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Als aufgeklärter und verantwortungsvoller Bürger ist man ja bereit, alle Einschränkungen mitzutragen, die die Pandemie nun mal so mit sich bringt und sicherlich will ich auch nicht mit Politikern tauschen, die in dieser Situation Entscheidungen von enormer Tragweite treffen müssen, wie es sie vorher nie gab. Aber mittlerweile fühlt sich der zweite Lockdown unendlich an und Perspektiven für eine Öffnung rücken in immer weitere Ferne. Alles scheint mittlerweile Priorität zu haben: Schulen, Kitas, Friseure, auch für den Einzelhandel gibt es zumindest einen möglichen Öffnungstermin – aber für Restaurants und Hotels? Die finden nicht mal Erwähnung, ebenso wenig wie der Kulturbereich.
Nachdem ewig das Mantra des Inzidenzwertes von 50 herunter gebetet wurde, geht es nun um einen Wert von 35, aber nicht mal der scheint für die Gastronomie ausreichend, um ihr eine Perspektive anbieten zu können. Für mich sagt das einiges darüber aus, welchen Stellenwert diese Branche in der Politik hat. Vielleicht fehlt es aber auch nur an der richtigen Lobby. Es ist schlichtweg deprimierend und traurig.
Wie mag es sich also für einen leidenschaftlichen Koch, Handwerker und Gastgeber wie Christian Bau anfühlen, zur Tatenlosigkeit verdammt zu sein? Vermutlich ebenso deprimierend und traurig. Aber Christian Bau ist keiner, der sich in sein Schicksal ergibt und so hat auch er sich Gedanken gemacht, wie er die Bau-Küche zu den Gästen bringen kann, wenn sie nicht zu ihm kommen können.
„Bau in the Box“ ist das Konzept betitelt, das seit dieser Woche bundesweit bestellt werden kann. Schon die bloße Ankündigung hat die Fans in schiere Begeisterung versetzt und so wurde aus der zunächst auf 75 Boxen limitierten Auflage zügig auf 125 Boxen aufgestockt und auch die waren schnell ausverkauft.
Es wäre gelogen, wenn auch ich nicht zu den Ersten gehören wollte, dieses Angebot auszutesten und da ich Urlaub hatte, war auch die Abholung vor Ort die Option der Wahl, denn wenn man eh schon nichts unternehmen kann, ist zumindest so ein Kurztrip mit zeitlich überschaubarem Rahmen eine gelungene Abwechslung.
So stehen wir bei wunderbarstem Winterwetter pünktlich am frühen Nachmittag an der Tür zum Restaurant, in dem wir lieber ein paar Stunden verbringen würden. Heute allerdings geht es nur darum, einen Karton abzuholen und Nina Mann freut sich, dass wir den Weg nur dafür auf uns genommen haben.
Schloss Berg im Winter
Die Box mit 4 Gängen, Brot, Butter und Macarons kostet 195 Euro für 2 Personen. Optional können Extras dazu bestellt werden, darunter auch die von uns gewählte Gänseleberterrine mit Sauternesgelee und Brioche, diverse Vinaigrettes und eine Sweet Box mit einer üppigen Petits Fours-Auswahl. Auch N25-Kaviar, Trüffel, Käse von Bernard Antony sowie Weine aus der Schatzkammer von Nina Mann sind bestellbar.
Die Bau-Box
Wer die Komplexität und den Detailreichtum von Christian Baus Gerichten kennt, wird nicht überrascht sein, dass auch bei diesem Menü zahlreiche Komponenten vorbereitet sind. Eine detaillierte Anleitung über die einzelnen Schritte zum Finalisieren liegt bei und online gibt es auch Bilder mit Anrichtevorschlägen.
Die Komponenten
Wir starten in unseren Bau-Abend mit der Gänseleberterrine, die im Bügelglas kommt. Die Menge, auch des Sauternesgelees und der Brioche ist so bemessen, dass wir nur die Hälfte verwenden. Die Brioche braten wir leicht in Butter an, das Gelee hacken wir fein. Und ebenso schmeckt die Foie Gras natürlich auch. Der zarte Schmelz ist unvergleichlich, das Sauternesgelee wunderbar klassisch und die Brioche angenehm buttrig.
Gänseleberterrine mit Sauternegelee, Brioche
Währenddessen backt das Krustenbrot fertig, das zusammen mit Baus bevorzugter – und vermutlich tatsächlich bester bretonischer – Butter von Jean-Yves Bordier kommt.
Krustenbrot & Bordier-Salzbutter
Für die Vorspeise wird Hamachi mit einer per se schon unglaublich köstlichen Marinade einige Minuten vermengt. Währenddessen werden diverse eingelegte Rettiche, Avocado-Creme, Kimizu und Hijiki- und Passepierre-Algen arrangiert. Dazu kommen die Scheiben von der Gelbflossenmakrele, wenn dazu bestellt der Kaviar und anschließend wird der Jalapeño-Sud angegossen.
Im Restaurant würde die Straße aus mindestens doppelt so vielen Komponenten bestehen, aber auch hier kommt das Ergebnis, nicht nur optisch, dem schon sehr nahe, was man geschmacklich bei Christian Bau erwarten darf. Der Fisch ist von großartiger Qualität, der Jalapeño-Sud zum Niederknien lecker und die diversen Cremes und Rettiche sorgen für Fülligkeit und Textur.
Wir haben ja über die vielen Monate hinweg viele Take Away-Menüs gehabt, aber dies ist für mich mit Abstand die beste Vorspeise.
