"Drei-Sterne-Lunch am Schloss"
Geschrieben am 08.02.2017 2017-02-08 | Aktualisiert am 08.02.2017
Montag: | Ruhetag |
Dienstag: | Ruhetag |
Mittwoch: | 17:00 - 24:00 Uhr |
Donnerstag: | 17:00 - 24:00 Uhr |
Freitag: | 17:00 - 24:00 Uhr |
Samstag: | 17:00 - 24:00 Uhr |
Sonntag: | 17:00 - 24:00 Uhr |
Nach Voranmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten
Eines der weltbesten Restaurants allerdings liegt quasi vor der Haustür meines Zweitwohnsitzes und ist bequem mit der Straßenbahn zu erreichen. Was für ein Luxus!
Heute gönnen wir uns den mal wieder in Form des Mittagsangebots, das es im Vendôme immer samstags und sonntags gibt. Hat man erst mal den Berg zum imposanten Schloss Bensberg erklommen und das Kavaliershaus zur Rechten betreten, ist klar, dass die nächsten drei Stunden dem puren Verwöhnen gewidmet sein werden. Vorbei an der Glasfront, die den Blick in die Küche erlaubt, werden wir von Joachim Wissler begrüßt, bevor es in den eleganten, hellen Speiseraum geht.
Beim Champagner werden die ersten Grüße serviert und zu meiner großen Freude gibt es auch dieses Mal wieder Wisslers hinreißende Version eines Toffifees. Hier in Form eines zart schmelzenden Gänseleberkaramells mit einer Piemonteser Haselnuss. Mit Sicherheit ist dies mittlerweile der bekannteste Snack zum Apéritif in Deutschlands Spitzengastronomie.
T O F F E E
Begleitet wird dies separat von zwei Nationalgerichten, die Joachim Wissler auf originelle Weise uminterpretiert. Der Borschtsch kommt als Macaron, der die erdigen Aromen dieses russischen Eintopfs typisch transportiert. Der Croque Monsieur findet sich als schlotzige Angelegenheit im Ei mit Schaum, Creme, krossen Miniwürfeln, dazu ein luftig, knuspriges Gebäck – stark!
Bevor es mit dem Menü losgeht, noch zwei filigran gearbeitete Dim Sums vom Pulled Pork, die in einem dezent scharfen Sud aus Kimchi-Ibericosaft baden. Ebenfalls sehr schön.
B O R S C H T S C H – C R O Q U E M O N S I E U R
D I M S U M V O M P U L L E D P O R K
Brotauswahl
Trüffelfocaccia und Butter
Mit der Vorspeise befinde ich mich augenblicklich an einem Frühlingstag am Meer. Das Thunfischtatar ist fein abgeschmeckt, die Jakobsmuschel als Rosette obenauf nur ganz kurz abgeflämmt, aber noch weitestgehend roh. Darüber leicht salziger Sojakaviar. Das Ganze wunderschön umrahmt von Avocadocreme, Gurke, Salat und einigen sehr prägnanten und unterschiedlich schmeckenden Algenspitzen. Angegossen wird eine leicht gelierte Tomaten-Ponzuvinaigrette. Das changiert zwischen frisch, säuerlich, salzig, jodig und ist ausgesprochen harmonisch komponiert.
Im Glas dazu ein 2011 Riesling Saarburger Rausch Diabas vom Weingut Forstmeister Geltz-Zilliken, der mit seinem ausgewogenen Säure-Süße-Spiel den Gang hervorragend begleitet.
T H U N F I S C H T A T A R & J A K O B S M U S C H E L N
Es folgt Saibling aus dem Lechtal, von wo Joachim Wissler häufig seine Fische bezieht. Und auch dieses leicht geräucherte Exemplar ist von ausgezeichneter Qualität und perfekt gegart. Das Gericht ist von grünem Spargel und einer milden Topinambur-Meerrettichbutter relativ klassisch eingefasst. À part gibt es, wie häufig zu den Lechtal-Fischen, den fluffigen Blini, diesmal mit Saiblingstatar, aber wie so oft, unter der mit Rauch gefüllten Glasglocke.
Auch dieser Gang ist absolut stimmig und sofort zugänglich. Wissler stellt hier ein ausgezeichnetes Produkt in den Mittelpunkt und gibt ihm Begleiter an die Seite, die ergänzen, aber nicht irritieren.
