei Akteuren (meine Mango, Pflaume und Vanille) wusste zu gefallen, alles weit weg von jeglicher Convenience.
Da es schon nach 22 Uhr gönnte sich nur meine Begleitung noch einen Espresso, dieser mit 2,20€ angesichts von Teilen des sonstigen Preisniveaus ein günstiger seiner Art, wie ich meine.
Einen kleinen Digestif oder sonstiges vom Haus gibt es übrigens nicht, ich persönlich erwarte dies nie, nur man liest es hier oft und ich weiß, daß viele sich über eine solche Geste freuen, daher erwähne ich dies hier.
Die Kartenzahlung verlief problemlos, nur sollte man seine EC-Karte dabei haben, Kreditkarten akzeptiert man hier überraschenderweise nicht.
Fazit
Trotz kleiner Schwächen und einer im Hauptgang vorherrschenden Langeweile knappe 5 Sterne für das Essen. Verglichen mit dem Fritz müsste ich zwar einen Stern abziehen, allerdings ist man hier auch preislich in einem anderen Rahmen und für 45 Euro waren meine fünf Gänge (+AG) aller Ehren wert.
Der Service war durchweg freundlich unterwegs, allerdings suchte man bei den in Freizeitkleidung agierenden Damen ein wenig vergeblich den Flair und die gastronomische Vollblut-Attitüde, die ich mir in - nicht in plakativer Form - einem Haus mit einer gewissen Ambition wünsche.
Den Service bewerte ich daher mit drei Sternen, das war OK und akzeptabel, gut oder herausragend empfand ich es heute nicht, bei aller Freundlichkeit bei den gelegentlichen Interaktionen.
Das Ambiente möchte als gut bezeichnen, auch wenn es etwas beengt und zwischenzeitlich etwas stickig war, was sich aber durch das Öffnen eines nahen Fensterchens schnell beheben ließ.
Die Sauberkeit empfand ich ebenfalls als gut, weder findet man verstaubten Nippes noch verschmutzte Böden, alles in einladendem Zustand.
Das PLV möchte ich ebenfalls ohne jeden Zweifel als gut bezeichnen, auch wenn der Zweigelt zu 8,50€ etwas ambitioniert schien.
Eine klare Empfehlung, wer allerdings sternenahes Ambiente und en Detail Raffinesse erwartet wird vielleicht einen Hauch enttäuscht sein. Ich habe dies nicht und war in Summe zufrieden, das Menü mit den Löffelgerichten werde ich daher gerne noch in Angriff nehmen.