Gelbflossenmakrele mit gepickelten Radieschen, Avocado & Jalapeñosud
Für die Suppe sind nicht viele Handgriffe zu erledigen. Die Krustentiersuppe wird aufgekocht, mit Butter aufgemixt und anschließend die Einlage aus Mini-Ravioli, Garnelen und Tomaten darin kurz gegart. In den vorgewärmten Teller werden feine Fenchelwürfel und Estragon gegeben und die Suppe anschließend angegossen.
Schon die Einlagen sind aller Ehren wert und wunderbar geschmackvoll, aber die Krustentierschaumsuppe selbst von so herausragendem, intensivem Geschmack, dass es kaum mehr bräuchte. Ganz fabelhaft!
Krustentier-Rahmsuppe mit Champagner, Estragon & Ravioli
2005 kürte „Der Feinschmecker“ Christian Bau zum Koch des Jahres. Aus dem Menü, dass er für die seinerzeitige Ausgabe kreierte, stammt auch der heutige Hauptgang. Damit befinden wir uns also auf der klassischen und traditionell französisch inspirierten Linie, die im weiteren Verlauf seiner Karriere immer mehr von den Einflüssen der japanischen Küche abgelöst wurde. Aber was damals gut war, ist ja deswegen heute nicht schlechter und zumindest für ein vorbereitetes Take Away-Menü gut reproduzierbar.
Das Schmorstück von der Rinderschulter sowie das Selleriepüree werden im Wasserbad erhitzt, die Gemüse in etwas Butter im Topf leicht ansautiert und mit Salz und Zucker abgeschmeckt. Die Filetmedaillons indes müssen noch selbst gebraten werden.
Das Ergebnis auf dem Teller ist allerbeste traditionelle Küche mit einem butterzart geschmorten Stück, seidigem Püree und einer kräftigen Sauce, die mit etwas Butter aufmontiert wird.
Rinderschulter 60 Stunden sanft gegart & Filet mit Selleriepüree & Rotweinschmorsauce
Beim Anrichten der Teller halte ich mich, so gut es geht, an die Vorschläge. Lediglich beim Dessert wird es schwierig, denn nachdem ich Yuzu-Cheesecake-Crème, Exotic-Gel, das Früchteragout und die diversen Dekoelemente, inklusive einer hübschen, aber fragilen Hippe, die trotz sorgsamster Verpackung den Transport nicht unbeschadet überstanden hat, auf dem Teller platziert habe, halte ich einen Beutel mit Mango-Passionsfruchtsauce in der Hand. Aber wo findet sich die auf dem Bild? Und sind da nicht noch Tupfen in eben jener Farbe? Egal – mutig will ich die Sauce aus dem Beutel heraus direkt auf den Teller geben und das ist ein Fehler. Ein blöder Fehler, denn durch die Passionsfruchtkerne, die sich an der Öffnung sammeln, staut sich der Fluss und landet dann mit schwungvollem Flatsch recht unelegant auf dem vorher sorgsam angerichteten Teller. Ich hätte ja auch von alleine darauf kommen können, die Sauce vielleicht vorher einfach umzufüllen und dann mit einem Löffel sauber zu dosieren. Aber nachher weiß man es eh besser und ist nicht gerade dieses „Lass mich, ich kann das! Oh – kaputt…“ etwas typisch Männliches?
Zum Glück verunstalte ich nur einen Teller und den auch nicht völlig, aber gemessen am eigenen Anspruch eben doch schon etwas ärgerlich.
Am Geschmack allerdings kann auch dieses Missgeschick nichts kaputt machen. Denn das Dessert überzeugt mit exotisch, säuerlicher Frische, einer wunderbaren Cheesecake-Crème und schönem Knusper durch Butterbrösel, Mini-Baisers, getrockneten Sponge und die Hippe. Und mit dem zweiten Teller bin ich dann doch noch ganz zufrieden.
Von Creme, Gel, Ragout und Sauce ist noch gut übrig, so dass es uns am nächsten Tag für ein kleines Dessert dienen wird.
Yuzu - Cheesecake - Crème mit exotischen Früchten & Passionsfrucht-Mango-Sauce
Außerordentlich gut gesättigt lehnen wir uns hochzufrieden zurück. Die beiden ausgezeichneten Macarons finden noch irgendwie ihren Weg, aber dann streichen wir die Segel.
Macarons
Die zusätzlich bestellte Sweet Box muss warten. Das ist heute räumlich unmöglich, aber auch hier ist die Aussicht auf eine fabelhafte Kaffeebegleitung mehr als tröstlich.
Sweet Box
Als wir auf Schloss Berg unsere Box in Empfang nehmen, sehen wir, wie eifrig im Restaurant noch weitere Pakete gepackt werden. Es ist uns klar, dass in einem solchen Angebot viel Arbeit und logistische Planung steckt, zumal wenn man die Box bundesweit verschickt. Ob sich das finanziell überhaupt lohnt, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber es ist schön, die Küche wieder in Aktion zu sehen und den Gästen zumindest etwas vom Bau-Erlebnis auf den heimischen Teller zu bringen, wenngleich das Ergebnis, verglichen mit dem Menü vor Ort, natürlich nur Annäherungswerte liefern kann. Aber es war trotzdem toll mit besonderen Highlights beim Hamachi und der Krustentiersuppe.
In jedem Fall hat es die Sehnsucht erhöht, hoffentlich bald wieder im Restaurant selbst Platz nehmen zu können. Aber die Sehnsucht war auch schon da, als wir uns dem Schloss näherten. Von daher war eigentlich alles wie immer…
Bericht wie immer auch auf meinem Blog: http://tischnotizen.de/victors-fine-dining-by-christian-bau-perl-nennig-5/