In der Weinbegleitung geht es nach Kalifornien ins südliche Napa Valley. Der füllige Chardonnay mit der etwas kryptischen Bezeichnung SR/246 vom Weingut Zotovich hat eine ausgeprägte Barriquenote, die gut zum Rauchton des Fisches und des Blinis passt, ist aber nicht fett, sondern trotz seines ordentlichen Alkoholgehaltes von 14,5% noch mit einer relativ kühlen Aromatik ausgestattet.
L E C H T A L S A I B L I N G M I L D G E R Ä U C H E R T
à part Blini & Saiblingstatar
Im Hauptgang bin ich dankbar, nach zahllosen Reh- oder Hirschgängen mal eine veritable Alternative zu bekommen. Es gibt Hasenrücken, und nach der Farbe zu urteilen, muss es sich um einen Wildhasen gehandelt haben. Dazu etwas geschmorte Schulter und eine Scheibe von der Leber. Wir sind noch im Winter und da sind die gefüllten Rosenkohlblätter und die Scheibe Butterkürbis die geeigneten Begleiter. Die Rouennaiser Sauce, mit Blut abgebunden, ist dicht, dunkel und konzentriert. So zeitgemäß die Optik des Tellers ist, so klassisch ist erneut die Kombination – und so gut gelungen ebenfalls.
Im Glas dazu ein 2009 Saint-Emilion Grand Cru vom Château Teyssier. Die Cuvée aus Merlot und Cabernet Franc unterstützt mit seiner leichten Kräuterwürze das Gericht sehr schön, erschlägt den Gang aber nicht.
H A S E N R Ü C K E N & S C H U L T E R
Zum Abschluss des Menüs folgt ein Teller, der mich erneut überrascht, weil ich bei Wissler in der Vergangenheit oft Verspielteres erlebt habe. Hier kommt eine beeindruckend perfekte Passionsfruchttarte und ein fabelhaftes Basilikum-Sauerrahmeis. Angegossen ein fruchtiger, aber dennoch leicht würziger Safran-Aprikosenjus. Die übrigen Beilagen, vor allem den zwar optisch auffälligen, aber ansonsten auch hier geschmacklich eher entbehrlichen Sponge, hätte ich gar nicht unbedingt benötigt, denn die drei Hauptkomponenten waren für sich bereits perfekt. Aber natürlich ist der Anspruch eines Dreisterne-Hauses wie diesem, dass es jetzt auch nicht zu reduziert sein darf...
In der Weinbegleitung geht es nach Andalusien. Der 2012 Málaga MR von Telmo Rodriguez ist erstaunlicherweise nicht so süß, wie ich es erwartet hätte. Sehr gut, aber trotzdem hätte ich mir hier eher einen deutschen Süßwein mit etwas mehr Säurespiel gewünscht.
P A S S I O N S F R U C H T - T A R T E
Mit der üblichen Parade an Petits Fours sowie der schon obligaten Trüffelparade geht ein höchst entspannter und genussreicher Mittag zuende.
L U F T S C H O K O L A D E
M A G N U M
M A C A R O N
S C H A U M K U S S & F R U C H T G E L E E
Trüffelauswahl
Das Duo Markus Klaas als Gastgeber und Marco Franzelin als Sommelier funktioniert wie immer sehr harmonisch und professionell. Der Service agiert effizient, herzlich und aufmerksam, aber dezent. Selbst bei der zweiten Nachfrage zu den Algen in der Vorspeise kam die Antwort nach Rückfrage postwendend.
Dass das Essen auch dieses Mal wieder ausgezeichnet sein würde, hatte ich von Anfang an nicht bezweifelt. Überrascht war ich jedoch über die in meinen Augen durchaus klassische Anmutung aller Gänge. Sicher waren sie modern und zeitgemäß präsentiert. Und auch die Kombinationen waren bestimmt nicht durchweg konventionell. Aber in Summe folgten alle Gänge einem konsequent harmonischem Gesamtbild.
Da verschiedentlich darüber diskutiert wird, ob Wisslers Küche immer noch zu intellektuell sei (was ich schon seit einiger Zeit nicht mehr finde) und auch ohne entsprechende „Vorerfahrung“ zu verstehen sei, kann ich heute für mich mehr denn je feststellen, dass dies ohne Frage so ist.
Joachim Wissler kocht souverän, mitunter auch mit einem deutlichen Augenzwinkern, komplex ja, aber auf jeden Fall leicht verständlich. Sollte diese Entwicklung nicht nur eine Momentaufnahme sein, sondern eine generelle Ausrichtung auf eine modernisierte Klassik bedeuten – ich wäre dabei. Aber da ich ja eh nur in die Straßenbahn steigen muss, kann ich das sowieso beizeiten wieder überpüfen.